TE UVS Steiermark 1997/07/28 30.9-163/96

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Veröffentlicht am 28.07.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn Heribert Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinrich W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 18.09.1996, GZ.: 15.1 1995/3845, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18.09.1996, GZ.: 15.1 1995/3845, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, aufgrund einer Anzeige des Gendarmerieposten Liezen sei festgestellt worden, daß er am 04.08.1995 vormittags, im Haus Hauptstraße Nr. 17 in 8940 Liezen, Mauerarbeiten (Einputzen von insgesamt 12 Mauerbänken) auf eigene Rechnung und Gefahr, in der Absicht einen Ertrag zu erzielen ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung durchgeführt zu haben.

Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 eine Geldstrafe mit einer Strafhöhe von S 2.000,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Dauer von 12 Stunden für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig Berufung erhoben und darin im wesentlichen unrichtige und unvollständige Tatsachenfeststellung durch unrichtige Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt.

Im übrigen führte er aus, daß bei richtiger Tatsachenfeststellung die Erstbehörde feststellen hätte müssen, daß er sich bei der dem Berufungswerber angelasteten Tätigkeit um eine einmalige gehandelt habe, die nicht vom Berufungswerber ausgegangen sei, sondern ein Ersuchen aus einer dringenden Notsituation heraus durch den Vertreter des Berufungswerbers gewesen sei. Es mangle der Tatanlastung somit dem notwendigen Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit

beantragt werde das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen den Berufungswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Dem erstinstanzlichen Verfahrensakt war von den getroffenen Feststellungen her zu entnehmen, daß der Berufungswerber zusammen mit einem Hilfsarbeiter im Auftrag des Hausbesitzers Dr. Wallner insgesamt 12 Mauerbänke gegen Bezahlung eingeputzt hat. Diese Arbeit führte der Berufungswerber am 04.08.1995 durch. Im Sinne der Bestimmung des § 51 e Abs 1 VStG konnte von der Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Folgende rechtliche Überlegungen werden dieser Entscheidung zugrundegelegt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfaßte, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.

Ob die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tätigkeit auch eine Übertretung der GewO 1994 darstellt, ist eine Frage, die im angefochtenen Bescheid nicht behandelt wurde. Sowohl im Spruch als auch in der Begründung des Straferkenntnisses wird nicht darauf eingegangen, ob diese Tätigkeit auch "gewerbsmäßig" vorgenommen worden ist. Nach § 1 Abs 1 GewO 1994 gilt die Gewerbeordnung nur für alle "gewerbsmäßig ausgeübten" und gesetzlich nicht verbotenen Tätigkeiten.

Gemäß § 1 Abs 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Gemäß § 1 Abs 4 GewO 1994 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

Schon aufgrund des dargestellten Akteninhaltes ist davon auszugehen, daß die Erhebungen hinsichtlich des Erfordernisses der Regelmäßigkeit

Baumeisterarbeiten war lediglich am 04.08.1995 festzustellen. Bis zum 03.08.1995 war der Berufungswerber im Haus seines Auftraggebers mit der Räumung des Dachbodens, somit keineswegs mit Baumeisterarbeiten beschäftigt. Auch in der Zeit nach dem 04.08.1995 waren zumindest aktenmäßig keinerlei Baumeistertätigkeiten durch den Berufungswerber nachvollziehbar. Es kann somit die dem Berufungswerber angelastete Tätigkeit des Einputzens von insgesamt 12 Mauerbänken nicht als jene Tätigkeit qualifiziert werden, die "eine längere Zeit" erfordert. Daß der Berufungswerber vor dem 04.08.1995 bzw. danach ebenfalls mit unter das Baugewerbe zu subsumierenden Einputztätigkeiten befaßt war, konnte ebensowenig festgestellt werden. Schon aus diesen Gründen und da auch nach allfälligen sonstigen Umständen auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden konnte, ist im vorliegenden Fall nicht von einer "regelmäßig ausgeübten Tätigkeit" im Sinne der GewO 1994 auszugehen (vgl. dazu VwGH 17.04.1964, Slg. 6310 sowie UVS NÖ Senat ME-91-010).

Aufgrund des dargestellten Akteninhaltes ergibt sich daher, daß die dem Berufungswerber angelastete Tätigkeit (was die Gewerbsmäßigkeit seiner unbestritten erbrachten Arbeitsleistung betrifft) nicht zu erweisen ist. Sein inkriminiertes Tätigwerden konnte nicht als eine der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit qualifiziert werden, weshalb auf Basis der zitierten, gesetzlichen Bestimmungen, aus den angeführten Erwägungen, wie im Spruch ersichtlich, zu entscheiden war.

Schlagworte
Baumeister Gewerbsmäßigkeit Regelmäßigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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