Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn Dr. Franz K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Richard K und Dr. Anton D, in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 28.4.1997, GZ.: 15.1 1995/4872, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend modifiziert wird, daß der erste Halbsatz nunmehr lautet: "Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der VFG mit Sitz in W, die Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-113 GI ist, unterlassen, .......".
Im übrigen bleibt der erstinstanzliche Bescheid unberührt. Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und gemäß § 19 VStG die Strafe mit S 2.000,-- (2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) bemessen.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 200,--; dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.
Auf Grund des vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:
Auf Grund eines Vorfalles vom 4.8.1995 wurde am 25.8.1995 eine Zulassungsanfrage durchgeführt. Diese ergab, daß in der Zulassungsdatei der Bundespolizeidirektion Wien als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen W-113 GI die Firma mit der Geschäftsadresse in W eingetragen war. Am 11.9.1995 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Hartberg an diese Firma unter der oben angeführten Geschäftsadresse eine Lenkeranfrage dahingehend gestellt, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-113 GI am 4.8.1995, um 9.46 Uhr, im Gemeindegebiet von Bad Waltersdorf auf der Südautobahn A 2, bei Straßenkilometer 130,350, in Fahrtrichtung Graz, gelenkt hat. Mit der Erledigung vom 12.9.1995 wurde von einem Vertreter der VFG in W, mitgeteilt, daß "ich das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt gelenkt (verwendet) habe bzw. ich das Fahrzeug zuletzt vor dem angefragten Zeitpunkt an dem mir bekannten Ort abgestellt habe. ........" Diese Lenkerauskunft wurde mit einer nicht leserlichen Unterschriftsparaffe abgezeichnet. In der Folge wurde ein Firmenbuchauszug beim Handelsgericht Wien eingeholt, der ergab, daß die Firma VFG Rechtsnachfolgerin der Firma ist. Die Rechtsform, die Geschäftsanschrift, das Kapital, der Bilanzstichtag für den Jahresabschluß udgl. blieben unverändert. Als Geschäftsführer wurde unverändert, unter anderem der Berufungswerber angeführt.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Erlassung von drei hier nicht maßgeblichen Bescheiden verschiedener Behörden, wurde mit dem nunmehr angefochtenen
Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28.4.1997 dem Berufungswerber als Firmen-verantwortlicher und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der Zulassungsbesitzerin des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges der VFG zur Last gelegt, er habe es unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 11.9.1995, zugestellt am 12.9.1995, innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 4.8.1995, um 9.46 Uhr, im Gemeindegebiet Bad Waltersdorf, auf der A 2, bei Straßenkilometer 130,350, in Richtung Graz, gelenkt hat.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 103 Abs 2 KFG in Verbindung mit § 9 VStG wurde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.500,-- (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber materielle und formelle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.
Rechtliche Beurteilung:
Unbestritten ist davon auszugehen, daß die Firma VFG mit der Geschäftsanschrift in W, am 25.8.1995 als Zulassungsbesitzerin des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen W 113GI in der Zulassungsdatei der Bundespolizeidirektion Wien eingetragen war, daß der Berufungswerber vom 1.2.1995 bis 14.3.1997 handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft bzw. der Nachfolgegesellschaft VFG war, und daß ein Vertreter oder Arbeitnehmer dieser Gesellschaft die Lenkerauskunft der anfragenden Behörde insofern unvollständig beantwortet hat, als weder ein Lenker noch eine auskunftspflichtige Person namentlich bekanntgegeben wurden.
Da die gegenständliche Entscheidung aufgrund der Aktenlage im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung zu treffen ist, kann von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Eine Auskunft im Sinne des zitierten § 103 Abs 2 KFG muß daher richtig und vollständig sein (VwGH 14.1.1994, 93/02/0197), weshalb ein Auskunftspflichtiger seiner gesetzlichen Verpflichtung nur dann nachkommt, wenn er der anfragenden Behörde Name und Adresse des Lenkers derart genau angibt, daß mit diesem angegebenen Lenker eine Kontaktaufnahme erfolgen kann (VwGH 29.1.1992, 91/02/0128).
Diesem Gebot entspricht die von einem Vertreter oder Arbeitnehmer der VFG erteilte Lenkerauskunft vom 12.9.1995 nicht. Ob es der Behörde möglich gewesen wäre, auf Grund dieser Angaben ohne besonderen Aufwand den Namen des Lenkers zu ermitteln, ist nicht entscheidend, weil die Behörde zu derartigen Erhebungen nicht verpflichtet ist.
