Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Ganglbauer, Dr. Hütter und Dr. Liebenwein über die Berufung des Herrn Franz P, geb. am 20.03.1939, vertreten durch Herrn Dr. R. Horst L, Rechtsanwalt in F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 03.11.1997, GZ.: 15.1 1996/126, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen.
Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung dahin Folge gegeben, daß nach § 19 VStG die Geldstrafe mit S 10.000,-- (Ersatzarrest 2 Tage nach § 16 VStG) neu festgesetzt wird.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verfahren der ersten Instanz auf S 1.000,--.
Dem Berufungswerber wird aufgetragen, die Geldstrafe und den Kostenbeitrag binnen vier Wochen bei Exekution zu bezahlen.
Die Bezirkshauptmannschaft Feldbach als Behörde der ersten Instanz (die belangte Behörde) warf dem Berufungswerber mit Straferkenntnis folgenden Sachverhalt vor:
Er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Franz P Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Gnas dafür verantwortlich, daß am 13.12.1995 um 15.00 Uhr bei der ostseitigen Dachfläche bei einer Dachneigung von 45 Grad und einer Absturzhöhe von 5,4 m des Wohnhauses Dr. P in Unterpremstätten, Josef-Krainer-Straße, der Arbeitnehmer Gottfried R Dacheindeckungsarbeiten durchgeführt habe, obwohl am Dach keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen seien, die den Absturz von Menschen, Material und Gerät in sicherer Weise verhindert hätten.
Dadurch sei § 87 Abs 3 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV verletzt worden.
Nach § 130 Abs 1 Z 19 Arbeitnehmerschutzgesetz - ASchG wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzarrest 14 Tage) verhängt. Der Beschuldigte berief mit folgender - zusammengefaßter - Begründung:
Unter Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde geltend gemacht, daß das Fahrzeug, mit welchem Gottfried R und Ronald J zur Baustelle gefahren seien, mit den notwendigen Schutzeinrichtungen ausgerüstet gewesen sei. Jeder einzelne Arbeiter sei auch schriftlich über die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften unterwiesen worden. Der Beschuldigte habe daher das grundsätzlich Notwendige vorgekehrt, um einen Unfall zu verhindern. Die im erstinstanzlichen Verfahren vom Zeugen Gottfried R geäußerte Ansicht, daß Ronald J der Verantwortliche gewesen sei, sei nicht richtig und eine bloße Schutzbehauptung. Zu Beginn der Arbeiten am 13.12.1995 seien die notwendigen Schutzeinrichtungen auf dem Dach angebracht gewesen. Im angefochtenen Bescheid sei auf die Niederschrift des Gottfried R vom 12.03.1996 in keiner Weise Bezug genommen worden, weshalb die Tatsachenfeststellungen mangelhaft seien. Unter unrichtiger rechtlicher Beurteilung wurde unter anderem vorgebracht, daß die Baustellen in regelmäßigen Abständen kontrolliert worden seien. Wiederkehrend wurde vorgebracht, daß die Scheuchen vorzeitig von den Arbeitnehmern abgebaut worden seien. Dem Beschuldigten könne daraus kein Vorwurf gemacht werden, weshalb das Verfahren einzustellen sei.
Zur Straffrage wurde ausgeführt, daß das Verschulden allenfalls geringfügig sein könne, die Hauptschuld liege bei den Mitarbeitern R und J. Die im Straferkenntnis als erschwerend erwähnte einschlägige Vorstrafe sei aufgrund eines Bescheides aus dem Jahr 1991 erlassen worden und demnach im Sinne des § 55 VStG getilgt. Sie hätte daher nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Allenfalls sei eine Geldstrafe von S 5.000,-- gerechtfertigt. Es möge daher das Verfahren eingestellt, in eventu die Strafsache an die erste Instanz zurückverwiesen, in eventu eine Geldstrafe von S 5.000,-- verhängt werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.
