TE UVS Wien 1998/04/14 03/P/13/1985/97

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Veröffentlicht am 14.04.1998
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Betreff

Bestätigung der Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages und Zurückweisung der Berufung gegen ein Straferkenntnis als verspätet, weil nicht anzunehmen war, daß der Einschreiter seine als primäre Postadresse benützte Zweitwohnung weder kurz vor einem geplanten Reiseantritt noch unmittelbar nach einer daran anschließenden Erkrankung betreten hat.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Helm

I.) über die Berufung des Herrn Peter N, vertreten durch RA, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, vom 22.4.1997, Zahl S 195659-D/96, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 17.2.1997 gegen die Versäumung der Berufungsfrist zum Straferkenntnis vom 7.1.1997 abgewiesen wurde, entschieden:

Gemäß § 71 Abs 1 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.) über die Berufung des Herrn Peter N, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, vom 7.1.1997, Zahl S 195659-D/96, wegen Verwaltungsübertretungen nach 1) § 100 KFG,

2) § 99 Abs 3 lit a StVO iVm § 18 Abs 1 StVO, 3) § 99 Abs 3 lit a StVO iVm § 18 Abs 1 StVO, 4) § 99 Abs 3 lit a StVO iVm § 11 Abs 2 StVO, 5) § 99 Abs 3 lit a StVO iVm § 46 Abs 4 lit d StVO, 6) § 99 Abs 2 lit c StVO iVm § 15 Abs 1 StVO, 7) § 99 Abs 3 lit a StVO iVm § 11 Abs 1 StVO und 8) § 99 Abs 3 lit a StVO iVm § 52 Abs 10 lit a StVO, entschieden:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Text

1.1. Das angefochtene Straferkenntnis wurde nach einem ersten Zustellversuch am 9.1.1997 und einem zweiten Zustellversuch am 10.1.1997 an der Adresse B-gasse, 1190 Wien beim Postamt 1193 Wien hinterlegt, wobei als Beginn der Abholfrist der 13.1.1997 vermerkt wurde. Am 17.2.1997, somit mehr als einen Monat nach dem Beginn der Abholfrist, brachte der Berufungswerber durch seinen Rechtsfreund einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis S 195659-D/96 vom 7.1.1997 ein und erhob gleichzeitig Berufung gegen dieses Straferkenntnis. Den Wiedereinsetzungsantrag begründete er wie folgt:

"Am 3.2.1997 hat der Beschuldigte im Briefkasten eine Mahnung über den Strafbetrag vorgefunden. Erst durch diese Mahnung erlangte der Beschuldigte Kenntnis von dem gegen ihn ergangenen Straferkenntnis. Der Beschuldigte hielt sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Straferkenntnisses an seinem Hauptwohnsitz 1190 Wien, G-gasse, auf. Vom 12.1. bis 16.1.1997 befand sich der Beschuldigte im Ausland. Nach seiner Rückkehr hielt sich der Beschuldigte neuerlich in 1190 Wien, G-gasse, auf. Am 22.1.1997 erkrankte der Beschuldigte an Grippe und mußte rund eine Woche Bettruhe einhalten. Aufgrund dieser Umstände war der Beschuldigte nicht mehr in der Lage, die in 1190 Wien, B-gasse angebrachte Hinterlegungsanzeige zur Kenntnis zu nehmen. Der Beschuldigte hat erst anläßlich des Zukommens der Mahnung am 3.2.1997 von dem gegen ihn ergangenen Straferkenntnis erfahren. Das Hindernis ist sohin am 3.2.1997 weggefallen."

Der Berufungswerber sei somit durch ein unvorhergesehenes bzw unabwendbares Ereignis verhindert gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten, woran ihm kein Verschulden treffe. Zum Beweis für sein Vorbringen legte er ein Flugticket Wien - Cancun vor, worauf der Hinflug mit 12.1. und der Rückflug mit 16.1.1997 vermerkt ist.

