Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
Mag Grauszer über die Berufung des Herrn , geboren
am , wohnhaft in ,
vertreten durch Herrn Rechtsanwalt , vom
09 06 1997, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 14 05 1997, Zl 300-10532-1995, wegen Bestrafung nach dem Bgld Abfallwirtschaftsgesetz 1993, LGBl Nr 10/1994, in der Folge kurz AWG genannt, zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 2000,--, zu leisten.
Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:
Sie haben es als Vorstandsmitglied und somit als zur Vertretung nach
außen Berufener der Aktiengesellschaft
zur verantworten, daß die genannte Gesellschaft auf dem Grundstück
Nr und Nr , KG , von ca Mitte Juli 1995 bis 11
Oktober 1995 entgegen § 29 Abs 1 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz 1993,
LBGl Nr 10/1994, eine bewilligungspflichtige Abfallbehandlungsanlage
- Anlage zur Vermischung von Erdschlamm und Carbo-Kalk mit
Klärschlamm - ohne abfallrechtliche Bewilligung betrieben hat.
Die Betriebshandlung besteht sowohl aus der Vermischung an sich als auch aus der Lagerung der Materialien zur späteren Vermischung. Anläßlich einer Überprüfung am 11 Oktober 1995 wurde festgestellt, daß auf dem Grundstück Nr der KG im nordwestlichen Bereich im Ausmaß von ca 20 x 10 m, bei einer Höhe von 1 - 1,5 m und im nordöstlichen Bereich im Ausmaß von ca 20 - 30 m x 50 m x 1,5 - 2 m des Erdteiches Klärschlamm bzw ein Klärschlamm-Carboschlamm Erdgemenge gelagert waren. Der Carboschlamm stammt aus dem Carboteich
der Liegenschaft EZ der KG . Der Klärschlamm und das Gemenge lagerten in Haldenform. Das Ausmaß der gelagerten Materialien
beträgt in Summe etwa 2000 - 2500 m3.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 69 Abs 1 Z 1 lit a iVm §§ 29 Abs 1 und 2 Abs 9 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz 1993, LGBl Nr 10/1994.
Gemäß § 69 Abs 1 Z 1 Einleitungssatz leg cit wurde eine Geldstrafe von S 10 000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) verhängt.
Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit dem Vorwurf unrichtiger rechtlicher Beurteilung, den er wie folgt begründet:
Richtigerweise stelle das Straferkenntnis fest, daß der Carbokalk aus
dem sogenannten Carboteich I und der Erdschlamm aus dem Erdteich stamme und Teil der seinerzeitigen Betriebsanlage der sei, wofür gewerbe- und wasserrechtliche Bewilligungen vorlägen. Seinerzeit sei die endgültige Ablagerung in diesem Becken bewilligt worden. Der derzeitige Liegenschaftseigentümer sei jedoch daran interessiert, die vorhandenen Becken zu entleeren und deren Inhalt einschließlich der seinerzeit vom Bgld Abwasserverband eingebrachten Klärschlammmengen zu verwerten, weshalb er mit der AG ein Übereinkommen geschlossen habe, den vorhandenen Carboschlamm mit Klärschlamm zu vermengen und das so entstehende Erdschlamm-Carbokalk-Klärschlamm-Gemenge auf Äckern zur dortigen Erzeugung von Naturprodukten breitflächig und gesetzeskonform aufzubringen. Die genannte AG sei registrierter Landwirt und habe ihre Kenntnisse und Erfahrungen bei dieser Art der Düngung zur Verfügung gestellt. Es liege daher keine über die aufrechten Bewilligungen hinaus bewilligungspflichtige Anlage vor. Bei den von der AG auf die gegenständliche Liegenschaft gebrachten Materialien handle es sich nicht um Abfall, sondern um das Zwischenprodukt zur Düngerherstellung, dessen sich der Eigentümer keineswegs entledigen will oder entledigt hat. Entgegen den Bescheidfeststellungen sei angesichts der Beschaffenheit des Materials seine geordnete Erfassung, Lagerung, Sammlung, Beförderung und Behandlung als Abfall nicht erforderlich und nicht im öffentlichen Interesse gelegen. Die diesbezüglich gegenteiligen Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides seien dem Gutachten des Sachverständigen nicht zu entnehmen bzw sei ein Gutachten solches Inhalts dem Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren nicht zur Kenntnis gelangt, weshalb das Parteiengehör verletzt worden sei. Objektiv liege jedenfalls eine unzumutbare Belästigung von Menschen durch Geruch, Verunreinigung der Umwelt oder ähnliches über das unvermeidbare Ausmaß hinaus nicht vor. Es gebe keinerlei Geruchsbelästigung und sei eine Verunreinigung der Umwelt durch das abgelagerte Material schon im Hinblick auf die natürliche Dichtung nach unten ausgeschlossen.
Der Beschuldigte sei nunmehr Pensionist und nicht mehr bei der genannten AG tätig. Sein Pensionseinkommen betrage S 25 000,-- pro Monat. Die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung, in eventu Zurückverweisung an die I Instanz, in eventu die Strafherabsetzung wurden beantragt.
Hierüber wurde erwogen:
Nach § 2 Abs 1 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Gesetzes bewegliche Sachen, 1) deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat oder 2) deren geordnete Erfassung, Lagerung, Sammlung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 4 Abs 3) geboten ist. Zufolge § 4 Abs 3 AWG ist die Erfassung, Lagerung, Sammlung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich, wenn andernfalls ua 1) unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können und 3) die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann.
Der § 2 Abs 9 AWG versteht unter Abfallbehandlung die Verwertung (stofflich, energetisch) und sonstige Behandlung von Abfällen (biologisch, thermisch, chemisch-physikalisch, Ablagerung auf Dauer).
Nach § 29 Abs 1 AWG bedarf - unbeschadet der nach anderen Gesetzen erforderlichen behördlichen Bewilligungen - die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme einer Abfallbehandlungsanlage, die nicht unter § 29 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl Nr 325/1990, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl Nr 257/1993, fällt, einer abfallrechtlichen Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde.
Zufolge § 30 Abs 2 AWG ist diese abfallrechtliche Bewilligung unter anderem zu erteilen, wenn die Anlage den Vorschriften des § 4 entspricht und zu erwarten ist, daß bestimmte näher bezeichnete Gefährdungen, Beeinträchtigungen und Belästigungen nicht eintreten.
Gemäß § 69 Abs 1 Z 1 lit a) AWG ist mit einer Geldstrafe von S 10 000,-- bis S 500 000,-- zu bestrafen, wer entgegen § 29 Abs 1 leg cit bewilligungpflichtige Abfallbehandlungsanlagen ohne abfallrechtliche Bewilligung ua betreibt.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist unstrittig, daß auf dem verfahrensgegenständlichen Standort die Stoffe Carbokalk, entwässerter Erdschlamm und Klärschlamm, die in den Teichen gelagert sind, mit zugeliefertem entwässertem Klärschlamm vermischt und zwischengelagert wurden (und dieses Gemenge dann gemeinsam mit Rübenerde auf landwirtschaftlichen Flächen verführt und dort aufgebracht wurde bzw werden soll). Die Vermengung und Vermischung der Einzelfraktionen erfolgte mit Maschinen wie zum Beispiel Radlader
und Raupe und der außer- und innerbetriebliche Transport mit LKW. Geruchsbindende Zuschlagsstoffe wurden eingesetzt. Der zitierte Erdschlamm stellt abgetrockneten Schlamm aus der Rübenwaschung der ehemaligen dar, für dessen endgültige Ablagerung - folgt man den Berufungsausführungen - eine wasserrechtliche Bewilligung seinerzeit erteilt wurde und aufrecht ist. Schon daraus ist ersichtlich, daß sich der damalige dieses Erdschlammes entledigt hat, weshalb er Abfall im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 AWG darstellt. Dies gilt gleichermaßen für den vom Bgld Abwasserverband seinerzeit eingebrachten und von der AG unstrittigerweise zugeführten Klärschlamm, dessen sich die Kläranlagenbetreiber, bei denen er schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Abfall anfällt, entledigen wollten bzw entledigt haben. Schon nach diesem subjektiven Abfallbegriff ist die Beurteilung dieser Komponenten des gegenständlichen Gemenges als Abfall rechtens. Ob auf diese Komponenten auch der objektive Abfallbegriff zutrifft, kann deshalb dahingestellt bleiben. Schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist allerdings bei der Lagerung von Klärschlamm mit Geruchsbelästigungen zu rechnen, ansonsten wohl nicht geruchsbindende Zusatzstoffe von der Betreiberin eingesetzt worden wären. Die Zwischenlagerung ist bis zu sechs Monaten beabsichtigt. Ob dabei solche Belästigungen tatsächlich auftreten oder zumutbar sind, ist allerdings erst im Bewilligungsverfahren zu prüfen.