Wegen desselben Sachverhaltes wurde der zweite handelsrechtliche Geschäftsführer, Herr Johann H, bestraft und hat Berufung erhoben. Die gegenständliche Berufungssache wurde daher mit der Berufungssache UVS 303.12-40/97 am 30.03.1998 in Gegenwart der beiden Berufungswerber und ihres Vertreters sowie eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Graz als mitbeteiligter Partei gemeinsam verhandelt. Hiebei wurden die beiden Berufungswerber als Parteien einvernommen sowie folgende Personen als Zeugen:
Der nunmehrige handelsrechtliche Geschäftsführer der Franz P Gesellschaft m.b.H., Herr Manfred P, der Arbeitsinspektor, Herr Ing. Karl G, sowie die beiden ehemaligen Arbeitnehmer der GesmbH, Herr Gottfried R und Herr Ronald J. Aufgrund der Beweisergebnisse gelangt die Berufungsbehörde zu folgenden Feststellungen:
Herr Johann H und Herr Franz P waren am 13.12.1995 handelsrechtliche Geschäftsführer der Franz P Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Gnas, welche in mehreren Sparten insgesamt ca. 80 Arbeitnehmer, darunter Herrn Gottfried R und Herrn Ronald J, beschäftigte. Die Gesellschaft hatte einen Baumeisterbetrieb und eine Dachdeckerei samt Spenglerei und ein Betonwerk. Es war zwischen den beiden handelsrechtlichen Geschäftsführern mündlich vereinbart, daß Herr Franz P alles macht, was die Dachdeckerei betrifft, Herr Johann H dagegen alles, was den Baumeisterbetrieb betrifft. Herr Manfred P ist der Adoptivsohn des Herrn Franz P und war dessen Stellvertreter.
Herr Gottfried R hatte selbst einen Dachdeckereibetrieb mit fünf bis sechs Arbeitnehmern, als er im Mai 1995 in Konkurs ging. Sein Betrieb wurde im August 1995 durch die Franz P Gesellschaft m.b.H. übernommen, wobei auch Herr J durch die GmbH beschäftigt wurde. Jede Arbeitspartie hatte einen Vorarbeiter, der von Herrn Manfred P oder auch von der Ehegattin des Herrn Franz P eingeteilt wurde. Die GmbH erhielt den Auftrag, auf der Baustelle Unterpremstätten, Dr. P, Josef-Krainer-Straße, eine Neueindeckung (Dachdecker- und Spenglerarbeiten) durchzuführen. Die Arbeit war in 14 Arbeitstagen mit einer Partie, bestehend aus zwei bis drei Mitarbeitern, zu bewältigen. Mit den Arbeiten wurde ca. eineinhalb Wochen vor dem 13.12.1995 begonnen. Die Arbeiten mußten wegen Schneefalles mehrmals für einen halben bis einen Tag unterbrochen werden. Als sie zuletzt vor dem 13.12.1995 unterbrochen wurden, war die Baustelle geräumt worden und die Scheuchen waren abmontiert worden. Der Wohntrakt war zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig gedeckt. Beim Ordinationstrakt war auf der Ostseite noch ein Teil von 6 bis 8 m2 ungedeckt, auf der gegenüberliegenden Seite war der abgesetzte Teil (Vordach) noch vollkommen ungedeckt. Weiters war noch der First zu machen, beim Wohntrakt waren noch die Abflußrohre anzubringen und die Baustelle war noch zusammenzuräumen. Für die Eindeckung des Vordaches
(abgesetzter Teil) hätte ein ganzer Arbeitstag ausgereicht. Am 13.12.1995 schneite es in der Früh leicht, weshalb die Arbeitnehmer nicht gleich in der Früh zur Baustelle fuhren. Da der Bauleiter drängte, das restliche Dach einzudecken, rief Herr Manfred P um 09.00 Uhr oder 10.00 Uhr Herrn J an und beauftragte ihn sowie Herrn Gottfried R und Herrn K, zur Baustelle zu fahren und die restliche Deckung vorzunehmen. Möglich waren die Arbeiten deswegen, weil der offene Bereich provisorisch mit einer Plane abgedeckt war. Herr J äußerte seine Bedenken wegen der widrigen Verhältnisse. Die Arbeitnehmer mußten aber trotzdem fahren und verließen den Betrieb um ca. 11.00 Uhr. Im Firmenwagen waren Schutzblenden und persönliche Sicherheitsausrüstungen der Arbeitnehmer eingepackt. Die Arbeitnehmer langten um 12.00 Uhr auf der Baustelle ein. Es wurden keine Dachschutzblenden angebracht. Das Dach wies eine Traufenhöhe von 5,4 m und eine Dachneigung von 45 Grad auf. Herr Gottfried R verwendete die persönliche Sicherheitsausrüstung und stürzte ca. eine halbe Stunde nach Eintreffen auf der Baustelle, als die Deckungsarbeiten gerade begonnen wurden, vom Dach und brach sich dabei zwei Lendenwirbel und biß sich die Zunge ein.
Die Arbeitnehmer waren bei Beginn ihrer Beschäftigung von Herrn Manfred P über die Arbeitnehmerschutzvorschriften unterwiesen worden. Sie hatten eine Kopie eines Buches der AUVA erhalten und schauten sich die schriftlichen Belehrungen bei Schlechtwetter auch selbst an. Zwischendurch gab es immer wieder Sicherheitsbelehrungen. Vor der Winterpause geben die Arbeitnehmer ihre Sicherheitseinrichtungen ab. Bevor sie im Frühjahr wieder zu arbeiten beginnen, kommen alle Arbeitnehmer zusammen, werden neu belehrt und fassen die Sicherheitseinrichtungen aus. Jeder Arbeitnehmer hat zu unterschreiben, daß er belehrt wurde. Diese Belehrungen machte in den letzten zwei bis drei Jahren Herr Manfred P.
Herr Manfred P, hatte die Baustelle am 01.12.1995 besucht, dies zu einem Zeitpunkt, als die Dachdeckungsarbeiten noch nicht im Gange waren.
Herr Gottfried R war Partieführer und Vorarbeiter der am 13.12.1995 tätigen Partie.
Der Sachverhalt stützt sich auf folgende Beweismittel:
Die die Gesellschaft betreffenden Angaben ergeben sich aus dem Firmenbuch bzw. aus den Aussagen der beiden Berufungswerber. In der Ergänzung zur Berufung war vorgebracht worden, daß die Dachdeckungsarbeiten am 07.12.1995 wegen eines Schneezuwachses von 13 cm unterbrochen werden mußten und nur mehr eine Restfläche von ca. 6 m2 zu decken gewesen wäre, was am 13.12.1995 hätte bewerkstelligt werden sollen.
Herr Manfred P sagte diesbezüglich aus, daß die Baustelle Ende November begonnen worden sei und die Arbeit in 14 Arbeitstagen mit einer Partie, bestehend aus zwei bis drei Mitarbeitern, zu bewältigen gewesen wäre. Übereinstimmend sind die Aussagen der Zeugen darin, daß die Arbeiten immer wieder wegen Schlechtwetters unterbrochen waren, nur die Dauer der Unterbrechungen ist nach den Aussagen unterschiedlich. Der Beginn der Arbeiten ist maximal eineinhalb Wochen vor dem 13.12.1995 anzusetzen, was sich aus der Aussage des Zeugen J ergibt. Dieser Zeuge konnte sich an den Sachverhalt gut erinnern und machte bei seiner Aussage einen sicheren Eindruck. Aus der Aussage dieses Zeugen geht auch hervor, daß die Unterbrechungen wegen Schlechtwetters wesentlich kürzer gedauert haben als vom Berufungswerber vorgebracht, nämlich nicht seit 07.12.1995, sondern jeweils nur für einen halben bzw. längstens einen Tag. Auch der Zeuge Gottfried R sprach davon, daß er erstmals am 12. oder am 11.12.1995 auf der Baustelle gearbeitet hat. Der Zeuge J sprach dezidiert davon, daß die Scheuchen am Vortag entfernt worden waren. Es steht daher fest, daß die in der Berufung behauptete Unterbrechung seit 07.12.1995 nicht stattgefunden hat, vielmehr zuletzt am 12.12.1995 auf der Baustelle gearbeitet wurde.
