Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied MMag Dr Tessar über die Berufung der Frau Edeltraud M gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 24.10.1997, S 170312/Ls/96, wegen Übertretung der §§ 1) 20 Abs 1 StVO, 2) 7 Abs 1 StVO, 3) 102 Abs 3 KFG, 4) 99 Abs 2 lit c iVm 7 Abs 1 StVO, 5) 97 Abs 5 StVO, 6) 7 Abs 5 StVO, 7) 102 Abs 10 KFG und 8) 71 Abs 3 KFG, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu den Punkten 1), 3), 4),
5) und 7) des Straferkenntnisses in der Schuldfrage und der Berufung zu den Punkten 1), 3), 5) und 7) hinsichtlich der Strafhöhe keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten mit der Maßgabe bestätigt, daß nach den Worten "Grund langsam" die Worte, ",nämlich etwa mit 20 km/h," einzufügen sind.
Der Berufung zu Spruchpunkt 4) wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 1.500,-- auf S 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Stunden auf 30 Stunden herabgesetzt wird. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf S 100,-- ds 10 % der verhängten Geldstrafe, reduziert. Als Strafnorm ist hinsichtlich der Übertretung der zu Punkten 1) und 4) angeführten §§ 20 Abs 1 StVO und 97 Abs 5 StVO die Bestimmung des § 99 Abs 3 lit a StVO anzusehen.
Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG zu den Punkten 1), 3), 5) und 7) des angefochtenen Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 460,-- das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen. Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu den Punkten 2), 6) und
8) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, und das Straferkenntnis in diesen Punkten behoben und das Verfahren
hinsichtlich des Punktes 6) gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG und
hinsichtlich der Punkte 2) und 8) gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 65 VStG zu den Punkten 2),
4) 6) und 8) keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:
"Sie haben am 19.07.1996 als Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen W-14 1.) um 15.20 Uhr in Wien, E-straße 126 - 154 das Kfz ohne zwingenden Grund langsam gelenkt und dadurch den übrigen Verkehr behindert, 2.) bis 4.) um 15.21 Uhr 2.) und 3.) in Wien, E-straße 146 nicht soweit rechts gefahren, wie dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war, da Sie mit Ihrem Fahrzeug über den rechten Randstein auf den Gehsteig lenkten, 3.) die Lenkvorrichtung während des Fahrens nicht mit mindestens einer Hand festgehalten, da Sie kurzfristig das Lenkrad losließen, 4.) in Wien, E-straße 146 - 150 Ihr Fahrzeug abermals nicht soweit rechts gelenkt, wie dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer und ohne eigene Gefährdung möglich war, da Sie Ihr Fahrzeug kurzfristig auf die Fahrspur für den Gegenverkehr lenkten, wobei Sie unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen diese Bestimmung verstoßen haben, da ein Ihnen entgegenkommender Fahrzeuglenker nur durch sofortiges Abbremsen seines Fahrzeuges einen Verkehrsunfall vermeiden konnte, 5.) um
15.23 Uhr in Wien, E-straße 154 die Anhaltezeichen eines sich im Dienst befindlichen Sicherheitswachebeamten, die dieser mittels deutlich sichtbarer Handzeichen gab, nicht beachtet, 6.) um 15.27 Uhr in Wien, W-gasse 9 eine Einbahnstraße entgegen der durch das Hinweiszeichen nach § 53/1/10 StVO angezeigten Fahrtrichtung befahren, 7.) um 15.30 Uhr in Wien, E-straße 115 auf dieser Fahrt kein Warndreieck mitgeführt, anschließend 8.) es bis 21.08.1996 unterlassen, unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines bei der Behörde zu beantragen, obwohl der Lenker (Besitzer des Führerscheines) aufgrund des Lichtbildes nicht mehr einwandfrei zu erkennen war.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.)
§ 20/1 StVO; 2.) § 7/1 StVO; 3.) § 102/3 KFG;
4.)
§ 99/2c iVm § 7/1 StVO; 5.) § 97/5 StVO; 6.) § 7/5 StVO;
7.)
