Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung der Frau Gerda T gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, vom 9.5.1997, Zl MBA 6/7 - S 15450/96, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 1 der GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Schilling 600,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, vom 9.5.1997, Zl MBA 6/7 - S 15450/96, hat folgenden Spruch:
"Sie haben am 7.12.1996 in Wien, G-gasse, selbstgefertigte Waren und zwar ca 30 Stück Teddybären ("Original T Teddy") zum Verkauf bereitgehalten (Preise zwischen S 1.800,-- und S 2.300,-) und somit das Gewerbe: "Erzeugung von Spielwaren" ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigtung erlangt zu haben.
Verwaltungsübertretung nach:
§ 366 Abs 1 Ziffer 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen,
gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994.
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG Strafkosten in der Höhe von S
300,-- zu bezahlen.
Gesamtsumme daher Schilling 3.300,--."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten. Das Berufungsvorbringen läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß die Beschuldigte vorbringt, sie sei bei der Herstellung der Teddybären künstlerisch tätig, bezeichne sich als "Bärenkünstlerin" und ihre Tätigkeit falle in den Bereich der "Schönen Künste" (§ 2 Abs 1 Ziffer 7 GewO)
Der Berufung ist aus folgenden Gründen kein Erfolg beschieden:
Gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Unbestritten ist, daß die Berufungswerberin Teddybären erzeugt. Zur Tatzeit wurden die Bären ("Original T Teddy") im Standort Wien, G-gasse zum Verkauf feilgehalten. Lt Anzeige der Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 4. - 7. Bezirk bewegten sich die Preise zwischen S 1.800,-- und S 2.300,--. Unbestitten ist auch, daß die Berufungswerberin über keine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Erzeugen von Spielwaren" verfügt.
Zur Frage, ob die Berufungswerberin als Künstlerin tätig ist, ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 2 Abs 1 Z 7 GewO ist die Gewerbeordnung ua auf die Ausübung der schönen Künste (Abs 11) nicht anzuwenden. Gemäß § 2 Abs 11 erster Satz GewO ist unter Ausübung der schönen Künste im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs 1 Z 7) die eigenschöpferische Tätigkeit in einem Kunstzweig zu verstehen. Die vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommene Ausübung der schönen Künste schließt das Recht des Künstlers ein, seine Kunstwerke zu verkaufen (vgl VwGH 26.6.1984, 84/04/0067, 0068). Maßgebend für die Beurteilung, ob die in der Herstellung eines Gegenstandes bestehende Tätigkeit eine künstlerische ist, ist ausschließlich die Art und Weise seiner Gestaltung (vgl VwGH 8.2.1989, 88/13/0063). Erfolgt sie nach Gestaltungsprinzipien, die für ein umfassendes Kunstwerk - zB Malerei, Bildhauerei, Architektur - charakteristisch sind, oder ist sie auf dieselbe Stufe zu stellen wie diese, weil die Tätigkeit eine vergleichbare weitreichende künstlerische Ausbildung und Begabung erfordert, dann ist eine derart gestaltete Tätigkeit als die eines Künstlers anzusehen. Die Abgrenzung zu dem nicht Kunst, sondern Gewerbebetrieb bildenden Kunsthandwerk muß in jedem Einzelfall nach Maßgabe des Überwiegens entweder der eben umrissenen künstlerischen, für die Arbeit etwa eines Malers, Bildhauers oder Architekten in Richtung auf eigenschöpferischen Wert gleichartigen, oder der handwerklichen Komponente entschieden werden, wobei persönliche Note und großes Können allein eine handwerkliche Tätigkeit noch nicht zu einer künstlerischen machen (vgl hinsichtlich der Tätigkeit eines Fotografen VwGH 7.2.1990, 89/13/0038).
Eine künstlerische Leistung darf sich nicht darauf beschränken, Erlernbares oder Erlerntes wiederzugeben, es muß vielmehr beim Künstler etwas Persönliches und Eigenschöpferisches hinzukommen, das eben nur der Künstler infolge seines angeborenen Talentes hinzuzugeben vermag. Was also mehr oder weniger jeder mit durchschnittlichen Fähigkeiten ausgestattete Mensch bei Anwendung gehörigen Fleißes und entsprechender Sorgfalt herzustellen vermag, ist, mag es noch so ansprechend sein, kein Kunstwerk (vgl VwGH 18.2.1975, 1553/73).
Nur das geschaffene Werk kann letztlich Aufschluß darüber geben, ob ein Kunstwerk vorliegt oder nicht. Bei der Beurteilung der Frage der Künstlereigenschaft können der Ausbildungsort, der behauptete urheberrechtliche Schutz der Werke, die Mitgliedschaft bei der Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs oder ein Gutachten des Bundesministeriums für Unterricht für Zwecke der gesetzlichen Sozialversicherung zwar als Indizien Berücksichtigung finden, entscheidend ist jedoch, daß sich die Behörde eingehend mit den vorgelegten Werken auseinandersetzt (vgl VwGH 20.6.1990, 86/13/0008).
