Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn Anton M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 15.5.1997, GZ.: 15.1 1996/5367, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, als 1.) der 2. Satz des Spruchs wie folgt zu lauten hat: Sie haben am 19.11.1996, um
10.25 Uhr, in Scheifling, Bezirk Murau, auf der B 96, im Hermatunnel, auf Höhe Strkm. 18,35, in Richtung Unzmarkt als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen MU 1ZRB (Pkw) die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 19 km/h überschritten 2.) die verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a Z 2 VStG zu lauten hat: § 52 a Z 10 a StVO 1960
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 140,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 19.11.1996, um 10.25 Uhr, in Scheifling, Bezirk Murau, auf der B 96, im Hermatunnel, auf Höhe Straßenkilometer 18,35, in Richtung Unzmarkt als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen MD-77 PX (Kombi), die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 19 km/h überschritten und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO 1960 begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag, verhängt.
Ferner wurden gemäß § 64 VStG S 70,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in dieser u.a. ausgeführt, daß die Geschwindigkeit nicht im festgestellten Ausmaß überschritten worden wäre. Es könnte sich aber auch um eine Verwechslung handeln, da er ein Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen MD-77 PX niemals gelenkt hätte. Auch die Strafhöhe würde bekämpft werden, da die Meßtoleranz nicht richtig abgezogen worden wäre und der Berufungswerber in Erfahrung gebracht hätte, daß eine Geschwindigkeitsüberschreitung bis zu 19 km/h lediglich mit S 500,-- bestraft werde.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung konnte unter Hinweis auf § 51 e Abs 2 VStG entfallen, da im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde.
Eingangs ist zunächst festzuhalten, daß sich der Berufungswerber in seiner Berufung gegen Schuld- und Strafhöhe wendet, somit eine volle Berufung erhoben hat. Durch sein Vorbringen allein, die Geschwindigkeit nicht im angeführten Ausmaß überschritten zu haben, würde nämlich der Schuldspruch nicht bekämpft sein, weil der Tatbestand des § 52 Z 10 a StVO bei jeder Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erfüllt ist (vgl. VwGH 22.2.1989, 88/02/0165, ZVR 1989/200). Im konkreten Fall wurde aber vom Berufungswerber unter Verweis auf die Angabe eines behördlichen Kennzeichens MD 77PX, welches er niemals gelenkt habe, die Möglichkeit einer Verwechslung behauptet. Aufgrund des dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark vorliegenden erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Murau ergibt sich folgender, für diese Entscheidung maßgeblicher Sachverhalt:
Der Berufungswerber befuhr am 19.11.1996 die B 96, wobei er um 10.25 Uhr in Scheifling, Bezirk Murau, im Hermatunnel, auf Höhe Strkm. 18,35, in Richtung Unzmarkt als Lenker des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen MU 1ZRB (Pkw) die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 19 km/h überschritten hat. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde. Demnach wurde die erwähnte Geschwindigkeitsüberschreitung von RI. G des Gendarmeriepostens Scheifling mittels einer geeichten Laserpistole der Type LR 90-235/P, Nr. S 144, welche ordnungsgemäß bedient wurde, festgestellt. Die Messung ergab 103 km/h und wurden gemäß den einschlägigen Verwendungsbestimmungen die entsprechenden Toleranzwerte in Abzug gebracht. Die gemessene Geschwindigkeit wurde vom Display abgelesen und schloß der im erstinstanzlichen Verfahren als Zeuge einvernommene Meldungsleger auch eine Verwechslung hinsichtlich des angeführten Fahrzeuges aus, da eine Übereinstimmung zwischen Kennzeichen und Fahrzeugtype bzw. auch Farbe gegeben war.
In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:
§ 20 Abs 1 StVO 1960 normiert die Anpassung der Fahrgeschwindigkeit an die gegebenen Umstände (Straßen-, Verkehrs- Sichtverhältnisse; Eigenschaft des Fahrzeuges, Ladung) oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigte Umstände. Diese Norm ist in Verbindung mit § 52a Z 10 StVO zu sehen; die durch Verkehrszeichen ausgeschilderten Höchstgeschwindigkeiten sind ab dem Standort des Zeichens einzuhalten.
