Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn Franz K, wh. in E, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Harald H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 05.06.1997, GZ.: 15.1 1996/3542, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich Spruchpunkt 1.) gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG, hinsichtlich der Spruchpunkte 2.), 3.) und 4.) gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und hinsichtlich des Spruchpunktes 5.) gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Auf Grund des von der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grundlage der in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines bevollmächtigten Vertreters, einer Vertreterin der belangten Behörde und eines Vertreters der Gewerbebehörde sowie unter Beiziehung der erforderlichen Zeugen am 10.11.1997 in der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vorgenommenen, öffentlichen, mündlichen Verhandlung, ergeben sich folgende Feststellungen:
Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis waren über Herrn Franz K insgesamt vier Verwaltungsstrafen wegen Übertretung gewerberechtlicher Bestimmungen und eine wegen Übertretung des § 1 2. Fall des Landesgesetzes LGBl. Nr. 158/1975 verhängt worden - die Verwaltungsstrafen betragen
1.)
S 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,
2.)
S 5.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,
3.) und 4.)
jeweils S 3.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe bzw.
5.)
S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe, da er
1.)
zwischen 27.06.1996 und 18.12.1996 an 15 datums- und uhrzeitmäßig genau bezeichneten Zeiträumen bei seinem Sägewerk in Edelschrott Nr. 59 im Freien mit Motorsägen Arbeiten durchgeführt hätte und dabei gegen die Auflage 1.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 15.09.1995, GZ.: 4 Ki 68/1993, verstoßen hätte, da bei Arbeiten im Freien nur Elektrokettensägen verwendet werden dürften; die Verwaltungsstrafe wurde gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit Auflage 1.) des zitierten Bescheides wegen Übertretung des § 367 1. Satz GewO 1994 verhängt, bzw.
2.)
an 6 datums- und uhrzeitmäßig genau fixierten Zeitpunkten zwischen 27.06.1996 und 22.07.1996 durch verschiedene, genau beschriebene Arbeiten die Auflage 2.) des bereits erwähnten Bescheides vom 15.09.1995 nicht eingehalten hätte, wonach wochentags die Betriebszeiten zwischen 06.00 Uhr und 17.00 Uhr festgelegt worden wären; die Verwaltungsstrafe wurde auf Grundlage der unter 1.) genannten gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit der Auflage 2.) dieses bereits zitierten Bescheides vom 15.09.1995 verhängt, bzw.
3.)
am 01.07., 08.07. und 13.07.1996 zu genau bezeichneten Zeiträumen die Hobelmaschine bei offenen Toren in Betrieb genommen und somit gegen Auflage 14.) des Bescheides vom 15.09.1995 verstoßen hätte, wonach wochentags die Betriebszeiten von 06.00 Uhr bis 17.00 Uhr einzuhalten wären und das nordwestliche Tor der Sägehalle (Aufstellungsbereich der Hobelmaschine und des Kehlautomaten) bei Betrieb dieser Anlagenteile stets geschlossen zu halten wäre; diese Verwaltungsstrafe wurde ebenfalls auf Grundlage der bereits erwähnten gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit Auflage 14.) des bereits zitierten Bescheides vom 15.09.1995 verhängt, bzw.
4.)
am 25.06.1996 im Laufe des Tages vor der Garage in E Nr. 59 Holzstiegen spritzlackiert und am 23.07.1996 im Laufe des Tages Bretter gespritzt sowie am 26.06.1996 im Laufe des Tages vor der Garage in E Nr. 59 Holzstiegen spritzlackiert hätte, wodurch die mit dem bereits erwähnten Bescheid vom 15.09.1995 genehmigte gewerbliche Betriebsanlage geändert und nach der Änderung betrieben worden wäre, obwohl diese Arbeiten geeignet gewesen wären, die Nachbarn durch Geruch zu belästigen; diese Verwaltungsstrafe wurde auf Rechtsgrundlage des § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 verhängt, bzw.
