TE UVS Wien 1998/02/23 07/A/36/47/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch den Vorsitzenden Dr Pipal, den Berichter Mag Fritz und die Beisitzerin Dr Rotter über die Berufung des Herrn Karl K, gegen das an Herrn Radivan L gerichtete Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 17. Bezirk, vom 12.11.1996, Zl MBA 17-S 6323/96, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 17. Bezirk, vom 12.11.1996 wurde Herr Radivan L schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener (§ 9 Abs 1 VStG) der L GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit dem Sitz in Wien, K-gasse, am 03.09.1996 in der Videothek in Wien, K-gasse die jugoslawische Staatsangehörige Sanja D als Verkäuferin beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländerin weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Er habe dadurch § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl Nr 218/1975, idgF (AuslBG) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über Herrn Radivan L gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a zweiter Strafsatz AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurden die von Herrn Radivan L zu ersetzenden Verfahrenskosten mit S 2.000,-- bestimmt.

Dieses Straferkenntnis wurde laut dem im Verwaltungsstrafakt liegenden Rückschein (RSb-Brief, Formular 4 zu § 22 des Zustellgesetzes) nach einem erfolglosen Zustellversuch am 21.11.1996 beim Postamt 1170 Wien hinterlegt (Beginn der Abholfrist: 22.11.1996).

Gegen dieses Straferkenntnis wurde mit Schreiben vom 07.12.1996 (an die Erstbehörde an diesem Tag per Telefax übermittelt), erstattet auf Kopfpapier der "Betriebswirtschafts-Kanzlei Karl K, Wien, R-gasse", Berufung wie folgt erhoben:

"Ihre Straferkenntnis vom 12.11.96, zugestellt an Radivan L über 20.000 + 2.000 wurde leider vom Sohn Drage L am 29.11.96 persönlich von der Post abgeholt. Fälschlicherweise! Ich bin im Firmenbuch Eingetragener Prokurist und für die Gesellschaft bzw deren Gesellschafter vertretungsbefugt. Eine diesbezüglich Vollmachtskopie lege ich bei. Gegen Ihre Straferkenntnis vom 12.11.96, über 22.000,- gem § 28/1/1 lit a mit § 3/1, Ausländerbeschäftigungsgesetz legen wir Berufung ein und begründen wie folgt: ...Sie behaupten die staatsangehörige jugoslawische Sanja D hätte keine Beschäftigungsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis. Demgegenüber legen wir Ihnen sämtliche amtlichen Papiere in Kopie vor und beantragen obiges Straferkenntnis zurückzunehmen.

Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung"

Gezeichnet ist dieser Schriftsatz (offenbar) von Herrn Karl K persönlich. Eine schriftliche Vollmachtsurkunde lag der Berufung nicht bei. Der Berufung war aber ua ein Firmenbuchauszug betreffend die Firma L GesmbH angeschlossen. Laut diesem Firmenbuchauszug ist Herr Karl K Prokurist der L GesmbH, wobei er seit 19.03.1992 selbständig vertrete.

Mit ha Schreiben vom 16.01.1998 wurde Herr Karl K darauf hingewiesen, daß eine (in seiner Berufung erwähnte) Vollmachtsurkunde der Berufung nicht angeschlossen gewesen sei (lediglich ein Firmenbuchauszug sei beigelegen). Er wurde daher gemäß § 10 Abs 1 AVG iVm § 13 Abs 3 AVG aufgefordert, binnen einer Frist von 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens die von ihm behauptete Vollmachtskopie vorzulegen. Hingewiesen wurde darauf, daß nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die Berufung gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen werden müßte. Der Vollständigkeit halber wurde auch darauf hingewiesen, daß die Berufung ferner verspätet eingebracht worden sei. Am 27.01.1998 teilte Herr K telefonisch mit, daß der (der Berufung angeschlossen gewesene) Firmenbuchauszug die von ihm erwähnte "Vollmacht" sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht den Parteien im Verwaltungsstrafverfahren das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Nach § 10 Abs 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich gemäß § 10 Abs 2 leg cit nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen. Als Bevollmächtigte sind nach Abs 3 der genannten Bestimmung solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

Formgebrechen schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr gemäß § 13 Abs 3 AVG dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Diese Bestimmungen sind zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

In ständiger Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß ein der Verbesserung zugänglicher Formfehler anzunehmen ist, wenn eine Eingabe zwar auf ein Vollmachtsverhältnis hinweist, eine Vollmacht aber nicht vorgelegt wird oder wenn eine juristische Person bevollmächtigt worden ist (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 30.06.1994, Zl 91/06/0240). Für Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis ist bei schriftlicher Bevollmächtigung der in der Bevollmächtigungsurkunde festgehaltene Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers maßgebend (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 20.10.1989, Zl 89/17/0187). Die Prokura ist eine Vollmacht mit gesetzlich umschriebener Vertretungsbefugnis. Gemäß § 49 Abs 1 HGB ermächtigt die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Nach Artikel 6 Nr 10 der Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch bedarf es zu den Geschäften und Rechtshandlungen, zu denen die Prokura oder die Handlungsvollmacht ermächtigt, keiner besonderen Vollmacht nach § 1008 des österreichischen Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Mit dem angefochten Straferkenntnis wurde Herr Radivan L einer Übertretung des AuslBG (als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L GesmbH) schuldig erkannt und hiefür bestraft. In der von Herrn Karl K eingebrachten Berufung führt dieser aus, er sei im Firmenbuch eingetragener Prokurist und für die Gesellschaft bzw deren Gesellschafter vertretungsbefugt. Wie schon oben erwähnt wurde, scheint Herr Karl K in dem von ihm vorgelegten Firmenbuchauszug als Prokurist der L GesmbH auf (er vertritt seit 19.03.1992 selbständig).

Der Prokurist kann die Gesellschaft auch im verwaltungsbehördlichen Verfahren als rechtsgeschäftlicher Vertreter vertreten, soweit es sich um Verwaltungsverfahren handelt, die der Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 09.04.1986, Zl 85/09/0276). Der Berufungswerber ist darauf hinzuweisen, daß die Vertretung in (Verwaltungs-) Strafsachen auf keinen Fall zu den Agenden eines Prokuristen iSd §§ 48 ff HGB gezählt werden kann. Wegen des strafrechtlichen Charakters handelt es sich vielmehr um eine persönliche Angelegenheit des Geschäftsführers (der Gesellschaft mbH). Die Vertretung in einer Verwaltungsstrafsache wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, begangen durch die bewilligungslose Beschäftigung einer Ausländerin als Verkäuferin in einer von der GmbH betriebenen Videothek, ist keine Angelegenheit, die der Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt. Im vorliegenden Fall ist Herr Karl K als Einschreiter iSd § 13 Abs 3 AVG aufgetreten. Aus diesem Grund wurde auch ihm als grundsätzlich für eine Bevollmächtigung geeignete physische Person die Behebung des nach der Lage im vorliegenden Fall als Formgebrechen zu wertenden Bevollmächtigungsmangels aufgetragen (vgl dazu auch das Erkenntnis des VwGH vom 25.11.1987, Zl 87/09/0174).

Der Berufungswerber hat den ihm zugestellten Verbesserungsauftrag (nämlich seine Vertretungsbefugnis durch eine schriftliche Vollmachtsurkunde nachzuweisen) nicht entsprochen, sondern lediglich telefonisch mitgeteilt, daß der (seiner Berufung angeschlossen gewesene) Firmenbuchauszug die von ihm erwähnte Vollmacht sei.

Aufgrund der obigen Erwägungen war die vorliegende Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Berufung auch verspätet eingebracht worden ist (Zustellung an Herrn Radivan L durch Hinterlegung am 22.11.1996; Einbringung der Berufung am 07.12.1996 per Telefax).

Gemäß § 51e Abs 1 erster Fall VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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