Bei ihrer antragsgemäßen Zeugenvernehmung gab die Lebensgefährtin des Berufungswerber, Frau Angela H, an, daß die Lebensgemeinschaft ungeachtet des Umstandes, daß der Berufungswerber in der G-gasse nicht polizeilich gemeldet sei, an dieser Adresse bestehe. Sie bestätigte, daß der Berufungswerber am 16.1.1997 von einer Reise zurückgekehrt, am folgenden Samstag erkrankt und eine Woche bettlägerig gewesen sei. Es sei auch ärztliche Hilfe angefordert worden. Im übrigen suche der Berufungswerber laufend die Wohnung in der B-gasse auf, um dort die Post zu beheben. Sie könne aber nicht sagen, wann er dies konkret getan habe.

Der Wiedereinsetzungsantrag wurde mit dem unter I.) angefochtenen Bescheid vom 22.4.1997 abgewiesen. Die erstinstanzliche Behörde begründete dies damit, daß der Wiedereinsetzungswerber in Wahrheit Zustellmängel geltend mache. Im Falle eines Zustellmangels beginne aber gar keine Frist zu laufen, die verabsäumt werden könnte. Allfällige Zustellmängel liegen nach Meinung der erstinstanzlichen Behörde jedoch nicht vor, zumal der Berufungswerber seinen PKW an der Adresse B-gasse zugelassen habe und dort seine einzige und alleinige Meldung aufweise und er seine Post regelmäßig dort behebe. Bei der ersten und zweiten Ankündigung eines Zustellversuches habe sich der Beschuldigte noch in Wien befunden und das Postorgan habe nicht mit einem weiteren geheimen Wohnsitz des Beschuldigten rechnen müssen. Aufgrund der ersten Mitteilung wäre es dem Beschuldigten daher auch zumutbar gewesen, die notwendigen Schritte für die Behebung von Poststücken auch während seiner Reise oder seiner Erkrankung zu treffen. Die Frist habe somit tatsächlich mit der Hinterlegung am 13.1.1997 zu laufen begonnen; an ihrer Einhaltung sei der Beschuldigte nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen.

2. Dagegen erhebt der Berufungswerber durch seinen Rechtsfreund form- und fristgerecht Berufung, in welcher er Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt, da der maßgebliche Sachverhalt nicht festgestellt worden sei und somit auch eine Beweiswürdigung fehle. Unrichtig sei die Rechtsansicht der erstinstanzlichen Behörde, wonach der Beschuldigte infolge seiner Einvernahme vom 19.12.1996 mit einer an die bisherige Zustelladresse gehenden weiteren Zuschrift der Behörde habe rechnen müssen, und daß es ihm aufgrund der ersten Mitteilung zumutbar gewesen wäre, die notwendigen Maßnahmen für die Behebung von Poststücken auch während seiner Reise oder Erkrankung zu treffen. Es begründe kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden, daß der Wiedereinsetzungswerber nach Ankündigung des ersten Zustellversuches bis zu seinem Abflug am 12.1.1997 zufällig nicht in der B-gasse gewesen sei. Wenn feststehe, daß der Beschuldigte sich während der Abholfrist nicht an der Abgabestelle aufgehalten habe, so könne es für die Wiedereinsetzung grundsätzlich keine Rolle spielen, an welchem anderen Ort er sich während dieser Zeit aufgehalten habe.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat mit Schreiben vom 25.6.1997 den Berufungswerber aufgefordert, zum Beweis der von ihm geltend gemachten Erkrankung Name und Adresse seines Arbeitsgebers und seines behandelnden Arztes bekanntzugeben oder eine Bestätigung des Arbeitsgebers über die Dauer seiner Krankmeldung und eine Bestätigung des behandelnden Arztes über die Erkrankung, deren Schwere und Dauer zu übermitteln. Der Berufungswerber hat daraufhin die Kopie einer Bestätigung von Dr Gertraud D mit vorliegendem Wortlaut in Kopie vorgelegt:

"Der Pat(ient) Peter N war am 18.1. (tel) 20.1. Ordination bis 25.1. in meiner Behandlung.

D(iagnose): akuter Brechdurchfall."

Im übrigen wurde mitgeteilt, daß der Berufungswerber

selbständig tätig ist.

Ferner hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien eine Auskunft der Post und Telekom Austria AG darüber eingeholt, wie lange der RSa-Brief GZ S 195659-D/96 Ju SE an Herrn Peter N, B-gasse, 1190 Wien, (hinterlegt beim Postamt 1193 ab 13.1.1997) beim Postamt 1193 zur Abholung bereitlag und wann er zurückgesendet wurde. Aus der Antwort: "Nachschau über die Abgabe der Sendung von 13.1.1997 - 0202 1997 erfolglos. Sendung am 3.2.1997 an Absender zurückgesendet!" ergibt sich, daß die Sendung tatsächlich bis einschließlich 31.1.1997 zur Abholung bereitgelegen (an den folgenden beiden Tagen wäre eine Abgabe schon wegen der Schließung des Postamtes an Wochenenden nicht möglich gewesen, am darauffolgenden Montag erfolgte bereits die Rücksendung) und nicht abgeholt worden ist. Entgegen der Stellungnahme des Berufungswerbers vom 1.4.1998 ergibt sich daraus aber nicht die Unkenntnis des Zustellversuchs. Die Lebensgefährtin des Berufungswerbers, Frau Angela H, gab bei ihrer Zeugenvernehmung am 25.8.1997 an, seit zwei Jahren mit dem Berufungswerber in der G-gasse zu wohnen. Bis einem Monat vor ihrer Einvernahme sei der Berufungswerber noch in der B-gasse gemeldet gewesen, er sei etwa ein bis zwei Mal in der Woche hinübergegangen, um die Post auszuheben. Diese Wohnung befinde sich ca fünf bis zehn Minuten zu Fuß von der gemeinsamen Wohnadresse. Vor der Reise nach Cancun habe der Berufungswerber am Donnerstag und am Freitag gearbeitet. Da er sein Büro im ersten Bezirk aufgesucht habe, könne sie nicht sagen, ob er im Verlauf des Tages auch in seiner Wohnung in der B-gasse vorbeigeschaut habe. Nach der Reise sei er am Freitag, den 17.1.1997, um ca 14.00 Uhr, in Schwechat angekommen. Er habe sich bereits bei seiner Ankunft nicht wohl gefühlt und sei am Samstag erkrankt. Sie habe ihm nach Rücksprache mit Frau Dr D ein Medikament besorgt. Er sei noch am Montag und am Dienstag im Bett gelegen und am Mittwoch, spätestens aber am Donnerstag wieder arbeiten gegangen. Montag und Dienstag habe er das Haus nicht verlassen; die Ärztin sei am Montag ins Haus (Adresse G-gasse) gekommen.

Der Berufungswerber gab anläßlich seiner Vernehmungen am 27.8.1997 und am 27.2.1998 an, die Wohnung in der B-gasse, an der er zum Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Erkenntnisses noch gemeldet gewesen war, als Hauptwohnsitz betrachtet zu haben, obwohl er de facto schon woanders gewohnt habe. Der Hauptteil der Post komme bis heute in die B-gasse. Selbst nach seiner Ummeldung in die G-gasse habe er die B-gasse weiterhin als Zweitwohnsitz angeführt. An die Adresse G-gasse werden ihm nur einzelne ausdrücklich dahingehend adressierte Poststücke zugestellt. Er habe die Post in der B-gasse mindestens einmal wöchentlich ausgehoben.

Am 9.1. und 10.1.1997 habe er noch gearbeitet, sei aber an keinem dieser beiden Tage in der Wohnung gewesen. Auch am Freitag, dem 17.1.1997, dem Tag seiner Rückkehr, habe er diese Wohnung nicht mehr aufgesucht. Die ganze folgende Woche sei er bettlägerig gewesen und habe die Wohnung G-gasse bis einschließlich Freitag, den 24.1.1997 nicht verlassen. Allerdings sei er in der Woche nach seiner Erkrankung, der letzten Jännerwoche, sicher wieder in der B-gasse gewesen, um Post auszuheben.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat dazu erwogen:

Gemäß § 71 Abs 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft oder

2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angaben enthält, daß keine Berufung zulässig sei.

