TE UVS Steiermark 1998/02/27 30.7-78/97

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Veröffentlicht am 27.02.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des Herrn Heinz K, wohnhaft in G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 3.7.1997, GZ.: III/S- 19.757/95, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 3.7.1997, GZ III/S-19.757/95, wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 1 1. Fall LGBl. 158/1975, eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Ihm wurde vorgeworfen, er habe am 6.9.1995, um ca. 13.40 Uhr, in G, Tennisplatz auf dem Parkgelände gegenüber dem Hause M. Nr. 18, durch Belästigen der Kinder und Jugendlichen, den öffentlichen Anstand verletzt. Das angeführte Verhalten habe der herrschenden Sitte widersprochen und habe die allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit in der Öffentlichkeit verletzt.

Mit der hiezu rechtzeitig eingebrachten Berufung bestreitet der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und führt sachbezogen aus, daß die ihm zur Last gelegte Tat von anderen begangen wurde und beantrage er die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen und konnte gemäß § 51 e Abs 1 VStG auch von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

Wer den öffentlichen Anstand verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 1 1. Fall LGBL. Nr. 158/1975 und ist hiefür gemäß § 3 Abs 1 leg. cit. von der Bezirksverwaltungs-behörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen. Im konkreten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe durch Belästigen von Kindern und Jugendlichen zu einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit den öffentlichen Anstand verletzt. Eine Konkretisierung, wodurch, d.h. durch welches konkrete Verhalten, das Belästigen der Kinder und Jugendlichen bestanden habe, findet sich weder im Spruch des Straferkenntnisses, noch in der Begründung, die sich lediglich auf die Wiedergabe von Zeugenaussagen beschränkt.

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich; es müssen somit auch jene Tatumstände enthalten sein, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob und durch welches Verhalten eine Anstandsverletzung im Sinne des § 1 1. Fall LGBl. Nr. 158/75 vorlag.

Das angefochtene Straferkenntnis erfüllt jedenfalls dieses Erfordernis nicht, muß doch nach ständiger Rechtsprechung des VwGH der Spruch eines Straferkenntnisses so gefaßt sein, daß die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, als aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, daß ihm einerseits die als erwiesen angenommene Tat, andererseits die verletzte Verwaltungs-vorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird (siehe VwGH vom 25.2.1992, 91/04/0277 sowie vom 22.10.1992, 92/18/0040).

Eine Berichtigung bzw. Konkretisierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses war der Berufungsbehörde deshalb verwehrt, da innerhalb der Frist der §§ 31 und 32 VStG eine rechtswirksame Verfolgungshandlung, die sich auf alle der Bestrafung zugrundelegenden Sachverhaltselemente bezogen hat, nicht gesetzt worden ist.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz ergibt sich nämlich, daß innerhalb der Frist des § 31 Abs 1 VStG zwischen 6.9.1995 und 6.3.1996 nur eine einzige Verfolgungs-handlung in Erscheinung trat, nämlich die Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren an den Beschuldigten vom 12.10.1995. Diese Ladung, die zwar grundsätzlich eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen darstellt, entspricht hier aber genauso wenig dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG. Aus den oben angeführten Gründen war daher das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Schlagworte
Anstandsverletzung Belästigung Konkretisierung Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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