Das Vorbringen, es sei nur mehr eine Restfläche von 6 bis 8 m2 zu decken gewesen, ist unrichtig, da, wie sich aus den Lichtbildern ergibt, aber auch aus der Zeugenaussage von R und von J, die westseitige Dachfläche des Ordinationstraktes im Bereich des Vordaches (abgesetzter Teil) noch gänzlich ungedeckt war. Wenn Herr Manfred P aussagte, er habe Herrn Gottfried R am 13.12.1995 angerufen und ihn beauftragt, die Arbeiten fortzusetzen und ihn darauf hingewiesen, daß das Dach rutschig und gefährlich sei, war dieser Aussage deswegen nicht zu folgen, weil nach der unbedenklichen Aussage des Herrn J Herr Manfred P ihn - diesen Zeugen - am 13.12.1995 angerufen hat und ihn trotz Hinweises des Herrn J auf die widrigen Verhältnisse zusammen mit den weiteren Partiemitgliedern mit der Fortführung der Deckungsarbeiten beauftragte. Übereinstimmend sind die Aussagen aller Vernommenen bezüglich der Unterweisung der Arbeitnehmer über die Arbeitnehmerschutzvorschriften.
In der Berufung heißt es bezüglich der Frage der Baustellenkontrollen, daß die Baustelle zu ihrem Beginn von Herrn Manfred P kontrolliert worden sei. In der Niederschrift vom 15.10.1996 vor der belangten Behörde gab der Vertreter des Berufungswerbers an - und legte zum Beweis einen Fahrtenbuchauszug vor -, daß Herr Manfred P die Baustelle am 01.12.1995 kontrolliert habe. Herr Manfred P sagte als Zeuge aus, er habe die Baustelle sicher öfter als einmal kontrolliert, er könne das Datum aber nicht mehr nennen. Der Zeuge Gottfried R, der nach eigener Aussage erst den zweiten Tag auf der Baustelle war, sagte aus, es sei während der Zeit, als er dort arbeitete, einmal der Fall gewesen, daß Herr Manfred P die Baustelle kontrolliert habe. Diese Aussage erscheint nicht glaubwürdig. Der Zeuge Gottfried R verwies bei seiner Zeugenaussage darauf, daß der Vorfall zweieinhalb Jahre her sei und er die Frage des Vertreters des Berufungswerbers, ob es wegen Schlechtwetters eine längere Unterbrechung gegeben haben könne, nicht beantworten könne. Hingegen war der Zeuge J bei Ausführung der Dachdeckungsarbeiten auf dieser Baustelle von Anfang an dabei und sagte dezidiert aus, daß, solange er auf dieser Baustelle gearbeitet hat, in seiner Anwesenheit Herr Manfred P die Baustelle sicherlich nicht kontrolliert habe. Der Fahrtenbuchauszug nennt als Zweck der Fahrt lediglich Dr. P. Mag es sich auch um die falsche Wiedergabe des Namens Dr. P handeln, ergibt sich aus dem Fahrtenbuchauszug keineswegs, daß Herr Manfred P die Arbeitnehmer auf der Baustelle auf Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften kontrolliert hat. Nach eigener Aussage des Herrn Manfred P diente die Fahrt auch einer Nachbesprechung wegen der Lüftung. Nach Aussage des Herrn J hat Herr Manfred P die Baustelle vielleicht nur besichtigt. Aus der Aussage des Zeugen J, daß die Deckungsarbeiten maximal eineinhalb Wochen vor dem 13.12.1995 begonnen haben, ergibt sich aber auch, daß am 01.12.1995 die Arbeitnehmer noch keine Deckungsarbeiten durchgeführt haben und daher von Herrn Manfred P auch nicht kontrolliert worden sein konnten. Es ist daher keineswegs erwiesen, daß Herr Manfred P die Baustelle zu einer Zeit, als dort von Arbeitnehmern gearbeitet wurde, tatsächlich kontrolliert hat.
