TE UVS Steiermark 1998/03/16 303.4-4/97

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Veröffentlicht am 16.03.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch eine aus den Senatsmitgliedern Dr. Peter Schurl, Dr. Klaus Stühlinger und Dr. Michael Herrmann gebildete Kammer über die Berufung von Herrn Helmut F, wh in K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 04.07.1997, GZ.:

15.1 1997/5619, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung

Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 04.07.1997 war über Herrn Helmut F eine Geldstrafe von S 100.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, wegen Übertretung der §§ 29 und 39 Abs 1 lit a Z 4 AWG verhängt worden. Der Schuldspruch des Straferkenntnisses lautet wie folgt:

Im Zuge von örtlichen Erhebungen wurde festgestellt, daß Sie zwischen dem 14.01.1997 und dem 10.04.1997 auf dem Grundstück Nr. 346 und 366/1 KG T, größere Mengen an Betonabbruch, Asphaltaufbruch, sowie Baum- und Schnittmaterialien ablagern. Weiters wurde am 10.04.1997 festgestellt, daß ein Teil der am 14.01.1997 gelagerten Betonrestmassen in der Zwischenzeit gebrochen und ebenfalls im Grubenbereich gelagert werden. Im Zuge dieser Erhebung kam ein Sattelzug der Firma F, Wagennummer 14, beladen mit Betonabbruchmaterialien in die Grube gefahren. Sie betreiben eine Abfallbehandlungsanlage ohne im Besitze der nach § 29 AWG erforderlichen Genehmigung zu sein.

Diesen Schuldspruch konkretisierende Ausführungen finden sich in der Begründung des Straferkenntnisses nicht; im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens war Herrn Helmut F die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.05.1997, wortgleich dem Spruch des Straferkenntnisses, vorgehalten worden.

Diesem Straferkenntnis vorangegangen war eine Mitteilung des Landeshauptmannes der Steiermark als Abfallwirtschaftsrechtsbehörde vom 16.04.1997 an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als zuständiger Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz, aus welcher sich zwar ergibt, Helmut F sei Auftraggeber einer nicht genehmigten Ablagerung von Betonabbruch, Asphaltaufbruch sowie Baum- und Strauchschnittmaterial in der sogenannten Wallnergrube, in welcher auch Betonrestmassen gebrochen und neben anderen Abbruchmaterialien gelagert würden; konkretere Fakten sind dieser Mitteilung nicht entnehmbar.

Gegen das Straferkenntnis vom 04.07.1997 hat Helmut F fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese im wesentlichen damit begründet, am konkreten Standort bestünde eine gewerberechtlich genehmigte Beton-Recyclinganlage, auch ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren stünde unmittelbar vor dem Abschluß; sinngemäß geht aus der Berufung hervor, der Berufungswerber vertrete den Standpunkt, eine Genehmigung gemäß

Bestimmungen des AWG sei für das konkrete Vorhaben nicht erforderlich.

Von seiten der Berufungsbehörde wurden sodann die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als zuständige Gewerbebehörde sowie der Landeshauptmann der Steiermark als zuständige Wasserrechts- und Abfallwirtschaftsrechtsbehörde zur Abgabe detaillierter Stellungnahmen in jeweils anlagenrechtlicher Hinsicht aufgefordert; die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung hat mit Schreiben vom 04.11.1997 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 05.04.1996, GZ.:

4.1 F 33-1995, vorgelegt, mit welchem Herrn Helmut F die gewerberechtliche Genehmigung der Änderung der auf den Grundstücken Nr. 346 und 366/1 KG T, Marktgemeinde K, betriebenen Sand- und Kiesgewinnungsstätte durch die Errichtung und den Betrieb einer Betonabbruch-Recyclinganlage inklusive Lagerung von Betonabbruch rechtskräftig erteilt worden war. Der Landeshauptmann der Steiermark hat mit Schreiben vom 23.09.1997 bekanntgegeben, es sei richtig, daß ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren anhängig wäre. Im Zuge dieses Verfahrens sei festgestellt worden, daß im abgesenkten Grubenbereich nicht inertes Aushubmaterial, sondern Baurestmassen im Sinne der Baurestmassentrennverordnung 1991 abgelagert worden wären, wobei hiefür eine abfallrechtliche Genehmigung im Sinne des § 29 Abs 1 Z 6 AWG erforderlich gewesen wäre.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Dieser entscheidet gemäß § 51 c VStG, wenn, wie im konkreten Fall, eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht. Gemäß § 51e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 leg cit vorgenommen worden ist; die Verjährungsfrist bei einer Verwaltungsübertretung wie der verfahrensgegenständlichen beträgt sechs Monate, diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

Gemäß § 32 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten, von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache, Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung. Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten stafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Taten betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich. Gemäß der Strafnorm des § 39 Abs 1 lit a Z 4 AWG, auf welche das angefochtene Straferkenntnis verweist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Geldstrafe von S 50.000,-- bis S 500.000,-- zu bestrafen, wer eine Abfall- oder Altölbehandlungsanlage errichtet, betreibt oder ändert, ohne im Besitz der nach den §§ 28 und 29 erforderlichen Genehmigung zu sein.

§ 29 Abs 1 leg. cit. normiert in den Bestimmungen der Z 1 bis Z 6 die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigungspflicht für jeweils detailliert beschriebene, besondere Abfall- und Altölbehandlungsanlagen; gemäß § 29 Abs 1 Z 6 AWG bedarf die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Deponien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 100.000 m3 einer Genehmigung des Landeshauptmannes.

Wie durch das von der Berufungsbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren geklärt werden konnte, bestand die Absicht, durch die Mitteilung der zuständigen Abfallwirtschaftsrechtsbehörde vom 16.04.1997 an die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung eben dieser gesetzlichen Bestimmung einzuleiten. Trotz der Anführung dieser Strafnorm in dieser Mitteilung konnte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz jenen Zusammenhang zur Bestimmung des § 29 Abs 1 Z 6 AWG, der in sachverhaltsmäßiger Hinsicht erst aus dem an die Berufungsbehörde gerichteten Schreiben dieser Behörde vom 23.09.1997 ersichtlich ist, nicht erkennen; die unbefugte Ablagerung von Baurestmassen ist, wie bereits ausgeführt, erstmals dieser Mitteilung vom 23.09.1997 zu entnehmen, Angaben über die Lagermengen (mindestens 100.000 m3), aus welchen sich die Zuordnung der Ablagerungen zur Bestimmung des § 29 Abs 1 Z 6 AWG eventuell ergeben hätte können, gibt es nicht.

Die rechtliche Beurteilung ergibt somit, daß dem nunmehrigen Berufungswerber im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens in keiner Weise ein so konkreter Tatvorwurf gemacht worden ist, der dem diesbezüglichen Konkretisierungsgebot im Sinne der dargestellten Rechtslage (vgl. VwGH 16.03.1983, 82/03/0125) entsprechen würde. Es liegt somit keine, alle Tatbestandsmerkmale enthaltende Verfolgungshandlung vor, welche zur Grundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens durch Unterbrechung der Verfolgungsverjährung hätte führen können (vgl. VwGH 25.02.1992, 91/04/0277).

Es war daher im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Deponie Abfallbehandlungsanlage Landeshauptmann Lagermengen Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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