5.)
am 18.12.1996 von 07.00 Uhr bis 08.00 Uhr beim Sägewerk in Edelschrott Nr. 59 einen LKW während der Ladetätigkeit sowie einen Gabelstapler am Stand laufen gelassen hätte, ohne daß in dieser Zeit Arbeiten durchgeführt worden wären, wodurch ungebührlicherweise störender Lärm erregt worden wäre, welcher vermeidbar gewesen wäre und störend auf den Nachbarn Franz Z gewirkt hätte; diese Verwaltungsstrafe wurde auf Rechtsgrundlage des § 1 2. Fall des Landesgesetzes LGBl. Nr. 158/1975 bzw. des § 3 Abs 1 leg. cit. verhängt.
Dieser Bescheid wird im wesentlichen damit begründet, die einzelnen Verwaltungsübertretungen wären durch umfangreiche Erhebungen der Gewerbebehörde bzw. zahlreiche Zeugenaussagen beschwerdeführender Nachbarn erwiesen.
Gegen diesen Bescheid hat Franz K fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen bestritten und jene Zeugenaussagen, die die Hauptgrundlage der Bestrafungen bilden würden, grundsätzlich als nicht glaubwürdig bezeichnet. Hinsichtlich Punkt 1.) wird auf den Text der Auflage 1.) des Bescheides vom 15.09.1995 und die Diskrepanz zur Formulierung im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen, bezüglich der Spruchpunkte 2.), 3.) und 4.) wird mit entsprechenden Beweisanträgen das Vorbringen der als Zeugin einvernommenen, beschwerdeführenden Nachbarin vehement bestritten, hinsichtlich Punkt 5.) wird auf den Regelungsgegenstand des bereits erwähnten Landesgesetzes hingewiesen.
Von seiten der Berufungsbehörde wurde mit Ladungsbescheiden vom 23.09.1997 die zur Klärung des Sachverhaltes erforderliche, öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung für 10.11.1997 in der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg angeordnet, an dieser Verhandlung hat ein Vertreter der Gewerbebehörde, eine Vertreterin der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz, der Berufungswerber mit seinem ausgewiesenen Vertreter, die beschwerdeführenden Nachbarn sowie vom Berufungswerber namhaft gemachte Zeugen teilgenommen.
Hinsichtlich der Spruchpunkte 2.), 3.) und 4.) erklärte der Berufungswerber, teilweise zur Durchführung der ihm vorgeworfenen Arbeiten aufgrund fehlender technischer Einrichtungen gar nicht im Stande gewesen zu sein, niemals außerhalb der Betriebszeiten gearbeitet zu haben und auch keine Arbeitskräfte diesbezüglich entlohnt zu haben; hinsichtlich des angeblich geöffneten Tores verwies er darauf, daß sich dieses an der nordwestlichen Front der Betriebsanlage befinde und dieser Anlagenteil von der beschwerdeführenden Nachbarin Anna T, deren Haus südöstlich der Betriebsanlage liege, gar nicht eingesehen werden könne. Die Nichteinhaltung der Auflage 14.) (Punkt 3.) wurde von ihm vehement bestritten, die Durchführung von Spritzlackierarbeiten gemäß Tatvorwurf bzw. Spruchpunkt 4.) wurde ebenfalls bestritten, da nach Ansicht des Berufungswerbers die angeblich beobachteten Tätigkeiten nur solche gewesen sein könnten, bei welchen Holzstiegen bzw. - bretter mit einer Kompressoranlage entstaubt worden wären. Die Nachbarin Anna T, deren bereits im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Zeugenaussagen als Hauptgrundlage des angefochtenen Straferkenntnisses in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zu bezeichnen ist, gab anläßlich ihrer Zeugeneinvernahme in der Berufungsverhandlung an, sie hätte bereits seit Jahren Aufzeichnungen darüber geführt, wodurch sie durch das Sägewerk gestört würde. Einen Teil dieser schriftlichen Aufzeichnungen, das Jahr 1996 betreffend, hatte sie zur Berufungsverhandlung mitgebracht, diese bezogen sich ihren Angaben zufolge bis 27.04.1996, jene Aufzeichnungen, die den Rest des Jahres 1996 betreffen würden, hätte sie nicht bei sich gehabt, so erklärte sie, daß sie diese an den Bundeskanzler oder Volksanwalt geschickt hätte. Sie verfüge somit zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nur über ihre Notizen aus den Jahren 1995 und 1996 bis 27.04.1996 sowie über jene ab Jänner 1997.
Nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage und des Inhaltes der vorliegenden Betriebsanlagengenehmigungen anhand eines ihr in der Verhandlung vorgelegten Lageplanes erklärte sie, sie würde sich durch die geöffneten nordöstlichen Tore der Halle gestört fühlen. Dies würde sie erkennen, wenn sie auf ihrem Grundstück nach Osten gehe.
Nach Vorhalt jener Kopien ihrer schriftlichen Aufzeichnungen, die sich im Akt der Erstinstanz befinden, deren Original jedoch von ihr an den Bundeskanzler oder Volksanwalt geschickt worden wären, wiederholte sie diese Aussage; weiters erklärte sie, mit "Beizen" meinte sie, wenn Holz gestrichen oder mit einer "Pistole" bespritzt würde. Über Befragen, ob sie beobachtet hätte, daß mit Druckluft Entstaubungsarbeiten durchgeführt worden wären, erklärte sie, dies könne sie nicht sagen, solche Tätigkeiten seien ihr jedoch nicht aufgefallen, obwohl sie von ihrem Küchenfenster aus direkt ins Betriebsareal schauen könne.
Am 16.07.1996 hätte sie um 17.00 Uhr beobachten können, wie ein LKW bis 17.45 Uhr Holz aufgeladen hätte, am 17.07.1996 hätte sie beobachten können, wie ein Arbeiter bis 17.35 Uhr gearbeitet hätte, wobei der Kompressor eingeschaltet gewesen wäre, am 22.07.1996 hätte sie registriert, daß einige Arbeiter um 17.00 Uhr, andere um 18.00 Uhr weggefahren wären.
Über Befragen, welche Tätigkeiten die Zeugin konkret meine, da nach Angaben des Berufungswerbers die technischen Einrichtungen für das Beizen bzw. Spritzlackieren im Betrieb fehlten, erklärte die Zeugin wörtlich: "Dazu sage ich nichts, ich schick alles wieder dem Volksanwalt.".
Über Befragung nach Erläuterung der Bestimmungen des § 336 GewO 1994 erklärte die Zeugin, die Gendarmerie hätte sie nicht geholt, da sie nie gehässig hätte sein wollen; einige Male könne es jedoch schon sein, daß sie die Gendarmerie angerufen hätte. Über Vorhalt, daß nach den vorhandenen Betriebsanlagengenehmigungen das nordöstliche Hallentor der Betriebsanlage geöffnet sein dürfe und nur das nordwestliche Tor geschlossen sein müsse, erklärte sie, ihre Vorsprachen und Beschwerden hätten sich jeweils auf jenes Tor bezogen, das sie von der Ostgrenze ihres Grundstückes aus sehen könne, somit auf das nordöstliche Tor.
Unter der Durchführung von "Arbeiten" verstünde sie solche Tätigkeiten, bei welchen, für sie akustisch wahrnehmbar, Maschinen eingeschaltet wären.
Über Ersuchen des Vertreters des Berufungswerbers, die vorhandenen schriftlichen Aufzeichnungen der Zeugin zu überprüfen, stellte sich innerhalb der Berufungsverhandlung heraus, daß diese nicht, wie vorher behauptet, erst ab Jänner 1997, sondern bereits ab 03.12.1996 vorhanden wären. Der Vertreter des Berufungswerbers beantragte daraufhin ausdrücklich, die Zeugin möge diese Aufzeichnungen für Dezember 1996 dem Verhandlungsleiter vorlegen. Nach diesbezüglicher Aufforderung erklärte die Zeugin dem Verhandlungsleiter, er solle sich diese Aufzeichnungen über den Volksanwalt beschaffen.
Daraufhin teilte der Vertreter des Berufungswerbers mit, der Zeuge Z hätte bestätigt, am 16., 17. und 18.12.1996 wären die bis 17.00 Uhr limitierten Betriebszeiten eingehalten worden. Es sollten daher die Aufzeichnungen der Frau Anna T bezüglich dieser drei Tage überprüft werden, um diesbezüglich das Vorhandensein einer entsprechenden Übereinstimmung feststellen zu können. Die Zeugin Anna T erklärte dazu, sie würde diese Aufzeichnungen innerhalb der Berufungsverhandlung nicht hergeben und sie wiederholte, der Verhandlungsleiter möge diese Aufzeichnungen über den Volksanwalt beschaffen. Sie gab jedoch an, hinsichtlich des Zeitraumes 16. bis 18.12.1996 keine Anzeigen erstattet zu haben; weiters regte sie an, einen Herrn Josef R aus Kirchberg a. d. R., dessen Adresse sie nicht wisse, zu vernehmen.
