TE UVS Steiermark 1997/09/15 30.16-73/97

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Veröffentlicht am 15.09.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn Hubert S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Bad Aussee vom 3.4.1997, GZ.: 15.1 1995/910, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung

Folge gegeben das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 21.9.1995, um 11.15 Uhr, in Bad Aussee, Chlumeckyplatz, anläßlich des Wochenmarktes "rohes Schweinefleisch", Bratwürste

erforderliche Kühlung bei einer amtlich gemessenen Außentemperatur von + 11 Grad Celsius zum Verkauf angeboten und dadurch Lebensmittel in Verkehr gebracht, ohne vorzusorgen, daß diese nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt werden, soweit das nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Lebensmittelgesetz begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn auf der Rechtsgrundlage des § 74 Abs 5 Z 3 LMG 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden, verhängt. Ferner wurden gemäß § 64 VStG S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in dieser u.a. ausgeführt, daß der Berufungswerber am 21.9.1995 gegen 11.30 Uhr bereits mit dem Abbau seines Standes befaßt gewesen sei, welcher über eine Umluftkühlung verfügt habe. Er habe dieses Kühlgerät nicht nur, wie von Zeugen nachgewiesen, verwendet, sondern eine Woche vor dem gegenständlichen Vorfall einem Lebensmittelpolizisten ausdrücklich gezeigt. Im übrigen sei sein Kühlaggregat so konstruiert, daß damit jederzeit eine Temperatur von drei Grad Celsius erzielt werden könne. Schließlich ordne § 20 LMG keinesfalls an, daß die entsprechenden Lebensmittel ständig durch Kühlaggregate odgl. gekühlt werden müßten. Es sei lediglich dafür zu sorgen, daß keine hygienisch nachteiligen Einflüsse hervorgerufen würden. Die Lebensmittelpolizisten hätten auch keine Kerntemperaturen seiner Waren gemessen.

Schließlich sei in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auch nicht erwähnt worden, durch welches konkrete Verhalten er die Bestimmungen des § 20 LMG übertreten habe. Im übrigen treffe ihn auch keinerlei Verschulden, da er stets dafür gesorgt habe, daß seine Waren in einwandfrei gehaltenem Zustand gewesen wären. Die durch die Verladearbeiten bei Beendigung der Verkaufstätigkeit bedingte kurzfristige Unterbrechung der Kühlkette habe zu keiner wie auch immer gearteten hygienisch nachteiligen Beeinflußung geführt. Es werde daher der Antrag gestellt das angefochtene Straferkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften ersatzlos zu beheben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Die Durchführung Berufungsverhandlung konnte unter Hinweis auf § 51 e Abs 1 VStG entfallen.

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt bei Verwaltungsübertretungen, wie im vorliegenden Fall, ein Jahr; sie ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Im gegenständlichen Fall ist die Verfolgungsverjährungsfrist am 21.9.1996 abgelaufen, da die Tat am 21.9.1995 begangen wurde. Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (z.B. Ladung, Vernehmung, Zeugenaussage, Strafverfügung). Eine Verfolgungshandlung muß daher, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, von einer Behörde ausgehen, gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet, innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein und wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert, daß sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig.

Im konkreten Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, wie aber auch alle Verfolgungshandlungen im Sinne des § 32 Abs 2 VStG neben der Wiedergabe des § 20 LMG lediglich - soweit von verfahrensrelevantem Bezug - ausführt, daß die näher bezeichneten Fleischprodukte "ohne die für diese Produkte erforderliche Kühlung bei einer amtlich gemessenen Außentemperatur von + 11 Grad Celsius zum Verkauf angeboten und dadurch Lebensmittel in Verkehr gebracht wurden ....."

Da es sich bei § 20 LMG um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt, ist zur Konkretisierung des Tatvorwurfs die individualisierte Bezeichnung jener Handlungen erforderlich, die der Täter rechtswidrigerweise zu setzen unterlassen hat. Im konkreten Fall wird dem Berufungswerber das Fehlen der erforderlichen

davon gesprochen, wie eine solche beschaffen sein sollte. Dies ist in mehrfacher Hinsicht bedeutungsvoll. So ist dem Verfahrensakt der belangten Behörde zu entnehmen, daß (ausschließlich) Feststellungen die Außentemperatur (+ 11 Grad Celsius) bei der Überprüfung durch Organe der Fachabteilung für das Gesundheitswesen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung getroffen wurden.

