TE UVS Wien 1997/11/20 04/G/35/303/97

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Veröffentlicht am 20.11.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Lammer über die Berufung des Herrn MMag Dr Martin K gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 26.2.1996, Zl MBA 23 - S 473/96, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 368 Z 14 GewO 1994, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 25.7.1997 und 31.10.1997, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

"Sie haben als Vorstandsmitglied und somit als zur Vertretung der P-Aktiengesellschaft nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG 1991 zu verantworten, daß diese Gesellschaft mit dem Sitz in Wien in dem Betrieb in Wien, K-Straße, in der Zeit vom 3. Februar 1995 bis 16. Jänner 1996 das Gewerbe: "Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsform eines Gasthauses mit den Berechtigungen nach § 16 GewO

lit b) Verabreichung und Verkauf von kalten und warmen Speisen, in

dem im § 17 GewO näher bezeichneten Umfang, lit c) Ausschank von Bier, Wein, Obstwein, lit d) Ausschank und Kleinverschleiß von gebrannten geistigen

Getränken, lit e) Ausschank von Heil- und Mineralwässern sowie von nichtgeistigen Kunstgetränken, lit f) Verabreichung und Verkauf von Kaffee, Tee, Schokolade und anderen warmen Getränken und von Erfrischungen in dem im § 17 GewO näher bezeichneten Umfang, lit g) Haltung von erlaubten Spielen mit Ausnahme des Billardspieles,

ausgeübt hat, und dabei ihrer auf Grund der Bestimmungen der Gewerbeordnung bestehenden Verpflichtung, der Behörde alle für die Vollziehung der Gewerbeordnung notwendigen Unterlagen vorzulegen, insoferne nicht nachgekommen ist, als auf Grund der am 3. Februar 1995 zur Zahl FN 04 im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien erfolgten Eintragung der Bestellung des Herrn MMag Dr Martin K zum Vorstandsmitglied die hiezu erforderlichen Unterlagen, nämlich eine Erklärung über Gewerbeausschließungsgründe gemäß § 13 GewO 1994 dem Magistratischen Bezirksamt für den 23. Bezirk trotz Aufforderung vom 29. September 1995 bis zum 16. Jänner 1996 nicht vorgelegt wurde."

Dadurch habe der Berufungswerber § 368 Z 14 iVm § 338 Abs 2 GewO 1994 verletzt, weswegen über ihn gemäß § 368 leg cit iVm § 9 VStG 1991 eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 100,-- auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber ausführt, daß die P-AG im Werk R, K-Straße, eine Werkskantine betrieben habe, in welcher zugunsten der Werksangehörigen Speisen und Getränke zum Selbstkostenpreis abgegeben worden seien. Von der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit könne nicht gesprochen werden, da die Absicht, einen Ertrag oder einen sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gefehlt habe. Wie aus den Erläuterungen zu § 1 Abs 2 GewO 1994 explizit hervorgehe, seien auf eine derartige soziale Einrichtung die Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht anwendbar. Überdies sei der Betrieb der bezughabenden Werkskantine im Jahr 1994 zur Gänze eingestellt worden, sodaß im deliktsgegenständlichen Zeitraum (3.2.1995 bis 16.1.1996) keinerlei Tätigkeiten auf diesem Gebiet gesetzt worden seien. Das Werk R unterstehe seit der Berggesetznovelle 1990, dh seit 1.1.1991, der Aufsicht der Bergbehörde und gelte demnach als Bergbaubetrieb und nicht als Gewerbebetrieb. Gemäß § 2 Abs 1 Z 6 GewO seien jedoch die Bestimmungen der Gewerbeordnung für den Bergbau nicht gültig. Die Überwachung des Betriebes der Werkskantine obliege daher am 1.1.1991 der Aufsicht der Berghauptmannschaft Wien, wobei nach den einschlägigen Bestimmungen des Berggesetzes die Verantwortung für die Einhaltung der in Betracht kommenden Vorschriften und Bescheidvorschreibungen nicht beim Vorstand des Unternehmens, sondern beim anerkannten Bergbaubetriebsleiter liege. In diesem Zusammenhang sei weiters darauf hinzuweisen, daß gemäß § 132 Abs 1 Berggesetz der Bergbauberechtigte befugt sei, ohne entsprechende Gewerbeberechtigung Betriebseinrichtungen für eigene Bergbauzwecke herzustellen, zu betreiben und zu verwenden, die hiezu erforderlichen Arbeiten gewerblicher Natur auszuführen und an Arbeitnehmer bei Bedarf sogar Lebensmittel zum Selbstkostenpreis abzugeben. Unter diese Befugnis falle daher zweifelsfrei auch der Betrieb einer Werkskantine. Er stelle daher den Antrag, das gegenständliche Straferkenntnis vom 26.2.1996 im Sinne obgenannter Ausführungen aufzuheben.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Vorweg wird festgehalten, daß die laut Poststempel am 16.5.1997 eingebrachte Berufung gegen das am 21.4.1997 durch Hinterlegung zugestellte und nunmehr angefochtene Straferkenntnis als rechtzeitig eingebracht anzusehen ist, da der Berufungswerber sowohl in seiner Stellungnahme vom 19.6.1997 zum Vorhalt der Verspätung als auch in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.1997 glaubhaft darlegte, daß er in der Zeit vom 21.4.1997 bis 30.4.1997 im Werk K tätig gewesen und dort die Restrukturierungsmaßnahmen beaufsichtigt habe. Im Anschluß daran habe er über den Staatsfeiertag bis einschließlich 4.5.1997 ein paar Urlaubstage in seiner Ferienwohnung in I verbracht und sei am Montag, den 5.5.1997, nachdem er vormittags in I noch einen Termin erledigt habe, nach Wien zurückgefahren. Das gegenständliche Straferkenntnis habe er noch am selben Tag seiner Rückkehr beim Postamt Wien behoben. Aufgrund dieses schlüssigen und glaubwürdigen Vorbringens des Berufungswerbers sowie der von ihm vorgelegten Bestätigung der P-AG (nunmehr L-AG) über seine Dienstreise in der Zeit vom 21.4.1997 bis einschließlich 30.4.1997 sowie die Konsumation eines Teils seines vertraglich eingeräumten Urlaubsanspruches in der Zeit vom 1.5.1997 bis einschließlich 4.5.1997 war im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die am 21.4.1997 durch Hinterlegung erfolgte Zustellung infolge der Ortsabwesenheit des Berufungswerbers nicht rechtswirksam war und diese erst durch die Behebung am 5.5.1997 als bewirkt anzusehen ist, weshalb sich die gegenständliche Berufung als rechtzeitig eingebracht erweist.

Dem Gewerbeakt zur Reg Zl 281/k/23 ist zu entnehmen, daß der P-AG mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 1.2.1963, Zl MBA XIII - Gew 4272/1/62, die Konzession zur Ausübung des Gast- und Schankgewerbes in der Betriebsform eines Gasthauses mit den näher bezeichneten Berechtigungen im gegenständlichen Standort erteilt wurde. Zuletzt wurde mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 23. Bezirk vom 17.3.1975, Zl MBA 23 - Gew 4272/1/74, das Ansuchen betreffend die Genehmigung der Ausübung des Gewerbes durch den Geschäftsführer Herrn Willibald M gemäß § 39 Abs 5 GewO 1973 genehmigt. In weiterer Folge wurden dem Magistratischen Bezirksamt für den 23. Bezirk seitens der Magistratsabteilung 63 - Zentralgewerberegister zahlreiche Mitteilungen über Eintragungen in das Firmenbuch betreffend die P-AG übermittelt, die dem Gewerbeakt angeschlossen wurden; so wurde das Magistratische Bezirksamt für den 23. Bezirk auch mit Mitteilung vom 20.9.1995 über die Firmenbucheintragung betreffend die Bestellung des Berufungswerbers zum Vorstandsmitglied der genannten AG in Kenntnis gesetzt.

Mit Schreiben vom 29.9.1995 wurde der Berufungswerber seitens des Magistratischen Bezirksamtes für den 23. Bezirk aufgefordert, die diesem Schreiben beiliegende Erklärung über Gewerbeausschließungsgründe gemäß § 13 GewO 1994 unterzeichnet, rückwärts ausgefüllt und mit S 30,-- Bundesstempel versehen, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens rückzumitteln. In diesem Schreiben wurde der Berufungswerber auch hingewiesen, daß ein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet werden müßte, sollte er dem obigen Auftrag trotz der im § 338 Abs 2 GewO 1994 verankerten gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht entsprechen. Da der Berufungswerber diesem Auftrag nicht entsprochen hat, wurde gegen den Berufungswerber seitens des Magistratischen Bezirksamtes für den 23. Bezirk das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

Mit Schreiben vom 10.5.1996 teilte die P-AG mit, daß von der mit Bescheid vom 1.2.1963, Zl MBA XIII - Gew 42/2/1/62, erteilten Gastgewerbeberechtigung in weiterer Folge nur in der Form Gebrauch gemacht worden sei, daß eine Werkskantine für die im Werk Beschäftigen betrieben worden sei. Da der Betrieb dieser Werkskantine bereits vor mehr als zwei Jahren eingestellt worden sei, sehe sich die genannte AG veranlaßt, diese Gewerbeberechtigung zurückzulegen.

Aufgrund der Anzeige über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung wurde diese im Gewerberegister mit Wirksamkeit 15.5.1996 gelöscht.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Die von der erstinstanzlichen Behörde herangezogene Bestimmung des § 338 Abs 2 GewO 1994 lautet:

"Soweit dies zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften erforderlich ist, hat der Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter den Organen der im Abs 1 genannten Behörden sowie den von diesen Behörden herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung des Betriebes und der Lagerräume zu ermöglichen sowie den Anordnungen dieser Organe zur Inbetriebnahme oder Außerbetriebsetzung und über die Betriebsweise von Maschinen und Einrichtungen und zur Vornahme betrieblicher Verrichtungen zu entsprechen; weiters hat er den im Abs 1 genannten Behörden die notwendigen Auskünfte zu geben, notwendige Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Einblick in die Aufzeichnungen über den Lagerbestand sowie über die Warenein- und -ausgänge zu gewähren."

Gemäß § 87 Abs 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) ua zu entziehen, wenn

1. auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist oder

2. einer der im § 13 Abs 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs 7 GewO 1994 sind die in den Abs 1 bis 6 dieser Bestimmung angeführten Ausschlußgründe auf andere Rechtsträger als natürliche Personen sinngemäß anzuwenden, wenn die Voraussetzungen der Abs 1 bis 6 auf eine natürliche Person zutreffen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht. Zunächst ist festzuhalten, daß in dem von der Erstbehörde herangezogenen § 338 GewO 1994 lediglich die Berechtigung und Verpflichtung der Behörden zu Betriebsrevisionen und die Verpflichtung der Gewerbetreibenden, diese zu dulden, normiert ist und auch der Wortlaut "vorzulegen" im § 338 Abs 2 GewO 1994 nur im Zusammenhang mit Abs 1 verstanden werden kann, dh, daß die Gewerbetreibenden oder deren Beauftragte notwendige Unterlagen nur während der Überprüfung des Betriebes auf Verlangen vorzulegen haben.

Aus der oben zitierten Bestimmung des § 13 Abs 7 GewO 1994 ergibt sich zwar, daß auch das Vorliegen eines der im § 13 Abs 1 bis 6 GewO 1994 angeführten Hindernisse bei einer Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte einer juristischen Person zusteht (was jedenfalls bei einem Vorstandsmitglied anzunehmen ist), einen Ausschlußgrund darstellt. Der Gewerbeordnung, insbesondere aber dem § 338 Abs 2 GewO 1994, kann aber eine Verpflichtung eines neubestellten Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft, die zur Ausübung eines Gewerbes nach der Gewerbeberechtigung berechtigt ist, der Behörde auf ihr Verlangen eine Erklärung betreffend Gewerbeausschlußgründe gemäß § 13 GewO 1994 abzugeben, nicht entnommen werden. In einem solchen Fall ist es Sache der Gewerbebehörde, bei entsprechenden Verdachtsmomenten das Vorliegen eines Gewerbeausschlußgrundes in der Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte einer juristischen Person zukommt, von amtswegen zu überprüfen und gegebenenfalls ein Entziehungsverfahren gemäß § 87 GewO 1994 einzuleiten. Die von der erstinstanzlichen Behörde somit ergangene Aufforderung vom 29.9.1995 findet daher keine gesetzliche Deckung, sodaß die Nichtentsprechung dieses Auftrages durch den Berufungswerber daher keine Verwaltungsübertretung bildet und spruchgemäß zu entscheiden war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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