Der Zeuge Franz Z, ebenfalls Nachbar der Betriebsanlage, erklärte hinsichtlich der einzelnen Übertretungszeitpunkte nach umfassender Erörterung, seit der Vorschreibung der Auflage 14.), wonach bei Betrieb der Hobelmaschine das Schließen der Tore erfolgen müsse, habe sich die Situation für ihn wesentlich gebessert. Sein Haus befinde sich etwa 35 bis 40 m südlich der Betriebsanlage; zur Gesamtproblematik erklärte der Zeuge, Herr K würde als Betriebsinhaber auch für ihn als Nachbar erkennbar offensichtlich an einem anderen Ort wohnen. Das Sägewerk, welches der Berufungswerber gepachtet hätte, würde jedoch vom östlich der Betriebsanlage wohnenden Eigentümer immer wieder betreten, dieser würde auch Maschinen in Betrieb nehmen zu Zeiten, in welchen kein gewerblicher Betrieb stattfinde. Diese Vorgangsweise des Eigentümers bzw. Verpächters der Betriebsanlage wurde vom Nachbarn Z ausdrücklich als boshaft bezeichnet.
Hinsichtlich der bereits erwähnten Tage 16. bis 18.12.1996 erklärte der Zeuge ausdrücklich, die Betriebszeit von 17.00 Uhr sei an diesen Tagen nicht überschritten worden.
Einer der vom Berufungswerber namhaft gemachten Zeugen erklärte innerhalb der Berufungsverhandlung, er sei bereits seit 2 Jahren, seit der Berufungswerber das Sägewerk übernommen hätte, als Arbeitnehmer in diesem Unternehmen beschäftigt, er könne bestätigen, daß die Betriebszeiten und die sonstigen, den Nachbarschaftsschutz betreffenden und ihm bekannten Auflagen immer eingehalten worden wären. Der Berufungswerber hätte diese Auflagen allen Mitarbeitern persönlich erläutert, der Zeuge hielt es für unwahrscheinlich, daß im Betrieb von Mitarbeitern nach 17.00 Uhr jemals gearbeitet würde. Die vorgeworfenen Betriebszeitenüberschreitungen, die teilweise bis zu 3 Stunden gedauert haben sollen, bezeichnete dieser Zeuge als absurd. Nach Schluß der Beweisaufnahme gaben die Vertreter der belangten Behörde keine Stellungnahme ab, der Vertreter des Berufungswerbers wiederholte den Antrag auf Einstellung des Verfahrens, da die Zeugin T keine stichhältigen Aussagen getroffen und vorhandene schriftliche Aufzeichnungen nicht vorgelegt hätte. Er verwies auch darauf, daß bei einer von der Gewerbebehörde II. Instanz durchgeführten örtlichen Erhebung eine Lärmmessung in der Wohnung dieser Zeugin nicht zugelassen worden wäre, auch die Errichtung einer Lärmschutzwand bzw. der Einbau von Lärmschutzfenstern in ihrem Haus sei von ihr verweigert worden. Im übrigen hätte der Berufungswerber die Betriebszufahrt aus eigenen Stücken nach Osten verlegt, sodaß sich diese nicht mehr gegenüber dem Wohnhaus dieser Zeugin befinde.
Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Gemäß § 51e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; diese Berufungsverhandlung hat, wie bereits ausgeführt, am 10.11.1997 in der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg stattgefunden. Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde bzw. durchzuführen ist, ist gemäß § 51i VStG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet (Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens); weiters ist Zweck dieser öffentlichen, mündlichen Verhandlung als Teil des gemäß § 37 AVG durchzuführenden Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung).
Zu Spruchpunkt 1.):
Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 leg cit vorgenommen worden ist; die Verjährungsfrist bei einer Verwaltungsübertretung wie der verfahrensgegenständlichen beträgt sechs Monate, diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Gemäß § 32 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten, von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache, Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung.
Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten stafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Taten betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).
Die Auflage 1.) des gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 15.09.1995, GZ.: 4 Ki 68/1993, lautet:
Es dürfen bei Arbeiten im Freien nur Elektrokettensägen verwendet werden."
