TE UVS Steiermark 1997/10/10 30.13-59/97

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Veröffentlicht am 10.10.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erwin Ganglbauer über die Berufung des Herrn Walter G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Erich M, Sch-siedlung 114, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 14.4.1997, GZ.: 15.1 1996/4817, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 1.200,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Spruch wird dahingehend präzisiert, daß dem Berufungswerber die Tat als handelsrechtlichen Geschäftsführer der G Ges.m.b.H. mit Sitz in F/K, diese ist persönlich haftende Gesellschafterin der G Ges.m.b.H. & Co KG mit Sitz in F/K, zur Last gelegt wird. Weiters lautet das Kennzeichen des von Wolfgang L gelenkten Fahrzeuges richtig MU-9EYC statt MU-7UCH.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er sei als Arbeitgeber verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, daß anläßlich einer am 30.5.1996, um 11.20 Uhr, seitens des Arbeitsinspektorates Leoben durchgeführten Kontrolle des Arbeitnehmers Wolfgang L, beschäftigt als Lenker des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen MU-7UCH (höchstzulässiges Gesamtgewicht des LKW: mehr als 3,5 t) Kontrollort: Unzmarkt, auf der B 96, Strkm. 13,8, die aus der Beilage ersichtlichen Verwaltungsübertretungen festgestellt worden seien. Bei besagter Beilage handelte es sich um die Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 11.11.1996 unter GZ.: 2260/471-12/96, in welcher folgende Sachverhalte angezeigt worden waren: 1.) Die tägliche Lenkzeit des Arbeitnehmers habe laut Schaublatt am 27. und 28.5.1996 insgesamt 10 Stunden 15 Minuten betragen. Dies stelle eine Übertretung des Art. 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr dar.

2.) Die erforderliche zusammenhängende Ruhezeit habe laut Schaublatt vom 27.5. auf den 28.5.1996 von 1.20 Uhr bis 5.35 Uhr, von 16.10 Uhr bis 17.30 Uhr  und von 17.45 Uhr bis 22.00 Uhr gedauert. Hiemit läge eine Übertretung des Art. 8 Abs 1, 2. Satz, der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr vor. 3.) Die Einsatzzeit des Arbeitnehmers habe laut Schaublatt vom 27.5. auf den 28.5.1996 insgesamt 19 Stunden und 40 Minuten betragen, was eine Übertretung von § 16 Abs 3 des Arbeitszeitgesetzes BGBl. Nr. 461/1969 i.d.g.F. darstelle.

In der Berufung vom 30.4.1997 brachte der Berufungswerber vor, er sei nicht Arbeitgeber des Wolfgang L am 30.5.1996 gewesen. Dieser habe auch nicht den LKW mit dem Kennzeichen MU-7UCH, sondern mit dem Kennzeichen MU-9EYC gelenkt. Es sei daher Verfolgungsverjährung eingetreten. Außerdem wurde der objektive Sachverhalt bestritten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark schrieb für den 9. Oktober 1997, um 11.00 Uhr, eine öffentliche, mündliche Verhandlung aus, zu der als Zeuge im Zusammenhang mit der Auswertung der Schaublätter der Arbeitsinspektor Ing. Günter R vom Arbeitsinspektorat Leoben geladen war. In der am gleichen Tag bereits um 8.30 Uhr stattgefundenen öffentlichen, mündlichen Verhandlung zu GZ.: UVS 30.13-12+13/97 erklärte der Vertreter des Berufungswerbers, dem festgestellten objektiven Sachverhalt auch im gegenständlichen Verfahren nicht entgegenzutreten, worauf alle Parteien auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichteten, welche somit abgesagt wurde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu fest:

Der objektive Sachverhalt wurde vom Berufungswerber außer Streit gestellt und ist aufgrund der glaubwürdigen Anzeige des Arbeitsinspektorates Leoben vom 11.11.1996 als erwiesen zu betrachten.

Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).

