Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Christian K, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 16.10.1996, Zl MBA 23 - S 6630/96, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994 entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Schilling 1.200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 16.10.1996, Zl MBA 23 - S 6630/96, hat folgenden Spruch:
Sie haben vom 15.4.1996 bis 22.5.1996 in Wien, K-gasse das Gewerbe: "Kleinhandel mit Waren aller Art unter Ausschluß jener Waren, deren Verkauf an eine besondere Bewilligung (Konzession) gebunden ist, unter Nachsicht von der Erbringung des Nachweises der Befähigung gemäß § 13 Abs 1 GewO 1859" ausgeübt, indem Sie in ihrem Verkaufslokal diverse Spielwaren und Bastlerwaren an Kunden verkauft haben, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein, da ihnen diese mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 27.2.1996, MA 63 - K 588/92, mit Wirksamkeit vom 15.4.1996 entzogen wurde.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von Schilling 6.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen gemäß § 366 Einleitungssatz GewO 1994.
Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, in der geltenden Fassung, zu zahlen: S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 6.600,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser als Berufungsgründe unrichtige Sachverhaltsfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht. Hinsichtlich der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung bringt der Berufungswerber vor, daß die belangte Behörde zu Unrecht festgestellt habe, der Berufungswerber habe vom 15.4.1996 bis 22.5.1996 Waren verkauft, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein. Richtigerweise hätte die belangte Behörde darüberhinaus auch feststellen müssen, daß gegen den genannten Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden sei und in dieser Beschwerde auch der Antrag gestellt worden sei, der Verwaltungsgerichtshof möge der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen. Dieser Umstand sei für die Beurteilung, ob eine strafbare Handlung vorliege ganz entscheidungswesentlich und hätte schon bei Feststellung dieses Umstandes die Behörde zu einem anderen Ergebnis gelangen können. Hinsichtlich der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird vorgebracht, daß die belangte Behörde davon ausgehe, daß das festgestellte Verhalten des Einschreiters eine strafbare Handlung darstelle. Es sei nochmals auf die rechtzeitig erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu verweisen. Daß dieser bedauerlicherweise mit Anknüpfung an eine alte Judikatur nicht stattgegeben worden sei, könne dem Rechtsmittelwerber nicht zum Nachteil gereichen. Er habe jedenfalls mit Recht davon ausgehen können, daß er weiter am Wirtschaftsleben teilhaben kann und seine Existenz sichern könne. Ein strafrechtlich relevanter Vorwurf vermag ihn daher nicht zu treffen.
Der Berufung ist aus folgenden Gründen kein Erfolg beschieden:
Gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27.2.1996, MA 63 - K 558/92, wurde der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk vom 16.9.1992, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, auf Grund der vom Beschuldigten erhobenen Berufung mit der Maßgabe bestätigt, daß die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs 1 Ziffer 2 iVm mit § 13 Abs 13 GewO verfügt wurde. Die Gewerbeberechtigung des Berufungswerbers, welcher zur Ausübung des Gewerbes "Kleinhandel mit Waren aller Art unter Ausschluß jener Waren, deren Verkauf an eine besondere Bewilligung (Konzession) gebunden ist, unter Nachsicht von der Erbringung des Nachweises der Befähigung gemäß § 13d Abs 1 GewO 1859" endete am 28.3.1996 mit Rechtskraft dieses Bescheides (15.4.1996). Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27.2.1996 brachte der Berufungswerber eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein, welche mit dem Antrag verbunden war, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Mit Erkenntnis vom 16.7.1996, 96/04/0120, wurde vom Verwaltungsgerichtshof diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt, nämlich daß der Berufungswerber im Tatzeitraum in seinem Verkaufslokal in Wien, K-gasse diverse Spielwaren und Bastelwaren an Kunden verkauft hat, ist unbestritten und daher als erwiesen anzusehen. Ebenso ist unbestritten, daß dem Berufungswerber mit dem bereits oben zitierten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27.2.1996 die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Kleinhandel mit Waren aller Art unter Ausschluß jener Waren, deren Verkauf an eine besondere Bewilligung (Konzession) gebunden ist, unter Nachsicht von der Erbringung des Nachweises der Befähigung gemäß § 13d Abs 1 GewO 1859" rechtskräftig mit Wirksamkeit 15.4.1996 entzogen wurde. Mit seinem Vorbringen, auf Grund der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welche mit einem Antrag auf aufschiebende Wirkung verbunden war, wäre er weiterhin zur Gewerbeausübung berechtigt gewesen, ist der Berufungswerber nicht im Recht:
Grundsätzlich kommt nämlich den Beschwerden gemäß § 30 Abs 1 VwGG eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit nicht zwingende öffentliche Interesse entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre (§ 30 Abs 2 VwGG). Gemäß § 30 Abs 3 VwGG hat die Behörde im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung den Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Verfügungen zu treffen; der durch den angefochtenen Bescheid Berechtigte darf die Berechtigung nicht ausüben.
Aus der Zusammenschau dieser Gesetzesstellen ergibt sich eindeutig, daß nur bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Behörde den Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes aufzuschieben hat und nicht schon bei der Antragstellung, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Folgen einer aufschiebenden Wirkung treten somit daher erst mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein. Im vorliegenden Fall bedeutet das, daß der Berufungswerber nur dann weiter zur Ausübung des Gewerbes berechtigt gewesen wäre, wenn der Verwaltungsgerichtshof seiner Beschwerde mit Beschluß die aufschiebende Wirkung zuerkannt hätte, was jedoch nicht der Fall war. Der Berufungswerber hat demnach unbefugt das Gewerbe ausgeübt. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erweist sich daher als gegeben.
Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist folgendes auszuführen:
Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Da der Berufungswerber ein derartiges Vorbringen nicht erstattet hat, ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung auch in Ansehung der subjektiven Tatseite zu verantworten hat. In diesem Zusammenhang ist noch zu bemerken, daß der Berufungswerber nicht allein nur auf Grund des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 27.2.1996, sondern auch durch die Verständigung des Magistratischen Bezirksamtes für den 23. Bezirk vom 26.4.1996 davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß die Gewerbeberechtigung mit Rechtskraft des Bescheides des Landeshauptmannes für Wien endete.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse daran, daß gewerbliche Tätigkeiten nur von hiezu befugten und berechtigten Personen ausgeübt werden. Der Unrechtsgehalt war daher selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht geringfügig.
Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet.
Der Berufungswerber ist der Annahme der Erstbehöde, daß keine Umstände bekanntgeworden sind, die annehmen ließen, daß er durch die verhängte Strafe in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen übermäßig hart getroffen wird, nicht entgegengetreten. Auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien sind hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse solche Umstände nicht bekannt und wurden sie im übrigen vom Berufungswerber auch nicht vorgebracht.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz, ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind. Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.