TE UVS Steiermark 1997/08/25 20.3-40/97

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Veröffentlicht am 25.08.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 16. Juni 1997 eingelangte Beschwerde des Herrn Jimi Alex F, geb. am 4. April 1964, vertreten durch Herrn Dr. Klaus K, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Abs 1 und Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG), wie folgt entschieden:

Die Beschwerde, daß "der Beschwerdeführer durch Nichtausfolgung seines Meldezettels und seines Magaphonausweises anläßlich seiner Entlassung aus der Schubhaft am 4.6.1997 und der Zurückhaltung dieser Dokumente seither, in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Führung dieser Dokumente verletzt wurde", wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

I. In der Beschwerde vom 12. Juni 1997 wurde nachfolgendes vorgebracht:

Der BF ist nigerianischer Staatsangehöriger. Über ihn wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz zu FR 2465/96 die Schubhaft verhängt. Der BF befand sich vom 20.3.1997 bis 4.6.1997 in Schubhaft.

Aus Anlaß der Verhängung der Schubhaft wurden dem BF persönliche Dokumente, u.a. seine Meldezettel und ein 'Megaphon-Ausweis' abgenommen. Im Zuge der Formalitäten bei der Entlassung aus der Schubhaft ersuchte der BF mehrmals, die amtshandelnden Beamten mögen ihm seinen Meldezettel und den oben bezeichneten Ausweis aushändigen.

Aus für den BF unverständlichen Gründen und auch ohne sonstige gesetzliche Grundlage wurde dem BF die Herausgabe der Dokumente verweigert. Diese Dokumente befinden sich nach wie vor in Gewahrsam der Bundespolizeidirektion Graz.

BEWEIS: Einvernahme des BF, Akt FR 2465/96 der BuPolDion Graz, weitere Beweise vorbehalten.

Die Nichtausfolgung bzw. Zurückbehaltung der erwähnten Dokumente stellt eine Maßnahme behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar."

II. Gemäß § 9 Abs 2 Polizeigefangenenhaus-Hausordnung (im folgenden PGH-HO) sind sonstige Effekten in Verwahrung zu nehmen, der Häftling kann jedoch über diese Gegenstände verfügen. Sie sind in ein Verzeichnis aufzunehmen, dessen Richtigkeit und Vollständigkeit sowohl das Organ, welches die Aufnahme durchführt, als auch der Häftling zu bestätigen hat. Ist der Häftling des Schreibens unkundig oder verweigert er die Unterschrift, so sind Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses von einem 2. Beamten zu bestätigen. Gemäß Abs 4 leg. cit. sind die in Verwahrung genommenen Effekten dem Häftling gegen die Bestätigung bei der Entlassung auszufolgen.

Nach § 23 Abs 1 bis 3 PGH-HO steht einem in einem Polizeigefangenenhaus einsitzenden Häftling im Hinblick auf behauptete Rechtsverletzungen ein zweigeteilter Rechtszug offen:

Wendet sich ein Häftling gegen die Verletzung "der dem Häftling aus der Hausordnung erwachsenden Rechte", ist seine "Beschwerde" an den Kommandanten zu richten. Dieser hat nur dann selbst darüber zu entscheiden, wenn es sich um eine Maßnahme eines Aufsichtsorganes handelt. Richtet sich die Beschwerde aber gegen eine von ihm oder vom Amtsarzt getroffene Maßnahme und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab

vorzulegen. "Behörde" im Sinne des § 23 Abs 2 PGH-HO ist gemäß § 46 in Verbindung mit § 65 Abs 1 Fremdengesetz die Bezirksverwaltungs- bzw. Bundespolizeibehörde, die ihrerseits aber nur dann mit Bescheid zu entscheiden hat, wenn eine Maßnahme des Kommandanten den Grund zur Beschwerde gab.

Die behauptete "Nichtausfolgung des Meldezettels und des Megaphon-Ausweises anläßlich der Entlassung aus der Schubhaft am 4. Juni 1997 und der Zurückhaltung dieser Dokumente seither" stellt allenfalls eine Rechtsverletzung im Sinne des § 9 Abs 4 PGH-HO dar und wäre die Verletzung dieses Rechtes im Sinne des § 23 folgende PGH-HO geltend zu machen. Eine Maßnahmenbeschwerde dient nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes. Somit war die eingebrachte Maßnahmenbeschwerde a limine zurückzuweisen und konnte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung entfallen. Dem Umstand, daß der Beschwerdeführer zum jetzigen Zeitpunkt sich nicht mehr in Haft befindet, ist nicht relevant, da die Ausfolgung des Megaphon-Ausweises und des Meldezettels bei der Entlassung ein aus der PGH-HO "erwachsendes Recht" gemäß § 9 Abs 4 leg. cit. darstellen würde. Im übrigen wird bemerkt, daß die Verweigerung der Aushändigung eines Meldezettels und eines Megaphon-Ausweises anläßlich einer Entlassung aus der Schubhaft durch eine Behörde, trotz Vorliegens eines entsprechenden Begehrens, keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt (ähnlich VwGH 28.4.1992, 91/11/0153; 12.9.1989, 89/11/0039, 0043 bis 0045).

Schlagworte
Maßnahme Beschwerdevoraussetzungen Zurückbehaltung Ausweis Schubhaft Hausordnung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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