§ 102/10 KFG; 8.) § 71/3 KFG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
Geldstrafe von 1.) S 500,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Std gemäß § 99/3a StVO, 2.) S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Std gemäß § 99/3 a StVO), 3.) S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Std gemäß § 134/1 KFG), 4.) S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Std gemäß § 99/2c StVO),
5.) S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Std gemäß § 99/3j StVO), 6.) S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Std gemäß § 99/3a StVO), 7.) S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Std gemäß § 134/1 KFG), 8.) S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Std gemäß § 134/1 KFG)"
In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung brachte die Berufungswerberin vor, keine strafbare Handlung begangen zu haben.
Erläuternd führte die Berufungswerberin aus, daß sie mit 30 km/h unterwegs gewesen sei, und daß eine Ablesung einer Geschwindigkeit von 20 km/h vom Tachometer des Streifenkraftwagens gar nicht möglich wäre, zumal zumeist auf Tachometern Geschwindigkeiten unter 20 km/h gar nicht angezeigt werde, sodaß aus dem Umstand, daß sich die Tachometernadel bewegt habe, zu schließen wäre, daß die Berufungswerberin schneller als mit 20 km/h unterwegs gewesen wäre. Auch wären die Witterungsverhältnisse und die Straßenbeschaffenheit seitens der Behörde nicht erhoben worden. Auch würden die Eisensteher auf dem Gehsteig der E-str 146 lediglich 26 cm von der Gehsteigkante entfernt sein. Es wäre daher zu erheben gewesen, ob der Meldungsleger den Abstand von 60 cm geschätzt oder gemessen habe.
Zudem besitze die Berufungswerberin gar kein Handy. Die Behörde habe nicht erhoben, ob auf ihren Namen ein Handy angemeldet ist. Auch hätte ein allenfalls gefährdeter Pkw-Lenker seitens der Behörde ausgeforscht werden müssen. Zudem wäre die Anhalteposition der Berufungswerberin von der vom Beamten verlangten Anhalteposition nur zwei Meter entfernt gewesen.
Am 21.8.1996 erfolgte durch ein Organ der erstinstanzlichen Behörde eine Anzeige, in welcher der Berufungswerberin zur Last gelegt wurde, am 19.07.1996 als Lenkerin des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen W-14, um 15.20 Uhr in Wien, E-straße 126 - 154 das Kfz ohne zwingenden Grund langsam gelenkt und dadurch den übrigen Verkehr behindert zu haben. Weiters sei sie um 15.21 Uhr in Wien, E-straße 146 nicht soweit rechts gefahren, wie dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich gewesen wäre, da Sie ihr Fahrzeug über den rechten Randstein auf den Gehsteig lenkte. In der Folge habe sie die Lenkvorrichtung während des Fahrens nicht mit mindestens einer Hand festgehalten, da Sie kurzfristig das Lenkrad losließ. In Wien, E-straße 146 - 150 habe sie abermals das Fahrzeug nicht soweit rechts gelenkt, wie dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer und ohne eigene Gefährdung möglich war, da Sie Ihr Fahrzeug kurzfristig auf die Fahrspur für den Gegenverkehr lenkte, wobei Sie unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen diese Bestimmung verstoßen habe, da ein ihr entgegenkommender Fahrzeuglenker nur durch sofortiges Abbremsen seines Fahrzeuges einen Verkehrsunfall vermeiden konnte. Um 15.23 Uhr in Wien, E-straße 154 habe sie die Anhaltezeichen eines sich im Dienst befindlichen Sicherheitswachebeamten, die dieser mittels deutlich sichtbarer Handzeichen gab, nicht beachtet. Weiters habe sie um
15.27 Uhr in Wien, W-gasse 9 eine Einbahnstraße entgegen der durch das Hinweiszeichen nach § 53/1/10 StVO angezeigten Fahrtrichtung befahren und um 15.30 Uhr in Wien, E-straße 115 auf dieser Fahrt kein Warndreieck mitgeführt. Anschließend habe sie es bis 21.08.1996 unterlassen, unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines bei der Behörde zu beantragen, obwohl der Lenker (Besitzer des Führerscheines) aufgrund des Lichtbildes nicht mehr einwandfrei zu erkennen war.
