Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung von Frau Hermine H, geb. am 27.07.1949, St 6, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 06.08.1997, GZ.: 15.1 96/1930, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als hinsichtlich Spruchpunkt I.) gemäß dem Einleitungssatz des § 366 Abs 1 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 800,--, im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, und gemäß Spruchpunkt II.) und Spruchpunkt III.) hinsichtlich Punkt a) 1.) bis 21.) und Punkt b) 1.) bis 21.) gemäß dem Einleitungssatz des § 367 GewO 1994 jeweils, somit insgesamt 42 Mal, Geldstrafen von S 300,--, im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 8 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt werden.
Dadurch vermindert sich der gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG zu leistende Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf S 1.340,--; dieser Betrag ist binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu entrichten.
Im übrigen bleibt der Spruch des Straferkenntnisses unverändert.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 06.08.1997 waren über Frau Hermine H als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Firma P GASTRONOMIE Ges.m.b.H., die am Standort N, W Nr. 7, einen Diskothekenbetrieb S betreibt, 48 Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen gewerberechtlicher e waren anläßlich einer Überprüfung am 12.12.1995 festgestellt worden.
Unter Punkt I.) wurden wegen Übertretung des § 366 Abs 1 Z 3 bzw. § 81 Abs 1 GewO 1994 in Verbindung mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 20.03.1990, GZ.: 4.1 Li 8- 90/18, sechs Geldstrafen von S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt, da die Anlage bezüglich dieses gewerberechtlichen Genehmigungsbescheides in insgesamt sechs näher genannten Anlagenbereichen in genehmigungspflichtiger Weise geändert worden sein soll. Hinsichtlich der Punkte II.) und III.) wurden in diesem Straferkenntnis jeweils 21 Geldstrafen von S 400,--, im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, wegen Übertretung des § 367 Z 25 GewO 1994, jeweils in Verbindung mit konkret angeführten Auflagenpunkten des bereits erwähnten gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 20.03.1990, verhängt, da diese Auflagen anläßlich der Überprüfung am 12.12.1995, die durch die zuständige Gewerbebehörde vorgenommen worden war, als nicht bzw. nur teilweise erfüllt festgestellt worden waren.
Dieses Straferkenntnis wird im wesentlichen damit begründet, die einzelnen Übertretungen wären durch das Ermittlungsverfahren der zuständigen Gewerbebehörde festgestellt worden; hinsichtlich der Strafbemessung wurde als mildernd nichts, als erschwerend die Vielzahl der vorliegenden Mängel bzw. nicht erfüllten Auflagenpunkte berücksichtigt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat Hermine H fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, die ausdrücklich auf eine solche gegen die Strafhöhe eingeschränkt wurde, und diese im wesentlichen damit begründet, es würden aus ihrer Sicht Milderungsgründe sowie ihre persönliche Situation in wirtschaftlicher Hinsicht nicht berücksichtigt; im übrigen sei sie hinsichtlich einiger fehlender Bescheinigungen von ihren Rechtsvorgängern nicht richtig informiert worden. Einige der als nicht erfüllt festgestellten Auflagen seien aus ihrer Sicht Kleinigkeiten, weshalb insgesamt die Strafbemessung als zu hoch erscheine. Hinsichtlich ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familiensituation gab sie an, sie verfüge über ein Einkommen von etwa S 20.000,--, ihr Haus sei zur Gänze mit einer Hypothek belastet und sie lebe in Scheidung von ihrem Gatten, der keiner geregelten Arbeit nachgehe, weshalb sie allein für ihre 7-jährige Tochter zu sorgen hätte. Von seiten der Berufungsbehörde wurde ergänzend erhoben, daß Hermine H wegen zweier Übertretungen des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes rechtskräftig vorbestraft ist, einschlägige Verwaltungsübertretungen bestehen nicht. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Gemäß § 51e Abs 2 VStG kann eine Berufungsverhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen. Wenn sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, ist eine öffentliche, mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs 2 VStG nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wird. Dies ist nicht geschehen; da sich die vorliegende Berufung lediglich gegen die Höhe der bekämpften Strafe richtet, ist daher im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 16.9.1979, 1268, festzustellen, daß der Schuldspruch des angefochtenen Bescheides in Rechtskraft erwachsen ist. Wird nur das Strafausmaß bekämpft, hat die Berufungsbehörde von dem im erstinstanzlichen Bescheid zur Schuldfrage festgestellten Sachverhalt auszugehen (VwGH 22.2.1990, 89/09/0137).
Gemäß § 366 Abs 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer (Z 3) eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.
Gemäß § 367 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer (Z 25) Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder 82 a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359 b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.
Da der Schuldspruch in allen Teilen (I. bis III.) hinsichtlich des angefochtenen Straferkenntnisses durch die auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung in Rechtskraft erwachsen ist, ist im Berufungsverfahren zu überprüfen, ob die festgesetzten Strafhöhen gesetzeskonform und schuldangemessen sind.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
In Spruchpunkt I. wurden hinsichtlich ein- und derselben Übertretung, nämlich jener des § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 in Verbindung mit dem Genehmigungsbescheid vom 20.03.1990, GZ.:
4.1 Li 8-90/18, insgesamt sechs Verwaltungsstrafen verhängt, obwohl diesbezüglich davon auszugehen ist, ein- und dieselbe Betriebsanlage wäre durch die Vornahme verschiedener, genehmigungspflichtiger Änderungen insgesamt ohne Genehmigung abgeändert worden, weshalb nur die Änderung als solche als strafbarer Tatbestand anzusehen ist, nicht jedoch jeder einzelne Teil, bezogen auf die, eine rechtliche und technische Einheit bildende gewerbliche Betriebsanlage (vgl. VwGH 22.01.1982, 81/04/0073). Es ist daher diesbezüglich nur eine Verwaltungsstrafe zu verhängen. Bezüglich der unter Spruchpunkt II. und III. festgesetzten Verwaltungsstrafen ist unter Berücksichtigung der jeweils möglichen Höchststrafe davon auszugehen, auch die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz wäre, wie die Berufungswerberin in ihrer Berufung vorbringt, davon ausgegangen, es handelte sich nicht um schwerwiegende Übertretungen. Dennoch war insgesamt jede der festgesetzten Verwaltungsstrafen herabzusetzen, da zwar im Gegensatz zum Berufungsvorbringen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht besteht, jedoch die Vielzahl der vorliegenden Mängel bzw. der nicht erfüllten Auflagenpunkte nicht als straferschwerend herangezogen werden kann, da jede einzelne nicht bzw. nur teilweise als nicht erfüllt festgestellte Auflage als eigene Verwaltungsübertretung zu qualifizieren ist, weshalb die Strafen nebeneinander zu verhängen sind (vgl. VwGH 02.10.1989, 88/04/0032). Es war daher im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.