TE UVS Steiermark 1997/08/18 30.17-69/97

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Veröffentlicht am 18.08.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn Alfred Sch, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 24.06.1996, GZ.:

15.1 1996/3270, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Text

Aus dem vorgelegten erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt ergibt sich folgender Gang des Verfahrens:

Am 04.04.1996 erstattete die Verkehrsaufsicht - Jakominiplatz der Grazer Verkehrsbetriebe eine Anzeige an die Bundespolizeidirektion Graz, wonach der Lenker des PKW's mit dem Kennzeichen DL RIO1, am 04.04.1996, um 13.24 Uhr, von der Radetzkystraße kommend, die Schmiedgasse entgegen eines Fahrverbotes in nördliche Richtung befahren habe.

Die Bundespolizeidirektion Graz ermittelte als Zulassungsbesitzer des beanstandeten Fahrzeuges die Sch GesmbH Stein- und Keramikwelt mit dem Sitz in der R-straße 23, L. Die Behörde richtete an den Zulassungsbesitzer eine Lenkeranfrage, datiert mit 18.04.1996, die die angeschriebene GesmbH aufgrund einer Postsperre nicht mehr erreichte.

Mit dem Schreiben vom 29.04.1996 teilte die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Sch der Bundespolizeidirektion Graz mit, daß mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 18.04.1996, zu GZ.: 25 S 282/96 z, über das Vermögen der Firma Stein- und Keramikwelt Sch Gesellschaft m.b.H., L, R-straße 23, der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Sch zum Masseverwalter bestellt worden ist. Das behördliche Schriftstück werde gemäß § 78 Abs 3 der Konkursordnung der Behörde rückgemittelt, da es die Konkursmasse nicht berühre. Die Lenkeranfrage wolle dem Gemeinschuldner persönlich mit dem Vermerk "trotz Sperre" neuerlich zugestellt werden.

Die zweite Lenkeranfrage, datiert mit 02.05.1996, richtete die Bundespolizeidirektion Graz neuerlich an den Zulassungsbesitzer, die Firma Scha GesmbH, welche in der Folge am 08.05.1996 von Herrn Alfred Sch persönlich übernommen wurde. Der Berufungswerber beantwortete die behördliche Anfrage "als Geschäftsführer der Stein- und Keramikwelt Sch Gesellschaft m.b.H." sinngemäß in der Weise, daß er die gewünschte Auskunft nicht erteilen könne, weil er sich zum Beanstandungszeitpunkt in der Türkei befunden habe, zuvor das genannte Fahrzeug am Firmengelände abgestellt habe, somit der PKW nur widerrechtlich von einem Firmenmitarbeiter, der sich nicht mehr ermitteln ließe, in Betrieb genommen worden sei. Es gäbe auch keine Aufzeichnungen für eine allfällige Benutzung in seiner Abwesenheit.

Mit der Strafverfügung vom 20.05.1996 legte die Bundespolizeidirektion Graz Herrn Alfred Sch als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma Sch GesmbH, etabliert in L, R-straße 23, welche Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges DL RIO1 sei, zur Last, es unterlassen zu haben, der schriftlichen Aufforderung der Behörde vom 02.05.1996, zugestellt am 08.05.1996, innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Wochen ab Zustellung der Aufforderung Folge zu leisten. Er habe innerhalb der Frist keine Auskunft darüber erteilt, wer das Kraftfahrzeug am 04.04.1996, um 13.24 Uhr, in Graz, Schmiedgasse, von der Radetzkystraße kommend, in nördliche Richtung gelenkt habe. Die vom Beschuldigten erteilte Lenkerauskunft sei nicht vollständig gewesen. Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG wurde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von S 1.500,--, bei deren Uneinbringlichkeit 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Im Einspruch gegen die Strafverfügung wiederholte der Berufungswerber im wesentlichen die von ihm schon gemachten Angaben: Beim Fahrzeug handle es sich um ein Firmenfahrzeug, welches fast ausschließlich von der Geschäftsleitung bzw. von Bekannten der Geschäftsleitung benützt werde; es habe eine widerrechtliche Inbetriebnahme stattgefunden.

Die Bundespolizeidirektion Graz trat mit der Anordnung vom 03.06.1996 gemäß § 29 a VStG den Verwaltungsstrafakt der Wohnsitzbehörde des Berufungswerbers, der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg, ab, die das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis unter Aufrechterhaltung des Tatvorwurfes in der Strafverfügung erließ; die Geldstrafe wurde auf S 3.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage angehoben.

