TE UVS Wien 1997/11/10 04/G/21/630/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.11.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Fritz B, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk, vom 29.7.1997, Zl MBA 21 - S 1655/97, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO 1994 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu I) in der Schuldfrage insoferne Folge gegeben, als der Vorwurf, der Berufungswerber hätte durch die Situierung einer Luftburg im hinteren Bereich der Betriebsanlage (Punkt 2), durch Errichtung eines begehbaren Kühlhauses anschließend an den Kiosk (Punkt 3), durch Betrieb einer Musikanlage (Punkt 5) und durch Aufstellung eines 11 kg Flüssiggastransportbehälters (Punkt 7) die mit rechtskräftigen Bescheiden vom 18.10.1984, MBA 21 - Ba 17.264/1/84 und vom 27.6.1998, MBA 17.264/5/88 genehmigte Betriebsanlage in Wien, D, im Bereich des Fußgängerüberganges von der B-Brücke (flußaufwärts gelegene Wendel), im Zeitraum 14.6.1995 bis 17.6.1996 nach deren Änderung ohne die erforderliche bescheidmäßige, rechtskräftige Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 betrieben, zu entfallen hat.

Die Tatumschreibung hat daher wie folgt zu lauten:

"Sie (Herr Fritz B) haben als Gewerbeberechtigter zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Eissalons und eines Buffets mit den Berechtigungen nach § 189 Abs 1 GewO 1973, in der Zeit vom 14.6.1995 bis 17.6.1996 die mit rechtskräftigen Bescheiden vom 18.10.1984, MBA 21 - Ba 17.264/1/84 und vom 27.6.1998, MBA 21 - Ba 17.264/5/88 genehmigte Betriebsanlage in Wien, D, im Bereich des Fußgängerüberganges von der B-Brücke (flußaufwärts gelegene Wendel) nach deren Änderung durch a) Errichtung von zwei Zeltkonstruktionen mit Stahlträgern vor dem Kiosk (in diesen Zeltkonstruktionen und teilweise im Freien waren ca 400 Verabreichungsplätze untergebracht), b) Errichtung von Toilettanlagen anschließend an den Kiosk, und c) Hinzunahme von Geräten, nämlich eines Kebabgrillers, ohne die erforderliche bescheidmäßige, rechtskräftige Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 betrieben, obwohl diese Änderungen geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit der Kunden zu gefährden (ad a)  bis c) und eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen (ad b)".

In der Straffrage wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als anstatt 7 Geldstrafen zu je S 3.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle je 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) lediglich 1 Geldstrafe in der Höhe von S 9.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wird.

Dementsprechend verringern sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten von S 2.100,-- auf S 900,--.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keine Kosten zum Berufungsverfahren zu leisten.

Text

Begründung:

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde der Beschuldigten zu I) wie folgt zur Last gelegt:

"I) Sie haben als Inhaber der Betriebsanlage in Wien, D, im Bereich des Fußgängerüberganges von der B-Brücke (flußaufwärts gelegene Wendel) und Gewerbeberechtigter (Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets mit den Berechtigungen nach § 189 Abs 1 GewO 1973) in der Zeit von 14.06.1995 bis 17.06.1996 diese mit rechtskräftigen Bescheiden vom 18.10.1984, MBA 21 - BA 17.264/1/84 und vom 27.06.1988, MBA 21 - BA 17.264/5/88 genehmigten Betriebsanlage nach deren Änderung durch

1) Errichtung von zwei Zeltkonstruktionen mit Stahlträgern vor dem Kiosk (in diesen Zeitkonstruktionen und teilweise im Freien waren ca 400 Verabreichungsplätze untergebracht)

2) Situierung einer Luftburg im hinteren Bereich der Betriebsanlage

3) Errichtung eines begehbaren Kühlhauses anschließend an den Kiosk

4)

Errichtung von Toilettanlagen anschließend an den Kiosk

5)

Betrieb einer Musikanlage

6)

Hinzunahme von Geräten, nämlich eines Kebab-Grillers

7)

