Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn Mathias L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 21.11.1996, GZ.: 15.1 1996/3946, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen.
Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung Folge gegeben und die Strafe gemäß § 19 VStG mit S 1.000,-- (1 Tag Ersatzarrest) neu bemessen.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 100,--; dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als Obmann des Sportvereins Stallhofen am 12.7.1996 von 23.50 Uhr bis 13.7.1996, 01.30 Uhr, im Festzelt im Bauhof der Marktgemeinde 8152 Stallhofen eine Zeltfestdisco veranstaltet, anläßlich der die Auflage 16 des Bewilligungsbescheides nicht eingehalten worden sei, da die Lautstärke für die Nachbarschaft unerträglich war.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 19 Abs 1 des Stmk. Veranstaltungsgesetzes (im folgenden Stmk. VAG) in Verbindung mit der Auflage 16) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 5.6.1996, GZ.: 2 St 98/95, wurde dem Berufungswerber gemäß § 37 Abs 1 des Stmk. VAG 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (36 Stunden Ersatzarrest) verhängt.
In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber im wesentlichen ausgeführt, daß bei der behördlich genehmigten Veranstaltung sich nur die Gattin eines einschreitenden Gendarmeriebeamten, nicht jedoch andere Nachbarn, durch ungebührlichen Lärm beeinträchtigt gefühlt hätten. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 29.4.1997, anläßlich der sieben Zeugen einvernommen wurden, trifft die gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständige Berufungsbehörde nachstehende Feststellungen:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 5.6.1996, GZ.: 2 St 89/95, wurde für die Zeit vom 1.6. bis 31.11.1996 ein Festzelt im Bauhof der Marktgemeinde Stallhofen für verschiedene Veranstaltungen öffentlicher Vereine, unter Vorschreibung von insgesamt 17 Auflagen, genehmigt. Im Auflagenpunkt 16) wurde vorgeschrieben, daß die Lautstärke der Lautsprecher und dergleichen derart zu beschränken ist, daß die Nachbarschaft nicht durch störenden Lärm ungebührlich belästigt wird.
Der Berufungswerber ist Obmann des Sportvereins Stallhofen, der am Abend des 12.7.1996 eine Zeltfestdisco veranstaltete. Die Veranstaltung begann um 21.00 Uhr und wurden die Geräte, die Musik und auch der Discjockey vom Radiosender Antenne Steiermark zur Verfügung gestellt.
Um eine Belästigung der Zeugin Ingrid G, die ca. 50 Meter vom Festzelt entfernt wohnt, zu verhindern, wurden unter anderem die Zufahrtsstraße über die "Guggimühler Brücke" in diesem Bereich gesperrt und ein Wachtposten vor deren Wohnhaus aufgestellt. Gegen 23.00 Uhr wurde die Musik immer lauter, sodaß die Zeugin G diesen Wachtposten aufforderte, die Musik leiser zu drehen. Als dies jedoch nicht erfolgte, verständigte sie gegen 24.00 Uhr den Gendarmerieposten Krottendorf-Gaisfeld. Kurze Zeit später trafen der Meldungsleger und sein Kollege RI. G vor Ort ein und stellten fest, daß im Wohnhaus der Zeugin die Musik aus dem Festzelt ungebührlich laut und störend zu hören war.
Nach einiger Zeit trafen auch der Gatte der Berufungswerberin, und seine Kollegen Insp. W und Insp. Sch, die den Funkspruch mitgehört hatten, vor Ort ein und forderte Insp. G den Berufungswerber auf, die Musik abzudrehen. Als der Discjockey die Lautstärke über Aufforderung des Berufungswerbers nur unwesentlich zurückdrehte und sich der Berufungswerber auch weigerte, zum Wohnhaus der Zeugin G zu gehen, wurde die Durchführung einer Jugendschutzkontrolle angekündigt. Daraufhin verließen 50 bis 70 Jugendliche das Festgelände. Auch die Gendarmeriebeamten verließen nach ca. einer Dreiviertelstunde nach Abschluß der Erhebungen vor Ort das Festgelände.
