TE UVS Steiermark 1997/12/16 30.6-27/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.1997
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn Gerhard P, K-viertel 51, in R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 09.01.1997, GZ.: 15.1 1996/2751, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Die vom Berufungswerber übertretene Rechtsvorschrift wird dahingehend präzisiert, daß diese der § 18 Abs 1 iVm § 26 Abs 2 StVO ist.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 08.05.1996, um

15.50 Uhr, in Koglhof, auf der B 72, bei StrKm 46,900, auf Höhe der Tankstelle A, Bezirk Weiz, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen ST 848075 (Sonstige) zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, daß ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Infolgedessen sei der Berufungswerber auf ein Fahrzeug aufgefahren, als er zum Überholen angesetzt habe, da sich dieses zur Fahrbahnmitte eingeordnet habe, um nach links zur Tankstelle A zuzufahren. Hiedurch habe der Berufungswerber eine Übertretung des § 18 Abs 1 StVO begangen und wurde hiefür gemäß § 21 Abs 1 VStG eine Ermahnung verhängt.

In seiner fristgerechten Berufung vom 23.01.1997 führte der Berufungswerber aus, daß er sich damals im Zuge einer Einsatzfahrt mit dem tatgegenständlichen Rot-Kreuz-Wagen befunden habe, als der vor ihm fahrende Fahrzeuglenker anscheinend ohne in den Rückspiegel zu blicken, in die Straßenmitte gefahren sei. Daß der zweitbeteiligte Lenker den Blinker betätigt habe, wurde seitens des Berufungswerbers bezweifelt. Weiters führte der Berufungswerber aus, daß Einsatzfahrten auch als solche anerkannt werden müßten. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu nachfolgendes fest:

Von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51 e Abs 2 VStG Abstand genommen werden. Herr Gerhard P fuhr am 08.05.1996, um ca. 15.50 Uhr, als Lenker des tatgegenständlichen Rettungsfahrzeuges, KZ: ST 848075 einsatzmäßig auf der B 72, in Koglhof, in Fahrtrichtung Birkfeld. Bei Strkm 46,900, auf Höhe der Tankstelle A wurde der vor dem Berufungswerber fahrende zweitbeteiligte PKW langsamer und wollte in weiterer Folge nach links zur Tankstelle A einbiegen. Die entscheidende Behörde folgt hiebei den Angaben des Berufungswerbers anläßlich der Niederschrift beim Gendarmerieposten Birkfeld am 08.05.1996, wobei der Berufungswerber weiter angab, daß er, da der PKW-Lenker die Geschwindigkeit verringerte, wobei auch die Bremslichter aufleuchteten, der Meinung gewesen wäre, der zweitbeteiligte Lenker lasse ihn nunmehr überholen. Als der Berufungswerber zum Überholen ansetzte, bog das zweitbeteiligte Fahrzeug jedoch nach links ein, wobei es in weiterer Folge trotz Vollbremsung des Berufungswerbers zu dem gegenständlichen Auffahrunfall kam. Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Die Lenker hintereinander fahrender Fahrzeuge sind grundsätzlich verpflichtet, das vor ihnen fahrende Fahrzeug stets im Auge zu behalten, da sie ihre Fahrweise so einzurichten haben, daß sie jederzeit anhalten können, auch dann, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abbremst oder wie im gegenständlichen Fall nach links abbiegt. Die Verpflichtung des § 18 Abs 1 StVO bezieht sich somit auf einen für das gefahrlose Anhalten notwendigen Tiefenabstand. Auch wenn sich der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt in einer Einsatzfahrt mit offensichtlich eingeschaltetem Blaulicht befand, so konnte der Berufungswerber aus dem Fahrverhalten des zweitbeteiligten Fahrzeuges nicht automatisch darauf vertrauen, daß er von diesem Fahrzeug einerseits wahrgenommen wurde, andererseits dieses Fahrzeug ihn ungehindert überholen läßt. So wurde nicht geltend gemacht, daß der Lenker des zweitbeteiligten Fahrzeuges den Berufungswerber in irgendeiner Form ein Zeichen gesetzt hätte, er möge ihn nunmehr überholen, vielmehr hat sich der Lenker des zweitbeteiligten Fahrzeuges zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet, um zur Tankstelle Angsten einzubiegen. Dies hat offensichtlich auch der Berufungswerber laut seinen Ausführungen vor der Gendarmerie wahrgenommen.

Hinsichtlich des Blinkzeichens am Fahrzeug von Herrn Andreas D ist auszuführen, daß Herr Andreas D anläßlich seiner Einvernahme bei der Bezirkshauptmannschaft Weiz am 26.11.1996 glaubwürdig angab, daß er zum damaligen Zeitpunkt den linken Blinker rechtzeitig eingeschalten hatte, damit sich etwaige hinter ihm fahrende Fahrzeuge rechtzeitig auf seinen Abbiegevorgang einstellen konnten. Auch wenn bei Einsatzfahrten ein höheres als das sonst im Straßenverkehr übliche Risiko toleriert wird, trifft den Lenker eines Einsatzfahrzeuges dennoch die allgemeine Sorgfaltspflicht, wozu auch das Einhalten eines solchen Tiefenabstandes gehört, der ein rechtzeitiges Anhalten möglich macht. Durch das Verhalten des Berufungswerbers sind nicht nur andere Personen körperlich gefährdet, sondern auch verletzt worden (Beifahrer). Die Ausführungen des Berufungswerbers konnten somit nicht zur Schuldfreiheit führen.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 18 Abs 1 StVO bestimmt, daß der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Wie schon die Erstinstanz in der Begründung ihres Straferkenntnisses ausgeführt hat, dient diese Bestimmung der Verkehrssicherheit, zumal vor allem das Nichteinhalten eines entsprechenden Abstandes vom nächsten Fahrzeug zu den häufigsten Verkehrsunfallursachen zu zählen ist.

Als erschwerend bzw. als mildernd wurde von der Behörde erster Instanz nichts gewertet. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse wurde ein monatliches Einkommen von rund 15.000,-- geschätzt bzw. angenommen, daß der Berufungswerber Sorgepflichten für ein Kind hat. Unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, daß es sich im gegenständlichen Fall um eine Einsatzfahrt zu einer Unglückstelle handelte, wurde von der Behörde erster Instanz von der Verhängung einer Geldstrafe Abstand genommen und in Entsprechung der Bestimmungen des § 21 Abs 1 VStG eine Ermahnung verhängt, wobei angenommen wurde, daß dies ausreichend ist, um den Beschuldigten vor weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Sicherheitsabstand hintereinanderfahren Einsatzfahrzeug
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten