TE UVS Steiermark 1998/01/15 30.16-92/97

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Veröffentlicht am 15.01.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung der Frau Gisela P, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E, Dr. N, Dr. W und Dr. C in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 27.5.1997, GZ.: 15.1 1996/6073, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen,

als I. der erste Satz des Spruches bei ansonsten gleichbleibendem Wortlaut zu lauten hat:

1. Sie haben es als verantwortlich Beauftragte gemäß § 9 Abs 2 VStG ....,

2.

die Tatzeit anstelle ab 11.30 Uhr, um 11.30 Uhr lautet

3.

nach dem Wort unterliegen die Wortfolge ...ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist.   tritt und II. die verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a Z 2 VStG

§ 74 Abs 2 Z 1 iVm. § 7 Abs 1 lit b LMG 1975 lautet. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 400,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe es als verantwortlicher Beauftragter und somit als zur Vertretung nach außen Befugter gemäß § 9 Abs 1 VStG der Firma ADEG

Österreich Handels-AG, mit Sitz in W, wobei die oben angeführten Firma Inhaber des Gastgewerbes gemäß § 124 Z 9 GewO 1994, in der Betriebsart Cafe Restaurant, mit den Berechtigungen gemäß § 142 Abs 1 Z 2 bis 4 GewO 1994, für die weitere Betriebsstätte in J (=Tatort) ist, unterlassen, die Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes 1975 einzuhalten, da anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision am 7.10.1996, ab 11.30 Uhr, durch ein Aufsichtsorgan des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung für das Gesundheitswesen, im Restaurationsbetrieb (N-E) in J, unter dem Probezeichen 600B 15896 aus der Tiefkühlzelle - offensichtlich zum Verbrauch - frisch eingefrorene Reiner Rostbratwurst, Probemenge drei Packungen, als Probe entnommen wurde, welche laut Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz, vom 21.10.1996, ZU 4909/96, aufgrund der feststellbaren organoleptischen Abweichungen in Verbindung mit dem Ausmaß ihrer mikrobiologischen Belastung, eine erhebliche Minderung ihres Genußwertes aufwies und daher als wertgemindert zu beurteilen war und somit ein wertgemindertes Lebensmittel in den Verkehr gebracht wurde, obwohl wertgeminderte Lebensmittel dem Verbot des Inverkehrbringens unterliegen. (Beilage - Kopie amtliches Untersuchungszeugnis).

Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs 1 VStG 1991 iVm. § 7 Abs 1 lit b und § 8 lit g LMG 1975 begangen und wurde über sie wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 74 Abs 2 Z 1 LMG 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (zwölf Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Ferner wurden die Barauslagen für die Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz in der Höhe von S 2.137,50 sowie gemäß § 64 VStG S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in dieser ausgeführt, daß im konkreten Fall die beanstandete Probe aus der Tiefkühlzelle des Restaurationsbetriebes entnommen worden wäre, die für Konsumenten nicht zugänglich sei. Es könne daher eine Kennzeichnung im Sinne des § 7 Abs 1 lit b LMG den Zweck einer Information für den Konsumenten nicht erfüllen. Durch die Nichtkennzeichnung der Ware als wertgemindert wäre daher auch nicht der Schutzzweck der Norm verletzt worden. Im übrigen wäre die Ware jeweils nach dem Auftauen kontrolliert und im Fall der Wertminderung oder gar Verdorbenheit ausgeschieden worden.

Es werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe auf das gesetzlich mögliche Mindestmaß herabzusetzen.

Mit Schreiben der erkennenden Behörde vom 1.7.1997 wurde die Berufungswerberin zuhanden ihrer ausgewiesenen Vertreter aufgefordert, ihre Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse binnen zwei Wochen bekanntzugeben, ansonsten mit einer Schätzung des monatlichen Einkommens in der Höhe von S 10.000,-- vorgegangen werden müßte.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Da in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, eine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe nicht verhängt und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung unter Hinweis auf § 51 e Abs 2 VStG entfallen.

