TE UVS Wien 1997/05/28 03/M/40/2188/96

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Veröffentlicht am 28.05.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Grünstäudl über die Berufung des Herrn Dr Georg H vom 16.10.1996 gegen das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 67) zur Zahl OM/AN 0700615463 vom 11.10.1996 wegen Rückzahlung einer Geldstrafe entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Anonymverfügung vom 29.1.1996 wurde zur genannten Geschäftszahl eine Geldstrafe von S 500,-- verhängt, da am 15.1.1996 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-25 in Wien, R-gasse um 16.43 Uhr im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt war.

Blatt 4 des erstinstanzlichen Aktes dokumentiert, daß der mit dieser Anonymverfügung zur Zahl 0700615463 vorgeschriebene Strafbetrag am 20.2.1996 "mit korrekter Zahlung" beglichen wurde. Mit Antrag vom 3.10.1996 begehrte der Berufungswerber unter gleichzeitiger Vorlage einer Kopie der Zahlungsbestätigung betreffend die gegenständliche Geldstrafe, daß der am 20.2.1996 zur Zahlung gelangte Betrag von S 500,-- an ihn rücküberwiesen werden möge, da dieser Betrag irrtümlicherweise an den Magistrat der Stadt Wien angewiesen wurde, obwohl er die Einleitung des ordentlichen Verfahrens gewünscht hätte.

Die erstinstanzliche Behörde antwortete daraufhin mit - formlosem - Schreiben vom 11.10.1996 wie folgt:

"Sehr geehrter Herr Dr H !

Die Magistratsabteilung 67 teilt unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.1995, Zahl A 16/94, zu der Eingabe betreffend Zahl OM/AN: 0700615463 und OM/AN: 0700552214 mit, daß der eingezahlte Strafbetrag nicht rückerstattet wird."

Gegen dieses Schreiben richtet sich die vorliegende Berufung, mit welcher er die Stattgabe seines Rückforderungsanspruches unter Verweis auf die Rechtsvorschriften der §§ 1431 und 1435 ABGB und des § 49a Abs9 VStG begehrt (wobei er aber gleichzeitig unbestritten läßt, daß nach Erlassung der gegenständlichen Anonymverfügung ein Strafverfahren im Sinne der letztgenannten Bestimmung nicht eingeleitet wurde).

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien erwogen:

Zunächst ist durch die vorliegende Berufung und das diesbezügliche Begehren, "den angefochtenen Bescheid ... abzuändern" bzw "den angefochtenen Bescheid aufzuheben" der Anspruch des Berufungswerbers auf Erlassung eines bescheidmäßigen Abspruches über diesen Antrag gegeben (vgl beispielsweise VwGH vom 15.12.1977, Slg 9458A). Dieser Anspruch ist auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung eines solchen Antrages vorliegen (VwGH vom 17.2.1989, Zl 88/18/0294). Zur sachlichen Zuständigkeit der Berufungsbehörde ist festzuhalten:

Gemäß Artikel 129 a Abs 1 B-VG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, soferne ein solcher in Betracht kommt, unter anderem "in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen", ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. Diese durch das B-VG festgelegte Kompetenz der Unabhängigen Verwaltungssenate ist im weiten Sinne zu verstehen (vgl dazu Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, Seite 201). In gleicher Weise hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der verfassungsrechtliche Begriff "Verwaltungsstrafsachen" umfassend zu verstehen ist und sich "auf alle Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" erstreckt (vgl Erk vom 14.12.1994, Zl 92/01/0552 mwN).

Im gegenständlichen Fall wird die Rückerstattung eines durch eine Anonymverfügung (§ 49 a des Verwaltungsstrafgesetzes) eingezahlten Betrages begehrt. Dieses Begehren steht - unabhängig davon, ob es inhaltlich begründet ist oder nicht - nicht nur in engem Zusammenhang mit einer angelasteten Verwaltungsübertretung sondern ist durch eine solche überhaupt bedingt, sodaß dieser Antrag ein "Verfahren wegen einer Verwaltungübertretung" im Sinne des Artikel 129 a B-VG hervorruft und die Entscheidungszuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien hinsichtlich der gegenständlichen Berufung gegeben ist.

Die erkennende Behörde hatte daher zu prüfen, ob überhaupt ein mit Berufung bekämpfbarer Bescheid vorliegt, somit konkret, ob das angefochtene Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 11.10.1996 zur Zahl 0700615463 als Bescheid zu qualifizieren ist.

Schon aus dem Wortlaut dieses (formlosen und mit "Sehr geehrter Herr Dr H" einleitenden) Schreibens ist nicht nur die fehlende (wenngleich nicht unbedingt erforderliche) Bezeichnung als Bescheid sondern insbesondere auch der aus der Formulierung erkennbare Wille der Behörde ersichtlich, nicht selbst über den erhobenen Anspruch abzusprechen, da - sogar unter Hinweis auf die einschlägige Geschäftszahl eines diesbezüglichen Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes - auf die Zuständigkeit dieses Höchstgerichtes zur Entscheidung in gegenständlicher Sache verwiesen wird.

Mit dem in Rede stehenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.1995 zur Zahl A 16/94 wurde eine Klage nach Artikel 137 B-VG auf Rückerstattung einer mit Organstrafverfügung verhängten, nach Ablauf der zweiwöchigen Zahlungsfrist eingezahlten Geldstrafe abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Klage unter Verweis auf seine Vorjudikatur jedoch ausdrücklich für zulässig erklärt.

Im Hinblick auf jenen dieser Klage zugrundeliegenden Artikel 137 B-VG, wonach der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder (und weitere Gebietskörperschaften) zu erkennen hat, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, "noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind", ergibt sich somit aus dem genannten Erkenntnis und der Zulässigerklärung der Klage, daß über einen solchen Anspruch auf Rückerstattung eines eingezahlten Strafbetrages keine Entscheidungszuständigkeit einer Verwaltungsbehörde gegeben ist.

In gleicher Weise hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 24.6.1983 zur Zl 83/02/0030 ausgesprochen, daß über ein Begehren auf Rückerstattung einer zu Unrecht gezahlten Geldstrafe nicht bescheidmäßig abzusprechen ist, sondern dieser Anspruch nur mittels Klage beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 137 B-VG geltend zu machen ist.

Ein wie gegenständlich formloses Ablehnungsschreiben der Behörde erster Instanz betreffend die Rückzahlung einer Geldstrafe ist diesem Erkenntnis zufolge nicht als Bescheid zu werten, wobei es der Berufungsbehörde wiederum untersagt ist, in einem solchen Falle eine meritorische Entscheidung zu fällen (zumal dadurch dem Antragsteller die Geltendmachung seines Anspruches nach Art 137 B-VG vereitelt würde).

Die Behörde erster Instanz hat somit zu Recht mit - formlosem - Schreiben (und nicht mit Bescheid) auf die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über den Rückzahlungsanspruch verwiesen und damit zu Recht die bescheidmäßige Entscheidung über diesen Anspruch unterlassen. Demzufolge war allerdings die gegen einen Nichtbescheid erhobene Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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