Der Umstand, daß der vorhandene Erdschlamm und der vorhandene Carbokalk mit dem vorhandenen und zugeführten Klärschlamm vermischt, zwischengelagert und dann gemeinsam mit Rübenerde auf landwirtschaftliche Fläche ausgebracht wird, wie Herr laut Niederschrift vom 11 10 1995 bei einer Überprüfungsverhandlung selbst ausgesagt hat, sohin als Düngemittel und in diesem Sinne wertvolles Produkt verwendet wird, hindert obige Beurteilung nicht. Daraus wird vielmehr klar, was auch in der Berufungsschrift ausgeführt wird, daß sich der Berufungswerber (auch) des abgetrockneten Schlamms im vorhandenen Becken entledigen will, indem er ihn wie beschrieben verwertet. Dies stellt eine stoffliche Verwertung der einzelnen Komponenten zur Erzeugung eines Düngemittels dar und ist der Vermischungsvorgang als sonstige Behandlung von Abfällen im Sinne des § 2 Abs 9 AWG anzusehen. Es liegt daher eine Abfallbehandlung im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 und Abs 9 AWG vor. Auf die Erforderlichkeit einer geordneten Erfassung, Lagerung etc oder das Auftreten unzumutbarer Belästigungen oder Verunreinigungen der Umwelt kommt es im Hinblick auf obige Tatbestandsmerkmale - entgegen den Berufungsausführungen - bei der Bewilligungspflicht nicht an.
Es liegt insoweit eine Anlage vor, als der eingetrocknete Schlamm mit
Maschinen aufgebrochen, dort mechanisch mit zugeführtem Klärschlamm vermischt und das gewonnene Düngemittel abtransportiert wird. Zweifelsohne ist dies von Menschenhand angelegt, mögen auch die Teiche schon vorher bestanden haben, von anderen angelegt worden sein
und bauliche Anlagenteile fehlen.
Davon ausgehend ist die verfahrensgegenständliche Vermischungsanlage als Abfallbehandlungsanlage zu beurteilen. Ihre Inbetriebnahme unterliegt der Bewilligungspflicht nach § 29 Abs 1 AWG; ein Hinweis, daß die Anlage unter § 29 des (Bundes-) Abfallwirtschaftsgesetzes fiele, ist nicht aktenkundig. Die Bewilligungspflicht knüpft tatbestandsmäßig im gegebenen Zusammenhang
nur an die Inbetriebnahme an und besteht unabhängig von nach anderen Gesetzen erforderlichen behördlichen Bewilligungen. Sohin kann dahingestellt bleiben, ob der Betrieb dieser Anlage durch eine gewerbe- oder wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist bzw darüber nicht hinaus geht, wie der Berufungswerber meint. Die Frage nach einer Umweltverunreinigung oder unzumutbaren Geruchsbelästigung stellt sich erst im Zuge der Prüfung der Bewilligungsfähigkeit nach § 30 AWG. Der vom Berufungswerber vorgebrachte Umstand, daß die Beschaffenheit des Bodens des Teiches eine natürliche Dichtung nach unten gewährleiste, berührt die Bewilligungspflicht nicht, kommt es dabei im gegebenen Zusammenhang nur darauf an, daß gegenständliche Abfälle in oder auf dieser Anlage behandelt werden (siehe oben). Deshalb ist es auch bedeutungslos, ob die AG registrierter Landwirt ist.
Unstrittigerweise war der Berufungswerber im Tatzeitraum Vorstandsmitglied der genannten AG und wurde er daher rechtmäßig als verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher der diese Anlage unstrittigerweise ohne die erforderliche AWG-Bewilligung betreibenden
AG verfolgt, weshalb der Umstand seines jetzigen Ruhestandes irrelevant ist.
Den angezogenen Tatbestand hat der Berufungswerber sohin in objektiver und subjektiver Hinsicht (die belangte Behörde ging zutreffend von Fahrlässigkeit aus) zu verantworten.
Eine Anwendung des § 20 VStG kam im Hinblick auf den einzigen aktenkundigen Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht in Betracht. Da die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, erübrigen sich Ausführungen zur Strafbemessung. Der Umstand, daß der Berufungswerber jetzt Pensionist und nicht mehr bei der AG tätig ist, spielt bei der Strafbemessung, sofern das diesbezügliche ergänzende Vorbringen in der Berufungsschrift auf die fehlende Spezialprävention abzielt, keine Rolle, was auch für das überdurchschnittliche Einkommen gilt, das auch sonst keine geringere Strafe begründet hätte.
Im Hinblick auf den diesbezüglichen Eventualantrag sei bemerkt, daß eine Zurückweisung an die I Instanz im VStG-Bereich ausgeschlossen ist.