Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
Mag Obrist über die Berufung des Herrn , geboren am
,
wohnhaft in , vom 05 05 1997,
gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 28 04 1997, Zl 300-2411-1996, wegen Bestrafungen nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung
I) hinsichtlich Spruchpunkt 2) Folge gegeben, das angefochtene
Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs1 Z 2 VStG eingestellt,
II) hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte keine Folge gegeben und das
angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 8 700,--, zu leisten.
Das angefochtene Straferkenntnis beruht auf der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 16 Aufsichtsbezirk vom 28 05 1996. Demnach wurde bei einer Überprüfung der von der Gesellschaft mbH & Co KG geführten Arbeitszeitaufzeichnungen festgestellt, daß die Tagesarbeitszeit von maximal 10 Stunden von mehreren Arbeitnehmern dieser Firma überschritten wurde. Eine Auflistung der betreffenden Arbeitnehmer und deren (im Zeitraum vom 26 02 bis 25 04 1996) an bestimmten Tagen geleistete Arbeitszeit ist in der Anzeige enthalten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten unter Anführung der von 25 namentlich genannten Arbeitnehmern an bestimmten Tagen konkret geleisteten Arbeitszeiten in 25 Spruchpunkten pro Arbeitnehmer eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) wegen Übertretung des § 28 Abs 1 Z 1 iVm § 9 Abs 1 Arbeitszeitgesetz verhängt. Insgesamt hat der Beschuldigte demnach einen Betrag von S 49 500,-- zzgl der Verfahrenskosten zu bezahlen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bringt der Beschuldigte im wesentlichen folgendes vor:
Die ihm zur Last gelegten Übertretungen seien unrichtig, weil mindestens die Hälfte der betreffenden Personen leitende Angestellte seien bzw weil die Überzeiten auf Tätigkeiten zurückzuführen seien, die aufgrund einer Messe durchgeführt hätten werden müssen. Es seien auch Strafen ausgesprochen worden, obwohl in manchen Fällen die maximale Tagesarbeitszeit nur um wenige Minuten überschritten worden sei.
Dem Arbeitsinspektorat für den 16 Aufsichtsbezirk wurde die Berufung zur Kenntnis gebracht. In einer Stellungnahme hiezu teilte das Arbeitsinspektorat unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes mit, die vom Gerichtshof für eine Beurteilung als leitender Angestellter aufgestellten Kriterien seien bei keinem der gegenständlichen Arbeitnehmer erfüllt. Es werde die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt, zumal die
Bezirkshauptmannschaft die vom Arbeitsinspektorat beantragte Strafhöhe bereits auf weniger als ein Drittel reduziert habe.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, es habe sich bei mindestens der Hälfte der im Straferkenntnis genannten Arbeitnehmer um leitende Angestellte gehandelt, wurde der Berufungswerber zur Beantwortung verschiedener Fragen aufgefordert und er insbesondere um Bekanntgabe der Namen, des jeweiligen Tätigkeitsgebietes, Beschreibung der Eigenverantwortlichkeit und der Stellung dieser Personen im Unternehmen ersucht.
In Beantwortung dieses Ersuchens hat der Berufungswerber mitgeteilt, es handele sich bei den in den Spruchpunkten 1, 2, 4, 7, 8, 12, 20 bis 23, genannten Personen um leitende Angestellte. Im übrigen seien in verschiedenen - konkret bezeichneten Fällen - die Überschreitungen
unrichtig, weil die Mittagspausen eingerechnet worden seien.
Außerdem
sei der tatsächliche Arbeitsbeginn um 07 00 Uhr und nicht früher.
Hierüber wurde folgendes erwogen:
Gemäß § 1 Abs 2 Z 8 Arbeitszeitgesetz sind leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen.
Soweit sich der Berufungswerber auf diesen Ausnahmetatbestand beruft,
ist ihm entgegenzuhalten, daß dieser nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann erfüllt ist, wenn ein Arbeitnehmer wesentliche Teilbereiche eines Betriebes in der
Weise eigenverantwortlich leitet, daß hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird, sodaß er
sich auf Grund seiner einflußreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft heraushebt. Der betreffende Arbeitnehmer stellt für diesen wesentlichen Teilbereich des Betriebes gleichsam den Unternehmensführer dar, der befugt ist, allen ihm in diesem Teilbereich unterstellten Arbeitnehmern Weisungen betreffend Inhalt und Organisation ihrer Tätigkeit sowohl genereller als auch individueller Art zu geben.
Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das Berufungsvorbringen - ausgenommen hinsichtlich Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses (worauf im folgenden Absatz eingegangen wird) - nicht geeignet, den in Rede stehenden Ausnahmetatbestand darzutun. Der Berufungswerber hat die vom Verwaltungssenat zur Beurteilung obiger Kriterien gestellten Fragen nicht konkret beantwortet. Er hat hinsichtlich der von ihm als leitende Angestellte bekanntgegebenen Personen, lediglich deren Titel bzw die Bezeichnung für bestimmte, von diesen ausgübte Funktionen (nämlich: Vertriebsleiter-Stellvertreter, Einkaufsleiter, Einkaufsleiter-Stellvertreter, Gastro-Leiter, Frischdienstleiter-Stellvertreter, Verkaufsberater) bekanntgegeben und darauf hingewiesen, daß Überstunden durch Überzahlung abgegolten würden. Diese Umstände reichen für eine Qualifizierung der genannten Personen als leitende Angestellte nicht aus. Der Berufungswerber selbst hat insbesondere nicht einmal behauptet, daß diese Personen eigenverantwortlich handeln oder daß ihnen andere Arbeitnehmer unterstellt sind und sie befugt sind, diesen Weisungen zu erteilen. Die Einflußnahme eines Einkaufsleiters,
Gastro-Leiters oder Verkaufsberaters auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens ist demnach nicht ersichtlich, was im verstärkten Maß für die obgenannten Stellvertreter gilt, weshalb dieses Vorbringen nicht geeignet ist, die Berufung zum Erfolg zu führen.
Allein zu Spruchpunkt 2 war der Berufung Folge zu geben, weil der obgenannte Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Bei dem hier genannten Arbeitnehmer handelt sich um Herrn , den der Berufungswerber in seiner Stellungnahme als Prokurist und Mitglied der Geschäftsführung bezeichnet. Die verlangte Stellenbeschreibung hat der Berufungswerber allerdings auch hier nicht abgegeben. Die Behauptung, daß der genannte Arbeitnehmer Prokurist der Gesellschaft mbH & Co KG ist, wird jedoch durch den im Akt befindlichen Firmenbuchauszug belegt. Daraus ist auch ersichtlich, daß dieser die Gesellschaft selbständig vertritt. Daß diesem Arbeitnehmer sohin maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind und obige Kriterien hier erfüllt werden, ist dadurch indiziert, weshalb diesbezüglich die Einstellung des Verfahrens auszusprechen war.
Dem weiteren Berufungsvorbringen, die meisten Arbeitszeitüberschreitungen stünden im Zusammenhang mit Messen vom 02 bis 06 03 1996, ist entgegenzuhalten, daß sich die festgestellten Übertretungen auf einen weit längeren Zeitraum, nämlich vom 26 02 bis 25 04 1996 erstrecken und dieser Einwand außerdem ins Leere geht, weil das Arbeitszeitgesetz hinsichtlich der Teilnahme an Messen auch keine Sonderbestimmungen enthält.