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn Alfred Sch vom 08.07.1996, die unter anderem wie folgt begründet wird: Aufgrund des Konkursantrages vom 18.04.1996 sei über die Stein- und Keramikwelt Sch Gesellschaft m.b.H. ein Masseverwalter bestellt worden, weshalb diverse Anfragen an diesen zu richten seien, da der Berufungswerber keine Entscheidungsgewalt über die Stein- und Keramikwelt Sch Gesellschaft m.b.H. mehr habe. Der Berufungswerber verfüge aufgrund des Konkursverfahrens über kein Einkommen; der Schuldenstand sei auf S 11 Mio. angewachsen. Er stelle daher den Antrag, den Bescheid vom 24.06.1996 aufzuheben.

Auf Anfrage teilte die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Sch als ehemaliger Masseverwalter im Konkursverfahren der Sch GesmbH dem Senat nachstehendes mit:

Das Fahrzeug BMW 525 IX mit dem Kennzeichen DL RIO1 war ein Leasingfahrzeug. Der Leasingvertrag lief über die Sch GesmbH und war Teil der Konkursmasse. Mit dem Schreiben des Masseverwalters vom 05.08.1996 erklärte sich dieser damit einverstanden, daß Herr Alfred Sch den Leasingvertrag mit der Firma AVA-Bank, Allianz-Leasing GesmbH & Co KG, Hauptplatz 18, 8020 Graz, persönlich übernimmt. Damit schied der Leasingvertrag aus der Konkursmasse aus.

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Berufungsausführungen und konnte gemäß § 51 e Abs 1 VStG auch von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

§ 9 VStG lautet auszugsweise: "(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist."

Die belangte Behörde hat den Berufungswerber unter Verweis auf die letztzitierte Bestimmung als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma Sch GesmbH (Zulassungsbesitzerin des beanstandeten Fahrzeuges) wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft bestraft. Der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Berufungswerbers steht allerdings die Konkurseröffnung über die Firma Stein- und Keramikwelt Sch Gesellschaft m.b.H. entgegen, mit der gleichzeitig ein Masseverwalter bestellt worden ist. Zwar ist der Masseverwalter nicht schlechthin gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners; soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners jedoch beschränkt sind, erhält die Konkursmasse ein ex lege vertretungsberechtigtes und -verpflichtetes Organ in der Person des Masseverwalters, der kraft seiner Bestellung alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner nicht vornehmen kann, mit Wirkung für die Masse und für die Konkursgläubiger vorzunehmen hat. Dies bedeutet auch, daß der Masseverwalter hinsichtlich der für den Gemeinschuldner zugelassenen Fahrzeuge als gesetzlicher Vertreter des Zulassungsbesitzers anzusehen ist. Damit treffen den Masseverwalter als Vertreter im Sinne des § 9 Abs 1 VStG die Pflichten des Gemeinschuldners als Zulassungsbesitzer von Fahrzeugen, die zur Konkursmasse gehören, somit auch die Pflicht zur Auskunftserteilung im Sinne des § 103 Abs 2 KFG (vergl. VwGH vom 25.10.1996, Zl. 95/17/0618).

Dazu konnte im vorliegenden Fall festgestellt werden, daß das Kraftfahrzeug, KZ DL RIO1, auf welches sich die Lenkeranfrage bezog, der Sch GesmbH aufgrund eines Leasingvertrages zwischen der Firma und der AVA-Bank zur Verfügung stand. Mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Leasingnehmers (Sch GesmbH) am 18.4.1996 sind die Nutzungsrechte und Ratenverpflichtungen auf die Konkursmasse übergegangen. Der Masseverwalter ist mit den Gestaltungsmöglichkeiten der KO (Aufkündigung, Weiterführung) ipso jure in den Vertrag eingetreten. Bis zur Übernahme des Leasingvertrages durch den Berufungswerber am 05.08.1996 war das Fahrzeug daher der Konkursmasse zuzurechnen.

Der Masseverwalter hätte daher die Lenkeranfrage der Bundespolizeidirektion Graz vom 18.04.1996 für die Gemeinschuldnerin als Zulassungsbesitzerin des genannten Fahrzeuges im Sinne der Formularvorgaben beantworten müssen. Den Berufungswerber hätte die Auskunftspflicht allenfalls im Wege einer Namhaftmachung seiner Person durch den Masseverwalter als auskunftspflichtige Person - nicht aber als Vertreter des Zulassungsbesitzers - treffen können.

Da dies die belangte Behörde verkannte, war der bekämpfte Strafbescheid zu beheben und das Strafverfahren gegen den Berufungswerber unter Verweis auf die Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Auskunftspflicht Lenkererhebung Probefahrt Probefahrtkennzeichen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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