Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hrdliczka über die Berufung des Herrn Kurt S vom 13.1.1997 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat M, vom 8.1.1997, Zahl S 179097-Mh/96, wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf S 500,--, bei Uneinbringlichkeit 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt und dementsprechend gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf S 50,-- ermäßigt.
Der Berufungswerber hat gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es als vom Zulassungsbesitzer (Karl Franz So) namhaft gemachter Auskunftspflichtiger unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 21.5.1996, zugestellt am 13.6.1996, innerhalb der Frist von zwei Wochen mitzuteilen, wer das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-2B am 15.2.1996 um 15.54 h in Wien, S-gasse vorschriftswidrig abgestellt habe.
Wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG 1967 wurde gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 90 Stunden) verhängt und gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von S 150,-- (= 10 % der verhängten Geldstrafe) vorgeschrieben. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wandte der Berufungswerber ein, das Straferkenntnis bestünde nicht zu Recht, da die Grundvoraussetzung, nämlich das vorschriftswidrige Abstellen des Fahrzeuges "W-28" (richtig: W-2B) fehle. Seiner Meinung nach wäre seinen Angaben nachzugehen gewesen und hätte man sich von der irrtümlichen Angabe des Herrn Karl Franz So zu überzeugen, gegebenenfalls eine eidesstattliche Erklärung anzufordern gehabt. Der Berufungswerber habe derzeit kein Einkommen, weshalb die Ersatzfreiheitsstrafe in Betracht komme. Es könne nicht im Sinne der Gesetzgebung sein, unbescholtene Bürger ohne stichhaltigen Grund zu einer Arreststrafe zu verurteilen. Die Auskunft habe er vor Ausstellung der Strafverfügung gegeben. Er nehme die Gleichberechtigung des Bürgers gegenüber den Behörden in Anspruch und verweise darauf, daß Nachricht von Behörden oft monatelang auf sich warten lasse, ohne daß der Bürger gegenüber Behörden zu Sanktionen berechtigt sei.
Dem erstbehördlichen Akt ist nachstehender Sachverhalt zu entnehmen:
Über schriftliche Aufforderung der Behörde vom 29.4.1996, zugestellt am 20.5.1996, als Zulassungsbesitzer binnen zwei Wochen nach Zustellung bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-2B in Wien, S-gasse abgestellt hat, sodaß es dort am 15.2.1996 um 15.54 Uhr gestanden ist, gab Herr Karl Franz So mit Schreiben vom 20.5.1996 bekannt, daß er die verlangte Auskunft nicht erteilen könne. Die Auskunftspflicht treffe den Berufungswerber.
Mit Schreiben vom 21.5.1996, zugestellt durch Ersatzzustellung am 13.6.1996, wurde der Berufungswerber im Sinne der Bestimmungen des § 103 Abs 2 KFG 1967 als Auskunftspflichtiger aufgefordert, binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-2B in Wien, S-gasse abgestellt hat, sodaß es dort am 15.2.1996 um 15.54 Uhr gestanden ist. Innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung, das ist bis zum 27.6.1996, langte bei der Behörde keine Antwort ein. Daraufhin wurde gegen den Berufungswerber wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG 1967 die Strafverfügung vom 21.10.1996 erlassen. Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht Einspruch und verwies auf ein beiliegendes, mit 2.10.1996 datiertes und laut ebenfalls beiliegendem Postaufgabeschein auch am 2.10.1996 zur Post gegebenes Schreiben, in welchem er auf die behördliche Anfrage vom 21.5.1996 Bezug nahm und im wesentlichen ausführte, daß jenes Schreiben von ihm leider "irrtümlich abgelegt" worden sei. Es sei ihm am 2.10.1996 ("heute") wieder in die Hände gekommen. Der Berufungswerber brachte weiters vor, er habe das gegenständliche Kraftfahrzeug am 15.2.1996 nicht zur Verfügung gehabt, sodaß er es auch nicht vorschriftswidrig abgestellt haben könne.
Der unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Aus der in dieser Bestimmung normierten Verpflichtung zur Auskunftserteilung ergibt sich nicht nur, daß der Berufungswerber innerhalb der ihm gesetzten zweiwöchigen Frist der Behörde mitzuteilen gehabt hätte, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug am genannten Ort abgestellt hat, sodaß es zum genannten Zeitpunkt dort gestanden ist, sondern auch, daß er die Behörde innerhalb dieser Frist davon in Kenntnis zu setzen gehabt hätte, daß er die verlangte Auskunft wegen der (von ihm erst in seinem späteren Schreiben) genannten Umstände nicht erteilen kann. Es ist nämlich mit dem Sinn des Gesetzes nicht vereinbar, auch wenn die Auskunft unverschuldet nicht erteilt werden kann, gegenüber der anfragenden Behörde auf die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers innerhalb der vorgesehenen Frist überhaupt nicht zu reagieren, also innerhalb dieser Frist nicht einmal bekanntzugeben, welche Umstände der rechtzeitigen Auskunftserteilung entgegenstehen, weshalb das Unterbleiben jeglicher Antwort auf eine derartige behördliche Anfrage gegen § 103 Abs 2 KFG verstößt (vgl dazu sinngemäß VwGH 9.11.1990, 90/18/0133).
Der Berufungswerber hat daher dadurch, daß er auf die behördliche Anfrage innerhalb der gesetzten Frist unbestrittenermaßen überhaupt nicht geantwortet hat, objektiv ein durch den Schuldspruch der Erstbehörde umschriebenes Verhalten gesetzt, welches nur dann als gerechtfertigt und sohin straffrei anzusehen gewesen wäre, wenn er einerseits der Behörde innerhalb der in Rede stehenden Frist jene für das Unterbleiben der Antwort maßgebenden Umstände bekanntgegeben hätte, nämlich daß er - wie er erst in einem späteren Schreiben ausführte - das gegenständliche KFZ gar nicht zur Verfügung gehabt habe, und andererseits eine behördliche Prüfung die Richtigkeit dieser Behauptung bestätigt hätte (vgl dazu sinngemäß VwGH 25.9.1991, 91/02/0031).
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Mit seinem Vorbringen vermochte der Berufungswerber nicht glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden getroffen hat, denn aus dem Umstand, daß das behördliche Auskunftsverlangen "irrtümlich abgelegt" werden konnte, ergibt sich, daß der Berufungswerber keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um seine fristgerechte Reaktion auf das behördliche Schreiben sicherzustellen. Damit war dem Berufungswerber fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
Der Berufung war demnach in der Schuldfrage keine Folge zu geben.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen besonders zu berücksichtigen.
Die Herabsetzung der Strafe auf das spruchgemäße Ausmaß erfolgte, weil dem Berufungswerber der Aktenlage zufolge zum Tatzeitpunkt (noch) der Milderungsgrund der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugutekam und auf die vom Berufungswerber angegebene Einkommens- und Vermögenslosigkeit Bedacht zu nehmen war. Auch das nunmehrige Strafausmaß erschien dem unabhängigen Verwaltungssenat als ausreichend, um den Berufungswerber wirksam von einer Tatwiederholung abzuhalten. Eine weitere Strafherabsetzung kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Das der Bestrafung zugrundeliegende Verhalten schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat nicht gerade gering war.
Das Verschulden des Berufungswerbers konnte ebenfalls nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Zu berücksichtigen war auch, daß dem Berufungswerber keine gesetzlichen Sorgepflichten obliegen.
Im Hinblick auf diese Strafzumessungsgründe und den bis S 30.000,-- reichenden Strafsatz ist die nunmehr verhängte Strafe milde genug.