TE UVS Burgenland 1997/12/01 03/01/97116

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Veröffentlicht am 01.12.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Dr Traxler über die Berufung der Frau                            ,

geboren am           , wohnhaft in D-

,

vertreten durch Rechtsanwälte Dres                        , vom 21

11

1997, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft

Jennersdorf vom 04 11 1997, Zl 300-1628-1997, wegen Bestrafung nach

§ 103 Abs 2 KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 300,--, zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin für

schuldig erkannt, sie habe als Zulassungsbesitzerin eines näher bezeichneten Kraftfahrzeuges der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf auf ihr schriftliches Verlangen vom 13 05 1997 nicht binnen zwei Wochen nach der am 21 05 1997 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung in Deutschland Auskunft darüber erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt habe.

Sie habe dadurch § 103 Abs 2 KFG 1967 verletzt.

Es wurde über sie eine Geldstrafe von S 1 500,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

 

In der Berufung wird vorgebracht:

1) Die Berufungswerberin habe die Auskunft erteilen wollen, hätte dazu aber das Foto des Tatortes benötigt. Dem diesbezüglichen Ersuchen sei die Behörde nicht nachgekommen, was einen Verfahrensmangel darstelle.

2) Der Wohnsitz der Berufungswerberin liege in Deutschland. Zwar sei nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Tatort der Sitz der anfragenden Behörde anzusehen, jedoch sei die Zustellung der Lenkeranfrage in Deutschland erfolgt. Dabei handle es sich um einen Hoheitsakt, der in die Souveränität Deutschlands eingreife und diese verletze.

3) Nach deutscher Rechtslage sei ein Fahrzeughalter nicht verpflichtet, eine Lenkerauskunft zu erteilen. Daher sei die Strafbarkeit im vorliegenden Fall zu verneinen.

4) Mangels Bild des angeblichen Tatortes sei es der Berufungswerberin

gar nicht möglich gewesen, die Verwirklichung des Tatbestandes zu vermeiden. Es liege daher mangelndes Verschulden vor bzw könne höchstens von einem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden, welches ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG rechtfertige.

5) Die Behörde I Instanz habe die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin nicht ausreichend beurteilt. Die Berufungswerberin sei verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig. Ihr Mann verdiene

2 000 DM monatlich.

 

Hierüber hat der Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen

bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann

er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen

nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. ( Verfassungsbestimmung ) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Der Anzeige der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland und dem beiliegenden Radarfoto ist zu entnehmen, daß am Fahrzeug des Berufungswerberin am 31 03 1997 um 10 13 Uhr im Ortsgebiet von Poppendorf bei Straßenkilometer 70,5 eine Geschwindigkeit von 78 km/h gemessen wurde. Aufgrund dessen wurde seitens der Behörde I Instanz mit Schreiben vom 13 05 1997 eine Lenkeranfrage an die Berufungswerberin, welche Halterin des betreffenden Fahrzeuges ist, gerichtet. Diese Lenkeranfrage wurde am 21 05 1997 zugestellt. Mit Schreiben vom 02 06 1997, das bei der Behörde I Instanz am 04 06 1997 eintraf, teilte der deutsche Rechtsvertreter der Berufungswerberin mit, daß nicht mehr festgestellt werden könne, wer das Fahrzeug zur Tatzeit lenkte. Es werde um kurzfristige Foto- bzw Aktenüberlassung ersucht. Eine Lenkerauskunft wurde innerhalb der von der Behörde vorgeschriebenen Frist nicht erteilt.

 

Schon aus dieser Sachverhaltsschilderung, die im übrigen unbestritten

ist, ergibt sich, daß die Berufungswerberin innerhalb der zweiwöchigen Frist zur Beantwortung der Lenkeranfrage diese nicht erteilt hat. Damit steht in objektiver Hinsicht die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung fest.

 

Zum Berufungsvorbringen im einzelnen:

 

Zu Punkt 1):

Die Rechtsauffassung der Berufungswerberin, wonach ihr das Bild des Tatortes übermittelt hätte werden müssen, findet im Gesetz keine Grundlage. Wie dem Wortlaut des § 103 Abs 2 KFG 1967 zu entnehmen ist, hat die Behörde lediglich mitzuteilen, um welches Fahrzeug es sich gehandelt hat und zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort es gelenkt wurde. Dies ist erfolgt. Eine Pflicht zur Übermittlung des Radarfotos bestand im vorliegenden Fall nicht. Ein Verfahrensmangel liegt sonach nicht vor.

 

Zu Punkt 2):

Diesem Vorbringen ist der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl Nr 526/1990, entgegenzuhalten, weil er die direkte Zustellung von Schriftstücken im Rahmen von Verwaltungs- und Verwaltungsstrafverfahren gestattet. Gemäß Artikel 10 Abs 1 erster Satz dieses Vertrages können Schriftstücke in Verfahren nach Art 1 Abs 1 dieses Vertrages unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt werden. Im Hinblick darauf darf eine Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs 2 KFG - sofern die Zustellung unmittelbar durch die Post bewirkt werden kann - keiner Amts- und Rechtshilfe, sodaß dem Vorbringen, nach Art 3 des Rechtshilfevertrages werde Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet, der Boden

entzogen ist (VwGH vom 27 06 1997, Zl 97/02/0220).

 

Die Berufungswerberin kann daher mit diesem ihrem Vorbringen nicht durchdringen.

 

Zu Punkt 3):

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in dem soeben zitierten Erkenntnis vom 27 06 1997 ausgeführt, daß das Vorbringen des deutschen Zulassungsbesitzers, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, die deutsche Rechtsordnung kenne eine Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs 2 KFG nicht, verfehlt ist, weil der Tatort der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung in Österreich gelegen ist, sodaß insoweit österreichisches Recht anzuwenden ist. Die Frage, ob solche Bescheide

in Deutschland vollstreckbar sind, kann dahingestellt bleiben und hat

mit der Rechtmäßigkeit der Bestrafung nichts zu tun.

 

Zu Punkt 4):

Auch mit diesem Vorbringen kann die Berufungswerberin nicht durchdringen, weil es nicht einsichtig ist, daß eine Lenkerauskunft nur dann gegeben werden kann, wenn das Bild des angeblichen Tatortes vorliegt. Abgesehen davon, daß dies in vielen Fällen mangels Radarfoto gar nicht möglich ist, mußte es der Berufungswerberin auch ohne Vorliegen eines Fotos möglich sein, aufgrund der genauen Zeit- und Ortsangabe der Behörde festzustellen, wer zum damaligen Zeitpunkt

das Fahrzeug lenkte. Da es sich nach dem eigenen Vorbringen der Berufungswerberin um eine Fahrt durch Österreich gehandelt hat, mußte

es ohne Schwierigkeiten festzustellen sein, wer das Fahrzeug kurz nach Passieren des Grenzüberganges Heiligenkreuz (Poppendorf liegt ca 5 bis 6 km nach der Grenze) gelenkt hat. Von einem mangelnden Verschulden kann daher in keiner Weise gesprochen werden. Im übrigen genügt für die Begehung des vorliegenden Deliktes bereits Fahrlässigkeit und hat die Berufungswerberin durch ihr Vorbringen nicht glaubhaft gemacht, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, zumal sie in keiner Weise vorgebracht hat, welche Schritte sie zur Feststellung des Lenkers unternommen hat.

 

Eine Anwendung des § 21 Abs 1 VStG kam schon deshalb nicht in Frage, weil nicht von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden kann, zumal die Berufungswerberin in der Lenkeranfrage ausreichend belehrt wurde.

 

Zu Punkt 5):

Diesbezüglich wird auf die nachstehenden Ausführungen zur Strafbemessung verwiesen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der jederzeit und ohne unnötige Verzögerung

möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben sowie das an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient.

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger

nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.

 

Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen

und kann daher das Verschulden der Berufungswerberin nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerende Umstände liegen nicht vor.

 

Gleichzeitig  war auf  die  Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin Bedacht zu nehmen (Einkommen: keines; Vermögen: keines; Sorgepflichten: für zwei Kinder). Die Berufungsbehörde sieht sich nicht veranlaßt, die Strafe trotz des mangelnden Einkommens der Berufungswerberin herabzusetzen, zumal ihr ein Unhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehemann zusteht (siehe VwGH vom 30 10 1991, Zl 91/03/0267). Im übrigen folgt aus ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht schon, daß ein Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe besteht, da § 19 VStG nicht ausschließlich auf diese Umstände abstellt (VwGH vom 15 05 1991, Zl 90/02/0204).

Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt

der Tat und das Verschulden der Berufungswerberin ist die verhängte Strafe als angemessen anzusehen.

 

Im übrigen muß eine Strafe auch geeignet sein, die Berufungswerberin von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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