Aufstellung eines 11 kg Flüssiggastransportbehälters im Lagerbereich

ohne die erforderliche bescheidmäßige, rechtskräftige Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 betrieben, obwohl diese Änderungen geeignet sind, zu 1) und 2) das Leben oder die Gesundheit der Kunden zu gefährden (§ 74 Abs 2 Ziffer 1 GewO 1994) und die Nachbarn durch Lärm zu belästigen (§ 74 Abs 2 Ziffer 2 GewO 1994), zu 3) das Leben oder die Gesundheit der Kunden zu gefährden (§ 74 Abs 2 Ziffer 1 GewO 1994) und eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen (§ 74 Abs 2 Ziffer 5 GewO 1994), zu 4) eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen (§ 74 Abs 2 Ziffer 5 GewO 1994), zu 5) die Nachbarn durch Lärm zu belästigen (§ 74 Abs 2 Ziffer 2 GewO 1994), zu 6) und 7) das Leben oder die Gesundheit der Kunden zu gefährden (§ 74 Abs 2 Ziffer 1 GewO 1994), da zu 1), 2), 6) und 7) eine Gefährdung im Brandfall gegeben ist (zu 1) im Zelt befand sich bei der Lichterkette eine Leitungsverbindung, die nicht wie erforderlich in einer entsprechenden Verbindungsdose untergebracht war, des weiteren war das metallische Gerüst des Zeltes augenscheinlich nicht in den örtlichen Potentialausgleich einbezogen; zu 2) beim Aggregat der Luftburg standen ortsveränderliche Mehrfachsteckdosen in Verwendung, die nicht den Vorschriften für Anlagen im Freien entsprechen; zu 6) das Kebab-Grillgerät in der Küche (Arbeitsraum) war an eine ortsveränderliche Dreifachsteckdose angeschlossen, die nicht der geforderten Schutzart entsprach.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

7 Geldstrafen ad 1) bis ad 7) je S 3.000,--, zusammen

S 21.000,--, falls diese uneinbringlich sind, 7 Ersatzfreiheitsstrafen ad 1) bis ad 7) je 30 Stunden, zusammen 210 Stunden gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 2.100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 23.100,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten.

Die bezughabenden Normen der Gewerbeordnung 1994 (GewO) haben

folgenden Wortlaut:

§ 74 Abs 2

Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

§ 77 Abs 1 Satz 1

Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbare Gefährdungen im  Sinne des § 74 Abs 2 Ziffer 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Ziffer 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

§ 77 Abs 2

Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs 2 Ziffer 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

§ 81 Abs 1

Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

§ 81 Abs 2 Ziffer 5

Eine Genehmigungspflicht nach Abs 1 ist jedenfalls ua nicht gegeben: Austausch von gleichartigen Maschinen oder Geräten; Maschinen oder Geräte, die an die Stelle der in der Betriebsanlage befindlichen Maschinen oder Geräte treten sollen, sind nur dann gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen oder Geräte entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen oder Geräte nicht so abweichen, daß der Austausch als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs 1 zu behandeln ist.

§ 366 Abs 1 Ziffer 3

Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, begeht, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Vorweg ist festzuhalten, daß der Beschuldigte in seiner Berufung die Verwirklichung des Sachverhaltes so wie er ihm im Straferkenntnis zur Last gelegt wurde, nicht in Abrede stellt. Es ist daher vom Sachverhalt, wie er im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wiedergegeben wird, in Zusammenhalt mit der Verhandlungsschrift vom 14.06.1995 und dem Erhebungsbericht vom 18.06.1996 auszugehen und der Entscheidung zugrundezulegen. Unbestritten ist weiters, daß der Berufungswerber in der gegenständlichen Betriebsanlage in Wien, D, im Bereich des Fußgängerüberganges von der B-Brücke (flußaufwärts gelegene Wendel), das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Eissalons und eines Buffets im Tatzeitraum ausgeübt hat. Der Berufungswerber hat somit gegenständliche Betriebsanlage betrieben und wurde daher seitens der Erstbehörde völlig zu Recht als strafrechtlich Verantwortlicher herangezogen.

