TE UVS Steiermark 1997/11/06 30.14-107/97

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Veröffentlicht am 06.11.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn Dr. Hanspeter P, wohnhaft K-gasse 13/III, G, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 10.3.1997, GZ.:

III/Cst-2.762/95, wie folgt entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 140,-- binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigem Zwange zu leisten.

Text

I.) Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 13.12.1994 in der Zeit von 13.55 Uhr bis 14.00 Uhr in Graz, Kaiserfeldgasse, gegenüber dem Haus Nr. 1, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen G-CD 20 außerhalb eines Parkplatzes nicht am Rande der Fahrbahn abgestellt. Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 23 Abs 2 StVO wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 700,--, im Uneinbringlichkeitsfalle 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt sowie als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Betrag von S 70,-- vorgeschrieben. II.) In seinem fristgerecht erhobenen Rechtsmittel bestritt der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung im wesentlichen mit der Begründung, die belangte Behörde habe unrichtigerweise den Fahrbahnrand mit der Gehsteigkante gleichgesetzt. Die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort würden eine solche Betrachtungsweise aber nicht zulassen, da es mehrere Unterbrechungen des Gehsteiges gebe. Der Berufungswerber habe das beanstandete Fahrzeug, gegenüber dem Haus Kaiserfeldgasse Nr. 1, unmittelbar parallel neben dem Fahrbahnrand, entlang des Rigols - dem gepflasterten Zwischenbereich zwischen der Gehsteigkante und der asphaltierten Fahrbahnfläche - abgestellt. Der sich zwischen dem Rigol und der Gehsteigkante befindliche Abstellplatz für einspurige Fahrzeuge sei nicht der Fahrbahn zuzurechnen. Die Angaben der Meldungslegerin in der Organstrafverfügung - der Lenker hätte das Kraftfahrzeug in zweiter Spur abgestellt - seien völlig unhaltbar, würde dies doch bedeuten, daß in der ersten Spur ein Kraftfahrzeug gestanden wäre. Der Berufungswerber stellte den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark möge 1.) eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen, 2.) nach Beweiswiederholung und Beweisergänzung (Ortsaugenschein, Einvernahme eines informierten Vertreters des Magistrates Graz - Straßen/Brückenbauamt, Beischaffung der Kundmachung des Magistrates Graz) das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einstellen. III.) Am 9.10.1997 hat vor Ort in Graz, Kaiserfeldgasse, gegenüber Haus Nr. 1, eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Mitwirkung des Berufungswerbers stattgefunden, in der als Zeugin die seinerzeitige Meldungslegerin, Frau Insp. Birgit G, sowie der Vertreter des Straßen- und Brückenbauamtes, Herr Heinz K, zur Sache befragt wurden. Aufgrund des Ortsaugenscheines und der Ergebnisse des Beweisverfahrens werden folgende Feststellungen getroffen:

Die Kaiserfeldgasse im Zentrum von Graz ist ein verkehrsberuhigter Bereich, in dem nur beschränkt eingefahren werden darf; er liegt innerhalb einer flächendeckenden Kurzparkzone. Auf der nördlichen Seite der Kaiserfeldgasse befindet sich über ihre gesamte Länge hin ein Parkstreifen, der in Abständen durch Bauminseln unterbrochen wird, sodaß "Parknischen" entstehen, wo 3 bis 4 Fahrzeuge schräg zum Fahrbahnrand aufgestellt werden können. Zwischen dem Parkstreifen und der Häuserfront der Kaiserfeldgasse ist ein Gehsteig angelegt, dessen Kante einen Niveauunterschied von etwa 15 cm zum Parkstreifen aufweist; die Bauminseln sind mit dem gleichen Steingut wie der Gehsteig eingefriedet. Entlang der Grenze zwischen dem Parkstreifen und dem unmittelbar anschließenden Fahrstreifen der Kaiserfeldgasse verläuft ein gepflasterter Streifen - der Berufungswerber spricht von einem Rigol - von etwa 50 cm Breite ohne Niveauunterschied. Gegenüber dem Hause Kaiserfeldgasse Nr. 1 war im Dezember 1994 eine Parknische zwischen 2 Bauminseln als Abstellplatz für einspurige Fahrzeuge in Verwendung, entsprechend beschildert (Parkplatz für Einspurige) und mit Stehern versehen. Der Berufungswerber stellte am 13.12.1994 in der Zeit von 13.55 Uhr bis 14.00 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen G-CD 20 in der Kaiserfeldgasse, gegenüber Haus Nr. 1, außerhalb des Parkstreifens parallel zu diesem ab, wobei der hintere Fahrzeugteil auf Höhe der Baumeinfriedung und die Vorderfront auf Höhe des Abstellplatzes für Einspurige stand.

IV.) Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:

§ 23 Abs 2 StVO bestimmt im hier maßgeblichen ersten Satz, daß außerhalb von Parkplätzen ein Fahrzeug, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen ist.