Gemäß § 71 Abs 2 AVG muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

4.1. Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung ist somit die Versäumung einer Frist. Dies setzt im gegenständlichen Fall jedoch voraus, daß das Straferkenntnis dem Berufungswerber rechtsgültig zugestellt worden ist. Das wäre wiederum nur dann der Fall, wenn dem Berufungswerber entweder die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches am 9.1.1997 oder die Verständigung über die Hinterlegung am 10.1.1997 zugekommen wäre und somit von einer rechtsgültigen Zustellung mit dem Beginn der Hinterlegungsfrist, den 13.1.1997 ausgegangen werden müßte. In diesem Fall hätte er für die Behebung des Schriftstückes während seiner Abwesenheit oder seiner Erkrankung sorgen oder die Abholung am Freitag, den 17.1.1997 oder am Montag, den 27.1.1997 selbst vornehmen müssen. Spätestens zum letztgenannten Tag wäre auch das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, welches seine Reise und die nachfolgende Erkrankung für ihn dargestellt haben mag und welches ihn nach seinem Vorbringen an der rechtzeitigen Einbringung der Berufung gehindert hat, weggefallen. Er hätte daher - immer unter der Annahme, es sei ihm mit 13.1.1997 rechtsgültig zugestellt worden - den Wiedereinsetzungsantrag spätestens zwei Wochen nach dem 27.1.1997, somit am 10.2.1997 stellen müssen.

4.2. Nimmt man jedoch an, der Wiedereinsetzungswerber habe zwischen 9.1.1997 und seinem Abflug am 12.1.1997 die Wohnung in der B-gasse nicht betreten, so macht er in Wahrheit einen Zustellmangel geltend. Da die Berufungsfrist aber erst nach Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses zu laufen beginnt, fehlt es daher an einer versäumten Frist, somit an einer wesentlichen Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung. Das Wiedereinsetzungsbegehren war somit auf jeden Fall abzuweisen.

4.3. Die Möglichkeit eines Zustellmangels war dennoch zu prüfen, da bei Vorliegen eines solchen die Berufung vom 17.2.1997 immer noch rechtzeitig und somit in meritorische Behandlung zu nehmen wäre. Hiezu war einerseits zu prüfen, ob es sich bei der Zustelladresse des Berufungswerbers in der B-gasse überhaupt um eine Abgabestelle im Sinne des § 4 Zustellgesetzes handelt; zutreffendenfalls ist die Frage der Abwesenheit bzw Rückkehr des Berufungswerbers an diese Abgabestelle im Sinne des § 17 Abs 3 Zustellgesetz zu prüfen. In tatsächlicher Hinsicht steht aufgrund der Aussage des Berufungswerbers selbst fest, daß er die Wohnung in der B-gasse im fraglichen Zeitraum nicht nur offiziell als Hauptwohnsitz geführt, sondern auch faktisch als solchen betrachtet hat. Selbst nach seiner Ummeldung, die er nach Aktenlage offenbar im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren aus Anlaß eines ihm vorgeworfenen Verstoßes gegen das Meldegesetz durchgeführt hat, führt er die Wohnung weiterhin als Zweitwohnsitz und läßt sich auch weiterhin seine Post primär dorthin zustellen. Unter diesen Umständen bewegt sich seine Angabe, die Post mindestens einmal wöchentlich dort auszuheben, sowie die Aussage seiner Lebensgefährtin, er habe etwa ein- bis zweimal in der Woche die Post ausgehoben, wohl am unteren Rand der wirklichen Besuchsfrequenz, zumal sich diese Wohnung 5 bis 10 Minuten von der gemeinsamen Wohnadresse in der G-gasse entfernt befindet. In rechtlicher Hinsicht erfüllt die Wohnung des Berufungswerbers in der B-gasse damit problemlos die Kriterien für eine Abgabestelle im Sinne des § 4 Zustellgesetz.