Gegenständliche Betriebsanlage wurde erstmals mit Bescheid vom 18.10.1984, MBA 21 - BA 17.264/1/84 gemäß § 74 GewO 1973 genehmigt. In diesem Bescheid wird die Betriebsanlage wie folgt beschrieben:

"Beschreibung der Betriebsanlage:

Die Betriebsanlage befindet sich auf der D im Bereich des Fußgängerüberganges bei der B-Brücke (flußaufwärts gelegene Wendel) und ist in einem Kiosk im Ausmaß von 4,4 x 4,9 m untergebracht und besteht aus einem Arbeitsraum, von welchem aus die Speisen- und Getränkeausgabe erfolgt. In der Betriebsanlage ist eine Flüssiggasanlage für folgende Geräte: 4 Tiefkühlgeräte und 1 vierflammiger Gasherd in Verwendung. Weiters werden 6 Stück gasbetriebene Gasstrumpfleuchten für die Raumbeleuchtung verwendet. Für die Versorgung der Flüssiggasverbrauchsgeräte ist an der östlichen Seite des Kiosk ein ummauerter Blechschrank mit 2 Flüssiggasversandbehälter mit je 33 kg Inhalt situiert. Von diesem Lagerort (Schrank) wurde die Flüssiggasleitung durch die Wand des Kiosk geführt, nach Eintritt der Flüssiggasleitung wurde ein Hauptabsperrventil in die Leitung eingebaut. Vor jeder Gasverbrauchseinrichtung befindet sich ein Geräteabsperrventil. Der Aufstellungsort befindet sich über dem Katastrophenhochwasserspiegel. Gesamtmotorenstärke unter 20 kW."

Mit Bescheid vom 27.06.1988, MBA 21 - BA 17.264/5/88 wurde die Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1973 genehmigt. Die Änderungen werden in diesem Bescheid wie folgt beschrieben:

"Der Kiosk wurde in seinen Ausmaßen vergrößert (6,3 x 6,3 m, Höhe ca 8 m). Der Verkaufsraum und die Küche wurden auf eine Fläche von insgesamt ca 28,4 m2 erweitert. Aus dem Verkaufsraum soll ein Ausgang mit mind 2 m Höhe und mit einer Breite von mind 80 cm direkt ins Freie geschaffen werden. Aus dem Küchenbereich des Verkaufsraumes, der von diesem durch eine Türe getrennt ist, führt eine Wendeltreppe in Eisenkonstruktion zum Dachboden, der für Betriebszwecke nicht genutzt werden soll. Im Osten der Betriebsanlage wurde im Anschluß an das Betriebsgebäude ein Lagercontainer in Eisenkonstruktion errichtet. Das Betriebsgebäude wird mit dem Container durch einen Vorraum verbunden, von dem aus das Arbeitnehmer-WC zugänglich ist. Aus dem Freien ist je eine Damen- bzw Herrensitzzelle für Kunden zugänglich. Weiters ist von außen ein Müllraum erreichbar. Zur Energieversorgung der Betriebsanlage wird nunmehr anstelle von Flüssiggas elektrischer Strom verwendet. Weiters wurde die Betriebsanlage an das öffentliche Wasserversorgungsnetz angeschlossen. Sämtliche im Betrieb anfallenden Abwässer werden in eine ca 6,8 m3 große Senkgrube, die im Norden vor der Betriebsanlage situiert wird, eingeleitet. Für den Buffetbetrieb stehen im Bereich vor der Betriebsanlage 25 Verabreichungsplätze zur Verfügung. Zusätzlich werden im Verkaufsraum drei Eisautomaten aufgestellt. Über den Fettbackgeräten in der Küche wurde eine mechanische Dunstabzugshaube installiert. Die Abluft wird waagrecht ins Freie ausgeblasen.

