TE UVS Wien 1997/07/28 02/14/78/97

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Veröffentlicht am 28.07.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Findeis über die "Maßnahmenbeschwerde wegen exzessiver Personenkontrolle im Justizpalast, 4.7.97, 13:25" des Dr Georg K vom 6.7.1996, entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 67c Abs 4 AVG zurückgewiesen. Die mit der Beschwerde verbunden Anträge auf bescheidmäßige Feststellung 1. der Gebührenfreiheit der Beschwerde, 2. des Erlöschens der Zahlungsverpflichtung, 3. auf Ausstellung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO und 4. auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden zurückgewiesen.

Ein Kostenzuspruch findet nicht statt.

Text

Begründung:

Am 7.7.1997 brachte der Beschwerdeführer folgenden an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gerichteten Schriftsatz ein: "Maßnahmenbeschwerde wegen exzessiver Personenkontrolle im Justizpalast, 4.7.97. 13:25

Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes:

Herauslegenmüssen von Gegenständen des persönlichen Bedarfes aus einer Aktenmappe, Duldung des Herumfummelns in einer Handtasche.

Belangte Behörde:

Präsident des Oberlandesgerichtes Wien, Dr Erwin F, Wien, S-platz

3. Sachverhalt:

Am 4.7.97 gegen 13:20 betrat ich den Eingangsberiech des Justizpalastes um zwei Schriftsätze beim OLG Wien einzubringen. Die Fa G führte eine Personenkontrolle durch, anwesend waren 4 Personen, Herr D, Frau P, S, sowie eine weitere Bedienstete, die bereit früher bei der Fa R angestellt war. Aus den bekannten Vorfällen vom 30.6.97 heraus, legte ich Wert auf eine Beachtung der Gesetze. Meine Aktenmappe wurde von außen mittels Handsonde untersucht, welche stets Laut gab, auch in der Ecke der Aktenmappe, wo eine Naht wohl die Ursache dafür war, was mich verwunderte. Meine handtasche wurde, nachdem ich meine geldbörse herausgenommen hatte, welche sodann auf einem Tische abgelegt werden mußte und öffentlich zu sehen war, durch aktives Hineingreifen untersucht.

4. Beschwerdegründe: gem §§ 1,3 GOG idF BGBl Nr 760/1996 bezweckt eine Personenkontrolle, das Betreten von gerichtsgebäuden mit Waffen zu verhindern, eine Waffe iSdG ist jeder für eine besonders gefährliche bedrohung von Leib und Leben geeigneter Gegenstand. Dies setzt bereits eine gewisse Bauart voraus. gem § 3 Abs 2 1. Halbsatz müssen technische geräte bei der Personenkontrolle verwendet werden, gem 2. halbsatz leg cit muß dies unter größtmöglicher Schonung geschehen. Nicht jeder zweck heiligt jedes Mittel, in Anbetracht der Angemessenheit an der Bauart einer Waffe, ist es völlig unangemessen, in jede Öffnung hineinzugreifen, die ihrer Größe nach keinen Platz für eine Waffe bieten kann. Nach der ständigen Judikatur von VfGH und VwGH nimmt das Wort können die Bedeutung von Müssen an, wenn keine Bestimmung eines Sinnes iSd Art 130 Abs 2 B-VG zu entnehmen ist, sodaß das Recht auf eine möglichst schonende Durchführung der Kontrolle auch das Recht auf Durchführung mittels Durchleuchtungsgerätes miteinschließt, wie dies übrigens auch das BKA-VD richtigerweise annimmt. Das Bildschirmgerät eines Durchleuchtungsgerätes ist scharf genug, um einen gefährlichen von einem anderen gegenstand unterscheiden zu können, die erwähnte handsonde entspricht nicht dem Recht auf Schonung, gemessen an der gesetzlich definierten Zielsetzung des Gesetzes. Ein Hineingreifen für eine manuelle Kontrolle ist unangemessen. solange kein wirklich substanziierter Verdacht besteht, daß unerlaubterweise eine Waffe mitgeführt wird. Nicht jedes Piepen rechtfertigt nach dem Buchstaben des Gesetzes sowie dem Art 8 MRK jeden Eingriff in eine Grundrecht. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit wurde bereits im Urteil Funke v 25.2.93 festgelegt. Der Zwang, meine Geldbörse öffentlich herauszulegen, entspricht demnach nicht dem recht auf möglichste Schonung und hätte durch die Verwendung der gesetzlichen Durchleuchtungsnschine verhindert werden können. Selbst wenn die Fa G für private Gebäude trainiert sein mag, bei öffentlichen Gebäuden, ebenso wie bei öffentlichen Arbeitsverhältnissen wird in Straßburg stets ein anderer Maßstab angelegt, zumal ein Zwang zur Duldung einer grundrechtsverletzung Säumnisfolgen bewirkt, für die es keine dem Art 6 MRK entsprechende Rechtfertigung gibt. Gemessen am maßstab des gebäudes der Europ Menschenrechtskommission, wird verpflichtend ein Durchleuchtungsgerät zu verwenden sein, sowie bereits der größe nach die Gegenstände danach zu unterteilen sein, von denen eine besondere gefahr überhaupt ausgehen kann. Im Beschwerdefall wurden werder das GOG noch der Art 8 MRK, Grundsatz der strikten Angemessenheit beachtet.

5. Ich beantrage, den angefochtenen Akt für rechtswidrig zu erklären, ich beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Ladung der erwähnten Mitarbeiter der G sowie der Zeugen Dr Wolf-Dieter O, Dr Hans L, sowie Dr Christa Z die gerade auf dem Weg hinaus waren, sämtliche p Adr S-platz, Wien. Der Vorfall ereignete sich am 4.7.97, die Beschwerdefrist läuft bis 15.8.1997.

Ich beantrage, den Bund zum Ersatz des Verfahrensaufwandes zu verpflichten, und zwar für Schriftsatzaufwand, für Barauslagenaufwand, sowie für Verhandlungsaufwand, jeweils im gesetzlichen Aufwand. Ich beantrage die bescheidmäßige Feststellung der Gebührenfreiheit gem VfSlg 6392/1971, die bescheidmäßige Feststellung des Erlöschens der Zahlungsverpflichtung sowie die Ausstellung eines Abrechnungsbescheides gem § 216 BAO.

Auf VfSlg, 6477/1971, 7326/1974 und VwGH 82/09/0102 wird

hingewiesen.

Ich beantrage Verfahrenshilfe

Dr Georg K"

Dazu wurde erwogen:

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangesgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Im vorliegenden Fall wird die Rechtswidrigkeit der Personenkontrolle des Beschwerdeführers am 4.7.1997 im Gerichtsgebäude des Oberlandesgerichtes Wien behauptet. Den Angaben des Beschwerdeführers zufolge wurde anläßlich der verfahrensgegenständlichen Sicherheitskontrolle zunächst seine Aktenmappe von außen mittels Handsuchgerät untersucht und als dieses akustische Signalzeichen abgab, seine Tasche, nachdem er seine Geldbörse herausgenommen und auf Aufforderung auf den Tisch gelegt hatte, händisch durchsucht.

Personen, die ein Gerichtsgebäude betreten oder sich in einem solchen aufhalten, haben sich gemäß § 3 Abs 1 GOG auf Aufforderung eines Kontrollorganes einer Kontrolle zu unterziehen, ob sie eine Waffe bei sich haben (Sicherheitskontrolle). Kontrollorgane sind die von den Sicherheitsunternehmern (§ 9 Abs 1 ) mit der Vornahme der Sicherheitskontrollen Beauftragten sowie die vom Verwalter eines Gerichtsgebäudes hiezu bestimmten Gerichtsbediensteten. Die Sicherheitskontrollen können entsprechend Abs 2 leg cit insbesondere unter Verwendung technischer Hilfsmittel, wie Torsonden und Handsuchgeräten durchgeführt werden; unter möglichster Schonung des Betroffenen ist auch das Verlangen nach einer Vorweisung der von ihm mitgeführten Gegenstände sowie eine händische Durchsuchung seiner Kleidung zulässig; eine solche Durchsuchung der Kleidung darf nur von Personen desselben Geschlechts vorgenommen werden.

Den der Sicherheitskontrolle und der Durchsetzung des Mitnahmeverbots von Waffen dienenden Anordnungen der Kontrollorgane ist Folge zu leisten (§ 3 Abs 3 1. Halbsatz GOG). Personen, die es zu Unrecht ablehnen, sich einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen oder eine bei ihnen vorgefundene Waffe zu verwahren beziehungsweise zu übergeben, sind gemäß § 5 Abs 1 GOG vom Kontrollorgan aus dem Gerichtsgebäude zu weisen. Unter den gleichen Voraussetzungen sind auch Personen aus dem Gerichtsgebäude zu weisen, die eine Sicherheitskontrolle umgangen haben.

Die Kontrollorgane sind gemäß § 5 Abs 2 GOG ermächtigt, im Falle der Nichtbefolgung ihrer Anweisungen nach Abs 1 die Anwendung unmittelbarer Zwangsgewalt anzuordnen und bei Erfolglosigkeit der Androhung ihre Anweisung mit angemessener unmittelbarer Zwangsgewalt unter möglichster Schonung des Betroffenen durchzusetzen; der mit einer Lebensgefährung verbundene Gebrauch einer Waffe ist hiebei nur im Falle der gerechten Notwehr zur Verteidigung eines Menschen zulässig.