Was weiters die Rechtfertigung des Berufungswerbers betrifft, es seien bei den unter Spruchpunkte 9 bis 19, 24 und 25 festgestellten Übertretungen Mittagspausen eingerechnet bzw ein falscher Arbeitsbeginn angenommen worden, wird festgestellt, daß Grundlage der
gegenständlichen Anzeige die vom Arbeitgeber selbst geführten und dem
Arbeitsinspektorat vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen in Form von EDV-Listen sind. Er behauptet also die Unrichtigkeit seiner eigenen Aufzeichnungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft einen Arbeitgeber in einem solchen Fall eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat detailliert darzutun, aus welchen Gründen, in welchen Punkten und in welchem Ausmaß seine Aufzeichnungen unrichtig sind (VwGH vom 28 10 1993, Zl 91/19/0134). Dem ist der Beschuldigte nicht nachgekommen. Er hat insbesondere nicht dargelegt, daß es sich bei diesen angeblichen Mittagspausen tatsächlich um nicht zur Arbeitszeit gehörende Ruhepausen handelte. Eine Ruhepause aber, die nicht in die Arbeitszeit einzurechnen ist, muß im voraus, spätestens bei ihrem Beginn umfangmäßig feststehen. Ferner muß der Arbeitnehmer von der Arbeit und Arbeitsbereitschaft befreit sein; die Nahrungsaufnahme am Arbeitsplatz während einer Arbeitsunterbrechung stellt keine Ruhepause dar. Fest steht, daß irgendwelche Pausen in den Arbeitszeitaufzeichnungen nicht aufscheinen. Auch hat der Berufungswerber keinerlei Gründen für die angebliche Unrichtigkeit der Aufzeichnungen dargelegt. Was im übrigen
seine Behauptung betrifft, der laut Stempeluhr festgestellte jeweilige Arbeitsbeginn stimme nicht, wird bemerkt, daß durch ein derartiges Zeit-Kontrollsystem sehr wohl die tatsächliche Arbeitszeit gemessen wird. Das Betätigen der Stechuhr stellt die jeweils erste und letzte tägliche Arbeitshandlung dar. Die dazwischen liegende Zeit ist daher als Arbeitszeit zu qualifizieren und ist das bezeichnete Kontrollsystem als Beweis für die Arbeitszeitüberschreitungen maßgebend. Daß ein anderes, die Arbeitszeit betreffendes Kontrollsystem oder diesbezügliche besondere
vertragliche Vereinbarungen bestünden, behauptet der Berufungswerber selbst nicht. Im Hinblick auf diese - an den obangeführten Kriterien zu messende - und daher als unzureichend anzusehende Verantwortung des Beschuldigten, besteht kein Grund für Sachverhaltsfeststellungen betreffend diejenigen Arbeitszeiten, welche angeblich von den vorgelegten Aufzeichnungen abweichen.
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß die Arbeitszeiten der
einzelnen Arbeitnehmer, wie in den Arbeitszeitaufzeichnungen des Arbeitgebers vermerkt, auch in den vom Beschuldigten nicht zugegebenen Fällen, tatsächlich geleistet wurden.
Wenn der Berufungswerber weiters meint, er sei auch wegen minimaler Überschreitungen der Arbeitszeit bestraft worden, ist ihm zu entgegnen, daß jede Überschreitung strafbar ist und das jeweilige Ausmaß ohnehin bei der Strafbemessung berücksichtigt wurde. Bemerkt wird im übrigen, daß allfällige wirtschaftliche Gründe, die zur Überschreitung der maximalen Tagesarbeitszeit führten, nach der Rechtslage unberücksichtigt bleiben müssen.
Außerdem hat ein Arbeitgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein entsprechendes Kontrollsystem, welches die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften gewährleistet, einzurichten. Nur dann, wenn er konkret aufgezeigt hätte, welche ihm im Betrieb der Gesellschaft mbH & Co KG möglichen und zumutbaren Maßnahmen er in solchen Fällen getroffen hat, um Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften vorzubeugen, wäre die Behörde in die Lage versetzt worden, zu beurteilen, ob er alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, von denen er mit gutem Grund erwarten konnte, daß die betreffenden Arbeitnehmer die Arbeitszeitvorschriften einhalten werden. Dies hat der Berufungswerber unterlassen. Er hat die Erteilung entsprechender Anordnungen und das Vorhandensein eines solchen wirksamen Maßnahmen- und Kontrollsystems nicht einmal behauptet.
Zur Strafbemessung:
Auf die durch gegenständliche Übertretungen verletzten Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, wurde im angefochtenen Straferkenntnis zutreffend eingegangen. Auch hinsichtlich des Unrechtsgehaltes der Taten und des Vorliegens eines Erschwerungsgrundes (einschlägige Vorstrafe) wird den Ausführungen im
Straferkenntnis beigepflichtet. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers wurden ebenfalls berücksichtigt.
Der gesetzliche Strafrahmen reicht von S 300 bis S 6 000. Die hinsichtlich der einzelnen Arbeitnehmer jeweils verhängte Geldstrafe ist als angemessen anzusehen, zudem auf die Anzahl der Einzeltathandlungen und das Ausmaß der täglichen Arbeitszeitüberschreitungen Bedacht genommen wurde.
Eine Strafe muß im übrigen auch geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.