TE UVS Steiermark 1997/07/25 30.11-25/96

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Veröffentlicht am 25.07.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn Erich L, vertreten durch Dr. Heinz R, Wirtschaftskammer Steiermark, Körblergasse 111 - 113, 8021 Graz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 23.1.1996, GZ.: 15.1 1995/4625, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung in den Punkten 1.) und

3.) Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesen beiden Punkten behoben und die beiden Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung im Punkt 2.) abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens hinsichtlich Punkt 2.) einen Betrag von S 400,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 23.1.1996, GZ.: 15.1 1995/4625, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bau L GmbH mit Standort Bruck an der Mur, dafür verantwortlich, daß wie anläßlich einer am 12.7.1995 auf der Baustelle "Seewiesen, Wohnhaus F" durchgeführten Kontrolle festgestellt worden sei,

1.) die elektrische Anlage für den Betrieb der Baustelle (Stromverteilerkasten) vor der Inbetriebnahme keiner Abnahmeprüfung unterzogen worden sei,

2.) den fünf auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmern weder ein Waschplatz noch ein Waschgefäß zur Verfügung gestanden sei und

3.) keine Einrichtungen im Aufenthaltsraum zum Kühlen von Speisen zur Verfügung gestanden sei.

Dadurch habe der Berufungswerber Verwaltungsübertretungen 1.) gemäß § 13 Abs 4 zweiter Satz Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), 2.) gemäß § 34 Abs 1 zweiter Satz leg. cit. und 3.) gemäß § 36 Abs 7 leg. cit. begangen und wurden über ihn in allen drei Punkten Geldstrafen von jeweils S 2.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall jeweils zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In der fristgerecht eingebrachten Berufung wurde seitens des Berufungswerbers zunächst vorgebracht, daß die Firma F als konzessioniertes Elektrounternehmen den Stromverteiler installiert, einer Abnahmeprüfung unterzogen und diesbezüglich auch einen Vermerk angefertigt habe. Richtig sei lediglich, daß ein schriftliches Protokoll über diese Abnahmeprüfung im Stromverteilerkasten nicht aufgelegen sei. Dies ergebe sich aber auch nicht aus den einschlägigen Vorschriften. Hinsichtlich des beanstandeten Waschplatzes wurde vorgebracht, daß auf der Baustelle eine Wassertonne mit einem Fassungsvermögen von 200 Liter den Arbeitern zur Verfügung gestanden sei. Es seien auch nicht regelmäßig fünf Arbeitnehmer eingesetzt gewesen, sondern gelegentlich nur drei, manchmal vier und nur aushilfsweise fünf Arbeitnehmer. Aus diesem Grund sei er auch nicht verpflichtet gewesen, den Arbeitnehmern einen Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stellen, sodaß auch der Tatvorwurf hinsichtlich des nicht zur Verfügungstellens einer Einrichtung für das Wärmen und Kühlen von Speisen nicht zutreffend sei. Abschließend verwies der Berufungswerber darauf, daß - sollten die Übertretungen tatsächlich vorliegen - sein Verschulden jedenfalls nur geringfügig sei und überhaupt keine Folgen der Übertretung vorliegen würden. Er ersuche daher allenfalls von einer Ermahnung bzw. vom außerordentlichen Milderungsrecht Gebrauch zu machen.