Die mit der Vornahme von Sicherheitskontrollen von Sicherheitsunternehmen Beauftragten sowie die vom Verwalter des Gerichtsgebäudes hiefür bestimmten Gerichtsbediensteten sind gemäß § 11 Abs 1 GOG ua befugt - vorbehaltlich des Abs 2 - verpflichtet, die Sicherheitskontrollen mit den im § 3 Abs 2 und 3 genannten Mitteln und Einschränkungen unter möglichster Schonung der Betroffenen sowie unter Vermeidung einer Störung des Gerichtsbetriebes oder einer Schädigung des Ansehens der Rechtspflege durchzuführen (Z 1) und in den Fällen des § 5 Personen aus dem Gerichtsgebäude zu weisen, diesen nötigenfalls den Einsatz unmittelbarer Zwangsgewalt anzudrohen und bei Erfolglosigkeit dieser Androhung ihre Anweisungen durch angemessene unmittelbare Zwangsgewalt unter möglichster Schonung des Betroffenen durchzusetzen, wobei der mit einer Lebensgefahr verbundene Gebrauch einer Waffe nur im Falle der gerechten Notwehr zur Verteidigung eines Menschen zulässig ist (Z 3). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl 13.12.1988, Slg Nr 11935) ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine behauptete "faktische Amtshandlung", daß sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung (bei deren Nichtbefolgung mit einer unmittelbaren Sanktion gerechnet werden mußte) gerichtet ist; es wird daher insoweit die "Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch" gefordert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist physischer Zwang oder unmittelbare Befehlsgewalt Voraussetzung für die Wertung einer Amtshandlung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (siehe VwGH 20.12.1996, Zl 96/02/0284) und zwar ein behördliches Handeln gefordert, das sich bereits als solches im Bereich des Faktischen auswirkt (arg: unmittelbar), ohne daß es hiezu weiterer Tathandlungen bedürfte. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Sachverhalt aber nur dann, wenn es keines dazwischen geschalteten weiteren Handelns bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen (vgl ua Beschlüsse vom 24.11.1977, Zl 2750/7 und vom 19.3.1990, Zl 89/12/0036), das heißt der Befehl erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre (VfSlg 8327; vgl auch zB VwSlg 9439 A oder Beschluß des VwGH vom 30.9.1986, Zlen 86/04/0144-0149). Ein derartiger Eingriff liegt also nur dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht.

Nach dem GOG steht es aber dem Betroffen frei, der Aufforderung eines Kontrollorganes, sich der Sicherheitskontrolle zu unterziehen, nicht Folge zu leisten, wenn auch mit der Konsequenz, daß er zu gewärtigen hat aus dem Gerichtsgebäude gewiesen zu werden und das Risiko von Säumnisfolgen (siehe § 7 GOG) trägt. (vgl dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden, 253 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP S 13f):

"Zum Abs 3 erster Halbsatz sei bemerkt, daß eine Durchsetzung der Sicherheitskontrollen (Vorweisen der mitgeführten Gegenstände und Personsdurchsuchungen) mittels Zwangsgewalt nicht vorgeschlagen wird. Sollte jemand nicht bereit sein, sich einer Kontrolle zu unterziehen bzw eine bei ihm vorgefundene, unerlaubterweise mitgenommene Waffe in einem Schließfach zu verwahren bzw einem nach dem § 1 Ab. 2 zur Übernahme der Waffe Befugten zu übergeben, so soll der Betreffende nur aus dem Gerichtsgebäude zu weisen sein. Die Befolgung dieser Weisung soll aber sehr wohl auch mit Zwangsgewalt durchsetzbar sein (s § 5)."

Dem Beschwerdevorbringen nach hat der Beschwerdeführer dem Verlangen der Kontrollorgane den von ihm mitgeführten Aktenkoffer vorzuweisen, die Geldbörse auf den Tisch zu legen und die Handtasche auszuhändigen, freiwillig entsprochen; der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, daß es zu einer Zwangsmaßnahme kam; es wurde nicht behauptet, daß dem Beschwerdeführer anläßlich seiner Sicherheitskontrolle für den Fall der Nichtbefolgung Zwang angedroht worden wäre oder daß er Gefahr gelaufen wäre, unmittelbar physischem Zwang unterworfen zu werden. Die Beschwerde war daher mangels Vorliegen der Prozeßvoraussetzung der Zulässigkeit zurückzuweisen.

Im Verfahren nach § 67c AVG hat lediglich die obsiegende Partei gemäß § 79a Abs 1 AVG Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, dann ist der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG). Der obsiegenden belangten Behörde entstanden keine Aufwendungen, ein Kostenzuspruch findet daher nicht statt.

Die Anträge auf bescheidmäßige Feststellung der Gebührenfreiheit, des Erlöschens der Zahlungsverpflichtung und auf Ausstellung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO werden wegen Unzuständigkeit der angerufenen Behörde zurückgewiesen; diese Anträge werden samt der Beschwerde an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern weitergeleitet.

Die Bewilligung von Verfahrenshilfe ist nur in jenen Verfahren möglich, in denen die anzuwendenden Gesetze dieses Rechtsinstitut ausdrücklich vorsehen.

Im Verfahren nach Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG (Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) haben die unabhängigen Verwaltungssenate das AVG anzuwenden.

Das AVG enthält jedoch - im Gegensatz zum VStG - keine Bestimmungen über die Gewährung von Verfahrenshilfe. Auch kein anderes Gesetz sieht vor, daß die unabhängigen Verwaltungssenate in Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Verfahrenshilfe gewähren können.

Daher war der gegenständliche Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als unzulässig zurückzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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