Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Klaus Stühlinger, Dr. Christian Erkinger und Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn Friedrich P, gegen das Straferkenntnis der Berghauptmannschaft Leoben vom 9.4.1997, GZ.: 52.724/13/97, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9.4.1997, GZ:52.724/13/97, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 5.2.1997, von 7.30 Uhr bis 10.30 Uhr, im Abbaufeld P, Grundstücknummer 119/1, St. Lorenzen im Mürztal, und am 12.3.1997, um 9.20 Uhr, Gewinnungsarbeiten durchgeführt.
Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 100 Abs. 6 Berggesetz 1975, in der Fassung BGBl. Nr. 633/1994, sowie den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 21.6.1996, GZ 52.724/11/1996.
Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe mit einer Strafhöhe von S 20.000,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Dauer von fünfzehn Tagen für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und aus den in der Berufung näher angeführten Gründen, wie insbesondere aufgrund des Umstandes daß seiner Ansicht nach die vorgeworfenen Tätigkeiten lediglich im Rahmen des landwirtschaftlichen Nebengewerbes ausgeübt worden seien, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 1 VStG von der Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfaßte, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Die Verfolgungsfrist beträgt bei Verwaltungsübertretungen, wie im vorliegenden Fall, sechs Monate; sie ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.
Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (zum Beispiel: Ladung, Vernehmung, Zeugenaussage, Strafverfügung). Eine Verfolgungshandlung muß daher, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, von einer Behörde ausgehen, gegen eine individuelle bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet, innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein und wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, daß sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegten Rechtsvorschrift des § 100 Abs 6 Berggesetz 1975 in der Fassung der Berggesetznovelle 1994 BGBl. Nr. 633 ist zu entnehmen, daß vor Genehmigung des Aufschluß- und Abbauplanes nicht mit dem Gewinnen der grundeigenen mineralischen Rohstoffe im Abbaufeld begonnen werden darf. Gemäß Abs 7 leg cit findet die eben zitierte Vorschrift des Abs 6 sinngemäß bei einer erheblichen Ausweitung der Abbaufläche Anwendung.
Gemäß § 215 Abs 2 Berggesetz 1975 begehen Bergbauberechtigte, Fremdunternehmer und durch Gericht oder Verwaltungsbehörde bestellte Verwalter (§ 166 Abs 3 leg cit), die diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, sonstigen von den Bergbehörden anzuwendenden Rechtsvorschriften oder Verfügungen der Bergbehörden zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu ahnden ist, von der Berghauptmannschaft mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu vier Wochen, zu bestrafen.
Gemäß § 1 Z 21 Berggesetz 1975 ist Bergbauberechtigter der Aufsuchungsberechtigte, der Gewinnungsberechtigte, der Schurfberechtigte, der Bergwerksberechtigte und der Speicherberechtigte.
Demzufolge differenziert das Berggesetz in seinen in § 1 angeführten Legaldefinitionen unter anderem unter verschiedenen Bergbauberechtigungen aufgrund ihres unterschiedlichen Inhaltes. Dem erstinstanzlichen Verfahrensakt war als offenbar den geführten Administrativverfahren zuzuordnendes Aktenstück, der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 2.7.1996, GZ 52.724/11/1996, zu entnehmen, wonach Herrn Friedrich P, als Inhaber einer Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld P, die begonnenen Aufschluß- und Abbauarbeiten unverzüglich untersagt wurden. Dies unter Anführung des § 100 Abs 6 in Verbindung mit § 100 Abs 2 Z 3 BergG 1975.
Dieser administrativrechtlichen bescheidmäßigen Vorschreibung ist eine im Marktgemeindeamt St. Lorenzen im Mürztal aufgenommene Niederschrift vom 21.6.1996 vorangegangen, die ebenfalls, inklusive des im Zuge dieser Niederschrift ergangenen Bescheides, ausdrücklich administrativrechtlichen Inhaltes ist. Im Zuge dieser Niederschrift erklärte Herr Friedrich P, daß er den ihm mündlich verkündeten Bescheid nicht zur Kenntnis nehme und um Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung ersuche. Anläßlich dieser Niederschrift wurde Herrn P auch angekündigt, daß er eine Verwaltungsstrafe wegen unbefugten Bergbaues, gemäß § 215 Abs 2 des BergG 1975 erhalten werde.
In Wertung der vorliegenden Aktenteile bzw. Verfahrensschritte war nun davon auszugehen, daß sowohl die niederschriftlichen Festhaltungen im Marktgemeineamt St. Lorenzen im Mürztal vom 21.6.1996 sowie der einerseits mündlich verkündete, andererseits schriftlich ergangene Bescheid vom 2.7.1996 nicht im Zuge des Strafverfahrens, sondern im Rahmen der administrativrechtlichen Auseinandersetzung mit dem Berufungswerber als Inhaber einer Gewinnungsbewilligung erfolgte.
Als einziger verwaltungsstrafrechtlich zu wertender Verfolgungsschritt ist das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 9.4.1997 anzusehen. In dessen Spruch und auch Begründung wurde dem Berufungswerber Friedrich P angelastet, er habe zu den näher angeführten Tatzeitpunkten im Abbaufeld P Gewinnungsarbeiten durchgeführt und wurde versucht dies in der Begründung erklärend zu erläutern. Da jedoch, wie das Berggesetz 1975 in seinen Legaldefinitionen ausdrücklich determiniert, unter Bergbauberechtigung verschiedene Berechtigungen (unterschiedlicher Art) zu verstehen sind und dem angefochtenen Straferkenntnis weder in dessen Spruch noch der Begründung zu entnehmen ist, in welcher Eigenschaft Herr Friedrich P die Gewinnungsarbeiten durchgeführt hat, belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit nicht mehr sanierbarer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Daß der Berufungswerber als Inhaber einer Gewinnungsbewilligung im Zuge des etwa zum selben Zeitpunkt abgeführten Administrativverfahrens bescheidmäßig den Auftrag erhalten hat, die begonnenen Aufschluß- und Abbauarbeiten unverzüglich einzustellen, kann aus den bereits angeführten Gründen nichts ändern, zumal diese als allenfalls zu wertende Verfolgungshandlung nicht dem Verwaltungsstrafverfahren zuzuordnen ist. Auch befinden sich unter den erstinstanzlichen Aktenteilen keinerlei Hinweise, wonach der genannte Einstellungsbescheid allenfalls durch einen Verweis dem Strafverfahren zuzuordnen wäre, wodurch dieser Teil des Strafverfahrens hätte werden können.
Da somit innerhalb der gesetzlich verankerten Verjährungsfristen dem Berufungswerber keine den gesetzlichen Erfordernissen genügende Verfolgungshandlung vorgeworfen bzw. zur Kenntnis gebracht wurde, war aus den angeführten Erwägungen auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen, wie im Spruch ersichtlich, zu entscheiden, ohne auf das weitere Berufungsvorbringen einzugehen.
Es war daher dem Berufungsantrag Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.