Am 12.5.1997 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, an der der Berufungswerber, sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der mitbeteiligten Partei (Arbeitsinspektorat Leoben) teilnahmen und in deren Verlauf neben dem Berufungswerber der anzeigende Arbeitsinspektor Ing. Hannes H einvernommen wurde. Die Verhandlung wurde schließlich am 18.6.1997 fortgesetzt und abgeschlossen. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens können folgende Feststellungen getroffen werden:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bau L GmbH mit Sitz in 8600 Bruck an der Mur. Die Bau L GmbH errichtete auf der Baustelle "Wohnhaus F" in 8625 Seewiesen ein Einfamilienwohnhaus. Die Arbeiten dauerten ca. sechs Monate, und zwar ca. von Ende Mai 1995 bis ca. Ende Oktober 1995. Am 21.6.1995 führte der Arbeitsinspektor Ing. Hannes H eine Kontrolle auf der Baustelle "Wohnhaus F" in Seewiesen durch. Der Verantwortliche auf der Baustelle war der Hilfspolier Sch. Auf der Baustelle waren am 21.6.1995 sechs Arbeitnehmer beschäftigt. Bei seiner Kontrolle mußte der Arbeitsinspektor einige Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften feststellen, unter anderem, daß den Arbeitnehmern beim Waschplatz geeignete Mittel zum Reinigen und zum Abtrocknen zur Verfügung zu stellen sind, den Arbeitnehmern ein Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stellen ist, weiters den Arbeitnehmern im Aufenthaltsraum eine Einrichtung zum Wärmen von Speisen bzw. eine Einrichtung zum Kühlen von Speisen zur Verfügung zu stellen ist, die elektrische Anlage zum Betrieb der Baustelle vor ihrer Inbetriebnahme einer Abnahmeprüfung durch eine hiezu befugte Person zu unterziehen ist und über die durchgeführte Abnahmeprüfung der elektrischen Anlage ein Vormerk zu führen ist, wobei dieser Vormerk über die erfolgte Prüfung auf der Baustelle zur Einsichtnahme aufzulegen ist. Über sämtliche bei der Kontrolle am 21.6.1995 festgestellten Beanstandungen erging ein mit 30.6.1995 datiertes Aufforderungsschreiben an die Bau L GesmbH mit dem Zweck, den gesetzmäßigen Zustand unverzüglich herzustellen. Am 12.7.1995 führte der Arbeitsinspektor Ing. H neuerlich eine Kontrolle der Baustelle "Wohnhaus F" in Seewiesen durch. An diesem Tag waren fünf Arbeitnehmer 9 1/2 Stunden auf der Baustelle beschäftigt. Ansprechpartner für den Arbeitsinspektor war wiederum der Hilfspolier Sch. Auf der Baustelle stand den Arbeitnehmern ein Aufenthaltsraum zur Verfügung. Eine Einrichtung zum Wärmen bzw. zum Kühlen von Speisen gab es für die Arbeitnehmer im Aufenthaltsraum nicht. Auf der Baustelle befand sich eine 200 Liter Wassertonne. Das Wasser in der Tonne war verschmutzt. Im Wasser befanden sich Zement- und Kalkrückstände. Weiters befand sich auf der Baustelle ein Wasserschlauch.

Das Elektrounternehmen Elektro F, welches in 8625 Turnau seinen Sitz hat, stellte auf der Baustelle "Wohnhaus F" den Stromverteilerkasten auf und schloß diesen an. Schließlich wurde am 19.5.1995 der Zähler montiert und die Anlage eingeschaltet. Am Tag davor, dem 18.5.1995, wurde von der STEWEAG, Betriebsbezirk Bruck die Ausführungsbewilligung für den Stromverteilerkasten erteilt. Der festgestellte Sachverhalt stützt sich, soweit er das Unternehmen des Berufungswerbers betrifft bzw. die Arbeiten der Bau L GesmbH auf der Baustelle "Wohnhaus F" auf die Ausführungen des Berufungswerbers. Die Feststellungen hinsichtlich der beiden Kontrollen am 21.6.1995 bzw. 12.7.1995 beruhen auf den Aussagen des anzeigenden Arbeitsinspektors Ing. H. Der Arbeitsinspektor fertigte vom Wasserschlauch, der ihm am 12.7.1995 gezeigt wurde, ein Lichtbild an, welches sich im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt befindet. Außerdem legte der Arbeitsinspektor seine Erfassungsblätter hinsichtlich der Kontrollen am 21.6.1995 bzw. 12.7.1995 vor, aus denen sich insbesondere ergibt, wieviele Arbeitnehmer an den Kontrolltagen beschäftigt waren und welche Übertretungen der Arbeitsinspektor feststellte. Während sich die Angaben über die Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer in den Erfassungsblättern des Arbeitsinspektors auf die Angaben des Hilfspoliers Sch beziehen, legte der Berufungswerber im Zuge des Berufungsverfahrens noch die Arbeitszettel für den Zeitraum vom 19.6.1995 bis 13.7.1995 vor, aus denen sich genau ergibt, wieviele Arbeitnehmer an den einzelnen Tagen auf der Baustelle "Wohnhaus F" gearbeitet haben. Zur konkreten Situation auf der Baustelle an den Kontrolltagen konnte der Berufungswerber keine Angaben machen, weil er sich an diesen beiden Tagen nicht auf der Baustelle befunden hat. Der Zeuge Ing. H machte bei seiner Einvernahme einen glaubwürdigen Eindruck und konnte er sich bei seiner Einvernahme auch auf seine schriftlichen Aufzeichnungen über die beiden Kontrollen stützen. Die Feststellungen hinsichtlich der Aufstellung und des Anschlusses des Stromverteilerkastens auf der Baustelle beruhen auf einem Schreiben der Firma Elektro F vom 10.2.1997. Diesem Schreiben ist auch der Ausführungsantrag Nr. 80331 vom 17.5.1995 der von der Firma Elektro F bei der STEWEAG, Betriebsbezirk Bruck an der Mur, eingebracht wurde, angeschlossen. Aus diesem Ausführungsantrag ergibt sich, daß die Ausführungsbewilligung seitens der STEWEAG am 18.5.1995 erteilt wurde und die Anlage am 19.5.1995 fertiggestellt und eingeschaltet wurde. Rechtliche Beurteilung:

