Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn Friedrich N, H-straße 24, H-T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 03.09.1996, GZ.:
15.1-1996/6536, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 140,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 2.) und 3.) insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs 1 VStG jeweils eine Ermahnung ausgesprochen wird.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend präzisiert, daß der Tatort die Murgasse, Höhe Haus Nr. 11 in Graz ist.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 29.01.1996, in der Zeit von 10.55 Uhr bis 11.22 Uhr, in Graz, auf der Murgasse, Höhe Haus Nr. 1 (richtig 11), als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen GU 4VPF (PKW)
1.) im Bereich des Vorschriftszeichens "HALTEN UND PARKEN VERBOTEN" gehalten.
Ausgenommen Ladetätigkeit in der Zeit von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Es wäre keine Ladetätigkeit festgestellt worden.
2.) habe er dieses gelenkt, obwohl er keinen Führerschein mitgeführt habe,
3.) habe er dieses gelenkt, obwohl er keinen Zulassungsschein mitgeführt habe.
Hiedurch habe er für 1.) eine Übertretung des § 24 Abs 1 lit a StVO, für 2.) eine Übertretung des § 102 Abs 5 lit a KFG und für 3.) eine Übertretung des § 102 Abs 5 lit b KFG begangen und wurde für 1.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- bzw. für
2.) und 3.) je eine Geldstrafe in der Höhe von 300,-- (30 bzw. 15 bzw. 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In seiner fristgerechten Berufung vom 18.09.1996 führte der Berufungswerber unter anderem aus, daß er beim Be- und Entladen seines Fahrzeuges keine Fahrzeugpapiere mit sich führen müsse und er überdies bereit gewesen wäre, die sich in seinem Betrieb befindlichen Papiere zu holen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat am 27.05.1997 eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Berufungswerbers unter Beiziehung der Meldungslegerin Frau Aurelia W durchgeführt.
Aufgrund dieser Verhandlung und des Inhaltes der Verwaltungsakten
wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Zu Punkt 1.):
Herr Friedrich N hat am 29.01.1996, in der Zeit von 10.55 Uhr bis
11.22 Uhr, in Graz, Murgasse, Höhe Haus Nr. 11, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen GU 4VPF (PKW) im Bereich des dortigen Vorschriftszeichens "HALTEN UND PARKEN VERBOTEN" - Ausgenommen Ladetätigkeit in der Zeit von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr - gehalten. In dieser Zeit wurde keine Ladetätigkeit festgestellt bzw. durchgeführt.
Die entscheidende Behörde folgt hiebei der glaubwürdigen und logisch nachvollziehbaren Aussage der Meldungslegerin, welche bei ihrer Zeugenaussage unter Wahrheitspflicht bei sonstiger strafgerichtlicher Sanktion stand, wonach die Meldungslegerin während des gesamten tatgegenständlichen Zeitraumes im Sichtbereich des tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges verblieb. Dies erfolgte speziell zur Feststellung, ob eine etwaige Ladetätigkeit erfolgt. Wie die Zeugin ausführte, hat der Berufungswerber mit Sicherheit keine Ladetätigkeit durchgeführt, wobei die Meldungslegerin weiters ausschloß, daß sie den Berufungswerber übersehen hätte können. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungswerbers erscheinen somit als Schutzbehauptung, wobei der Berufungswerber sicherlich ein subjektives Interesse daran hat, schuld- und straffrei zu bleiben. Der Berufungswerber selbst bestreitet nicht im gegenständlichen Halte- und Parkverbot gehalten zu haben.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bestimmungen des § 24 StVO 1960 über die Halte- und Parkverbote dienen einerseits der Leichtigkeit und Flüssigkeit des fließenden Verkehrs und andererseits der Ordnung des ruhenden Verkehrs.
Durch sein Verhalten hat der Berufungswerber gegen diesen Schutzzweck verstoßen.
Als mildernd war nichts, als erschwerend das Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe (Bescheiddatum 23.02.1995, Strafhöhe S 300,--) zu werten.
