TE UVS Steiermark 1998/03/23 30.11-2/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.03.1998
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung der Frau Ulrike B, J-weg 38, S, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 3.9.1996, GZ.: 15.1 1996/7156 und vom 18.9.1996, GZ: 15.1 1996/6243, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, die Straferkenntnisse behoben und die Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 3.9.1996, GZ.: 15.1 1996/7156, wurde die Berufungswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Autotransporte B Transporte und Schönheitsstudio GmbH wegen dreier arbeitszeitrechtlicher Übertretungen zu Geldstrafen von ingesamt S 11.000,-- verurteilt.

Mit Straferkenntnis vom 18.9.1996, GZ.: 15.1 1996/6243, warf die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung der Berufungswerberin als handelsrechtlicher Geschäftsführerin der B Autotransporte zwei Übertretungen nach der EG-VO 3820/85 vor und verhängte über sie zwei Geldstrafen im Gesamtausmaß von S 4.500,--.

Gegen diese beiden Straferkenntnisse erhob die Berufungswerberin fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und bestritt die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen, wobei sie in einem Verfahren auch vorbrachte, daß ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden wäre und sie daher für die Übertretungen nicht herangezogen werden könne.

Am 23.3.1998 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an der die Berufungswerberin und ein Vertreter der mitbeteiligten Partei (Arbeitsinspektorat Graz) teilnahmen und in deren Verlauf neben der Berufungswerberin auch der Zeuge Ing. Gerhard K einvernommen wurde.

Die Berufungsbehörde ging bei ihrer Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Im Jahre 1992 wurde die A Schönheitsstudio Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Transportfirma B, die als Einzelunternehmen geführt wurde, in einer gemeinsamen GesmbH miteinander verbunden und als neuer Firmenname "A-B Transporte - Schönheitsstudio GmbH" gewählt. Handelsrechtliche Geschäftsführerin dieses Unternehmens war die Berufungswerberin. Im Jahre 1995 kam es zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrages in der Form, daß der Firmenname auf "Autotransporte B-Transporte und Schönheitsstudio GmbH" geändert wurde. Sonstige Änderungen gab es nicht. Über die Autotransporte B-Transporte und Schönheitsstudio GmbH wurde im März 1997 das Insolvenzverfahren eröffnet. Ein Zwangsausgleichsverfahren ist derzeit noch anhängig. Seit ca. 10 Jahren ist Ing. Gerhard K im Transportunternehmen angestellt. Firmenintern war er bis zur Einleitung des Insolvenzverfahrens für die Disposition, Einteilung der Autos, Werkstätte und Fuhrpark verantwortlich.

Am 22.4.1993 wurde Ing. Gerhard K von der Berufungswerberin in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin für den Bereich Fuhrpark und Werkstätte zum verantwortlichen Beauftragten bestellt. Zum Verantwortungsbereich gehörte unter anderem die Einhaltung des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes. Mit seiner Unterschrift bestätigte Ing. K seiner Bestellung zugestimmt zu haben. Am 3.5.1993 richtete das Arbeitsinspektorat Graz an die A - B Transporte Schönheitsstudio GmbH mit Sitz in G, K-straße 501, ein Schreiben, wobei angefragt wurde, ob das Schreiben vom 22.4.1993 als Mitteilung gemäß § 23 ArbIG anzusehen sei. Außerdem wurde ein Formblatt mitgeschickt und ersucht dieses auszufüllen und zu retournieren, da wesentliche Angaben im Schreiben vom 22.4.1993 fehlen würden. Daraufhin wurde das Formblatt des Arbeitsinspektorates über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ausgefüllt und von der Berufungswerberin und Ing. K unterfertigt. Darin wird unter anderem angeführt, daß Ing. K leitender Angestellter für den Transportsektor sei und sich der sachliche Zuständigkeitsbereich auf die Einhaltung aller Arbeitnehmerschutzvorschriften erstrecke. Dieses Formblatt wurde eingeschrieben an das Arbeitsinspektorat Graz geschickt. Im März und April 1996 wurden zwei Berufskraftfahrer der Autotransporte B Transporte und Schönheitsstudio GmbH kontrolliert und insgesamt fünf Übertretungen arbeitszeitrechtlicher Bestimmungen festgestellt, die in weiterer Folge der Berufungswerberin als handelsrechtlicher Geschäftsführerin angelastet wurden.