Zu Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 13 Abs 3 zweiter Satz BauV (und nicht wie im Straferkenntnis der belangten Behörde angeführt gemäß § 13 Abs 4 zweiter Satz BauV) sind elektrische Anlagen für den Betrieb der Baustelle vor ihrer Inbetriebnahme sowie nach einer größeren Instandsetzung oder wesentlichen Änderung vor der neuerlichen Inbetrieb-nahme einer Abnahmeprüfung (§ 151 Abs 4) und darüber hinaus in regelmäßigen Zeitabständen einer wiederkehrenden Prüfung (§ 151 Abs 6) zu unterziehen.

Der Berufungswerber verwies im Berufungsverfahren zu Recht darauf, daß die Elektrofirma F den Stromverteilerkasten auf der Baustelle "Wohnhaus F" in Seewiesen ordnungsgemäß aufgestellt und angeschlossen hat und von der STEWEAG als für in Ordnung befunden abgenommen wurde. Die diesbezüglichen Unterlagen wurden von der Elektrofirma F im Berufungsverfahren vorgelegt und ergibt sich daraus eindeutig, daß der Stromverteilerkasten vor seiner Inbetriebnahme einer Abnahmeprüfung unterzogen wurde. Somit hat der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen, sodaß das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt einzustellen war. Es ist zwar richtig, daß bei der Kontrolle durch den Arbeitsinspektor kein Vormerk über die Abnahmeprüfung auflag. Dies stellt aber einen eigenen Verwaltungsstraftatbestand dar, der dem Berufungswerber nicht zur Last gelegt wurde.

Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 34 Abs 1 BauV muß auf jeder Baustelle Vorsorge getroffen werden, daß einwandfreies Waschwasser zur Verfügung steht. Für je fünf Arbeitnehmer, die gleichzeitig ihre Arbeit beenden, muß ein Waschplatz oder ein Waschgefäß zur Verfügung stehen. Abweichend hievon sind bei kurzfristigen Arbeiten, bei denen kein Waschwasser zur Verfügung steht, wie Installationsreparaturarbeiten, andere geeignete Mittel zum Händereinigen ausreichend.

Der Berufungswerber verantwortet sich in diesem Punkt damit, daß auf der Baustelle eine 200 Liter Wassertonne vorhanden gewesen sei. Die erkennende Behörde folgt den Aussagen des anzeigenden Arbeitsinspektors, wonach das Wasser in dieser 200 Liter Wassertonne durch Zement und Kalk verschmutzt war und somit keinesfalls einen (hygienisch unbedenklichen) Waschplatz oder ein Waschgefäß darstellt. Dafür hätte der Berufungswerber als Arbeitgeber aber sorgen müssen, da am Kontrolltag (12.7.1995) fünf Arbeitnehmer gleichzeitig arbeiteten und auch gleichzeitig ihre Arbeit beendeten. Auch der vom anzeigenden Arbeitsinspektor bei seiner Kontrolle fotografierte Wasserschlauch auf der Baustelle stellt keinen Waschplatz, geschweige denn ein Waschgefäß im Sinne der Bestimmung des § 34 Abs 1 BauV dar, sodaß in diesem Punkt die Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen ist.

