Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Ewald K, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 22.10.1997, Zl MBA 4/5- S 11.108/97, wegen Übertretung zu I. des § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994 iVm 1) Auflage Nr 3, 2) Auflage Nr 24, 3) Auflage Nr 26 und 4) Auflage Nr 37 des Bescheides vom 11.10.1977, Zl MBA 4/5 - BA 31.203/5/77, zu II. des § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994 iVm Auflage Nr 2 des Bescheides vom 4.12.1985, Zl MBA 4/5 - BA 31.203/1/85, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Schilling insgesamt S 9.000,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er hätte es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der S-gesmbH zu verantworten, daß am 15.9.1997 in der Betriebsanlage in Wien, M-straße, vier Auflagen des rechtskräftigen Bescheides vom 11.10.1977, MBA 4/5 - Ba 31.203/5/77 (nämlich die Auflagen Nr 3, 24, 26 und 37) sowie die Auflage Nr 2 des rechtskräftigen Bescheides vom 4.12.1985, MBA 4/5 - Ba 31.203/1/85, nicht eingehalten wurden. Wegen Verwaltungsübertretungen nach § 367 Ziffer 25 GewO 1994 wurden über den Berufungswerber gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 fünf Geldstrafen in der Höhe von je S 9.000,--, zusammen S 45.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall Eratzfreiheitsstrafe von je 3 Tagen, zusammen 15 Tagen, verhängt und gemäß § 64 VStG S 4.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe, zur Zahlung vorgeschrieben.
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser zunächst ausführt, daß im Spruchteil, mit welchem die Strafen für die Verwaltungsübertretungen verhängt wurden, neben dem "Einleitungssatz Gewerbeordnung" auch zwingend die Verbindung zur verletzten Rechtsvorschrift hergestellt hätte werden müssen. Da die bescheiderstellende Behörde diese verkannt habe, indem sie lediglich den § 367 Einleitungssatz GewO zitierte, nicht aber auch die verletzte Rechtsvorschrift, hätte sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der Berufung ist aus folgenden Gründen kein Erfolg beschieden:
Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Der Berufungswerber bestreitet nicht, daß gegenständliche Betriebsanlage während des Tatzeitraumes betrieben wurde und daß die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Auflagen im Tatzeitraum nicht eingehalten wurden. Es ist daher vom Sachverhalt, wie er im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses umschrieben wird, im Zusammenhalt mit dem Erhebungsbericht der MA 36/A vom 18.9.1997, MA 36/A/5/390/97, auszugehen und steht somit als erwiesen fest, daß die oben angeführten Auflagen des Bescheides vom 11.10.1977 bzw des Bescheides vom 4.12.1995 zur Tatzeit nicht eingehalten waren.
Was das Vorbringen des Berufungswerbers betrifft, es hätte nicht nur § 367 Einleitungssatz GewO, sondern auch die verletzte Verwaltungsvorschrift zitiert werden müssen, ist zu bemerken, daß eine Verletzung des § 44a Ziffer 3 VStG nicht erblickt werden kann, weil § 367 Ziffer 25 GewO lediglich die Umschreibung des Tatbildes der Verwaltungsübertretung enthält, während sich die Strafdrohung im Einleitungssatz des § 367 findet (vgl dazu VwGH vom 26.4.1994, 94/04/0004 und vom 23.11.1993, 93/04/0149, Verwaltungsübertretungen nach § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO betreffend).
Der Berufungswerber hat nun, wenn auch nur im Hinblick auf die Strafbemessung ausgeführt, daß über ihn hinsichtlich der im Punkt
I) genannten Auflagen 3 und 37 und im Punkt II) genannte Auflage 2
bereits mit Bescheid vom 6.8.1997, MBA 4/5 - S 11.108/97, ein Straferkenntnis verhängt worden sei. Die Überprüfung der Betriebsanlage, die letztlich zu dem nunmehr bekämpften Straferkenntnis geführt hätte, sei am 15.9.1997 durchgeführt worden. Das Straferkenntnis vom 6.8.1997 sei dem Berufungswerber erst am Samstag, den 13.9.1997 zugekommen, sodaß ein Reagieren auf diesen Bescheid bis zum Tage der neuerlichen Überprüfung gar nicht möglich gewesen sei. Auch wenn bei einem fortgesetzten Zuwiderhandeln gegen die Bescheidauflage eine mehrfache Bestrafung hineinander grundsätzlich zulässig sei, so müsse im gegenständlichen Fall das Vorgehen der Behörde nahezu als schikanös betrachtet werden.