Im vorliegenden Fall blieb unbestritten, daß der Abstellort außerhalb eines Parkplatzes gelegen ist und dort Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen keine andere Parkordnung vorsehen. Das Bestehen von Parkverboten bzw. das Vorhandensein einer Kurzparkzone waren für die Beurteilung des gegenständlichen Tatvorwurfes aus rechtlicher Sicht unerheblich.

Entscheidungsrelevant war, wo der Fahrbahnrand verläuft, an dem sich der Berufungswerber beim Aufstellen seines Fahrzeuges entsprechend der Bestimmung des § 23 Abs 2 StVO orientieren hätte sollen. Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 StVO umfaßt der Begriff Fahrbahn den für den Fahrzeugverkehr bestimmten Teil der Straße. Dazu zählen grundsätzlich alle befahrbaren Teile der Straße, sofern nicht die Widmung bestimmter Teile ausschließlich für andere Zwecke auffällig ist (OGH 16.4.1985, 2 ob 13/85, ZVR 1986/26). Zur Fahrbahn zählen nach der Judikatur der Höchstgerichte auch Fahrstreifen, Parkstreifen, Radfahrstreifen, Schutzinseln, Haltestellenbereich für Omnibusse, Ausweichstellen und Autobusbuchten). Als Parkstreifen werden gemäß § 25 Abs 3 der Bodenmarkierungsverordnung jene Flächen bezeichnet, die je nach den räumlichen Gegebenheiten am Fahrbahnrand oder innerhalb der Fahrbahn einer Straße oder eines Platzes der reihenförmigen Aufstellung von Fahrzeugen dienen. In diesem Sinne liegt ein zur Fahrbahn gehörender Parkstreifen auch dann vor, wenn die durch Bauminseln unterbrochene Parkfläche unmittelbar und parallel an den Fahrstreifen anschließt (keine jeweiligen Zufahrten, keine deutlichen Niveauunterschiede) und infolge ihrer nicht erheblichen Breite nur für das Schrägparken in einer Fahrzeugreihe bestimmt ist. Daher kann in so einem Fall nicht davon ausgegangen werden, daß die zwischen den Bauminseln bestehenden Parkflächenabschnitte einzelne Parkplätze sind, an deren Grenze zum Fahrstreifen der Fahrbahnrand verläuft. Der Fahrbahnrand wird durch objektive Merkmale, wie z.B. Gehsteigränder, große Pflastersteine, Grünflächen u. dgl., nicht aber durch gedachte Linien gebildet. Wasserrinnen oder gegenüber der Ashaltdecke gepflasterte Randstreifen von 45 cm Breite ohne Niveauunterschied können nach der Judikatur der Höchstgerichte nicht als Fahrbahnrand angesehen werden (z.B. OGH: 12.2.1981, 8 ob 264/80; ZVR 1981/260).

Bezogen auf den hier zu beurteilenden Fall ist daher der gegenständliche Parkstreifen - der ausgewiesene Abstellplatz für Einspurige ist davon nicht ausgenommen - als Teil der Fahrbahn zu qualifizieren und der Fahrbahnrand auf der nördlichen Seite der Kaiserfeldgasse gegenüber dem Haus Nr. 1 teilweise mit der Gehsteigkante, teilweise mit der Baumeinfriedung gleichzusetzen. Die Auffassung des Berufungswerbers, der Fahrbahnrand werde dort durch ein fortlaufendes "Rigol" gebildet, welches zwischen asphaltierter Fahrbahnfläche und ebenfalls gepflasterten Parkstreifen verläuft, kann im Lichte der oben zitierten Judikatur nicht geteilt werden.

Dadurch, daß der Berufungswerber sein Fahrzeug auf die schon oben näher beschriebene Weise zumindest teilweise entgegen der Rechtsvorschrift des § 23 Abs 2 StVO nicht parallel am Rand der Fahrbahn - ein Teil seines Fahrzeuges war die gesamte Parkstreifenbreite vom Fahrbahnrand entfernt - zum Halten oder Parken aufgestellt hat, ist ihm die angelastete Verwaltungsübertretung zu Recht vorgehalten worden. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß gemäß § 19 Abs 1 VStG Grundlage hiefür stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die vom Berufungswerber übertretene Rechtsvorschrift ist eine Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB, die neben der Schaffung von Parkraum auch die Sicherheit und Leichtigkeit des vorbeiflutenden Verkehrs und die Vermeidung der Entstehung von Verkehrshindernissen und unklaren Verkehrslagen bezweckt. Durch die vom Berufungswerber gewählte vorschriftswidrige Abstellweise ist der Schutzzweck verletzt worden.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Sinne dieser Bestimmung wurde als erschwerend eine verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung (Straferkenntnis vom 30.11.1993), als mildernd nichts gewertet. Die von der belangten Behörde vorgenommene Strafzumessung ist im Hinblick auf die zitierten Strafzumessungskriterien gerechtfertigt und schuldangemessen.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (geschätztes monatliches Einkommen von S 25.000,--, Vermögenswerte werden angenommen, Sorgepflichten sind nicht bekannt) wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt; sie waren nicht geeignet, strafherabsetzend zu wirken.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Schlagworte
Fahrbahnrand Parkstreifen Fahrtstreifen Bauminsel Pflasterung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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