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich in erster Linie auf die Angaben der Berufungswerberin und des Zeugen Ing. K. Die Feststellungen über das Unternehmen sowie die Urkunden über die Bestellung von Ing. K zum verantwortlichen Beauftragten konnten auf Grund der Aktenlage getroffen werden.

Rechtliche Beurteilung:

§ 9 VStG ("besondere Fälle der Verantwortlichkeit") lautet

auszugsweise:

(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereich des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereich des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."

§ 23 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 - ArbIG - ("Bestellung von verantwortlichen Beauftragten") lautet:

(1) Die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 und 3 des Verwaltungstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes wird erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangung der Behörde gemäß § 9 Abs 2 VStG.

(2) Arbeitnehmer/innen können für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes zu verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 und 3 VStG rechtswirksam nur bestellt werden, wenn sie leitende Angestellte sind, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind.

(3) Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin hat den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten nach Abs 1 dem zuständigen Arbeitsinspektorat unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

Die Berufungswerberin bestellte Anfang Mai 1993 Ing. Gerhard K zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich des Transportunternehmens. Die schriftliche Bestellungsurkunde wurde auch ordnungsgemäß dem Arbeitsinspektorat Graz übermittelt. Im Jahre 1993 lautete der Firmenname noch auf A - B Transporte Schönheitsstudio GmbH mit Sitz in der K-Straße Nr. 501, G. Zum Zeitpunkt der nunmehrigen Übertretungen wurde der Firmenname nur geringfügig verändert, sonstige (gravierende) Veränderungen des Unternehmens fanden aber nicht statt. Auch der Sitz des Unternehmens war nach der geringfügigen Änderung des Firmennamens weiterhin die K-Straße 501 in S. Es ist aus der Bestimmung des § 9 VStG (und auch aus jener des § 23 ArbIG) nicht zu entnehmen, daß ein Unternehmen verpflichtet wäre jede - auch nur so geringfügige - Änderungen des Firmennamens dem Arbeitsinspektorat zu melden bzw. sogar eine neuerliche Bestellungsurkunde mit dem geänderten Firmennamen zu erstellen und dem Arbeitsinspektorat zu übermitteln. Damit geht auch der Einwand des Arbeitsinspektorates Graz in der schriftlichen Stellungnahme vom 18.2.1998 ins Leere, worin mitgeteilt wurde, daß die Anzeige die "Autotransporte B-Transporte und Schönheitsstudio GmbH" betroffen habe, die vorliegende Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten als Arbeitgeber jedoch die "A - B Transporte - Schönheitsstudio GmbH" aufweise. Somit liege - so das Arbeitsinspektorat weiter - keine rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die vom Arbeitsinspektorat angezeigte Gesellschaft auf. Wie bereits ausgeführt, wurde nur der Firmenname geringfügig verändert, das Unternehmen blieb aber ansonsten unverändert bestehen.

Ing. Gerhard K wurde Anfang Mai 1993 rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften im Transportbereich bestellt. Die verfahrensgegenständlichen arbeitszeitrechtlichen Übertretungen können daher nicht der Berufungswerberin verwaltungsstrafrechtlich angelastet werden. Es war daher in beiden anhängigen Berufungsverfahren der Berufung Folge zu geben, die angefochtenen Straferkenntnisse zu beheben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Bestellungsurkunde Wirksamkeit Fortbestand Unternehmen Firmennahme Änderung Identität verantwortlicher Beauftragter
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten