TE UVS Burgenland 1997/11/06 02/05/97225

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Veröffentlicht am 06.11.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Mag Dorner über die Berufung des Herrn Rechtsanwaltes              ,

D-                                      , vom 30 10 1997, gegen den

Bescheid der Bundespolizeidirektion Eisenstadt vom 22 10 1997,

Zl St 1217/97, mit dem der Berufungswerber als Bevollmächtigter

des                         , geboren am           , D-         ,

in einem diesen betreffenden Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 10 Abs 3 AVG nicht zugelassen wurde, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben und er angefochtene Bescheid behoben.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Rechtsmittelwerber

als Bevollmächtigter des                   , geboren am          ,

D-         , in einem diesen betreffenden Verwaltungsstrafverfahren

gemäß § 10 Abs 3 AVG nicht zugelassen und begründend dazu ausgeführt, daß nach den Bestimmungen der in Österreich geltenden Rechtsanwaltsordnung (Gesetz vom 06 07 1868, Reichsgesetzblatt Nr 96)

zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich nur berechtigt sei,

wer nach Erfüllung der Voraussetzungen in die Liste der österreichischen Rechtsanwälte eingetragen worden sei. Da der Berufungswerber diese Voraussetzung nicht erfülle, sei er nicht als Bevollmächtigter zuzulassen gewesen.

 

Wie die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht zur Berufung zutreffend ausführt, hat die Prüfung der Zulässigkeit des Einschreitens des Berufungswerbers als deutscher Rechtsanwalt vor einer österreichischen Verwaltungsstrafbehörde im Lichte der Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Niederlassung von Rechtsanwälten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992), Bundesgesetzblatt Nr 21/1993, zu erfolgen.

§ 1 dieses Bundesgesetzes zufolge dürfen Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum - hier: Deutsche -, die berechtigt sind, unter einer der in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Bezeichnung beruflich tätig zu werden (ausländische Rechtsanwälte), in der Republik Österreich vorübergehend rechtsanwaltliche Tätigkeiten wie ein in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragener Rechtsanwalt

erbringen, wobei sie jedoch den sich aus den Bestimmungen des ersten Abschnittes des mehrfach genannten Gesetzes ergebenden Beschränkungen

unterliegen.

Bei Ausübung einer hier vorliegenden Tätigkeit, die mit der Vertretung oder Verteidigung eines Mandanten im Bereich der Rechtspflege oder vor Behörden zusammenhängt, hat der ausländische Rechtsanwalt die Stellung eines in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwaltes, insbesondere dessen

Rechte und Pflichten, soweit diese nicht die Zugehörigkeit zu einer Rechtsanwaltskammer oder den Kanzleisitz betreffen. Vor der erstmaligen Ausübung einer derartigen Tätigkeit in der Republik Österreich hat er die zuständige Rechtsanwaltskammer schriftlich zu verständigen (§ 3 Abs 1 leg cit).

Gemäß § 4 Abs 1 dieses Bundesgesetzes darf der Rechtsanwalt lediglich in Verfahren, in denen sich die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen oder ein Verteidiger beigezogen werden muß - was bei der verfahrensgegenständlichen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 nicht der

Fall ist - als Vertreter oder Verteidiger einer Partei nur im Einvernahmen mit einem in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt (Einvernehmensrechtsanwalt) handeln.

 

Der Berufungswerber als deutscher Rechtsanwalt durfte daher im genannten, seinem Tätigwerden zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren als Bevollmächtigter einschreiten, ohne in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen sein

zu müssen oder auch nur das Einvernehmen mit einem solchen österreichischen Rechtsanwalt herstellen zu müssen.

 

Bei der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit des deutschen Rechtsanwaltes im Sinne des § 3 Abs 1 EWR-RAG 1992 besteht die Verpflichtung desselben, vor seiner erstmaligen Ausübung einer derartigen Tätigkeit in der Republik Österreich die zuständige Rechtsanwaltskammer schriftlich zu verständigen. Die Erfüllung dieser

Verpflichtung hat die Verwaltungsstrafbehörde I Instanz nicht überprüft.

Jedoch selbst bei Fehlen dieser eingeforderten schriftlichen Verständigung der Rechtsanwaltskammer wäre die Bundespolizeidirektion

Eisenstadt im übrigen nicht berechtigt gewesen, diesen Mangel zum Anlaß zu nehmen, um nach § 13 Abs 3 AVG vorzugehen.

 

Die Verwaltungsstrafbehörde I Instanz ist gemäß § 2 Abs 2 leg cit berechtigt, vom Berufungswerber als ausländischen Anwalt einen Nachweis seiner Berechtigung zum beruflichen Tätigwerden zu verlangen. Wird dieses Verlangen gestellt, so darf der Rechtsanwalt die Tätigkeit erst ausüben, wenn der Nachweis erbracht ist. Ein solches Verlangen ist jedoch nicht aktenkundig und erscheint im übrigen angesichts des Einschreitens eines deutschen Rechtsanwaltes auch nicht sinnvoll.

 

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß der angefochtene Bescheid im anzuwendenden EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992 keine Grundlage findet und

daher als rechtswidrig aufzuheben war.

Schlagworte
deutscher Rechtsanwalt, Einschreiten in Österreich, Verständigung der Rechtsanwaltskammer, Nachweis der Berechtigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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