Die Beleuchtungsanlage an der Spitze der Betriebsanlage besteht aus zwei Halogenlampen mit je 600 W Leistung. Der Leuchtturmeffekt wird durch vier rotierende Fresnel-Linsen hervorgerufen (ca 5 Umdrehungen/Minute)."

Anläßlich einer Verhandlung an Ort und Stelle am 14.06.1995 (Gegenstand der Amtshandlung: Genehmigung der Änderung, Überprüfung der Betriebsanlage) stellte sich die Betriebsanlage wie folgt dar:

"Vor der BA wurden zwei Zeltkonstruktionen mit Stahlträgern errichtet. In diesen Zeltkonstruktionen und teilweise im Freien waren ca 400 Verabreichungsplätze untergebracht. Weiters wurde im hinteren Bereich der BA eine Luftburg für gewerbliche Zwecke situiert. Anschließend an den Kiosk sind ein begehbares Kühlhaus und Toilettenanlagen integriert. Auf dem Dach des Lagerraumes sind die zugehörigen Kühlaggregate für das Kühlhaus und den Kühlpulten untergebracht. Im Küchenbereich sind mehrere Fritter, Kebab-Griller und Mikrowellenherd aufgestellt. In einen Teil im Küchenbereich ist eine Postmixanlage mit dem dazugehörigen Stickstofftransportbehälter untergebracht."

Im Lagerbereich der Betriebsanlage wurden weiters sieben Stück 11-kg-Flüssiggastransportbehälter vorgefunden.

Anläßlich einer Erhebung vom 17.06.1996 konnte von einem Organ der Magistratsabteilung 36/A festgestellt werden, daß die Betriebsanlage nach wie vor im vorhin angeführten Umfang betrieben wurde; anstelle der sieben Stück 11-kg-Flüssiggasbehälter war jedoch nur mehr ein Stück vorhanden.

Zunächst ist dem Berufungswerber auf ein diesbezügliches Vorbringen zu erwidern, daß keineswegs Verfolgungsverjährung eingetreten ist, stellt doch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 09.07.1996 eine taugliche und rechtzeitige Verfolgungshandlung dar.

Beim Betrieb einer genehmigten Betriebsanlage nach einer genehmigungspflichtigen Änderung ohne Genehmigung derselben, handelt es sich um ein fortgesetztes Delikt (vgl VwGH 27.05.1983, 82/04/0168). Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ist daher der Auffassung, daß der Berufungswerber nicht für jede genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage gesondert bestraft werden kann, sondern stellen die dem Berufungswerber zur Last gelegten genehmigungspflichtigen Änderungen der Betriebsanlage lediglich eine Verwaltungsübertretung dar. Zur Genehmigungspflicht der Änderungen ist zu bemerken, daß § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" jede (durch die erteilte Genehmigung) nicht gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte "Einrichtung" (§ 74 Abs 1) verändernde Maßnahme versteht, durch die sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 ergeben können (vgl VwGH 15.03.1979, 2932/78 uva)

Es kommt somit bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage bzw bei der Genehmigungspflicht einer Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf an, ob von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich im Gesetz bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon bei der bloßen Möglichkeit derartiger Gefährdungen, Beeinträchtigungen und Einwirkungen gegeben, also immer dann, wenn diese Umstände nicht auszuschließen sind (vgl VwGH 27.03.1990, 89/04/0226).

Zu den Änderungen im einzelnen ist folgendes auszuführen:

Errichtung von zwei Zeltkonstruktionen mit Stahlträgern vor dem Kiosk:

Seitens des Berufungswerbers wird dazu vorgebracht, daß die im Spruch angeführte Zeltkonstruktion auf Grund einer Genehmigung des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, Baupolizei errichtet worden sei und liege von dieser Behörde auch eine Benützungsbewilligung vor. Im Rahmen des baupolizeilichen Verfahrens sei auch die Windbeständigkeit überpfüt worden. Da dieses Bauwerk mit Genehmigung und nach den Vorschriften der Baupolizei errichtet worden sei, seien die im angefochtenen Bescheid relevierten Gefährdungen, die sich auf die Standfestigkeit der Konstruktion beziehen, nicht geeignet, eine abstrakte Gefährdung von Leben und/oder der Gesundheit von Kunden darzustellen.