Mit Strafverfügung vom 18.10.1996 wurde der Berufungswerberin vorgeworfen die §§ 20 Abs 1 StVO, 7 Abs 1 StVO, 102 Abs 3 KFG, 99 Abs 2 c StVO in Verbindung mit § 7 Abs 1 StVO, 97 Abs 5 StVO, 7 Abs 5 StVO, 102 Abs 10 KFG und 71 Abs 3 KFG verletzt zu haben. Mit Schriftsatz (datiert mit 6.10.1996), eingelangt bei der Erstinstanz am 7.11.1996 erhob die Berufungswerberin fristgerecht Einspruch. Weiters führte sie lapidar aus, daß alle angeführte Straftaten unzutreffend seien. Erläuternd brachte sie vor, daß sie nicht aufmerksam gemacht worden sei, daß sie aufgrund eines alten Fotos einen neuen Führerschein beantragen müsse. Zudem sei sie von den Sicherheitswachebeamten bedroht worden. Auch habe sie die wegen Übertretung des § 8 Abs 4 StVO ergangene Strafverfügung bereits bezahlt.
In der Stellungnahme des Meldungslegers vom 22.11.1996 gab dieser an, daß die in der Anzeige getätigten Angaben aufrechterhalten werden.
In der Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten vom 19.3.1997 brachte die Berufungswerberin vor, daß sie etwas langsamer gefahren sei, da sie eine Hausnummer gesucht habe. Sie habe aber kein anderes Fahrzeug behindert. Ihr sei aufgefallen, daß hinter ihr ein Polizeifahrzeug gefahren sei. Zudem habe sie stets das Lenkrad zumindest mit einer Hand gehalten. Auch sei sie niemals zur Mittellinie der Fahrbahn gefahren. Zu Punkt 5) brachte sie vor, daß sie sofort, als der Streifenkraftwagen neben ihr fuhr und sie durch Handzeichen zum Anhalten aufgefordert worden war, angehalten hatte. Zu Punkt 6) brachte sie vor, daß sie die Aufforderung der Beamten anzuhalten derart verstanden hätte, daß sie an dem Ort, an welchem sie ihr Fahrzeug zum Stillstand gebracht hatte, anhalten solle. Auch habe sie das Warndreieck mit sich geführt, doch habe sie es in der Eile nicht gefunden. In der Niederschrift über die Vernehmung eines Zeugen RvI F vom 15.4.1997 brachte dieser vor, daß die Berufungswerberin etwa 5 Sekunden lang das von ihm während der Fahrt des Streifenkraftwagens in Höhe der Berufungswerberin gegebene Anhaltehandzeichen nicht beachtet hatte.
Diese Angaben bestätigte auch der Meldungsleger anläßlich seiner Vernehmung am 15.4.1997.
Im erstinstanzlichen Akt erliegt eine Ablichtung einer Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 9.9.1996, Zl MA 67 - RV - 128146/6/3, durch welche die Berufungswerberin wegen der verfahrensgegenständlichen Befahrung des obgenannten Gehsteiges wegen Übertretung des § 8 Abs 4 StVO zu einer Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt worden ist. Diese Strafverfügung ist seit dem 2.10.1996 rechtskräftig. Da im bekämpften Bescheid nicht eine ÖS 3.000.- übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist und da weiters die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
zum Spruchpunkt 8:
§ 71 Abs 3 KFG lautet:
"Ein Führerschein ist ungültig, wenn die behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stempel unkenntlich geworden sind, das Lichtbild fehlt oder den Besitzer nicht mehr einwandfrei erkennen läßt oder Beschädigungen oder Merkmale seine Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit in Frage stellen. Der Besitzer des ungültig gewordenen Führerscheines hat unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines oder die Vornahme der erforderlichen Ergänzungen zu beantragen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9.11.1990, Zahl 90/18/0180 ausführte, ist im Spruch eines wegen einer Übertretung des § 71 Abs 3 KFG ergehenden Straferkenntnisses sowohl der Vorwurf, daß der Führerscheinbesitzer die Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines neuen Führerscheines unterlassen hat, als auch das Tatbestandsmerkmal, wodurch der Führerschein ungültig geworden ist, anzuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in wiederholter Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß nach der Bestimmung des § 71 Abs 3 KFG nicht entscheidend ist, ob das Aussehen des Beschuldigten auf dem im Führerschein befindlichen Lichtbild mit jenem zur Tatzeit ident ist, weil sonst jede Änderung im Aussehen, wie etwa eine geänderte Frisur oder gar die oft auf einem Farbfoto erkennbare Veränderung der Gesichtsfarbe des Führerscheininhabers, die Ungültigkeit des Führerscheines nach sich zöge (vgl VwGH 9.11.1990, Zl 90/80/0180; 27.2.1992, Zl 91/02/0056). Ein Führerschein ist vielmehr erst dann als ungültig anzusehen, wenn der Führerscheinbesitzer nicht mehr mit der auf dem Lichtbild im Führerschein aufscheinenden Person eindeutig identifiziert werden kann. Die Gründe für diese mangelnde Identifizierbarkeit sind dem Beschuldigten vorzuhalten. Da der Berufungswerberin niemals vorgeworfen worden ist, aufgrund welcher Umstände sie auf dem im Führerschein befindlichen Lichtbild nicht mehr einwandfrei zu erkennen war, und hinsichtlich dieses notwendigen Spruchbestandteiles sohin mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war das Verfahren zum Spruchpunkt 8) zu beheben und hinsichtich dieses Spruchpunktes einzustellen.
zum Spruchpunkt 2:
§ 7 Abs 1 StVO und § 8 Abs 4 StVO stellen einander ausschließende Tatbilder unter Strafe. Zwar liegt der Schutzzweck beider Bestimmungen in der der Verhinderung einer Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer.
§ 7 Abs 1 StVO normiert jedoch das Gebot, grundsätzlich möglichst weit rechts zu fahren, und konkretisiert daher nur die Art des Befahrens einer Fahrbahn. Durch diese Bestimmung wird daher nicht das Befahren eines Gehsteiges pönalisiert.
Im vorliegenden Fall wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, infolge des Befahrens eines Gehsteiges die Bestimmung des § 7 Abs 1 StVO verletzt zu haben. Damit wurde ihr eigentlich die Übertretung des § 8 Abs 4 StVO vorgeworfen.
Infolge der bereits erfolgten rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des § 8 Abs 4 StVO war sohin die verfahrensgegenständliche Bestrafung als Doppelbestrafung zu bewerten, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.
zum Spruchpunkt 6:
§ 7 Abs 5 StVO lautet:
"Einbahnstraßen dürfen nur in der durch das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 10 angezeigten Fahrtrichtung befahren werden. Dies gilt nicht für bestimmte Gruppen von Straßenbenützern, die hievon durch Verordnung ausgenommen werden und für Radfahrer in solchen Einbahnstraßen, die zugleich Wohnstraßen im Sinne des § 76b sind. Außer in Wohnstraßen sind in diesen Fällen Leit- oder Sperrlinien zur Trennung der entgegen der Einbahnstraße fahrenden Verkehrsteilnehmer vom übrigen Fahrzeugverkehr anzubringen, sofern die Sicherheit oder die Flüssigkeit des Verkehrs dies erfordern."
Voraussetzung für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe ist das Vorliegen eines Verhaltens, welches als tatbildlich und als schuldhaft gesetzt zu qualifizieren ist. Unter Zugrundelegung des im Verwaltungsstrafverfahren allgemein gültigen Rechtsgrundsatzes "in dubio pro reo" darf nur dann eine Bestrafung erfolgen, wenn mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, daß das der Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten auch tatsächlich von der beschuldigten Person schuldhaft verwirklicht worden ist.
Im vorliegenden Fall ist diese erforderliche Sicherheit jedenfalls als nicht gegeben anzusehen. Vielmehr erscheint es der erkennenden Behörde durchaus als denkmöglich, daß die offenkundig höchst aufgeregte Berufungswerberin den Hinweis des Sicherheitswachebeamten mißverstand, und in der Meinung, der Aufforderung des Sicherheitswachebeamten Folge leisten zu müssen, die im übrigen äußerst kurze Strecke in die W-gasse zurückschob, und daß auch ein Durchschnittsmensch im konkreten Fall aufgrund des Handzeichens des Sicherheitswachebeamten nicht eindeutig lokalisieren hätte können, an welchem Ort genau eine Anhaltung erwünscht ist, zumal ja während der Anhalteaufforderung beide Fahrzeuge zumindest sehr langsam noch in Bewegung waren. Mangels Vorliegens der für eine verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung erforderlichen Gewißheit, ob die Berufungswerberin die im erstinstanzlichen Straferkenntnis angelastete Verwaltungsübertretung tatsächlich schuldhaft begangen hat, war sohin das erstinstanzliche Straferkenntnis im Spruchpunkt 4) zu beheben und das Strafverfahren mangels ausreichender Taterweisung hinsichtlich dieses Spruchpunktes einzustellen.