Nach dem Entfernen der Gendarmeriebeamten wurde die Musik wieder lauter gespielt und verständigte die Zeugin G am 13.7.1996 gegen 01.30 Uhr neuerlich die Gendarmerie. Insp. G kehrte daraufhin zum Festgelände zurück und forderte den Berufungswerber neuerlich auf, die Lautstärke zurückdrehen zu lassen. Auch wurde der Bürgermeister der Marktgemeinde Stallhofen vor Ort zitiert, um als Aufsichtsbehörde I. Instanz dafür zu sorgen, daß die Auflagen des Bewilligungsbescheides eingehalten werden. Als sich der Bürgermeister weigerte, nahm Insp. G die Personalien des Berufungswerbers auf und entfernte sich wieder vom Festgelände. Die Veranstaltung wurde planmäßig gegen 02.00 Uhr beendet und erstattete der Meldungsleger auf Grundlage der Angaben des Insp. G die im Akt befindliche Anzeige.
Diese Feststellungen konnten aufgrund der Angaben der einvernommenen Gendarmeriebeamten sowie der Zeugin G getroffen werden, die glaubwürdig und übereinstimmend angaben, daß im Bereich des Wohnhauses der Zeugin G die Musik ungebührlich laut und störend zu hören war. Auch der Berufungswerber und der als Zeuge einvernommene Bürgermeister der Marktgemeinde Stallhofen stellten die Lärmerregung an sich nicht in Abrede, sondern wiesen zu Recht darauf hin, daß an eine Festzeltdisco andere Maßstäbe anzuwenden sind, als auf das übliche "Zusammenleben" von Menschen. Auch der Hinweis des Berufungswerbers, daß um Mitternacht private Lärmmessungen vor dem Wohnhaus der Anzeigerin durchgeführt wurden, die eine Lautstärke von 60 bis 70 Dezibel ergaben, bekräftigt die obigen Ausführungen. In rechtlicher Hinsicht wurden der gegenständlichen Entscheidung folgende Erwägungen zugrundegelegt:
Gemäß § 19 Abs 1 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes (im folgenden Stmk. VAG) hat der Veranstalter für die Erfüllung aller Bestimmungen dieses Gesetzes und der aufgrund derselben erlassenen Verfügungen Sorge zu tragen. Mit Auflagenpunkt 16) des oben angeführten Bewilligungsbescheides wurde vorgeschrieben, daß die Lautstärke der Lautsprecher und dergleichen derart zu beschränken ist, daß die Nachbarschaft nicht durch störenden Lärm ungebührlich belästigt wird.
Da gemäß § 18 Abs 2 VAG Veranstalter derjenige ist, für dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird und ein Verein durch seinen Obmann nach außen vertreten wird, ist der Berufungswerber als Obmann des Sportvereines Stallhofen der Veranstalter der gegenständlichen Zeltfestdisco.
Wie die Behörde I. Instanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses richtig ausführt, wird nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit Anstandsverletzungen Lärm in ungebührlicher Weise dann erregt, wenn das Verhalten, das zur Erregung des Lärms führt, jene Rücksicht vermissen läßt, die im Zusammenleben erlangt werden kann. So ist Lärm dann störend, wenn er wegen seiner Art und/oder seiner Intensität geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören (VwGH 29.6.1992, 91/10/0083). Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist jedoch zu berücksichtigen, daß sich diese Judikatur fast ausnahmslos auf alltägliche Situationen bezieht. Im Anlaßfall wurde die Zeltfestdisco grundsätzlich behördlich genehmigt und wurde bereits im Bewilligungsbescheid auf die damit zusammenhängende Lärmerregung Rücksicht genommen. Es ist daher nach Ansicht der Berufungsbehörde die strenge Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf den vorliegenden "Einzelfall" anzuwenden.