Aus dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien antragsgemäß beigeschafften Akt der Magistratsabteilung 37, MA 37/21 - Df.989/4762/92 ergibt sich, daß mit Bescheid vom 06.04.1993 gemäß § 71 der Bauordnung für Wien auf jederzeitigen Widerruf die Bewilligung erteilt wurde, nach dem mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenn Plan auf der im Betreffe genannten Liegenschaft, die nachstehende beschriebene Bauführung vorzunehmen:

"Es sollen im Bereich des bestehenden Verkaufskioskes zwei Standmarkisen errichtet werden. Weiters wird ein gemauerter Trinkbrunnen errichtet."

Die koordinierte Kompetenz der Gewerbe- und der Baubehörden kann nur dahin verstanden werden, daß den Gewerbebehörden die Beurteilung und Entscheidung der gewerbetechnischen und gewerbepolizeilichen Fragen zusteht, während die Baubehörden lediglich die baupolizeilichen Fragen zu lösen berufen sind, mit anderen Worten: Sache der Gewerbebehörden ist es, die Zulässigkeit der gewerblichen Anlage als solche zu prüfen, während die Baubehörden die bauliche Anlage als solche in den Kreis ihrer Entscheidung zu ziehen haben (VwGH 27.05.1892, Budw 6635; 13.10.1897, Budw 11034).

Unter dem "Kumulationsprinzip" ist der Grundsatz zu verstehen, daß bei einem Zusammentreffen von Normen verschiedener kompetenzrechtlicher Herkunft jede Behörde die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Aufgaben wahrzunehmen hat. Aus diesem Grundsatz kann jedoch nicht etwa abgeleitet werden, daß Rechtsnormen die ein- und dieselbe Anlage (oder Tätigkeit bei der Ausübung eines Gewerbes) unter mehreren Gesichtspunkten regeln, eine sich überschneidende Zuständigkeit der diese Normen handhabenden Behörden (Zuständigkeitskonkurrenz) begründeten. Vielemehr ist auch in diesen Fällen im Zweifel die Zuständigkeitsabgrenzung unter Heranziehung des jeweils in Betracht kommenden Gesichtspunktes der rechtlichen Zulässigkeit der Anlage (der Tätigkeit) vorzunehmen (VwGH 28.03.1973, 1705 und 1706/72).

Diese Rechtsprechung des Höchstgerichtes bedeutet für den vorliegenden Fall, daß der Baubehörde bei Genehmigung der Bauführung lediglich die Kompetenz zukam, zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Herstellung der baulichen Änderungen aus Sicht der baubehördlichen Vorschriften zulässig ist. Keineswegs kann aber der Bescheid der Baupolizei (einer kompetenzrechtlich anderen zuständigen Behörde) den Bescheid einer für andere Belange zuständigen Behörde (nämlich der Gewerbebehörde) ersetzen. Zur gewerbebehördlichen Genehmigungspflicht ist noch zu ergänzen, daß die Frage, ob die Zeltkonstruktionen tatsächlich geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit der Kunden zu gefährden, ob eine Bewilligung zu erteilen ist bzw ob die Bewilligung zu versagen ist oder ob für das Betreiben der geänderten Betriebsanlage geeignete Auflagen vorzuschreiben sind, in einem Verfahren gemäß § 81 Abs 1 GewO zu klären ist. Eine Gefährdung von Kunden kann aber auf Grund der Größe der Zeltkonstruktionen und deren Beschaffenheit von vornherein nicht ausgeschlossen werden, weshalb es sich um eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage handelt.