Dieser Meinung kann sich der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nicht anschließen:
Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Ziffer 25 GewO 1994 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen. Dem vom Berufungswerber zitierten Straferkenntnis vom 6.8.1997 liegt eine Überprüfung der Betriebsanlage vom 30.4.1997 zugrunde. Im Zuge des Strafverfahrens erging eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den Berufungswerber am 28.7.1997. Der Berufungswerber wurde daher nicht erst drei Tage vor dem 15.9.1997 von den Mängeln in Kenntnis gesetzt. Es blieben ihm daher über ein Monat Zeit zumindest die Behebung der Mängel in Angriff zu nehmen. Weiters brigt der Beschuldigte vor, daß ihm seitens des Hauseigentümers bzw des Vermieters anläßlich der Anmietung keinerlei Hinweis auf Auflagen, die den Betriebsstandort betreffen, mitgeteilt worden seien. Das Verschulden sei somit als äußerst gering einzustufen. Der Berufungswerber habe wohl davon ausgehen können, daß, wenn bis kurz vor der Übernahme der Geschäftsräumlichkeiten durch die Firma S ein anderes Unternehmen dort tätig geworden sei, der Vermieter für den Fall, daß bestimmte Auflagen für den Betrieb einzuhalten seien, diese ihm auch mitgeteilt hätte.
Dieses Vorbringen kann aber keineswegs mangelndes oder geringes Verschulden des Berufungswerbers dartun. Wie bereits die Behörde erster Instanz vollkommen zu Recht ausführt, zählt es zu den Sorgfaltspflichten des gewerberechtlichen Geschäftsführers, sich von den existierenden rechtskräftigen Betriebsanlagenbescheiden aus eigener Initiative Kenntnis zu verschaffen. Das Vertrauen auf die Angaben oder die Untätigkeit anderer Personen kann dieser Sorgfaltspflicht nicht genügen. Gerade dem Beschuldigten, der die Stellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer bereits längere Zeit - wenn auch in einer anderen Firma - innehat, muß bekannt sein, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Es kann nunmehr nicht ernsthaft behauptet werden, daß bei Inanspruchnahme einer Betriebsanlage seitens des Beschuldigten davon ausgegangen wurde, daß, insbesondere wenn dort bereits ein Betrieb vorher tätig war, für diese Betriebsanlage keine Auflagen mittels Betriebsanlagengenehmigungsbescheid erlassen worden seien. Es wäre jedenfalls am Beschuldigten gelegen, sich im Hinblick auf die Existenz solcher Betriebsanlagengenehmigungsbescheide zu erkundigen, zumal ein Betreiben gegenständlicher Betriebsanlage ohne Betriebsanlagengenehmigung jedenfalls nicht in Betracht zu ziehen gewesen wäre.
Es war somit auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen. Das angefochtene Straferkenntnis war somit mit der Abänderung, die der richtigen Zitierung der angewendeten Bestimmungen diente, zu bestätigen.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen. Daß die Einhaltung der Auflage eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen, weshalb auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden kann.
Bei der Strafbemessung waren - wie bereits von der erstinstanzlichen Behörde - mehrere einschlägige Verwaltungsvormerkungen als erschwerend zu werten.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen, erscheinen die verhängten Geldstrafen in der Höhe von je S 25.000,-- auch im Hinblick auf die günstige Einkommens- und Vermögenssituation und Sorgepflichten für die Ehegattin und drei Kinder durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.