TE UVS Steiermark 1997/09/16 30.14-6/97

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Veröffentlicht am 16.09.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn Jürgen O, wohnhaft in G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 4.12.1996, GZ.: III/S 26099/96, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 8.7.1996, um 22.01 Uhr, in G, Annenstraße 58, Richtung Westen, als Lenker des Kraftfahrzeuges G-65 RUC das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen "Einfahrt verboten" nicht beachtet.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 52 a Z 2 StVO wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 1.500,--, im Uneinbringlichkeitsfall zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt sowie als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Betrag von S 150,-- vorgeschrieben.

Die belangte Behörde stützte den Strafbescheid auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz, Wachzimmer Hauptbahnhof, vom 10.7.1996 sowie auf die Zeugenaussagen des Meldungslegers im Ermittlungsverfahren. Die Angaben des Berufungswerbers, er habe zwar im oberen Teil der Annenstraße ein Wendemanöver durchgeführt, sei aber dabei nicht entgegen eines Einfahrtverbotszeichen gefahren, hat die belangte Behörde als Schutzbehauptung gewertet.

In seinem fristgerecht erhobenen Rechtsmittel knüpfte der Berufungswerber im wesentlichen an seine Rechtfertigung im erstinstanzlichen Verfahren an; er beantragte das Straferkenntnis zu beheben.

Am 11.9.1997 hat vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden, in der sowohl der Berufungswerber als auch der Meldungsleger Rev. Insp. M als Zeuge zur Sache befragt wurden.

Der Berufungswerber gab an, in den Abendstunden des 8.7.1996 mit seinem Fahrzeug, in dem sich auch seine vierjährige Tochter befand, auf der Fahrt zu seiner Wohnadresse in G, gewesen zu sein. Er beabsichtigte vom Eggenberger Gürtel kommend an der Kreuzung Annenstraße - Waagner-Biro-Straße in Richtung Eggenberg abzubiegen. Da dort am ersten Tag ein Linksabbiegeverbot aufgestellt war, konnte er sein Vorhaben nicht umsetzen; er bog zwangsweise rechts in die Annenstraße (stadteinwärts) ein. Nachdem dort zu dieser Zeit - gegen 22.00 Uhr - kein Verkehr war, entschloß er sich zu einem vorschriftswidrigen Wendemanöver, um auf die Fahrbahn der Annenstraße in Fahrtrichtung Westen (Eggenberg) zu kommen. Das Wendemanöver fand etwa auf Höhe der Firma P statt; noch im Wenden begriffen, bemerkte der Berufungswerber auf der Annenstraße in Fahrtrichtung Eggenberg auf Höhe der Babenbergerstraße eine Baustelle, die ihm neuerlich zu einer Richtungsänderung zwang: Der Berufungswerber kehrte - eine Schleife beschreibend - wieder auf die Fahrbahn der Annenstraße in Fahrtrichtung Zentrum zurück und bog rechts in die Quergasse ein, um in der Folge seine Fahrt in Richtung Eggenberg über die Niesenbergergasse, Peter-Tunner-Straße usw. fortzusetzen. Der Zeuge, Rev. Insp. M, der am 8.7.1996 gegen 22.00 Uhr an der Ecke Annenstraße - Babenbergerstraße (= Höhe Annenstraße Nr. 58) mit einer Prostituierten eine Amtshandlung führte, schilderte seine Wahrnehmungen in Bezug auf das Fahrverhalten des Berufungswerbers wie folgt: Er sah, wie der Berufungswerber mit seinem PKW auf der Annenstraße in Richtung Bahnhof auf seinen Standort zufuhr. Er wollte den Lenker des Fahrzeuges anhalten, was deshalb nicht möglich war, weil dieser etwa 30 Meter vor seinem Standort sein Fahrzeug wendete. Nachdem Rev. Insp. M das Fahrzeug des Berufungswerbers schon auf Höhe der ehemaligen Bank für Handel und Industrie gesehen hat, ist er davon ausgegangen, daß der Berufungswerber entgegen der Straßenverkehrszeichen "Einfahrt verboten", die das Befahren der Annenstraße ab dem Esperantoplatz in Fahrtrichtung Bahnhof nicht mehr erlaubt, die Annenstraße befahren hat.