Zur Situierung einer Luftburg im hinteren Bereich der Betriebsanlage:

Zu Recht führt der Berufungswerber diesbezüglich aus, daß ein inhaltsgleicher Vorwurf (allerdings mit einem anderen Tatzeitraum) bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zur GZ UVS-04/G/35/00246/96 war. Im Berufungsbescheid vom 14.05.1997 wird ausdrücklich festgehalten, daß diese Luftburg nicht zur gegenständlichen Betriebsanlage zu rechnen sei, so daß hinsichtlich dieser Tatanlastung der Berufung Folge gegeben wurde und dieser Vorwurf entfiel.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sieht keinen Grund von dieser Entscheidung abzuweichen, zumal aus dem Akt nicht hervorgeht, daß die Luftburg mittlerweile woanders situiert wäre. Zur Errichtung eines begehbaren Kühlhauses anschließend an den Kiosk:

Auch hinsichtlich dieses Vorwurfes ist auf den schon oben angeführten Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14.05.1997, GZ UVS-04/G/35/00246/96 zu verweisen. Auch dieser inhaltsgleiche Vorwurf (allerdings mit einem anderen Tatzeitraum) war bereits Gegenstand des genannten Verfahrens. Im Berufungsbescheid lautet es hinsichtlich des Kühlhauses wie folgt:

"Was die Tatanlastung des an der westlichen Seite des Kiosk angebauten Kühlhauses betrifft, ist auszuführen, daß diese Tatumschreibung alleine keine entsprechend konkretisierten Tatumstände erkennen läßt (etwa durch Anführung des Kühlsystems und der Betriebsweise), die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die in § 74 Abs 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist."

Gleiches gilt auch für die gegenständliche Tatanlastung:

Wie bereits im Vorverfahren wird in der Tatumschreibung nicht näher konkretisiert, welches Kühlsystem und welche Betriebsweisen dieses Kühlhaus hat, so daß hieraus Schlüsse auf die angelastete Gefährdung der Gewässer bzw auf die Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Kunden nicht nachvollziehbar sind.

Es mußte somit auch dieser Tatvorwurf entfallen.

Zur Errichtung von Toilettanlagen anschließend an den Kiosk:

Zu diesem Punkt bringt der Berufungswerber vor, daß die gegenständliche Toilettanlage durch den Magistrat der Stadt Wien, MA 37, Baupolizei genehmigt worden sei und es liege auch eine Benützungsbewilligung vor. Ferner wurde die Dichtheit der Toilettanlage vom Magistrat der Stadt Wien geprüft. Antragsgemäß wurde wiederum Einsicht in die Akten der Magistratsabteilung 37, MA 37/21-D 558/96 und in den Akt der Magistratsabteilung 30, Zahl MA 30 - H 21/4337/96 gehalten. Mit Bescheid vom 19.08.1996 wurde zur Zahl MA 37/21-D 558/96 gemäß § 71 der Bauordnung für Wien auf jederzeitigen Widderruf die Bewilligung erteilt, nach dem mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plan auf der im Betreff genannten Liegenschaft die nachstehend beschriebene Bauführung vorzunehmen:

"Es wurde im Anschluß an den bestehenden Verkaufskiosk ein Zubau, beinhaltend einen Kühl- und einen Lagerraum sowie Abortanlagen, errichtet. Im Anschluß an den Lagercontainer wurde ein Vordach hergestellt. Weiters soll die bestehende Standmarkise durch eine weitere Markise vergrößert werden."

Zur Zahl MA 30 - H 21/4337/96 wurde am 06.05.1996 der Kanalbefund erstellt.

Hier ist zunächst auf die Ausführungen zur Errichtung der Zeltkonstruktionen zu verweisen. Auch hier vermag weder der Bescheid der Magistratsabteilung 37, Baupolizei noch die Dichtheitsprüfung durch die MA 30 (Kanalbefund) die gewerbebehördliche Genehmigung zu ersetzen, da schon nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bei entsprechender Benützung von Toilettanlagen nicht nur eine nachteilige Einwirkung auf die Gewässer, sondern auch eine Gesundheitsgefährdung von Kunden, nicht ausgeschlossen werden kann.