zu den Spruchpunkten 1, 3, 4, 5, und 7:
Festgestellt wird, daß die Berufungswerberin am Tattag im Zeitraum zwischen 15 Uhr 20 und 15 Uhr 27 das Tatfahrzeug von Wien, E-str 126 nach Wien, E-str 115 lenkte, und während dieser Fahrt das Tatfahrzeug ohne zwingenden Grund derart langsam lenkte, daß dieses dadurch den übrigen Verkehr behinderte, zumal die Berufungswerberin mit etwa 20 km/h unterwegs war. Zudem lenkte sie das Tatfahrzeug im Bereich Wien, E-str 146, ohne daß sie die Lenkvorrichtung mit mindestens einer Hand festhielt. Im Bereich E-str 146 bis 150 lenkte sie das Tatfahrzeug kurzfristig auf die Fahrspur für den Gegenverkehr und beachtete im Bereich E-str 154 die Anhaltezeichen eines sich im Dienst befindlichen Sicherheitswachebeamten trotz eingeschaltenen Blaulichts des Streifenkraftwagens und ständiger Betätigung der Lichthupe seitens des hinter ihr fahrenden Streifenkraftwagens nicht sofort, sondern reagierte erst nach etwa 5 Sekunden auf die klar an sie adressierten Anhaltezeichen eines sich im Dienst befindlichen Sicherheitswachebeamten, welcher Handzeichen in einem mit Blaulicht in gleicher Höhe zum Tatfahrzeug fahrenden Streifenkraftwagen gab, wobei die Haltezeichen während des gesamten Anhaltevorganges eindeutig verständlich und klar ersichlich waren. Zudem führte die Berufungswerberin während dieser Fahrt kein Warndreieck mit sich, wobei sie um 15 Uhr 30 aufgefordert worden war, ihr Warndreieck vorzuweisen, wozu sie jedoch nicht in der Lage war.
Hinsichtlich der Frage, ob die Berufungswerberin die festgestellten Handlungen gesetzt hatte, wurde den Aussagen bzw Darlegungen des Meldungslegers und des RvI F aus folgenden Gründen gefolgt:
Für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gab es keinen Grund, den in der Anzeige vorgebrachten, in allen wesentlichen Punkten widerspruchsfreien, schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des Meldungslegers und des Zeugen F nicht zu folgen, zumal erstens kein Grund einsichtig ist, weshalb der Meldungsleger und der Zeuge F wahrheitswidrige Angaben machen hätten sollen und zweitens sich aus dem Akt kein Anhaltspunkt ergibt, daß der Meldungsleger bzw der Zeuge F durch die Angaben anläßlich der Anzeige bzw der Einvernahme vor der Erstbehörde die Berufungswerberin (=eine diesen unbekannte Person) hätten wahrheitswidrig belasten wollen (vgl VwGH 2.3.1994, Zl 93/03/0203. 93/03/0276).
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien schenkte den in der verfahrensgegenständlichen Anzeige gemachten Angaben des Meldungslegers und des Zeugen F zusätzlich aus nachstehenden Gründen Glauben:
Der Meldungsleger und der Zeuge F unterliegen aufgrund des von ihnen abgelegten Diensteides und ihrer Stellung als hoheitliches Organ im Falle einer Anzeigenlegung der Wahrheitspflicht, sodaß sie im Falle der Verletzung dieser Wahrheitspflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen treffen würden.
Zudem konnte ihnen als qualifizierten und eigens geschulten Organen zugebilligt werden, derartige Wahrnehmungen zu treffen und hierüber zutreffend Bericht zu erstatten.
Den Angaben der Berufungswerberin wurde, sofern sie vom festgestellten Sachverhalt abweichen, nicht gefolgt, zumal ihren eigenen Angaben folgend die Berufungswerberin ihre Aufmerksamkeit primär auf die Hausnummern der E-straße richtete, und sohin es durchaus denkmöglich erscheint, daß sie infolge der damit verbundenen verminderten Aufmerkamkeit für den Straßenverkehr nicht bemerkte, daß sie die zuvor festgestellten Handlungen setzte.
Die Behauptung der Berufungswerberin, ein Pannendreieck mit sich geführt zu haben, waren als Schutzbehauptung zu werten, zumal weder aus dem Akteninhalt noch aus den Angaben der Berufungswerberin hervorgeht, daß ihr nicht genügend Zeit gegeben worden war, um das Warndreieck zu finden. Da es der alltäglichen Lebenserfahrung entspricht, daß man die Suche nach einem relativ großen und klar wahrnehmbaren Gegenstand, wie einem Warndreieck, insbesondere, wenn man andernfalls eine Bestrafung zu befürchten hat, erst dann aus eigenem Entschluß heraus beendet, wenn man dieses gefunden hat oder aber wenn man sich vergewissert hat, daß das Warndreieck nicht im Fahrzeug ist, ist nämlich davon auszugehen, daß die Berufungswerberin des Pannendreieck nicht mit sich geführt hatte. Zudem ist auch davon auszugehen, daß die obgenannten Zeugen keinen Anlaß gehabt hätten, der Berufungswerberin das Nichtmitführen des Pannendreiecks vorzuwerfen, wenn sie aus dem Verhalten der Berufungswerberin schließen hätten können, daß die Berufungswerberin nur nicht in der Lage ist, das Pannendreieck zu finden, es aber mit Sicherheit mit sich im Fahrzeug führt. Im übrigen sei darauf aufmerksam gemacht, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem "mitführen" im Sinne des § 102 Z 10 KFG nur dann gesprochen werden kann, wenn der Lenker auch weiß, wo dieses Pannendreieck verstaut ist (vgl VwGH 3.7.1991, Zl 90/03/0233), zumal ja die Intention der Bestimmung darin liegt, daß ein Pannendreieck im Bedarfsfall sofort aufgestellt werden kann (vgl auch die Entscheidung des UVS Wien, Zl 03/15/03424/93).
Zum Hinweis, daß die Geschwindigkeit von 20 km/h nicht exakt feststellbar gewesen war, ist auszuführen, daß durch die verfahrensgegenständliche Bestimmung nicht die Einhaltung einer bestimmten Geschwindigkeit sondern die Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer infolge des Lenkens eines Fahrzeuges mit einer zu geringen Geschwindigkeit pönalisiert ist. Dieser Umstand ist offenkundig vorgelegen. Zudem kann es Sicherheitswachebeamten auch zugemutet werden, infolge ihrer Berufspraxis eine Geschwindigkeit zu schätzen.
Die Anträge der Berufungswerberin auf Einholung einer Auskunft der Post- und Telekom Austria AG, auf Abmessung des Abstandes der vor der E-str 146 befindlichen Eisensteher, und eines Sachverständigengutachtens aus dem Fache des Verkehrswesens waren abzuweisen, da die beantragten Beweise - wie ausgeführt - nicht geeignet gewesen wären, die Angaben des Meldungslegers zu relativierten bzw in Zweifel zu ziehen.
Der Anträge auf Anfertigung einer maßstabsgetreuen Skizze, der Durchführung eines Ortsaugenscheines und der Bekanntgabe eines Fahrzeuglenkers, waren abzuweisen, weil es sich hiebei mangels hinreichender Konkretisierung des Beweisthemas offenkundig um Erkundungsbeweise handelt.
Der Antrag auf Einvernahme des Zeugen Thomas M war abzuweisen, da das Beweisthema nicht hinreichend konkretisiert worden ist, sodaß aus dem Einvernahmeantrag nicht hervorging, zu welchen der bisherigen Ermittlungsergebnisse der Zeuge Angaben machen kann und woher er über das entsprechende Wissen verfügt.
rechtliche Würdigung:
§ 20 Abs 1 StVO lautet:
"Der Lenker eines Fahrzeuges hat die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, daß er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist. Er darf auch nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, daß er den übrigen Verkehr behindert."
§ 7 Abs 1 StVO lautet:
"Der Lenker eines Fahrzeuges hat, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Gleise von Schienenfahrzeugen, die an beiden Rändern der Fahrbahn liegen, dürfen jedoch nicht in der Längsrichtung befahren werden, wenn der übrige Teil der Fahrbahn genügend Platz bietet."