Anhand der Aktenlage und auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens werden im Rahmen der freien Beweiswürdigung folgende Feststellungen getroffen:

Am 8.7.1996 war die Annenstraße in G ab dem Esperantoplatz in Richtung Westen (Bahnhof) auf Grund einer Baustelle gesperrt und nur in Richtung Osten durchgehend befahrbar. Zur Erkenntlichmachung der Absperrung waren an der Kreuzung Annenstraße - Esperantoplatz zwei Verbotszeichen gemäß § 52 a Z 2 StVO deutlich sichtbar aufgestellt; für Schienenfahrzeuge war der Baustellenbereich befahrbar; die Straßenbahneinfahrt auf Höhe der Verbotszeichen war durch "Wischbesen" abgesichert. Der eigentliche Baustellenbereich befand sich nach der Kreuzung mit der Babenbergerstraße stadtauswärts gesehen; an dieser Stelle war die Annenstraße bis zur Hälfte aufgegraben und die Gleise freigelegt.

Gegen 22.01 Uhr führte der Berufungswerber mit dem schon näher bestimmten Kraftfahrzeug auf Höhe der Annenstraße 58 ein vorschriftswidriges Wendemanöver durch, welches von Rev. Insp. M beobachtet und gemeinsam mit dem gegenständlichen Tatvorwurf zur Anzeige gebracht worden ist. Die Mißachtung der Einfahrtverbotszeichen an der Kreuzung Annenstraße - Esperantoplatz durch den Berufungswerber hat der Meldungsleger nicht gesehen, er nahm diese Übertretung deshalb an, weil der Berufungswerber die Annenstraße in Richtung Westen (Bahnhof) befuhr. Auf Höhe Annenstraße Nr. 58 befand sich der Standort des Beamten nicht aber die Einfahrtverbotsschilder.

Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:

Das Vorschriftszeichen gemäß § 52 a Z 2 StVO "Einfahrt verboten" zeigt an, daß die Einfahrt an einer bestimmten Stelle - wie hier an einer Kreuzung - in eine Straße verboten ist. Das Vorschriftszeichen wird vom Lenker eines Fahrzeuges dann mißachtet, wenn er entgegen des Fahrverbotes an diesem Verkehrszeichen vorbei in den Straßenzug einfährt.

Dieses Verhalten ist dem Berufungswerber im vorliegenden Fall weder entsprechend der Bestimmung des § 44 a VStG vorgehalten, noch durch die Aussage des Meldungslegers zweifelsfrei erwiesen:

Der Tatvorwurf, der Berufungswerber habe zur angegebenen Zeit in G, Annenstraße 58, Richtung Westen, als Lenker eines bestimmten Fahrzeuges das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen "Einfahrt verboten" nicht beachtet, setzt voraus, daß sich im Bereich des Hauses Annenstraße Nr. 58, tatsächlich ein Einfahrtverbotsschild befunden hat. Wie aber bereits aus der Anzeige hervorgeht und vom Meldungsleger im erstinstanzlichen Verfahren durch die Handskizze verdeutlicht worden ist, haben sich die Einfahrtverbotsschilder an der Kreuzung Annenstraße - Esperantoplatz, somit mehrere 100 Meter vom Haus Annenstraße Nr. 58 entfernt befunden. Diese Tatsache hat die Erstbehörde weder zu einer Korrektur ihres Tatvorwurfes veranlaßt, noch hat sie gegenüber dem Berufungswerber eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Die vom Meldungsleger angefertigte Handskizze hat dem Berufungswerber dem Akt zufolge erst im Zusammenhang mit der Erhebung des Rechtsmittels (Niederschrift vom 12.12.1996) somit erst nach Erlassung des Straferkenntnisses, zur Kenntnis kommen können. Daher war der bekämpfte Bescheid bereits im Hinblick darauf, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen haben kann, unter Verweis auf § 45 Abs 1 Z 2 VStG zu beheben. Selbst unter Annahme eines richtig vorgehaltenen Tatvorwurfes wäre die Beweislage an sich nicht geeignet gewesen, den Berufungswerber zu bestrafen, nachdem der Meldungsleger die Verletzung des Fahrverbotes nur indirekt aus seinen späteren Wahrnehmungen schloß und die Verantwortung des Berufungswerbers für sich nicht unglaubwürdig war. Im besonderen erschien es dem erkennenden Senat nicht plausibel, daß ein bisher absolut unbescholtener Verkehrsteilnehmer deutlich angebrachte Verbotsschilder mißachtet und mit seinem Fahrzeug - in dem auch seine vierjährige Tochter saß - durch Sicherheitsvorkehrungen (Wischbesen für die Straßenbahn) hindurch in einen Verbotsbereich einfahren wird.

Es war entsprechend des Berufungsantrages der Strafbescheid zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Einfahrtverbot Tatort
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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