Es ist jedoch ausreichend, wenn als Tatvorwurf konkret angegeben wird, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Arbeitnehmer des Unternehmens mit einem Kraftfahrzeug des Unternehmens gesetzliche Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht eingehalten hat. Es muß sogar ausreichend sein, wenn im Strafverfahren aufgrund von Betriebskontrollen den jeweiligen Übertretungen überhaupt kein LKW-Kennzeichen zugeordnet werden kann. Auch bei Arbeitszeitübertretungen ist es nicht unbedingt notwendig, genau anzugeben, in welchem Unternehmensteil diese Übertretungen begangen wurden. Hinsichtlich des Kennzeichens ist festzuhalten, daß Wolfgang L tatsächlich mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen MU-9EYC gefahren ist. An diesem LKW war der Sattelanhänger mit dem Kennzeichen MU-7UCH angehängt. Das falsch übertragene Kennzeichen des Sattelzugfahrzeuges ist jedoch nicht als wesentliches Bestandsmerkmal anzusehen, da die Anführung des Zeitpunktes der Kontrolle, des Namens des Lenkers, der laut Schaublatt festgestellten Lenkeinsatz- und Ruhezeiten, des richtig angeführten Kennzeichens des Anhängers mit MU-7UCH den Berufungswerber ausreichend deutlich in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf zweckentsprechend zu wehren und diese Vielzahl von Einzelinformationen geeignet ist, eine nochmalige Verfolgung wegen des gleichen Deliktes hintanzuhalten. Hinsichtlich des Tatortes ist festzuhalten, daß dieser im Spruch der Strafverfügung vom 20.11.1996 direkt nicht angeführt ist. Die Adressierung dieser Strafverfügung allein vermag das Fehlen der Bezeichnung des Tatortes (Sitz des Unternehmens) nicht ersetzen. Teil der Strafverfügung ist jedoch die angeführte Beilage, das ist die Anzeige des Arbeitsinspektorates Leoben vom 11.11.1996. Dort wird im Betreff "G Walter, Transportunternehmen, K/M 71" angeführt. Damit ist ausreichend klargestellt, an welchem Ort der Berufungswerber handeln hätte müssen, um die verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen zu verhindern. Was das Vorbringen betrifft, Wolfgang L sei nicht Arbeitnehmer des Berufungswerbers gewesen, so ist diesem zuzustimmen. Tatsächlich war Wolfgang L zum Tatzeitpunkt Arbeitnehmer der G Ges.m.b.H. & Co KG mit Sitz in der Gemeinde F/K. Ein wesentliches Sachverhaltselement, das bereits in der Verfolgungshandlung vorgehalten werden muß, ist jedoch nicht die Funktion, kraft derer gegen jemanden ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird. Es kann zum Zeitpunkt der ersten Verfolgungshandlung daher dahingestellt bleiben, ob jemand Übertretungen des Arbeitnehmerschutzes als Einzelperson, als Mitgesellschafter einer Personengesellschaft oder als Organ einer Kapitalgesellschaft zu verantworten hat.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark war daher berechtigt und verpflichtet, eine diesbezügliche Präzisierung des Spruches vorzunehmen.

§ 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Demnach ist bei der Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzten Strafrahmens (hier S 1.000,-- bis S 25.000,--) insbesondere davon auszugehen, in welchem Ausmaß diejenigen Interessen gefährdet worden sind, deren Schutz die Strafdrohung dient. Der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist ebenso bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

Die einschlägigen Bestimmungen des AZG, deren Verstoß der Beschuldigte zu verantworten hat, sollen sicherstellen, daß das Grundrisiko der Teilnahme im Straßenverkehr durch Lenken im ermüdeten Zustand möglichst gering gehalten wird, weil selbiges nicht nur den diese Vorschriften übertretenden Lenker, sondern auch in unverantwortlicher Weise die übrigen Verkehrsteilnehmer gefährdet. Die von einem übermüdeten LKW-Lenker ausgehende Bedrohung durch einen schwächeren Verkehrsteilnehmer (das sind insbesondere Fußgänger, Einspurige und PKW), endet im Fall von Unfällen für diese meist tödlich (vgl. Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark GZ.: UVS 30.8-45/97 vom 16.9.1992, GZ.: UVS 30.13-142/93 vom 17.11.1993, GZ.: UVS 30.13-208/93 vom 2.3.1994 und GZ.: UVS 30.13-39/94 vom 19.4.1994).

Der Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm ist angesichts einer Überschreitung der zulässigen Lenkzeit im Ausmaß von 2,5 % als gering zu bezeichnen, hinsichtlich einer Unterschreitung der Ruhezeit im Ausmaß von 16 % als durchschnittlich und hinsichtlich einer Überschreitung der Einsatzzeit um 64 % als groß zu bezeichnen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, daß hinsichtlich jedes einzelnen Deliktes jeweils drei einschlägige Verwaltungsvormerkungen bestehen. Der Berufungswerber ist auch sonst verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten. Hinsichtlich des Verschuldens ist ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, da er nicht einmal ansatzweise behauptet hat, ein Kontrollsystem eingerichtet zu haben, um mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Überschreitung von Bestimmungen betreffend die Arbeitszeit hintanzuhalten. Angesichts der Vielzahl einschlägiger Verwaltungsstrafverfahren ist das Ausmaß der Fahrlässigkeit als bedeutend zu bezeichnen.

Unter Abwägung der Strafzumessungsgründe, nämlich der schweren Fahrlässigkeit und der einschlägigen Vorstrafen einerseits, denen keine Milderungsgründe gegenüberstehen, wobei hinsichtlich der Überschreitung der Einsatzzeit der Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm als schwer bezeichnet werden muß, ist die Verhängung der Mindestgeldstrafe in Punkt 1.) und die Verhängung von Geldstrafen in Höhe von gerade 10 % der gesetzlichen Höchststrafe unbedingt notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft von einschlägigen Übertretungen abzuhalten; es wäre in Punkt 3.) auch die Verhängung einer höheren Geldstrafe gerechtfertigt gewesen.

Schlagworte
Verfolgungshandlung Tatort Arbeitszeit Unternehmenssitz Strafverfügung Adressierung Beilage Anzeige
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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