Aufgrund der - diesbezüglich unbestritten gebliebenen - Aktenlage ist zunächst festzustellen, daß die Berufungswerberin zufolge der vorgelegten Bestellungsurkunde vom 26.2.1996 mit Wirksamkeit vom 14.3.1996 zur verantwortlichen Küchenchefin im Sinne des § 9 Abs 2 VStG für das Restaurant und das Cafe Bagnette im Gastgewerbebetrieb des N-E in J, bestellt wurde.

Seitens der Fachabteilung für das Gesundheitswesen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung wurde am 7.10.1996 um

11.30 Uhr aus der Tiefkühlzelle des Restaurationsbetriebes eine Probe Reiner Rostbratwurst gezogen, wobei laut Gutachten der BALMU Graz vom 21.10.1996 die Probe eine erhebliche Minderung ihres Genußwerts aufweist und nach den Begriffsbestimmungen des § 8 lit g LMG 1975 als wertgemindert beurteilt wurde. Laut Probebegleitschreiben handelte es sich um Ware mit überschrittenem Haltbarkeitsdatum. Die Warenprobe wurde nach Entfernung der Haltbarkeitsangaben für den späteren Verbrauch eingefroren.

In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen, daß es gemäß § 7 Abs 1 lit b LMG verboten ist, Lebensmittel in Verkehr zu bringen, die wertgemindert sind, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich ersichtlich gemacht ist.

Im konkreten Fall hat die Berufungswerberin, wie dem diesbezüglichen Probebegleitschreiben zu entnehmen ist, aus ha. nicht nachvollziehbaren Gründen angegeben, daß die Haltbarkeitsangaben immer entfernt werden, die entsprechenden Etiketten sind jeweils in jenem Teil, der für die Angabe der Mindesthaltbarkeitsfrist vorgesehen ist, insoferne beschädigt, als die diesbezüglichen Angaben zumindest unleserlich gemacht wurden bzw. nicht identifizierbar sind.

Die vorstehend angeführten Fakten wurden seitens der Berufungswerberin ebensowenig in Abrede gestellt, wie auch die Feststellungen im Gutachten, wonach die Warenprobe als wertgemindert anzusehen ist. Einzugehen ist daher ausschließlich auf das Berufungsvorbringen, wonach die Lagerung von Waren in der Tiefkühlzelle des von ihr geleiteten Restaurationsbetriebes keine Kennzeichnungspflicht im Sinne des § 7 Abs 1 lit b LMG auslösen würde.

Gemäß § 1 Abs 2 LMG 1975 ist unter Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen unter anderem auch das Lagern zu verstehen.

Nach Ansicht der erkennenden Behörde stellt das Bereithalten von Bratwürsten in tiefgekühltem Zustand auch in einer Tiefkühlzelle eines Restaurationsbetriebes, die im Gegensatz zu derartigen Einrichtungen im Rahmen eines Supermarktes o. ä. für den Konsumenten nicht zugänglich sind, zweifellos ein Lagern im Sinne der vorzitierten Ausführungen dar, würde doch eine gegenteilige Auslegung in krassem Gegensatz zu den primär vom Konsumentenschutz, aber auch der Lebensmittelhygiene dominierten Regelungen des LMG 1975 stehen.

Im zentralen Mittelpunkt der Betrachtungen im konkreten Fall muß wohl das berechtigte Interesse des Konsumenten stehen, eine zutreffendenfalls in jeder Hinsicht einwandfreie Ware zu erhalten. Diesen Bestrebungen hat die Berufungswerberin eindeutig zuwidergehandelt, wobei als besonders verpönt wohl jene Vorgangsweise zu bezeichnen ist, daß die auf den gezogenen Proben aufgebrachten Klebeetiketten ausgerechnet eine Überprüfung der Mindesthaltbarkeitsfristen nicht zuließen, da die diesbezüglichen Eintragungen vernichtet wurden.