Hinsichtlich der Verletzung dieser Auflage wurde dem Berufungswerber im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens stets vorgeworfen, es seien im Freien Arbeiten "mit der Motorsäge" durchgeführt worden. Die erforderliche Unterscheidung zwischen Elektrokettensägen bzw. benzinmotorgetriebenen Motorsägen, die in diesem konkreten Fall entscheidungs- und beurteilungsrelevant ist, wurde nicht vorgenommen, sodaß aufgrund der Tatsache, daß auch eine Elektrokettensäge eine Motorsäge ist, eine den erwähnten gesetzlichen Bestimmungen entsprechende, die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung (VwGH 25.02.1992, 91/04/0277) nicht erfolgt ist.
Zu Spruchpunkte 2.), 3.) und 4.):
Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.
Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, daß ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.
Das umfangreich durchgeführte Berufungsverfahren hatte hinsichtlich aller, der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz mitgeteilten Beobachtungen von Verwaltungsübertretungen im dargestellten Sinn keine einzige Erhebung der Gewerbebehörde oder eine solche des örtlich zuständigen Gendarmeriepostens, sondern ausschließlich die Beobachtungen der als Zeugin einvernommenen Nachbarin Anna T zur Grundlage. Die Einvernahme dieser Nachbarin als Zeugin innerhalb der Berufungsverhandlung hat bis auf ganz wenige konkrete Aussagen kaum Fakten hervorgebracht, die zur Grundlage eines Schuldspruches im Sinne der dargestellten Rechtslage führen könnten. Wenn auch die Aufforderung der Zeugin an den Verhandlungsleiter, dieser solle Unterlagen, die vorhanden wären, beim Volksanwalt besorgen, durch die allgemein begreifliche schwierige Situation dieser Zeugin nicht überbewertet werden sollte, ist dennoch unter Beachtung der anderen Zeugenaussagen in beweiswürdigender Weise festzuhalten, daß die möglich gewordenen bzw. gewesenen Zeugenaussagen hinsichtlich ihrer Klarheit nicht jenen Voraussetzungen entsprechen, die einen verwaltungsstrafrechtlichen Schuldspruch zu rechtfertigen vermögen. Wenn auch nicht bei jedem Zweifel an den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens mit einer Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen ist, gelangt die Berufungsbehörde somit in Vollziehung der Bestimmungen des § 45 Abs 2 AVG zur Überzeugung, daß aufgrund der gesamten Sachlage eine Sicherheit bezüglich der Überzeugung der Richtigkeit der einzelnen Tatvorwürfe und Behauptungen durch die Zeugin Anna T im entscheidenden Organ nicht erzeugt werden konnte. Da somit (vgl. VwGH 15.05.1990, 89/02/0177 - 0180) nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung konkrete Zweifel hinsichtlich der unter Punkt 2.), 3.) und 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Tatvorwürfe verbleiben, war das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich mangels Erweisbarkeit einzustellen.
Zu Spruchpunkt 5.):
Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
Gemäß § 1 2. Fall des Landesgesetzes LGBl. Nr. 158/1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 3 leg. cit. mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich um einen Auffangtatbestand, das bedeutet, daß ein Lärmverursacher nach dieser Bestimmung nur dann zu bestrafen ist, wenn nicht aufgrund anderer Rechtsvorschriften andere Tatbestände vorliegen, nach welchen eine Bestrafung erfolgen könnte.
Im konkreten Fall liegt eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vor, in welcher dem Nachbarschaftsschutz dienende Auflagen und Betriebszeitbeschränkungen enthalten sind. Ein Überschreiten dieses gewerberechtlichen Konsenses würde somit als Übertretung gewerberechtlicher Bestimmungen, nicht jedoch als Übertretung des § 1 des genannten Landesgesetzes zu qualifizieren sein (vgl. VwGH 29.06.1992, 91/10/0083); in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Anwendbarkeit landesgesetzlicher Bestimmungen bezüglich einer aus einem Gastgewerbelokal stammenden Lärmerregung nur dann für zulässig erklärt, wenn es sich bei diesem um keine gewerberechtlich genehmigte Betriebsanlage handelte.
Da der Berufungswerber somit die ihm unter Punkt 5.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen haben kann, war spruchgemäß zu entscheiden.