Durch die zuvor getroffenen Feststellungen hat der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen. Von dem mittels Laserpistole gemessenen Wert von 103 km/h wurden, wie bereits kurz erwähnt, gemäß den Verwendungsbestimmungen für derartige Meßgeräte 3% des Meßwertes in Abzug gebracht, womit sich eine tatsächliche Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit im Tatortbereich von 19 km/h ergibt. Dieser Umstand war auch auslösendes Moment dafür, den Spruch des angefochtenen Bescheides entsprechend zu modifizieren. Dies war auch außerhalb der für Verwaltungsübertretungen wie der gegenständlichen im Sinne des § 31 Abs 2 VStG geltenden Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten zulässig, da grundsätzlich das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 52 Z 10 a StVO darstellt (VwGH 29.9.1989, 89/18/0108), wohl aber die ziffernmäßige Angabe der gemäß § 52 Z 10 a StVO erlaubten Höchstgeschwindigkeit (VwGH 20.1.1988, 87/03/0197 u. a.).
Desgleichen wurde der auf einem offensichtlichen Irrtum der belangten Behörde beruhende, den Tatort näher konkretisierende, allgemeine Hinweis ...auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h... weggelassen, muß doch als generell bekannt vorausgesetzt werden, daß auf Freilandstraßen gemäß § 20 Abs 2 StVO grundsätzlich nicht schneller als 100 km/h gefahren werden darf.
In Verkennung des aufgezeigten Umstandes wurde seitens der belangten Behörde als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a Z 2 VStG, darüber hinaus auch § 20 Abs 2 StVO anstatt richtig § 52 a Z 10 a StVO angeführt, weshalb auch diesbezüglich der Bescheidspruch richtigzustellen war. Diese Richtigstellung war ebenfalls außerhalb der zuvor erwähnten Verfolgungsverjährungsfrist möglich, insofern dem Berufungswerber kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wurde (VwGH 23.10.1995, 93/04/0191 u.v.a.), da hinsichtlich einer rechtlichen Qualifikation keine Verfolgungsverjährung eintreten kann.
Im konkreten Fall ist dazu auszuführen, daß dem Berufungswerber jeweils die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zur Last gelegt wurde, woraus sich zweifelsfrei ergibt, daß niemals eine Verwaltungsübertretung des § 20/2 StVO vorliegen kann bzw. erachtet wurde. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, daß aus der im Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Murau erliegenden Anonymverfügung vom 2.12.1996 hervorgeht, sieht man von der zahlenmäßigen (hier: 20 km/h) Angabe der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ab, exakt jener Tatvorwurf hervorgeht, der dem nunmehr mit der gegenständlichen Berufungsentscheidung modifizierten Spruch des angefochtenen Bescheides entspricht. In dieser Anonymverfügung wurde offensichtlich auch das Kennzeichen des vom Berufungswerber zur Tatzeit gelenkten Pkw richtig wiedergegeben, wie ein Vergleich mit der diesem Verfahren zugrundeliegenden Strafanzeige zeigt.
Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wurde im angefochtenen Bescheid das Kennzeichen des Fahrzeuges, mit dem der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen hat, mit MD-77PX (Kombi) angegeben. Eine Richtigstellung des behördlichen Kennzeichens durch die Berufungsbehörde war zulässig, da das polizeiliche Kennzeichen eines Fahrzeugs bei einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung kein Tatbestandsmerkmal bildet (VwGH 20.3.1991, 90/02/0185).
Zur Geschwindigkeitsmessung generell - ein konkretes, eine allfällige Fehlmessung betreffendes Berufungsvorbringen wurde ohnedies nicht erstattet - ist abschließend auszuführen, daß ein vorschriftsgemäß geeichter Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit darstellt. Einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers betrauten Beamten ist die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten (vgl. VwGH 16.3.1994, 93/03/0317).
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die übertretene Norm des § 20 Abs 1 StVO zielt wie nahezu alle Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung darauf ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Daher ist die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen,
insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Gegen den Schutzzweck der übertretenen Norm hat der Berufungswerber zumindest fahrlässig verstoßen.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Als mildernd wurde nichts, als erschwerend war entgegen der unzutreffenden Ausführung im angefochtenen Bescheid eine zumindest auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende rechtskräftige Strafvormerkung zu berücksichtigen. Diese wegen einer Verwaltungsübertretung des § 20 Abs 2 StVO am 23.4.1996 erfolgte Verurteilung des Berufungswerbers war schlußendlich ausschlaggebend dafür, daß die verhängte Geldstrafe nicht herabgesetzt wurde. Eine solche Herabsetzung war ursprünglich im Hinblick auf die diesbezüglichen Berufungsvorbringen vorgesehen.
Auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von S 17.000,--, Sorgepflichten für zwei Kinder, Besitz eines Wohnhauses) sind nicht geeignet, die Strafhöhe herabzusetzen, zumal sie sich ohnehin schon im unteren Bereich des Strafrahmens befindet und die Strafe grundsätzlich einen spürbaren Nachteil darstellen soll, um der neuerlichen Begehung derartiger Übertretungen wirksam vorzubeugen.
Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.