Es erhebt sich daher die Frage, wie gerade in Ermangelung derart wichtiger Kennzeichnungselemente die Berufungswerberin, allenfalls aber auch ein anderer Arbeitnehmer des verfahrensgegenständlichen Betriebes mit der gebotenen Sicherheit in der Lage sein hätte können, nach dem Auftauen der Waren jene Kontrollen durchzuführen, die im Falle der Wertminderung oder gar Verdorbenheit ein Ausscheiden dieser Waren sicherstellen hätte können. Gerade der (durch entsprechende Angaben) festzustellende Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist wird wohl primär Anlaß dafür bieten können, besonders sorgfältig über den Einsatz bestimmter Waren zu befinden.

Die Rechtfertigung der Berufungswerberin, daß jedenfalls nach dem Auftauen kontrolliert worden wäre und - im Falle der Wertminderung oder gar Verdorbenheit - die Waren ausgeschieden worden wären, erscheint angesichts der obigen Feststellungen als eine reine Schutzbehauptung. Da die deutliche und allgemeine Kenntlichmachung einer Wertminderung Tatbestandselement einer Verwaltungsübertretung wie der gegenständlichen ist, war eine entsprechende Spruchkonkretisierung vorzunehmen, welche auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne des § 31 Abs 2 VStG, welche für Verwaltungsübertretungen wie die gegenständliche ein Jahr beträgt, zulässig, da seitens der belangten Behörde zeitgerecht eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG gesetzt wurde.

So wurde die Berufungswerberin mit Schreiben vom 3.3.1997 vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, wobei dem diesbezüglichen Formblatt unter anderem auch das amtliche Untersuchungszeugnis der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Graz vom 21.10.1996 angeschlossen war, in welchem auf Seite 3 ausdrücklich festgehalten wurde, daß die Wertminderung, respektive die Inverkehrbringung einer als wertgemindert bezeichneten Warenprobe erfolgt ist, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wurde.

Die Modifikation der Tatzeit sowie des Umstandes, daß die Berufungswerberin die ihr angelastete Verwaltungsübertretung in ihrer Funktion als verantwortlich Beauftragte zu verantworten hat, erfolgte aufgrund der eindeutigen und unbestritten gebliebenen Feststellungen im Verfahrensakt der Behörde I. Instanz.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gegen den Schutzzweck der übertretenen Norm hat die Berufungswerberin in einem doch erheblichen Ausmaß verstoßen, war doch, worauf bereits hingewiesen wurde, bei der gelagerten Probe nicht einmal erkennbar, daß es sich bei dieser, wie dem Probebegleitschreiben deutlich zu entnehmen war, um abgelaufene Ware handelte. Der in jeder Hinsicht zu berücksichtigende Anspruch potentieller Kunden auf Erhalt qualitativ einwandfreier Ware wurde durch das seitens der Berufungswerberin zu verantwortende Verhalten empfindlich beeinträchtigt bzw. unmöglich gemacht.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als mildernd war die bisherige offensichtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin zu werten, als erschwerend nichts. Bei einem Strafrahmen von bis zu S 50.000,-- für derartige Übertretungen erscheint die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen, wobei (auch) durch die Entfernung der Mindesthaltbarkeitsangaben von einem nicht geringen Verschulden auszugehen ist. Auch die eingeschätzte Einkommenslage läßt eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nicht zu, sollen Strafen doch immerhin einen spürbaren Vermögensnachteil darstellen, um den Beschuldigten von der Begehung einer gleichartigen Verwaltungsübertretung wirksam abzuhalten.

Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der Berufungswerber im Falle einer Einschätzung der Einkommenslage es seiner unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben hat, sollte die Behörde bei dieser Einschätzung zum Nachteil des Berufungswerbers Umstände unberücksichtigt gelassen habe, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten (s. VwGH 14.1.1981, 3033/80). Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG, wonach als Beitrag für das Verfahren erster Instanz 10% der verhängten Strafe und für das Berufungsverfahren weitere 20% der verhängten Strafe zu bemessen sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Inverkehrbringen Lagern Restaurant Wertminderung Kennzeichnung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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