Zu Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

§ 36 Abs 1 BauV lautet: Werden auf einer Baustelle von einem Arbeitgeber mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt und beträgt die voraussichtliche Arbeitsdauer mehr als eine Woche, muß den Arbeitnehmern zum Umkleiden sowie zum Aufenthalt in den Arbeitspausen und bei ungünstiger Witterung ein Aufenthaltsraum zur Verfügung stehen. Durch geeignete technische oder organisatorische Maßnahmen ist dafür Sorge zu tragen, daß Nichtraucher vor der Einwirkung von Tabakrauch geschützt sind. Solche Maßnahmen sind insbesondere eine verstärkte Be- und Entlüftung der Aufenthaltsräume oder getrennte Aufenthaltsräume für Raucher und Nichtraucher. Gemäß § 36 Abs 7 BauV muß im Aufenthaltsraum eine Einrichtung zum Wärmen und Kühlen von Speisen zur Verfügung stehen. Nach § 37 BauV muß, wenn den Arbeitnehmern keine Aufenthaltsräume nach § 36 zur Verfügung stehen, dafür gesorgt werden, daß die Arbeitnehmer sich auf der Baustelle oder in unmittelbarer Nähe gegen Witterungseinflüsse geschützt umkleiden, wärmen und ihre Mahlzeiten einnehmen können. Jedem Arbeitnehmer muß ein abschließbarer Schrank oder eine sonstige geeignete, versperrbare Einrichtung zur Aufbewahrung der Kleidung zur Verfügung stehen.

Am Kontrolltag, dem 12.7.1995, waren auf der Baustelle fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Dies bedeutet, daß der Arbeitgeber nicht gesetzlich verpflichtet war den Arbeitnehmern einen Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stellen. In diesem Fall hätte es genügt, wenn den Arbeitnehmern weitere Einrichtungen im Sinne des § 37 BauV zur Verfügung gestanden wären. Diese weiteren Einrichtungen im Sinne des § 37 BauV sehen aber keine Einrichtungen zum Wärmen und Kühlen von Speisen vor.

