Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Lammer über die Berufung des Herrn Christian W, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 19. Bezirk, vom 12.12.1996, Zl MBA 19 - S 1201/96, betreffend zwei Verwaltungsübertretungen nach § 368 Z 14 iVm § 151 Abs 3 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis vom 12.12.1996 enthält folgende Tatanlastung:
"Sie haben es als Gastgewerbetreibender zumindest am 21.01.1996 um 01:00 Uhr und am 3.2.1996 um 00.20 Uhr in Wien, K-straße unterlassen, an geeigneter Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich lesbar auf das Verbot zur Ausschank von alkoholischen Getränken an Jugendliche hingewiesen wird."
Der Berufungswerber habe dadurch § 368 Z 14 iVm § 151 Z 3 GewO 1994 verletzt, weswegen über ihn gemäß § 368 Einleitungssatz GewO 1994 zwei Geldstrafen von je S 1.000,-- (insgesamt S 2.000,--), im Falle der Uneinbringlichkeit je 12 Stunden (insgesamt 24 Stunden) Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt S 200,-- auferlegt wurden. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber im wesentlichen den Standpunkt vertritt, daß der gegenständliche Keller, den er für Veranstaltungen vermiete, keine weitere Betriebsstätte zu seinem in der Ka-gasse befindlichen Heurigenbetrieb sei.
Ohne auf diese Berufungsvorbringen einzugehen, war der Berufung aus folgenden Gründen stattzugeben:
Gemäß § 368 Z 14 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungsatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer andere als im § 366, 367 und in Z 1 bis 13 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.
Gemäß § 151 Abs 1 GewO 1994 dürfen die Gastgewerbetreibenden weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder aussschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuß von Alkohol verboten ist. Gemäß § 151 Abs 3 GewO 1994 haben die zum Ausschank von alkoholischen Getränken berechtigten Gastgewerbetreibenden dann, wenn den Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuß von Alkohol verboten ist, an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich lesbar auf dieses Verbot hingewiesen wird.
Nach den Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage in 395 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII.GP stellt die Bestimmung des § 197 Abs 1 GewO 1973 (nunmehr § 151 Abs 1 GewO 1994) die notwendige gewerberechtliche Ergänzung (der Jugendschutzvorschriften der Bundesländer) dar, die an die Gewerbetreibenden gerichtet ist und die gewerberechtliche Sanktion schafft, die die Länder nicht vorsehen könnten. Da die landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen in den einzelnen Bundesländern für das an die Jugendlichen gerichtete Verbot des Genusses von alkoholischen Getränken keine einheitliche Altersgrenze vorsehen würden, werde durch § 197 Abs 1 GewO 1973 (nunmehr § 151 Abs 1 GewO 1994) - abweichend von der bisher geltenden Rechtslage - festgelegt, daß der Ausschank von alkoholischen Getränken an Jugendliche durch Gastgewerbetreibende dann verboten sei, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzvorschriften der Genuß von alkoholischen Getränken verboten sei.
Die Bestimmungen des § 151 Abs 1 und 3 GewO 1994 geben somit lediglich den Rahmen vor, der durch die einzelnen landesgesetzlichen Jugendschutzvorschriften (einschießlich der Schutzvorschriften für "Kinder", vgl VwGH 23.5.1980, 3106/78) aufzufüllen ist.
Gemäß § 2 Z 1 und 2 des Wiener Jugendschutzgesetzes 1985, LGBl für Wien Nr 34/1985, sind im Sinne dieses Gesetzes Kinder Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und Jugendliche Personen vom vollendeten 14. Lebensjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Verheiratete Jugendliche und jugendliche Angehörige des Bundesheeres gelten nicht als Jugendliche im Sinne dieses Gesetzes.
Gemäß § 16 Abs 1 Wiener Jugendschutzgesetz 1985 ist Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Konsum von alkoholischen Getränken und Tabakwaren in der Öffentlichkeit nicht gestattet.
Gemäß § 16 Abs 2 Wiener Jugendschutzgesetz 1985 ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Konsum von gebrannten geistigen Getränken in der Öffentlichkeit nicht gestattet. Der im § 151 Abs 3 GewO 1994 geforderte "Anschlag" der "landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen" erfordert somit einen Anschlag zumindest des Inhalts, daß Personen bis zum vollendeten
16. Lebensjahr der Konsum aller alkoholischen Getränke und Personen zwischen dem vollendeten 16. und dem vollendeten 18. Lebensjahr der Konsum von gebrannten geistigen Getränken verboten ist (welcher Anschlag genaugenommen noch mit dem Zusatz zu versehen wäre, daß die vorgenannten Verbote nicht für Verheiratete oder Bundesheerangehörige gelten).
Die angefochtene Spruchfassung zitiert jedoch das oben angeführte landesgesetzliche Verbot nicht, sondern wiederholt diesbezüglich lediglich den (abstrakten) Rahmen der GewO 1994, womit dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG nicht entsprochen ist. Infolgedessen war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und die Einstellung des zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zu verfügen.