Gerade der Hinweis auf eine erforderliche Lagertemperatur nach der Frischfleischhygieneverordnung, BGBl. Nr. 118/94 (richtig wohl: BGBl. Nr. 396/1994 i.d.g.F.!) hätte es, unbeschadet der Ansicht der erkennenden Behörde, daß zutreffendenfalls ohnedies eine Verwaltungsstrafverfahren nach dieser lex specialis anzustrengen gewesen wäre, erforderlich gemacht, durch geeignete Messungen allenfalls zumindest die Innentemperatur des vom Berufungswerber zum Verkauf angebotenen bzw. gelagerten Fleisches festzustellen, sind doch die in der Anzeige herangezogenen Lagertemperaturen nach der Frischfleischhygieneverordnung von maximal + 7 Grad Celsius bzw. von maximal + 3 Grad Celsius für Nebenprodukte der Schlachtung ausdrücklich auf die Innentemperaturen (vgl. § 11 Abs 1 Frischfleischhygieneverordnung 1994) bezogen. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, daß gerade die vom Berufungswerber gewählte Vertriebsform zutreffendenfalls unter § 17 der zuletzt genannten Verordnung zu subsumieren ist, wonach das Vorhandensein einer Kühlanlage schlechthin überhaupt nicht verlangt wird und die Bestimmung des § 11 der zitierten Verordnung nicht Platz zu greifen braucht. Schließlich ist hinsichtlich des gerade im gegenständlichen Fall offenkundigen Verstoßes gegen die Konkretisierungspflicht des § 44 a Z 1 VStG besonders erwähnenswert, daß aus der Stellungnahme der anzeigenden Fachabteilung für das Gesundheitswesen vom 19.8.1996 im erstinstanzlichen Verfahren davon die Rede ist, "...... daß eine dem Gesetz entsprechende Kühlung der Produkte von Herrn S auch mit einem Kühlaggregat nicht zu erzielen gewesen wäre."

Es fehlen somit auch in dieser Stellungnahme jegliche konkrete Hinweise oder auch Anhaltspunkte dafür, in welcher Form allenfalls eine Kühlvorrichtung von Nöten gewesen wäre, um eine dem LMG 1975 widersprechende negative Beeinflussung der vom Berufungswerber zum Verkauf angebotenen bzw. von ihm gelagerten Fleischprodukte zu verhindern. Nicht unerwähnt soll gerade in diesem Zusammenhang der Umstand sein, daß der Berufungswerber ohnehin - unbeschadet der vorliegenden diesbezüglichen Zeugenaussagen - auch schon vor der verfahrensgegenständlichen Berufung stets vom Vorhandensein eines Kühlgerätes gesprochen hat, welches allerdings zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die Lebensmittelaufsicht bereits abgebaut gewesen sei.

Für die oa. aus der Sicht der erkennenden Behörde vorliegenden Spruchmängel spricht nicht zuletzt auch der Umstand, daß dem beigeschafften Akt der Rechtsabteilung 12 beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung GZ.: 12-75 Sta 5/1-1995, in welchem mit Bescheid vom 28.9.1995 eine Sperre des Marktstandes des Berufungswerbers angeordnet wurde ("wegen fehlender Kühleinrichtungen") erst im Schreiben der Fachabteilung für das Gesundheitswesen vom 25.10.1995 an die belangte Behörde zu entnehmen ist, daß eine "entsprechende Kühleinrichtung (Kühlvitrine) beim Marktstand des Berufungswerbers am Bauernmarkt in Bad Aussee,

Chlumeckyplatz, installiert wurde."

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß einerseits in Ermangelung jeglicher Feststellungen, wie hoch die Kerntemperaturen des vom Berufungswerbers zum Verkauf Angebotenen bzw. allenfalls (auch nur mehr) gelagerten Fleisches zum Zeitpunkt der Kontrolle tatsächlich waren und andererseits in Ermangelung jeglicher (konkreter) Vorwürfe, worin die für die näher bezeichneten Produkute erforderliche Kühlung sowohl die Höhe der Kühltemperaturen als auch die Art der Kühleinrichtungen betreffend, bestehen hätten sollen, der Spruch des angeführten Straferkenntnisses einen seitens der Berufungsbehörde nicht sanierbaren Konkretisierungsmangel aufweist - entsprechende im Zuge der Verfolgungsverjährungsfrist bei zur Beurteilung heranzuziehender tauglicher Verfolgungshandlungen hervorgetretene respektive verwertbare Umstände lagen nicht vor - war das Verwaltungsstrafverfahren zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen daher gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG 1991 einzustellen.

Schlagworte
Frischfleisch Kühlung Innentemperatur lagern
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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