Zur Feststellung, ob der Lärm als "störend" im Sinne der Auflage des Bewilligungsbescheides zu qualifizieren ist, bedarf es in Analogie zur höchstgerichtlichen Judikatur keiner Lärmmessung. So braucht die Befähigung von Polizeibeamten, die objektive Zumutbarkeit der Lärmerregung für die Nachbarschaft zu qualifizieren, nicht bezweifelt werden. Im Anlaßfall wurde insbesondere vom Zeugen RI. G ausgeführt, daß er sich im Wohnhaus der Anzeigerin G aufgehalten habe und er die Musik, insbesondere die Baßtöne als laut und unangenehm empfunden hätte. Dadurch, daß der Berufungswerber über eine Stunde und 40 Minuten Musik in einer solchen Lautstärke erzeugen ließ bzw. diese Musik nicht abzustellen versuchte, obwohl er davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß sich zumindest eine Nachbarin in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt fühlt, hat er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung objektiv zu verantworten.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Wie bereits ausgeführt, liegt der Schutzzweck der verletzten Rechtsvorschrift darin, zu verhindern, daß das Wohlbefinden normal empfindender Menschen beeinträchtigt wird. Laute Musik, insbesondere Baßtöne sind auch im Hinblick auf die damit verbundenen Schwingungen durchaus geeignet, als unangenehm empfunden zu werden und (schlaf-)störende Wirkung zu haben, gerade wenn sie über eine längere Zeit andauern. Der Berufungswerber hat durch sein tatbildmäßiges Verhalten zweifellos gegen den Schutzzweck der obzitierten gesetzlichen Bestimmung verstoßen.
Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Erstbehörde hat als strafmildernd oder straferschwerend nichts gewertet. Da im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß die im gerichtlichen Strafrecht maßgebenden Umstände in Betracht kommen, stellt die absolute Unbescholtenheit des Beschuldigten einen Milderungsgrund dar (VwSlg. 9755 A/1979). Die Nichtberücksichtigung eines Milderungsgrundes bedeutet eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Dadurch, daß die Behörde bei der Strafbemessung die Frage der Unbescholtenheit des Berufungswerbers als Milderungsgrund gar nicht in Erwägung gezogen hat, war es der Berufungsbehörde aufgetragen, das Strafausmaß herabzusetzen.
Darüber hinaus war zu berücksichtigen, daß der Veranstalter von sich aus verschiedene Maßnahmen durchgeführt hat, um eine Belästigung der Anrainer zu minimieren. So wurde eigens ein Wachtposten vor dem Haus der Anzeigerin postiert, die Verbindungsstraße "Guggimühler-Brücke" für den Verkehr gesperrt und wurde auch eine nicht vorgeschriebene Lärmmessung durchgeführt. Auch das glaubhafte Vorbringen, daß sich der Berufungswerber durch das Verhalten des amtshandelnden Gatten der Anzeigerin vor Ort provoziert gefühlt hat, wurde berücksichtigt. Andererseits war jedoch zu brücksichtigen, daß der BW die beanstandete Lautstärke nicht selbst zurückgedreht hat bzw. nicht alles in seiner Macht stehende unternommen hat, damit diese reduziert wird. Es kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.
Unter Bedachtnahme des möglichen Strafrahmens bis S 100.000,--, des geringeren Unrechtsgehaltes der Tat und unter Berücksichtigung der bereits angeführten objektiven - Besonderheit eines behördlich genehmigten Zeltfeltes - und subjektiven - Unbescholtenheit, veranlaßte Maßnahmen zur Hinanhaltung von Anrainerbelästigungen - Kriterien sowie der vom Berufungswerber anläßlich der Berufungsverhandlung bekanntgegebenen Einkommens-,
Vermögens- und Familienverhältnisse konnte das Strafausmaß auf die im Spruch festgesetzte Höhe herabgesetzt werden, da die verbleibende Strafhöhe noch ausreichend erscheint, um der neuerlichen Begehung derartiger Übertretungen wirksam vorzubeugen.
Gemäß § 64 VStG fallen durch diese Entscheidung keine Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zweiter Instanz an und war auch der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Strafverfahrens infolge der Herabsetzung der verhängten Strafe entsprechend zu reduzieren.