§ 97 Abs 5 StVO lautet:
"Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. Bei solchen Amtshandlungen sind die Organe der Straßenaufsicht auch berechtigt, die aus Gründen der Verkehrssicherheit allenfalls notwendigen Verkehrsbeschränkungen (zB sogenannte Geschwindigkeitstrichter) anzuordnen und durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen sowie eine allenfalls notwendige Regelung mit Lichtzeichen vorzunehmen. Für die Anwendung dieser Maßnahme gelten die Bestimmungen des § 44b Abs 2 bis 4 sinngemäß."
§ 102 Abs 3 KFG lautet:
"Der Lenker muß die Handhabung und Wirksamkeit der Betätigungsvorrichtungen des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges kennen. Ist er mit ihrer Handhabung und Wirksamkeit noch nicht vertraut, so darf er das Fahrzeug nur mit besonderer Vorsicht lenken. Er muß die Lenkvorrichtung während des Fahrens mit mindestens einer Hand festhalten und muß beim Lenken Auflagen, unter denen ihm die Lenkerberechtigung erteilt wurde, erfüllen. Er hat sich im Verkehr der Eigenart des Kraftfahrzeuges entsprechend zu verhalten."
§ 102 Abs 10 KFG lautet:
"Der Lenker hat auf Fahrten Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, sowie bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine geeignete Warneinrichtung mitzuführen."
Unter Zugrundelegung der getätigten Sachverhaltsfeststellungen wurden sohin die dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zugrundeliegenden Tatbilder der §§ 20 Abs 1 StVO, 7 Abs 1 StVO, 102 Abs 3 KFG, 97 Abs 5 StVO, 7 Abs 5 StVO und 102 Abs 10 KFG erfüllt.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine verwaltungsstrafrechtliche Vorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Mangels einer eigens bestimmten Verschuldensform reicht zur Übertretung der den angelasteten Verwaltungsübertretungen zugrundeliegenden Rechtsnormen sohin Fahrlässigkeit aus. Die Berufungswerberin hat nicht vorgebracht, daß im konkreten Fall die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsnormen nicht möglich gewesen wäre. Folglich konnte die Berufungswerberin nicht im Sinne der Bestimmungen des § 5 Abs 1 VStG glaubhaft machen, daß hinsichtlich der tatbildlichen Verletzungen der Verwaltungsvorschriften die Berufungswerberin kein Verschulden trifft.
Somit sind mangels gegenteiliger Beweisergebnisse die Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Als mildernd wurde die Unbescholtenheit der Berufungswerberin berücksichtigt.
Die der Bestrafung zugrundeliegenden Handlungen schädigten das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit und der Befolgung von Weisungen von Straßenaufsichtsorganen, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu bewerten war.
Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und der Berufungswerberin zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die Berufungswerberin im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder daß die Verwirklichung der Straftatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Aus den angeführten Gründen erscheint unter Zugrundelegung eines monatlichen Einkommens von ÖS 17.000,--, bei gleichzeitig vorliegender Vermögenslosigkeit und der bestehenden Sorgepflicht für ein Kind das verfügte Strafausmaß durchaus als angemessen und nicht als überhöht.
Die Strafhöhe erscheint unter Zugrundelegung der im konkreten Fall zu berücksichtigen gewesenen Spezial- und Generalprävention als geboten.
Gemäß § 16 Abs 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen. Gemäß diesen sich aus § 19 VStG ergebenden Regeln sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen.
Angesichts der bisherigen Darlegungen war eine im Vergleich zur verfügten Strafhöhe geringere Strafbemessung nicht möglich. Hinsichtlich des Spruchpunktes 4) war die Sanktionsnorm zu ändern, zumal aus dem konkreten Verhalten der Berufungswerberin bei Berücksichtigung der Fahrtgeschwindigkeit von etwa 20 km/h jedenfalls noch von keinem Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse gesprochen werden kann. Dementsprechend war bei Zugrundelegung des niederen Strafrahmens des § 99 Abs 3 lit a StVO die Strafe spruchgemäß zu reduzieren.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.
Auf die Möglichkeit der Einbringung eines mit S 180,-- Bundesstempelmarken zu versehenden Raten- und/oder Stundungsansuchens bei der Behörde erster Instanz wird hingewiesen.