Die beantragte Fristsetzung zur Beischaffung der Stundenzettel, aus denen der genaue Arbeitsablauf hervorgeht in zeitlicher Hinsicht, sowie daß nurmehr eine kleine Restfläche am Tag des Unfalles zu decken war, war nicht zu gewähren, da der genaue Arbeitsablauf in zeitlicher Hinsicht für den Sachverhalt nicht relevant ist. Daß nicht nur mehr eine kleine Restfläche zu decken war, stand bereits aufgrund der aufgenommenen Beweise zweifelsfrei fest. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum der Berufungswerber die Stundenzettel nicht längst vorgelegt hat, wenn sie die von ihm angenommene Bedeutung für das Verfahren gehabt hätten.
Rechtsbeurteilung:
Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m müssen geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Bei besonderen Gegebenheiten, wie auf glatter, nasser oder vereister Dachhaut, die ein Ausgleiten begünstigen, müssen auch bei geringerer Neigung solche Schutzeinrichtungen vorhanden sein. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (§ 88).
Da am 13.12.1995 auf der Baustelle Dr. P in Unterpremstätten von Arbeitnehmern der Franz P Gesellschaft m.b.H. Dacharbeiten durchgeführt wurden, die Dachneigung 45 Grad betrug und eine Absturzhöhe von 5,4 m vorlag und keine Dachschutzblenden und auch kein Dachfanggerüst angebracht waren, liegt ein Verstoß gegen diese Bestimmung vor.
In der Berufung wurde damit argumentiert, es habe sich nur um geringfügige Arbeiten gehandelt. Nach § 87 Abs 5 BauV darf das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs 3 nur entfallen bei
1.)
geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als 1 Tag dauern,
2.)
Arbeiten am Dachsaum oder im Giebelbereich. In diesem Fall müssen die Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein. Wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen ergibt, handelte es sich um eine Dachneudeckung mit den gesamten Dachdecker- und Spenglerarbeiten. Daß das gesamte Dach von einer Partie aus zwei bis drei Arbeitnehmern nicht an einem Tag eingedeckt werden konnte, liegt auf der Hand. Daß dafür mehrere Arbeitstage aufgewendet werden müssen, führt zwangsläufig dazu, daß gegen Ende der Arbeiten hin ein Rest verbleibt, der noch an einem Tag zu Ende geführt werden muß. Das wiederum kann nicht zu der vom Berufungswerber gemeinten, im Abs 5 des § 87 BauV angeführten Konsequenz führen, daß nur geringfügige Arbeiten vorlagen, da als Beispiel für geringfügige Arbeiten Reparatur- oder Anstricharbeiten im Gesetz angeführt sind. Bei einer Neueindeckung scheidet daher diese Ausnahmebestimmung von vornherein aus.
Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten wurde nicht geltend gemacht.
Somit haftet der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer für diese Übertretung im Grunde des § 9 Abs 1 VStG. Wenn in der Berufung vorgebracht wurde, ein Verschulden könne, wenn überhaupt, nur in einem geringen Ausmaß gegeben sein, ist dazu folgendes auszuführen:
Verwaltungsübertretungen, zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, werden als Ungehorsamsdelikte bezeichnet. (VwGH 5.9.1978, 2787/77)
Bei diesen Delikten hat jedoch der Täter die von ihm behauptete Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen und es obliegt ihm, alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. (s. VwSlg 7087A/1967 und VwGH 20.5.1968, 187/67). Der Gesetzgeber belastet sohin den Täter in einem solchen Fall schon durch den objektiven Tatbestand und präsumiert die Schuld bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteils durch den Beschuldigten. (VwGH 21.10.1977, 1793/76, ebenso VwGH 13.2.1979, 2969/77)
Es trifft zu, daß die Arbeitnehmer über die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften schriftlich belehrt wurden. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht aber die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (VwGH 09.10.1979, 2762/78 u.a.). Bezüglich der Kontrollen heißt es in der Berufung, daß die Baustelle zu Beginn auch von Manfred P kontrolliert wurde bzw. - in allgemeiner Form - schließlich werden auch die Baustellen in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Es ist darauf zu verweisen, daß Herr Gottfried R, bevor er Arbeitnehmer bei der GesmbH wurde, selbst einen Dachdeckerbetrieb geführt hat. Aus der Aussage des Herrn Manfred P ergibt sich, daß Herr Gottfried R aufgrund der Tatsache, daß er selbst einen Betrieb mit sechs oder sieben Mitarbeitern geführt habe, hätte wissen müssen, worum es geht. Diese Einstellung, daß Herr Gottfried R aufgrund des Umstandes, daß er Meister war und einen eigenen Betrieb geführt hat, selbst wissen mußte, worauf es ankommt, scheint im Betrieb der GesmbH vorgeherrscht zu haben, weshalb auch eine Kontrolle des Herrn Gottfried R auf Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften hin nicht ausreichend stattgefunden hat. Der Berufungswerber hat insoweit Fahrlässigkeit zu vertreten. Gerade die Gefährlichkeit der Verhältnisse am 13.12.1995, nämlich daß bereits von den Vortagen Schnee und Eis auf dem Dach lag und es an diesem Tag leicht geschneit hat, hätte Herr Manfred P bei Erteilung des Auftrages an die Partie dazu veranlassen müssen, auf diese besondere Gefährlichkeit hinzuweisen und die Arbeitnehmer an die peinlich genaue Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu erinnern. Er hat aber stattdessen den Hinweis des Herrn J auf die widrigen Verhältnisse nicht entsprechend ernst genommen. Eine Kontrolle der Baustelle am 13.12.1995 durch Herrn Manfred P hätte auch gar nichts gebracht, denn dieser sagte selbst aus, daß das Montieren der Scheuchen ein größeres Risiko gewesen wäre als die Durchführung der Arbeiten ohne Scheuchen, die Montage der Scheuchen länger oder gleich lang gedauert hätte wie die Deckung selbst (was bei einer erwiesenen 1-tägigen Dauer der Restdeckungsarbeiten nicht nachvollziehbar ist) und daß er selbst die Scheuchen auch nicht montiert hätte.
Der Berufungswerber hat daher die Übertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten.
Die Überprüfung der Strafbemessung ergab folgendes:
Nach § 130 Abs 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von S 2.000,-- bis S 100.000,--, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von S 4.000,-- bis S 200.000,--, zu bestrafen ist, wer
als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen (unter anderem) nach Ziffer 19 die Verpflichtungen betreffend die Gestaltung von Arbeitsvorgängen oder die Gestaltung oder Einrichtung von Arbeitsplätzen verletzt. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Im vorliegenden Fall herrschten auf der Dachhaut insofern besondere Gegebenheiten, als leichter Schneefall den Arbeiten vorangegangen war und andererseits das Unterbleiben der Schutzeinrichtungen einen schweren Arbeitsunfall nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Zutreffend sind die Berufungsausführungen zu dem im Straferkenntnis genannten Erschwerungsgrund einer einschlägigen Vorstrafe aus dem Jahr 1991. Diese Strafe ist gemäß § 55 VStG getilgt und scheidet als Erschwerungsgrund aus. Milderungsgründe sind nicht vorhanden.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden wie folgt bekanntgegeben:
Monatliche Pension: S 18.000,--, Vermögen: Hälfteeigentümer eines Einfamilienhauses im Wert von S 1,5 Mio., keine Sorgepflichten, keine Belastungen.
Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe von S 20.000,-- scheint überhöht. Trotz einer beachtlichen Verletzung des Schutzzweckes ist ins Treffen zu führen, daß der Berufungswerber in Pension ist, spezialpräventive Überlegungen entfallen und nur Fahrlässigkeit anzunehmen ist. Es war daher die Strafe auf den Betrag von S 10.000,-- (Ersatzarrest 2 Tage) herabzusetzen, da auch diese Strafhöhe den angeführten Strafzumessungsgründen und insbesondere dem Zweck der Abschreckung zu genügen scheint. Die Berufung war daher dem Grunde nach abzuweisen, hinsichtlich der Strafhöhe war ihr im angeführten Ausmaß stattzugeben. Zum Berufungsantrag auf Rückverweisung der Strafsache an die erste Instanz ist anzumerken, daß § 66 Abs 2 AVG, der dies vorsieht, im Verwaltungsstrafverfahren nicht gilt (§ 24 VStG).