Zum Betrieb einer Musikanlage:

Hier gilt wiederum das oben zur Errichtung eines Kühlhauses ausgeführte: Genauso wie die Tatumschreibung hinsichtlich des Kühlhauses läßt auch die Tatumschreibung hinsichtlich der Musikanlage keine entsprechend konkretisierten Tatumstände erkennen, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage tatsächlich Nachbarn durch Lärm zu belästigen vermag, zumal auf Grund der örtlichen Gegebenheiten und der Entfernung der nächsten Nachbarn eine einfache Musikanlage sicher keine Lärmbelästigung erzeugen kann. So mußte auch dieser Tatvorwurf entfallen.

Zur Hinzunahme von Geräten, nämlich eines Kebab-Grillers:

Zu diesem Punkt wird vom Berufungswerber vorgebracht, daß es sich bei dem Kebab-Griller um ein ortsveränderliches Gerät handelt, das an jeder Steckdose angesteckt werden könne. Für ein solches Elektrogerät sei ebensowenig eine Betriebsanlagengenehmgung wie etwa für den handelsüblichen Toaster notwendig. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, welche Gefährdung von diesem Gerät für Kunden ausgehen solle, zumal das Gerät nur in einem Bereich aufgestellt sei, der weit außer der Reichweite der Kunden sei.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH vom 27.03.1990, 89/04/0223), ist davon auszugehen, daß in der Betriebsbeschreibung des Genehmigungsbescheides alle für die Genehmigungsfähigkeit bedeutsamen Elemente der Betriebsanlage, also etwaige Maschinen und Einrichtungen, die geeignet sind, die im § 74 Abs 2 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen, im einzelnen genannt sind.

Wie sich aus den vorzitierten Betriebsbeschreibungen der Genehmigungsbescheide ergibt, war ein Kebab-Griller nicht von der Betriebsanlagengenehmigung umfaßt.

Bei der Verwendung eines Kebab-Grillers kann aber eine mögliche Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Kunden von vornherein nicht ausgeschlossen werden und zwar auf Grund des Verletzungsrisikos und auf Grund der Brandgefahr. Durch entsprechende Auflagen im Genehmigungsbescheid können solche Gefährdungen weitgehend ausgeschaltet werden, in erster Linie dadurch, daß die Kunden durch geeignete Maßnahmen tatsächlich vom Kebab-Griller ferngehalten werden und daß auch das Gerät ordnungsgemäß und sicher verwendet wird.

Zur Aufstellung eines 11-kg-Flüssiggastransportbehälters im Lagerbereich:

Zutreffend ist das Berufungsvorbringen, daß weder im Straferkenntnis noch im Akt sich Anhaltspunkte darüber finden, ob der vorgefundene Behälter tatsächlich mit Gas gefüllt oder leer war. Bei der Aufstellung eines leeren Flüssiggastransportbehälters kann aber naturgemäß keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Kunden entstehen. Es war daher im Zweifel dieser Tatvorwurf ebenfalls zu entfallen.

Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist folgendes auszuführen:

Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen. Da der Berufungswerber ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattete, war auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Jedes Betreiben einer Betriebsanlage nach Durchführung von genehmigungspflichtigen Änderungen, ohne daß die hiefür erforderliche behördliche Genehmigung erteilt wurde, schädigt in nicht unerheblichem Maße das bestehende öffentliche Interesse am Schutz des im § 74 GewO genannten Personenkreises bzw das Interesse an der Vermeidung von Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen. Der Unrechtsgehalt der Tat war daher selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht geringfügig.

Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Berufungswerber nicht mehr zugute. Auf die eher unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse, die Vermögenslosigkeit und die Sorgepflicht für drei Kinder wurde bei der Strafbemessung Bedacht genommen.

Erschwerend mußte der lange Tatzeitraum gewertet werden. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen, erweist sich die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von S 9.000,-- auf Grund des Vorliegens mehrerer (ver)ändernden Maßnahmen und auf Grund des langen Tatzeitraumes als angemessen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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