Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Ganglbauer, Dr. Hütter und Dr. Thaller über die Berufung des Herrn Mag. jur. Michael H, vertreten durch Dr. Heinz P, Rechtsanwalt in J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 01.04.1997, GZ.: 15.1 1996/1066, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Die belangte Behörde bestrafte den nunmehrigen Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten der Firma T Walter Ges.m.b.H. & CO KG (mit Sitz in) K, F 38, wegen Verletzung des § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz und verhängte eine Geldstrafe. Der Beschuldigte berief durch seinen Vertreter und machte Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
Das Arbeitsinspektorat für den 11. Aufsichtsbezirk gab mit Schreiben vom 12.08.1997 folgende Stellungnahme zur Berufung ab:
Der Berufung ist aus ha. Sicht Folge zu geben, da keine wirksame Bestellung zum verantwortlich Beauftragten gem. § 28 a Abs.3 Ausl.BG der gefertigten Behörde vorliegt.
Auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wird verzichtet."
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt als Berufungsbehörde gemäß § 51 Abs 1 VStG zu folgenden Feststellungen:
Am 20.02.1995 langte bei der belangten Behörde ein mit demselben Tag datiertes Schreiben der Walter T Gesellschaft m.b.H. & Co KG, K, F 38, ein, das an die belangte Behörde adressiert war, im Rubrum "§ 9 VStG" und darüberhinaus folgenden Text aufweist:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Als Geschäftsführer der Walter T Ges.m.b.H. & Co KG mit Firmensitz in K, F 38, benennen wir Herrn Mag. Michael H im gesamten Unternehmen als Verantwortlichen für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften.
Herr Mag. Michael H, geb. am: 26.05.1958, wohnhaft in G, P 13, ist handlungsbevollmächtigter und anordnungsbefugter Mitarbeiter in unserer Gesellschaft.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme verbleiben wir ............"
Das Schreiben weist links unten nach dem Text "Der Beauftragte:" und rechts unten nach dem Text "Der Geschäftsführer" jeweils eine Unterschrift auf.
Dies ergibt sich aus dem in Fotokopie im erstinstanzlichen Akt liegenden Schreiben vom 20.02.1995.
§ 9 VStG ("besondere Fälle der Verantwortlichkeit") lautet auszugsweise:
(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."
........
Zur Vertretung der Walter T Gesellschaft m.b.H. & Co KG ist nach den Firmenbuchauszügen FN 16630 g und FN 135069 g einzig und allein Herr Walter T berufen. Herr Mag. H zählt somit nicht zu diesem Personenkreis.
Nach dem klaren Wortlaut des letzten Satzes des § 9 Abs 2 VStG können "andere Personen" - das sind nicht im Sinn des Abs 1 zur Vertretung nach außen berufene Personen - zu verantwortlichen Beauftragten (nur) für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens bestellt werden.
Nach dem Schreiben vom 20.02.1995 wird aber Herr Mag. H "im gesamten Unternehmen als Verantwortlicher für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften" "benannt", was weder die Abgrenzung eines räumlichen noch eines sachlichen Bereiches des Unternehmens darstellt.
Betreffend die mit dem letzten Satz des § 9 Abs 2 VStG inhaltsgleiche Bestimmung des Abs 3 hat der Verwaltungsgerichtshof dezidiert ausgesprochen, daß ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 3 VStG nur für einzelne oder mehrere sachliche oder räumliche Bereiche (Gliederungen) des Unternehmens und nicht als verantwortlicher Beauftragter für das ganze Unternehmen bestellt werden kann. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor (vgl. VwGH 93/10/0238 vom 27.11.1995 und 94/11/0207 vom 09.08.1994). Es ist daher nicht mehr erforderlich, auf den weiteren, vom Arbeitsinspektorat für den 11. Aufsichtsbezirk angesprochenen Grund für die Unwirksamkeit der Bestellung des Berufungswerbers zum verantwortlichen Beauftragten einzugehen. Dies führt dazu, daß der Berufungswerber für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht verantwortlich gemacht werden kann und die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bei dem zur Vertretung der Walter T Gesellschaft m. b.H. & Co KG nach außen Berufenen geblieben ist. Zwar hat der Berufungswerber seine Verantwortlichkeit in der Berufung nicht bestritten. Zufolge der Amtswegigkeit des Verwaltungsstrafverfahrens und der Verpflichtung der Behörde, den maßgebenden Sachverhalt festzustellen und dabei auch die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden (§§ 37 und 39 AVG, 25 VStG), war die fehlende verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des BW von Amts wegen aufzugreifen. Darüberhinaus hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise im Erkenntnis 93/18/0230 vom 19.01.1995 klar zum Ausdruck gebracht, daß die Behörde gehalten ist, von sich aus zu klären, ob eine bestimmte Person allenfalls als verantwortlicher Beauftragter oder als Bevollmächtigter verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann.
Der Berufung war daher Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.