Die mitbeteiligte Partei steht nunmehr auf dem Standpunkt, daß wenn ein Aufenthaltsraum zur Verfügung steht, und zwar unabhängig von der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer, jedenfalls dieser Aufenthaltsraum eine Einrichtung zum Wärmen und Kühlen von Speisen aufweisen muß. Dieser Ansicht kann sich die erkennende Behörde nicht anschließen, da im gegenständlichen Fall der Arbeitgeber dafür bestraft werden würde, daß er den Arbeitnehmern einen Aufenthaltsraum zur Verfügung stellt, obwohl er gesetzlich dazu überhaupt nicht verpflichtet gewesen wäre. Sinnvollerweise kann die Bestimmung des § 36 Abs 7 BauV nur so verstanden werden, daß ein Aufenthaltsraum bei einer Beschäftigung von mehr als fünf Arbeitnehmern eine Einrichtung zum Wärmen und Kühlen von Speisen aufweisen muß. Dafür spricht auch, daß der § 36 allgemein mit "Aufenthaltsräume" überschrieben ist und im § 36 Abs 1 grundsätzlich festgelegt wird, wann ein Aufenthaltsraum einzurichten ist. Die Bestimmung, wonach im Aufenthaltsraum eine Einrichtung zum Wärmen und Kühlen von Speisen zur Verfügung zu stellen ist, befindet sich in einem der nachfolgenden Absätze, jedoch nicht in einer eigenen Bestimmung, sodaß die Vorschrift des § 36 Abs 7 BauV nur im Zusammenhang mit § 36 Abs 1 BauV gesehen werden kann. Da der Berufungswerber nicht mehr als fünf Arbeitnehmer am Kontrolltag beschäftigte, mußte er an diesem Tag seinen Arbeitnehmern keinen Aufenthaltsraum zur Verfügung stellen, sodaß auch nicht die Bestimmung des § 36 Abs 7 BauV (zur Verfügung stellen einer Einrichtung zum Kühlen von Speisen) zur Anwendung kommt. Der Berufungswerber hat die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nach § 36 Abs 7 BauV somit nicht begangen. Es war in diesem Punkt das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Bei der Beurteilung, ob die über den Berufungswerber im Punkt 2.) verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen anzusehen ist, ging die erkennende Behörde von folgenden Überlegungen aus:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Bauarbeiter führen einen manuellen Beruf aus und werden im Zuge ihrer Arbeiten schmutzig. Daher stellt die Möglichkeit sich unter hygienisch einwandfreien Bedingungen zu waschen ein Grundbedürfnis der Bauarbeiter dar. Dadurch, daß den Arbeitern kein entsprechender Waschplatz bzw. kein entsprechendes Waschgefäß auf der Baustelle zur Verfügung stand, wurde der Schutzzweck (sich waschen zu können) eindeutig verletzt. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerungs- und Milderungsgründe liegen nicht vor. Zum Verschulden ist auszuführen, daß der Berufungswerber bei seiner Einvernahme selbst angab, daß der Hilfspolier Sch die Baustelle selbst nach seinen Bedürfnissen eingerichtet hat. Der Berufungswerber hat aber nichts dahingehend vorgebracht, daß er entsprechende Kontrollmaßnahmen gesetzt hat, um sicherzustellen, daß die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitnehmerschutzbestimmung auch tatsächlich eingehalten werden. Nach der ersten Kontrolle des Arbeitsinspektorates am 21.6.1995 erging ein Aufforderungsschreiben des Arbeitsinspektorates an die Bau L GesmbH, welches mit 30.6.1995 datiert ist und in dem die bei der Kontrolle festgestellten Beanstandungen aufgelistet sind, worunter sich auch eine Beanstandung im Zusammenhang mit dem Waschplatz befindet. Diesbezüglich gab der Berufungswerber lediglich an, daß er erst nach der zweiten Kontrolle am 12.7.1995 davon erfahren hat, daß bereits am 21.6.1995 eine Kontrolle durch das AI stattgefunden hat. Auch dieser Umstand spricht nicht dafür, daß der Berufungswerber in seinem Unternehmen ein effizientes Kontrollsystem aufgebaut hat, damit Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften verhindert werden. Das Verschulden des Berufungswerbers an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kann daher als nicht nur geringfügig angesehen werden.

Der Strafrahmen für die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 130 Abs 1 Z 15 Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) S 2.000,-- bis S 100.000,--. Bei der mündlichen Berufungsverhandlung am 12.5.1997 gab der Berufungswerber an, daß er über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 40.000,-- verfüge, Hälfteeigentümer eines Einfamilienwohnhauses mit einem Wert von ca. 2 bis 3 Millionen Schilling sei, Belastungen wegen des Hauses in Höhe von ca. S 400.000,-- aufweise und überdies Sorgepflichten für ein Kind habe. Auf Grund der angeführten Strafzumessungskriterien erscheint nicht zuletzt auf Grund des Verschuldens des Berufungswerbers die über ihn verhängte Mindeststrafe von S 2.000,-- als jedenfalls gerechtfertigt und angemessen. Die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes kam nicht in Betracht, weil die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht bei weitem überwiegen. Auf Grund des nicht nur geringfügigen Verschuldens kam auch eine Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) nicht in Betracht.

Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit S 20,-- zu bemessen.

§ 65 VStG ist darauf abgestellt, daß in einem Berufungsbescheid jeweils nur über eine einzige Verwaltungsübertretung und damit über die Strafe

Bescheid über mehrere Verwaltungsübertretungen entschieden wird, bedeutet daher nicht, daß ein teilweiser Erfolg eines Rechtsmittels im Fall einer von mehreren Übertretungen zu einer Anwendung des § 65 VStG auch in jenen Fällen führen muß, in welchen der Berufung hinsichtlich einer weiteren Verwaltungsübertretung keine Folge gegeben wird (VwGH 22.1.1982, 81/02/0315). Hierauf gründet sich die im Spruch vorgenommene Kostenentscheidung.

Schlagworte
Baustelle Aufenthaltsraum wärmen kühlen speisen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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