Die Eignung eines Gegenstandes zum Gebrauch schließt aber keineswegs aus, daß die in der Herstellung des Gegenstandes bestehende Tätigkeit eine künstlerische ist, dh der Gebrauchswert kann einem Objekt nicht die Eigenschaft eines Kunstwerkes nehmen (vgl für den Bereich der Graphik VwGH 23.10.1990, 89/14/0181 und 90/14/0035).
Nach Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen über Art und Weise der Herstellung sowie den im Strafakt fotografisch wiedergegebenen Arbeiten der Berufungswerberin gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zu der Auffassung, daß die in der Herstellung von Bären bestehende Tätigkeit keine künstlerische ist, da die Art und Weise der Gestaltung dieser Gegenstände keinen eigenschöpferischen Gestaltungsprinzipien entspricht, die eine künstlerische Ausbildung und Begabung der Berufungswerberin voraussetzen.
Dies aus folgenden Gründen:
Die fotografisch wiedergegebenen Bären weisen zwar eine unterschiedliche Größe auf und sind verschieden angezogen, entsprechen aber alle dem "klassischen Teddybärentypus". Mögen auch alle Bären Unikate sein, so kann dennoch der Berufungswerberin nicht beigepflichtet werden, daß sie "kleine Persönlichkeiten mit jeweils unterschiedlichen Charaktereigenschaften" geschaffen hätte, die eine "Seele" haben und reicht die besondere individuelle Gestaltung der Bären für sich allein nicht aus, den Tatbestand "Ausübung der schönen Künste" zu erfüllen. Dazu kommt, daß die Berufungswerberin selbst vorbingt, sie hätte Weihnachten 1995 einen alten, abgeliebten S-teddybären geschenkt bekommen und habe sie die Idee gehabt, "solch einen Teddybär wieder zu kreieren". Die Berufungswerberin greift also bei der Gestaltung der Bären auf (zu Recht bewährte und beliebte) Muster von alten, klassischen Teddys zurück, welche insb von der von der Berufungswerberin erwähnten Firma S schon seit Jahrzehnten hergestellt werden. Aber nicht nur der Entwurf der Teddybärenmodelle, sondern auch deren Ausführung weist keine eigenschöpferische, künstlerische Leistung auf, werden doch auch hier von der Berufungswerberin keine neuen, besonderen oder für Teddybären ungewöhnlichen Materialien verwendet, sondern die für die Erzeugung der "klassischen" Teddybären seit jeher gebrauchten geblasenen Glasaugen und vor allem die Holzwolle. Auch die Kleidung der Teddys und die Typen, die sie darstellen sollen, sind nicht neuartig oder gar künstlerisch, ist doch bekannt, daß Teddys schon immer beim Spielen - ähnlich wie Puppen - mit verschiedensten Kleidern an- und umgezogen wurden.
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, daß weder der Entwurf (äußere Form), noch die Herstellung der Bären als eigenständige, schöpferische Leistung gewertet werden kann, die nur von der Berufungswerberin und von niemanden sonst erbracht werden kann. Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 Ziffer 7 GewO kommt der Berufungswerberin daher nicht zu Gute.
Zur Frage, ob das Herstellen der Teddybären eine gewerbliche Tätigkeit darstellt, ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 1 Abs 2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Die Berufungswerberin stellt selbst und auch regelmäßig (wenn auch bloß in ihrer Freizeit) Bären her. Auch die Absicht einen Ertrag durch den Verkauf der selbstgefertigten Bären zu erzielen ist evident, bewegen sich die Preise für die Teddys (laut eigenen Angaben der Berufungswerberin) doch bis zu S 6.000,--! Der Umstand, daß die Berufungswerberin allein durch das Herstellen und Verkaufen der Bären ihren Lebensunterhalt nicht (zur Gänze) bestreiten kann, ändert an der Gewerbsmäßigkeit nichts. Die Berufungswerberin hat daher den objektiven Tatbestand verwirklicht. Bemerkt wird noch, daß Teddybären, auch wenn sie heute Sammlerstücke sind, in erster Linie immer dem Spiel dienen und gedient haben.
Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist folgendes auszuführen:
Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen. Ein diesbezügliches konkretes Vorbringen, welches geeignet wäre, mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, wurde von der Berufungswerberin nicht erstattet. Die Ausführungen in der Berufung, wonach ihr seitens der MA 63 wiederholt bestätigt worden sei, daß es sich um eine künstlerische Tätigkeit handle, die gemäß § 2 Abs 1 Z 7 GewO 1994 vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen sei, ist auf Grund des Fehlens von Angaben, wann wer zu welcher Tätigkeit sich wie geäußert hat, zu vage und ungenau, um seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden zu können.
Daher ist auch die subjektive Tatseite gegeben.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Ausmaß das Interesse daran, daß gewerbliche Tätigkeiten nur von hierzu befugten Personen ausgeübt werden. Der Unrechtsgehalt der Tat war daher selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht unerheblich. Das Verschulden der Berufungswerberin kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet.
Auf die unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse, das nicht unbeträchtliche Vermögen in Form eines Hausanteiles und auf das Fehlen von gesetzlichen Sorgepflichten wurde bei der Strafbemessung Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen, ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind. Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam daher nicht in Betracht.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.