Auch unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (mtl. Einkommen netto S 20.000,--, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) erscheint die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe als schuldangemessen, wobei sich diese ohnedies im untersten Strafbereich bewegt.
Betreffend der exakten Bestimmung des Tatortes erfolgte eine Präzisierung desselben, wobei diesbezüglich eine rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG (Strafverfügung vom 28.02.1996) vorliegt.
Hinsichtlich Punkt 2.) und 3.) ist wie folgt auszuführen:
Wie der Berufungswerber und die Meldungslegerin übereinstimmend ausführten, wurde Herr N, als er zu seinem vor dem Haus Murgasse 11 parkenden Fahrzeug zurückkehrte, von der Meldungslegerin aufgefordert, Führerschein und Zulassungsschein vorzuweisen. Nach übereinstimmender Aussage erklärte der Berufungswerber auf die Bitte um Führerschein bzw. Zulassungsschein, daß er die Papiere nicht mit sich führe.
Wie der Berufungswerber nunmehr glaubhaft ausführt, hatte er die Papiere in seinem Sakko, welches sich ca. 30 m entfernt in seinem Geschäft befand. Weiters erklärte sich der Berufungswerber laut seinen Ausführungen bereit, die Papiere umgehend zu holen und hat sich seinen Angaben zufolge auch 2 bis 3 Minuten später mit den Papieren wiederum bei seinem Fahrzeug eingefunden, wobei sich die Meldungslegerin zu diesem Zeitpunkt bereits entfernt hatte. Die Meldungslegerin führte diesbezüglich aus, daß sie nicht mehr sagen könne, ob sich der Berufungswerber bereiterklärt hätte die Papiere zu holen bzw. ob sie noch längere Zeit beim Fahrzeug des Berufungswerbers geblieben wäre. Laut Aussage der Meldungslegerin ist es allerdings nicht üblich zu warten, wenn jemand mitteilt, er würde die Fahrzeugpapiere holen gehen. Die Ausführungen der Meldungslegerin sind somit nicht geeignet die Angaben des Berufungswerbers als unglaubwürdig darzustellen.
In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß ein Kraftfahrer, auch wenn er sein Fahrzeug zum Parken abgestellt und bereits verlassen hat, als dessen "Lenker" zur Vorweisung des Führerscheines und der Fahrzeugpapiere verpflichtet ist. Voraussetzung hiefür, wenn die Anhaltung erst nach Abstellen des Fahrzeuges erfolgte, ist jedoch, daß zwischen dem Lenken und der Verpflichtung zur Vorweisung ein gewisser zeitlicher und räumlicher Zusammenhang bestehen muß; dieser ist jedenfalls dann, wenn der Betroffene nach dem Abstellen seines Fahrzeuges sein Geschäft aufsuchte, dort seine Papiere im Sakko ablegte, jedoch von vornherein die Absicht hatte, sein Fahrzeug nach erfolgter Beladung bzw. Entladung zur Zustellung an Kunden wiederum in Betrieb zu nehmen, gegeben. Der Berufungswerber hat somit die gegenständliche Übertretung begangen.
Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Zweck der im § 102 Abs 5 KFG normierten Aushändigungspflicht ist es auch, zu gewährleisten, daß die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes möglichst rasch, nach Tunlichkeit noch am Tatort über die Person des einer Verwaltungsübertretung Verdächtigten und das dabei verwendete Fahrzeug genaue Kenntnis erlangen. Im gegenständlichen Fall hat der Berufungswerber nunmehr offensichtlich angeboten, die Papiere zu holen, wobei sich diese in leicht erreichbarer Nähe befanden und ist der Berufungswerber seinen Angaben zufolge schon nach 2 bis 3 Minuten zurückgekehrt. Diesbezüglich ist hinsichtlich des Verhaltens des Berufungswerbers - des Nichtmitführens des Führerscheins bzw. des Zulassungsscheins - ein geringer Verschuldensgehalt gegeben und konnte somit in Entsprechung des § 21 Abs 1 VStG hinsichtlich Punkt 2.) und 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses eine Ermahnung verhängt werden.