TE UVS Wien 1997/06/24 07/L/36/226/97

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Veröffentlicht am 24.06.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung der Frau Christine M gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom 12.3.1997, Zl MBA 3-S 10534/94, betreffend Übertretung der Lebensmittel-Importmeldeverordnung, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird der Berufungswerberin kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Begründung:

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom 12.3.1997, wurde die Berufungswerberin (Bw) schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen Berufene der B-Handelsgesellschaft mbH im Standort Wien, H-straße, zu verantworten, daß die genannte Gesellschaft am 27.10.1994 gemäß § 33 Abs 1 LMG 1975 den Import von 20 Packungen Tortellini aus Italien im Gewicht von insgesamt 200 kg dem Amt der Wiener Landesregierung - Magistratsabteilung 59 gemeldet habe, obwohl laut Meldung die Ware bereits am 3.10.1994 zollamtlich abgefertigt worden sei und nach den Bestimmungen des § 2 der Lebensmittel-Importmeldeverordnung, BGBl Nr 575/1988 (LebensmittelimportmeldeV) die Meldung spätestens am ersten Arbeitstag, welcher der zollamtlichen Abfertigung folge, zu erstatten gewesen sei. Sie habe dadurch § 74 Abs 1 und 4 Z 1 LMG 1975 iVm § 2 LebensmittelimportmeldeV idgF in Zusammenhang mit § 9 VStG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bw gemäß § 74 Abs 1 und 4 Z 1 LMG 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,--  (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) verhängt. Gleichzeitig wurden die von der Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit S 200,-- bestimmt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw innerhalb offener Frist

Berufung erhoben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs 1 LMG 1975 kann der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz, wenn das zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz des Verbrauchers vor Gesundheitschädigung oder Täuschung geboten ist, mit Verordnung anordnen, daß der Warenempfänger im Sinne des § 52 Abs 2 lit b des Zollgesetzes 1955 in der jeweils geltenden Fassung, Art und Menge bestimmter, diesem Bundesgesetz unterliegender und aus dem Zollausland eingeführter Waren sowie den Ort ihrer Lagerung bekanntzugeben hat. Die Bekanntgabe hat spätestens am ersten auf die Abfertigung im Sinne des § 32 Abs 1 folgenden Arbeitstag an die zuständige Behörde (§ 35 Abs 1 oder 3) zu erfolgen, in deren Amtsbereich sich die Ware zum Zeitpunkt der Bekanntgabe befindet. Ist die Ware in diesem Zeitpunkt bereits zur Verbringung nach einem anderen Lagerort bestimmt, so ist auch dieser bekanntzugeben. Befindet sich die bekanntzugebende Ware auf dem Transport, so hat die Bekanntgabe an die Behörde (§ 35 Abs 1 oder 3) zu erfolgen, in deren Amtsbereich sich der Lagerort befindet, an den die Ware auf Veranlassung des Warenempfängers verbracht wird. Dieser sowie jeder folgende Warenempfänger hat auf Verlangen der Behörde auch bekanntzugeben, an wen die Ware zu Erwerbszwecken weiterverkauft worden ist. Wer den Bestimmungen ua einer auf Grund des § 33 Abs 1 LMG 1975 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, macht sich gemäß § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist wie nach Abs 1 zu bestrafen (Geldstrafe bis zu S 50.000,--).

§ 2 der Lebensmittel-Importmeldeverordnung, BGBl Nr 575/1988, lautet wie folgt:

"Die Meldung ist spätestens am ersten Arbeitstag zu erstatten, welcher der zollamtlichen Abfertigung zum freien Verkehr oder zum Eingangsvormerkverkehr zum ungewissen Verkauf oder zur Einlagerung in ein offenes Lager auf Vormerkrechnung erfolgt."

Die LebensmittelimportmeldeV wurde mit Verordnung, BGBl Nr 215/1995 (ausgegeben am 28.3.1995) aufgehoben.

Der Berufung kommt schon aus den folgenden Überlegungen Berechtigung zu:

Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage nach dem anzuwendenden Recht. Die Erstbehörde hat als durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) die Bestimmung des § 2 der LebensmittelimportmeldeV "in der derzeit geltenden Fassung" iVm § 74 Abs 1 und 4 Z 1 LMG 1975 herangezogen. Sie ging damit von der im Zeitpunkt der Begehung der Tat geltenden Rechtslage aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl das Erk vom 21.9.1995, Zl 93/18/0139, mit weiteren Nachweisen) richtet sich die Strafbarkeit einer Tat im Anwendungsbereich des Verwaltungsstrafgesetzes nach § 1 Abs 2 leg cit nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Bei der Prüfung im Sinne des § 1 Abs 2 VStG betreffend das von der Behörde anzuwendende Recht kommt es auf die Strafdrohung, somit also darauf an, ob das zur Zeit der Tat geltende Recht dem Täter mit einer geringeren Strafe bedroht als das zum Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende (vgl das Erk des VwGH vom 13.9.1982, VwSlg 10801/A). Wenn auch eine ausdrückliche Regelung für den Fall fehlt, daß ein Verhalten, das zur Tatzeit strafbar war, im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz überhaupt nicht mehr strafbar ist (also nicht nur ein milderes Gesetz besteht), so kann nach der Judikatur der Täter nicht mehr bestraft werden (vgl das Erk eines verstärkten Senates des VwGH vom 12.2.1957, Zl 853/54, VwSlg 4275/A, sowie das Erk des VfGH vom 15.6.1959, B47/59, VfSlg 3562). Es würde nämlich auch sachlich nicht vertretbar erscheinen, zwar ein geringeres Unwerturteil des Normgebers, das zur Verhängung einer niedrigeren Strafe zu führen hat, zu berücksichtigen, nicht aber den gänzlichen Wegfall des Unwerturteils, der auf der Meinung des Normgebers beruht, eine strafwürdige Tat liege gar nicht vor (vgl das Erk des VwGH vom 27.4.1995, Zl 95/11/0012).

Nach der im Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden Rechtslage war die Meldung spätestens am ersten Arbeitstag zu erstatten, welcher der zollamtlichen Abfertigung zum freien Verkehr oder zum Eingangsvormerkverkehr zum ungewissen Verkauf oder zur Einlagerung in ein offenes Lager auf Vormerkrechnung erfolgt (§ 2 LebensmittelimportmeldeV). Wie schon oben angemerkt wurde, ist die LebensmittelimportmeldeV mit Verordnung, BGBl Nr 215/1995, aufgehoben worden (zeitlich also vor Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses).

Zufolge dieser Rechtslage war die der Bw angelastete Tat, nämlich die verspätete Meldung iSd § 2 der LebensmittelimportmeldeV, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht mehr strafbar. Für dieses Verhalten kann die Bw daher im Grunde des § 1 Abs 2 VStG nicht mehr bestraft werden (vgl das Erk des VwGH vom 11.10.1995, Zl 95/03/0194).

Diese Rechtslage verkannte die Erstbehörde. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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