Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied, Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn Maximilian S, wohnhaft in St M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 22.10.1996, GZ.: 15.1 1996/9836, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben als daß das Strafausmaß gemäß § 19 VStG mit S 700,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) neu festgesetzt wird. Dadurch vermindert sich der Betrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf den Betrag von S 70,--. Dieser ist - ebenso wie die Geldstrafe - binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
I.) Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber als zur Vertretung nach außen Berufenen und daher als gemäß § 9 VStG Verantwortlichen der Firma L Gisela KG, St M, diese ist Zulassungsbesitzerin des LKW, Kennzeichen St-102.549, zur Last gelegt, dem Herrn Erwin R den genannten LKW im Rahmen des Güterverkehrs zum Lenken überlassen zu haben, obwohl dieser weder das 21. Lebensjahr noch einen Befähigungsausweis als Berufskraftfahrer besitze. Das Fahrzeug sei am 8.7.1996, um 9.55 Uhr, in Graz, im Bereich der Kreuzung Wienerstraße-Weinzödl von der genannten Person gelenkt worden.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 103 Abs 1 Z 3 KFG wurde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verhängt sowie als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Betrag von S 100,-- vorgeschrieben.
II.) In seinem fristgerecht erhobenen Rechtsmittel stellte der Berufungswerber den von der Behörde festgestellten Sachverhalt nicht in Abrede; er verantwortete sich unter Verweis auf seine Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren im wesentlichen damit, daß der zum Tatzeitpunkt erst neunzehnjährige Lenker R vom Arbeitsmarktservice dem Betrieb vermittelt worden sei, obwohl dem Arbeitsmarktservice das zu lenkende Fahrzeug bekannt gewesen sei. Als nicht rechtskundige Person habe der Berufungswerber daher wohl darauf vertrauen können, daß R die erforderlichen Voraussetzungen für das Lenken auch schwerer LKW erfüllt. Es liege damit kein vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verstoß vor, sondern eine entschuldbare Fehlleistung. Der Auffassung der belangten Behörde, die gegenständliche Übertretung sei eine schwerwiegende Verletzung kraftfahrrechtlicher Vorschriften und müsse dementsprechend streng geahndet werden, könne sich der Berufungswerber nicht anschließen, weil R eine Lenkerberechtigung besessen habe, die auch zum Lenken schwerer LKW berechtige.
Der Berufungswerber ersuchte, vom Ausspruch einer Strafe Abstand zu nehmen, allenfalls eine Ermahnung auszusprechen. Sollte die Verhängung einer Geldstrafe unbedingt erforderlich sein, so wolle diese dem Verursacherprinzip folgend dem Arbeitsmarktservice gegenüber ausgesprochen werden, da diese Stelle den Lenker R als Kraftwagenlenker vermittelt habe. III.) Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Eine öffentliche, mündliche Verhandlung konnte unter Hinweis auf die Bestimmung des § 51 e Abs 2 VStG entfallen, nachdem im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe nicht verhängt worden ist und die Durchführung einer Verhandlung weder zur Beurteilung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erforderlich, noch vom Berufungswerber beantragt worden ist.
IV.) Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:
Gemäß § 103 Abs 1 Z 3 KFG darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung, das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschluß der Lehrabschlußprüfung des Lehrberufes "Berufskraftfahrer" besitzen.
Die EG-Verordnung 3820/85 legt im Art. V Abs 1 das Mindestalter der im Güterverkehr eingesetzten Fahrer fest:
a) bei Fahrzeugen mit einen höchstzulässigen Gesamtgewicht bis zu 7,5 t auf das vollendete 18. Lebensjahr;
b) bei den übrigen Fahrzeugen auf das vollendete 21. Lebensjahr oder das vollendete 18. Lebensjahr, falls der Fahrer Inhaber eines Befähigungsnachweises über den erfolgreichen Abschluß einer von einem der Mitgliedstaaten anerkannten Ausbildung für Fahrer im Güterkraftverkehr gemäß den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über das Mindestniveau der Ausbildung für Fahrer von Transportfahrzeugen im Straßenverkehr ist. Diese Vorschriften gelten bereits seit dem Jahre 1994. Der Berufungswerber ist Inhaber einer Transportkonzession und als Geschäftsführer sowie als zur Vertretung nach Außen Berufener gemäß § 9 Abs 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrechtlich verantwortlich.
In dieser Position kann sich der Berufungswerber nicht schuldbefreiend auf die Unkenntnis einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen auf dem Gebiete des Transportwesens berufen. Selbst guter Glaube kann keinen Schuldausschließungsgrund darstellen, wenn es - wie hier - Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen. Daran vermag auch der Umstand nichts ändern, daß der beanstandete Lenker über das Arbeitsmarktservice vermittelt worden ist, weil es - wie schon dargelegt - in die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers fällt, die Einhaltung der KFG-Bestimmungen und EG-Verordnungen zu überprüfen. Dadurch, daß der Berufungswerber einem neunzehnjährigen Fahrer einen LKW mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 17.990 kg im Rahmen des Güterverkehrs zum Lenken überlassen hat, ohne sich zuvor ein Bild über die geltenden Bestimmungen für das Fahrpersonal zu machen, hat er zumindest fahrlässig die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen.
V.) Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die vom Berufungswerber übertretenen Vorschriften sollen gewährleisten, daß nur erfahrene Fahrer schwere LKW im Güterverkehr lenken. Das Mindestalter von 21 Jahren soll nur dann unterschritten werden können, wenn die fehlende Praxis im Straßenverkehr durch eine gesonderte Schulung (die entsprechende Lenkerberechtigung ist Grundvoraussetzung) und anschließende Prüfung wettgemacht werden kann. Kraftfahrer mit zu geringer Fahrpraxis ohne entsprechende Zusatzausbildung erhöhen das ohnehin schon vorhandene Gefahrenpotential, welches mit dem Lenken von schweren LKW's verbunden ist. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Im Sinne dieser Gesetzesstelle waren weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe anzuführen. Die von der belangten Behörde angenommene Vorstrafe wegen Übertretung des KFG ist im Vorstrafenausdruck nicht näher umschrieben. Laut Auskunft des Behördenvertreters könne es sich dabei nur um eine geringfügige Überladung oder einen Fahrzeugmangel (Reifen) gehandelt haben; der betreffende Akt sei schon archiviert. Aufgrund der mangelnden Konkretisierung der Vorstrafe war im Zweifel von einer nicht einschlägigen Vormerkung auszugehen. Nach Wegfall des Erschwerungsgrundes war die von der Behörde verhängte Strafe wie erfolgt neu zu bemessen. Die Anwendung des § 21 VStG - Absehen von der Verhängung einer Strafe - kam nicht in Betracht, weil das Verschulden des Berufungswerbers nicht gleichzusetzen ist mit einer "entschuldbaren Fehlleistung". Die Geldstrafe soll den Berufungswerber sodann in Hinkunft ermahnen, seine Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften wahrzunehmen und sich über die einschlägigen Bestimmungen im Transportwesen zu informieren.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers - hier wird im Schätzungswege die unbeeinsprucht gebliebene Grundlage der Erstbehörde herangezogen und von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen (S 15.000,-- monatlich) ausgegangen; Betriebsvermögen und Verpflichtungen werden angenommen - waren für sich nicht geeignet, die Strafe herabzusetzen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.