In diesem Zusammenhang ist auf die obigen Feststellungen zu verweisen, wonach die VFG Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Pkw war, weshalb das entsprechende Auskunftsbegehren auch an diese juristische Person zu richten und diese als Empfänger zu bezeichnen war. Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist dagegen zur Beantwortung dieses Auskunftsbegehrens gemäß § 9 VStG verpflichtet, wobei er sich hiebei eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs 2 VStG bzw. eines Boten hätte bedienen können. Die Bestellung eines Beauftragten oder Boten wurde vom Berufungswerber jedoch nicht einmal behauptet. Wie der Berufungswerber selbst ausführt, war er vom 1.2.1995 bis 14.3.1997 Geschäftsführer der VFG, die wiederum Rechtsnachfolgerin der in der Zulassungsdatei als Zulassungsbesitzerin eingetragenen VFG ist. Wenn daher die Zulassungsbesitzerin, entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 42 KFG, der Behörde, die den Zulassungsschein ausgestellt hat, nicht binnen einer Woche diese Änderung bekanntgegeben hat, kann dies keinesfalls einen Schuldausschließungsgrund im Sinne einer nicht dem Gesetz entsprechend formulierten Lenkeranfrage begründen.
Zum Vorbringen, daß im Zeitpunkt der Lenkeranfrage zwei VFG Gesellschaften bestanden hätten, nämlich die VFG und die VFG, wird festgestellt, daß erstere ihren Sitz in W, hat und daher die Lenkeranfrage niemals an diese Gesellschaft gerichtet war. Die, die gleich wie die noch immer in der Zulassungsdatei als Zulassungsbesitzer aufscheinende VFG V ihren Sitz in W hat, war vielmehr Adressat dieser Lenkeranfrage und kam ihr auch dieses Auskunftsbegehren zu. Wie der Berufungswerber in seiner Stellungnahme vom 21.3.1996 selbst angibt, wurde die Lenkeranfrage von der VFG unverzüglich beantwortet. Auch gab der Berufungswerber selbst an, daß er in der Zeit vom 1.2.1995 bis 14.3.1997 Geschäftsführer dieser Gesellschaft war. Dem Vorbringen des Berufungswerbers, der handelsrechtlicher Geschäftsführer beider hier maßgeblichen Gesellschaften war, ist zu entgegnen, daß die Firma nach der Legaldefinition des § 17 Abs 1 HGB nur ein besonderer Name ist, dessen Funktion in der Identifizierung des Unternehmensträgers besteht, jedoch keinerlei Rechtssubjekt neben und außer diesem schafft (vgl. Schuhmacher in Straube, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Seite 141). Da weiters der Handelsname einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft niemals ein Rechtsträger sein kann, sondern immer nur deren Inhaber, kann auch die in der Lenkeranfrage erwähnte Firma neben dem Berufungswerber kein eigenes Rechtssubjekt sein (vgl. Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht, Band 1, 4. Aufl., Seite 244 f).
Zusammenfassend ist sohin festzustellen, daß es der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-113 GI gemäß § 9 VStG objektiv zu verantworten hat, daß die Lenkerauskunft vom 12.9.1995 nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprach.
Zur Spruchmodifikation ist festzustellen, daß die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs 4 AVG berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Da weiters die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigten angesprochenen Person kein Sachverhaltselement der diesem zur Last gelegten Übertretung ist, ist auch im Hinblick auf die im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Verfolgungsfristen eine Modifizierung noch im Berufungsbescheid möglich.
Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hinsichtlich des Schutzzweckes auf die obigen Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Erstbehörde hat als strafmildernd oder straferschwerend nichts gewertet. Da im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß die im gerichtlichen Strafrecht maßgebenden Umstände in Betracht kommen, stellt die absolute Unbescholtenheit des Beschuldigten einen Milderungsgrund dar (VwSlg. 9755 A/1979). Die Nichtberücksichtigung eines Milderungsgrundes bedeutet eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Dadurch, daß die Behörde bei der Strafbemessung die Frage der Unbescholtenheit des Berufungswerbers als Milderungsgrund gar nicht in Erwägung gezogen hat, konnte die Berufungsbehörde das Strafausmaß auf die im Spruch festgesetzte Höhe herabzusetzen.
Zur Verschuldensform ist festzustellen, daß eine Verletzung der Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG darstellt, bei dem der Täter glaubhaft zu machen hat, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, initiativ darzulegen, welche Schritte er unternommen hat, um sich die zur vollständigen Beantwortung der Lenkeranfrage erforderlichen Informationen zu beschaffen. Ein derartiges Vorbringen erfolgte jedoch nicht.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers konnten bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt werden, da diese trotz Aufforderung vom Berufungswerber nicht bekanntgegeben wurden. Es wurde daher der Strafbemessung, entsprechend dem Schreiben der Berufungsbehörde vom 25. August 1997, ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von S 30.000,-- zugrunde gelegt. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß es der Berufungswerber seiner unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben hat, sollte die Behörde bei dieser Einschätzung zum Nachteil des Berufungswerbers Umstände unberücksichtigt gelassen habe, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten (s. VwGH 14.1.1981, 3033/80). Unter Bedachtnahme des möglichen Strafrahmens bis S 30.000,-- (bis sechs Wochen Ersatzarrest) und unter Berücksichtigung der oben angeführten objektiven und subjektiven Kriterien erscheint die verbleibende Strafhöhe angemessen, um der neuerlichen Begehung derartiger Übertretungen wirksam vorzubeugen. Gemäß § 64 VStG fallen durch diese Entscheidung keine Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zweiter Instanz an und war auch der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Strafverfahrens infolge der Herabsetzung der verhängten Strafe entsprechend zu reduzieren.