TE UVS Wien 1997/11/17 04/G/35/616/97

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Veröffentlicht am 17.11.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Lammer über die Berufung des Herrn Dr Manfred R, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk, vom 25.8.1997, Zl MBA 11 - S 2418/97, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 25 GewO 1994, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 7.11.1997, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch die Wortfolge "bzw verstellt" entfällt und die verletzten Rechtsvorschriften "§ 367 Z 25 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, iVm Auflagenpunkt 11 des Betriebsanlagenbescheides vom 20.5.1970, Zl MBA 11 - Ba 5685/1/70" lauten.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber daher einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 400,--, zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Filiale der L-Gesellschaft mbH in Wien, G-gasse, zu verantworten, daß in dieser Filiale am 10.3.1997 die rechtskräftige Auflage 11 des Bescheides vom 20.5.1970, MBA 11 - Ba 5685/1/70, wonach im Bereich zwischen den Kassen und dem Ausgang ein Fluchtweg in einer Mindestbreite von 1,80 m stets vorhanden sein muß, insofern nicht eingehalten wurde, als der Fluchtweg von den Kassen zum Ausgang durch Getränkekisten von 1,80 m auf 1,40 m eingeengt bzw verstellt war."

Dadurch habe der Berufungswerber § 367 Z 25 GewO 1994 idgF verletzt, weswegen über ihn gemäß § 367 Einleitungssatz leg cit iVm § 9 VStG 1991 eine Geldstrafe von S 2.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 200,-- auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber vorbringt, daß der Text der Auflage 11 des rechtskräftigen Bescheides vom 20.5.1970, Zl MBA 11 - Ba 5685/1/70, im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht entsprechend wiedergegeben sei, wobei festzuhalten sei, daß eine wörtliche Übereinstimmung der Tatumschreibung mit dem in narrativer Form angeführten Text der Bescheidauflage 11 nicht gegeben sei. Die bescheiderlassende Behörde habe insoweit die Rechtslage verkannt, daß der im Verwaltungsrechtszug ergangene Schuldspruch eine wörtliche Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflage 11 nicht aufweist. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei daher wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne des § 44a Z 2 VStG rechtswidrig und sei das Straferkenntnis zu beheben.

In der am 7.11.1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung verwies der Berufungsvertreter auf die bisherigen Berufungsausführungen und führte diesbezüglich aus, daß dem Konkretisierungsgebot durch die im Spruch vorgenommene Formulierung "eingeengt bzw verstellt" nicht entsprochen worden sei. Werde ein Weg auf 1,40 m eingeengt, so sei darunter zu verstehen, daß dieser auf einer Breite von 1,40 m passierbar sei. Werde aber ein Weg auf 1,40 m verstellt, so verstehe man darunter, daß sich auf dem Weg ein 1,40 m breites Hindernis befinde. Im zuletzt genannten Fall fehle es aber an der Feststellung, wie breit der gegenständliche Fluchtweg sei, um davon ausgehen zu können, daß die Mindestbreite von 1,80 m nicht mehr vorhanden gewesen sei. Auf die mündliche Verkündung des Berufungsbescheides wurde verzichtet.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Der Auflagenpunkt 11 des Betriebsanlagenbescheides vom 20.5.1970, Zl MBA 11 - Ba 5685/1/70, lautet wie folgt:

"Im Bereich zwischen den Kassen und dem Ausgang muß ein Fluchtweg in einer Mindestbreite von 1,80 m stets vorhanden sein."

Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt der Erhebungsbericht der Magistratsabteilung 36 vom 19.3.1997, Zl MA 36/A/11/74/97, zugrunde, dem zu entnehmen ist, daß bei der am 10.3.1997 in der gegenständlichen Betriebsanlage durchgeführten Überprüfung festgestellt worden ist, daß entgegen dem Auflagenpunkt 11 des bereits genannten Bescheides der Fluchtweg von den Kassen zum Ausgang durch Getränkekisten von 1,80 m auf ca 1,40 m eingeengt bzw verstellt gewesen sei.

