Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Herbert Thaller über die Berufung des Wirtschaftstreuhänders Fritz T, Steuerberater in G, welche im Namen von Frau Renata B gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 30.04.1997, GZ.: A 4 - St 137/1996/306, erhoben wurde, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung als gegen einen Nichtbescheid erhoben als unzulässig zurückgewiesen.
Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über Frau Renata B eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- wegen der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verhängt. Dieser Bescheid wurde Frau Renata B zu Handen Steuerberater Fritz T, zugestellt, die Zustellverfügung lautete ebenso. Dagegen erhob der Steuerberater rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, in welcher er sich nicht auf eine ihm erteilte Vollmacht beruft. Unterschrieben ist die Berufung offensichtlich vom Steuerberater. Aufgrund des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes stellt der Unabhängige Verwaltungssenat folgendes fest:
Aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 11. Aufsichtsbezirk wurde durch die belangte Behörde (Bürgermeister der Stadt Graz) gegen die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Restaurant-Cafe-C GaststättenbetriebsgesmbH. ein Verwaltungsstrafverfahren wegen illegaler Beschäftigung einer Ausländerin eingeleitet. Dementsprechend hat die belangte Behörde auch einen Ladungsbescheid vom 16.04.1996 erlassen und Frau Renata B zugestellt. Diese hat nach persönlicher Vorsprache bei der belangten Behörde am 20.05.1996 Ausführungen hinsichtlich der ihr vorgeworfenen Tat niederschriftlich angebracht, nichts jedoch darüber erwähnt, daß sie im Zuge dieses Verfahrens von einer 3. Person vertreten werde. Das gegen den Ehegatten von Frau Renata B zeitgleich abgeführte Verwaltungsstrafverfahren wegen derselben Übertretung unterscheidet sich aber dadurch, daß Dr. Nenad B eine auf den 28.05.1996 datierte Vollmacht, ausgestellt gegenüber dem bevollmächtigten Steuerberater Fritz T, vorgelegt hat. Nach der Einvernahme der beiden Meldungsleger und ohne eine Vollmacht für Frau Renata B vorgelegt erhalten zu haben, formulierte die belangte Behörde das Straferkenntnis, in welchem Frau Renata B zu einer Geld- und Ersatzarreststrafe verurteilt wurde. Dieses Straferkenntnis wurde dem Rückschein und der Zustellungsverfügung zufolge an Renata B, zu Handen Steuerberater Fritz T, zugestellt.
Die Rechtsbeurteilung ergibt:
Gemäß § 9 Abs 1 des Zustellgesetzes hat die Behörde den Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger zu bezeichnen, wenn der Behörde gegenüber eine im Inland wohnende Person zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Dies bedeutet, daß im Falle des Vorliegens eines Zustellungsbevollmächtigten die Behörde nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten und nicht mehr an den Vertretenen zuzustellen hat. Wird statt dessen an den Vertretenen selbst zugestellt, dann ist diese Zustellung unwirksam (vgl. VwGH vom 27.04.1989, Zl.88/09/0140). Diesbezüglich ist eine Sanierung dieses Fehlers möglich, nämlich dann, wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 letzter Satz gegeben sind. Dies bedeutet, daß nur dann eine Zustellung ordnungsgemäß als vollzogen zu betrachten ist, wenn das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Anders verhält es sich hingegen, wenn einer Person zugestellt wird, welche der Behörde gegenüber im Laufe des Verfahrens nicht als Zustellungsbevollmächtigte genannt wurde. Diesbezüglich handelt es sich um einen Fehler in der Zustellverfügung, sodaß eine Heilung eines Zustellmangels im Sinne des § 7 Zustellgesetz nicht möglich ist. Eine Heilung einer falschen Zustellverfügung, die einen falschen Empfänger beinhaltet, ist nach § 7 Zustellgesetz nicht möglich. Eine Ausnahme davon bildet der bereits zitierte § 9 Abs 1
2. Satz Zustellgesetz, dessen Tatbestandsvoraussetzungen aber im vorliegenden Fall nicht gegeben sind. Begeht die bescheiderlassende Behörde einen Fehler dahingehend, daß eine unrichtige Abgabestelle bezeichnet wird und unterlaufen bei der Zustellung selbst keine Fehler - wie im vorliegenden Fall - ist nicht von einem Fehler bei der Zustellung, sondern von einem Fehler in der Zustellverfügung zu sprechen. Diesfalls ist eine Heilung des Mangels in der Zustellverfügung nicht mehr möglich (siehe dazu die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, z.B. VwGH vom 18.05.1988, Zl. 87/02/0150). Dies bedeutete daher, daß die Zustellung an den vermeintlichen Zustellungsbevollmächtigten keine Rechtswirkungen entfaltete. Die belangte Behörde hätte daher an die Beschuldigte selbst das Straferkenntnis zuzustellen gehabt. Infolge einer mangelnden Vertretungsvollmacht - im gesamten Akt befindet sich kein Hinweis einer auch nur mündlich erteilten Vollmacht - war daher der an den Steuerberater zugestellte Bescheid nichtig und in der Folge die dagegen erhobene Berufung als gegen einen Nichtbescheid erhoben wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.