Wenn nun dem Berufungswerber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet wird, daß der oben zitierte Auflagenpunkt 11 insofern nicht eingehalten worden sei, als der Fluchtweg von den Kassen zum Ausgang durch Getränkekisten "von 1,80 m auf 1,40 m eingeengt bzw verstellt" gewesen sei, so vermag der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nicht zu erkennen, weshalb es dieser Tatanlastung an der erforderlichen Konkretisierung fehlen sollte, wurde doch in der Tatumschreibung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß der Fluchtweg von den Kassen zum Ausgang durch Getränkekisten von 1,80 m auf 1,40 m eingeengt, also auf eine 1,80 m unterschreitende Ausdehnung eingeschränkt gewesen war, sodaß der Berufungswerber aufgrund dieser Tatumschreibung durchaus in die Lage versetzt wurde, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und er auch rechtlich davor geschützt war, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Daß es sich bei der im Spruch verwendeten Formulierung "eingeengt bzw verstellt" aber nicht um einen Alternativvorwurf, sondern bloß um eine "doppelte" Umschreibung ein und desselben Sachverhaltes (die aus diesem Grund spruchgemäß auch entfallen konnte) handelt und dem Begriff des "Verstellens" im vorliegenden Fall eindeutig die Bedeutung des "Hineinragens", somit einer "Einengung", und nicht etwa der vom Berufungswerber angesprochenen "Teilung" des gegenständlichen Fluchtweges zukommt, ergibt sich aber bereits aus dem Umstand, daß die Tatumschreibung lediglich eine Angabe über die Breite sowie die tatsächlich vorhandene Durchgangsbreite des in Rede stehenden Fluchtweges enthält. Insofern der Berufungswerber die Auffassung vertritt, daß eine Zuordnung zu Auflage 11 des oben zitierten Betriebsanlagenbescheides (iVm § 367 Z 25 GewO 1994) nicht gegeben sei, so vermag der Unabhängige Verwaltungssenat Wien auch diesem Einwand des Berufungswerbers nicht zu folgen. Mit dem oben zitierten Auflagenpunkt 11 wurde der Betreiber der gegenständlichen Betriebsanlage nicht nur dazu verpflichtet, einen Fluchtweg in einer Mindestbreite von 1,80 m einzurichten, sondern darüber hinaus auch dazu, diesen Fluchtweg mit einer Mindest-Durchgangsbreite von 1,80 m "stets" aufrecht zu erhalten. Wenn nun dem Berufungswerber zur Last gelegt wird, daß der Fluchtweg von den Kassen zum Ausgang durch Getränkekisten von 1,80 m auf 1,40 m eingeengt gewesen war, so wurde die als erwiesen angenommene Tat damit aber ausreichend konkret umschrieben, um die als erwiesen angenommene Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig subsumieren zu können.

Der Berufungswerber hat aber die Einengung des Fluchtweges von den Kassen zum Ausgang am 10.3.1997 durch Getränkekisten von 1,80 m auf 1,40 m nicht in Abrede gestellt, weshalb der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt aufgrund des im erstinstanzlichen Akt einliegenden Erhebungsberichtes als erwiesen anzusehen und von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung auszugehen war.

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Da der Berufungswerber ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet hat, war Fahrlässigkeit als erwiesen anzusehen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen. Daß die Einhaltung der Auflage eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen, weshalb auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden kann.

Bei der Strafbemessung waren drei einschlägige, im Tatzeitpunkt bereits rechtskräftige Vorstrafen wegen Nichteinhalten von in Betriebsanlagenbescheiden vorgeschriebenen Auflagen als erschwerend zu werten; Milderungsgründe sind keine hervorgekommen. Mangels Angaben des Berufungswerbers mußten seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse geschätzt werden und war zumindest von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Sorgepflichten konnten mangels eines Hinweises nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen erscheint die verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- durchaus angemessen und keinesfalls zu hoch.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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