4.4. Die vom Berufungswerber behauptete Abwesenheit von der Abgabestelle ist zum Teil, nämlich vom 12. bis zum 16.1.1997 durch die Kopie eines Flugtickets belegt, wobei die von seiner Lebensgefährtin behauptete Ankunftszeit am Freitag, dem 17.1.1997, um 14.00 Uhr in Schwechat durchaus glaubwürdig ist. Ferner ist durch Bestätigung der Frau Dr D der Nachweis erbracht, daß sich der Berufungswerber vom 18.1.1997 bis zum 25.1.1997 in ihrer Behandlung wegen akutem Brechdurchfalls befunden hat; dies impliziert jedoch nicht eine Bettlägerigkeit während der gesamten Zeitdauer. Laut Rückschein wurde das angefochtene Straferkenntnis nach zwei Zustellversuchen am 9.1. und am 10.1.1997 hinterlegt, wobei am 9.1. die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches und am 10.1.1997 die Verständigung über die Hinterlegung jeweils in das Hausbrieffach eingelegt wurden. Als Beginn der Abholfrist ist der 13.1.1997 vermerkt. Durch unbedenkliche Auskunft der Post und Telekom Austria AG, 1193 Wien, ist erwiesen, daß die Sendung vom 13.1.1997 bis 31.1.1997 bereitgehalten und mangels Abholung am 3.2.1997 an den Absender zurückgesendet wurde. Ferner waren die Aussagen des Berufungswerbers und seiner Lebensgefährtin zu würdigen, woraus sich jedenfalls ergibt, daß der am 18.1.1997 erkrankte Berufungswerber am Montag, den 20.1. und Dienstag, den 21.1.1997 noch bettlägerig war. Im Zweifel wird zu seinen Gunsten auch noch angenommen werden dürfen, daß er auch am Mittwoch, den 22.1.1997, nicht das Haus in der G-gasse verlassen hat. Was Donnerstag, den 23. und Freitag, den 24.1.1997 anlangt, so wird der glaubwürdigen Aussage seiner als Zeugin unter Wahrheitspflicht vernommenen Lebensgefährtin, Frau Angela H, gefolgt, daß der Berufungswerber an diesen beiden Tagen jedenfalls wieder arbeiten gewesen ist. Ein Widerspruch zwischen ihren Angaben im erstinstanzlichen Verfahren und dieser Aussage besteht nur scheinbar, da sie dort offenkundig weit weniger gezielt befragt worden ist und daher nur einen ungefähren Zeitraum für die Bettlägerigkeit bzw die Erkrankung überhaupt angegeben hat.

Somit hat der Berufungswerber für folgende Zeiträume vom ersten Zustellversuch des angefochtenen Straferkenntnisses bis zu dessen Rücksendung seine Abwesenheit von der Abgabestelle in der B-gasse nicht glaubhaft zu machen vermocht: Für den Zeitraum vom 9.1. bis zum 12.1.1997, den 17.1.1997 nachmittags und den Zeitraum vom 23.1. bis zum 27.1.1997. (Daß er in der letzten Jännerwoche in der B-gasse gewesen ist, gesteht der Berufungswerber ausdrücklich zu; offen ist jedoch, ob ihm durch die Hinterlegungsanzeige bekanntgegeben wurde, daß die Sendung - über die gesetzliche Frist hinaus - bis 31.1.1997 abholbereit war.)

Schon der Umstand, daß er sich in der verbleibenden Zeit jedenfalls ganz in der Nähe aufgehalten hat, macht es völlig unglaubwürdig, daß er während des Gesamtzeitraumes vom 9.1. bis zum 27.1.1997 nicht ein einziges Mal die Abgabestelle in der B-gasse aufgesucht haben will; der Berufungswerber gibt schließlich selbst an, nahezu seine gesamte Post an diese Adresse zu erhalten und sie wenigstens ein- bis zweimal wöchentlich auszuheben. Gerade wegen seiner zwei mehrtägigen Verhinderungen ist die Annahme, daß er die Abgabestelle eben in den verbleibenden Tagen und Zeiträumen aufgesucht hat, lebensnahe und realistisch. Ansonsten hätte er für mehr als 2 1/2 Wochen - von den vereinzelten Zustellungen an die G-gasse abgesehen - überhaupt keine Post behoben, was angesichts der Nähe beider Wohnsitze voneinander vollkommen unwahrscheinlich ist.

Bei vernünftiger und lebensnaher Betrachtung ist sogar eine noch weitergehende Feststellung zu treffen: Für die letzten drei Tage vor seiner Abreise kommt nämlich noch hinzu, daß dem Berufungswerber die mehrtägige Abwesenheit ja vorher bekannt war, was eine Behebung der Post gerade in diesen Tagen vernünftigerweise annehmen läßt.

Es wird deshalb als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber in Wahrheit bereits in den letzten Tagen vor Antritt seiner Reise, nämlich zwischen 9.1 und 12.1.1997, die Abgabestelle in der B-gasse aufgesucht hat und hierbei entweder die Ankündigung des zweiten Zustellversuchs oder bereits die Hinterlegungsanzeige vorgefunden hat. Daraus ergibt sich in rechtlicher Hinsicht, daß er aufgrund der ihm nunmehr bekannten Zustellung für eine Behebung des Schriftstückes hätte sorgen müssen bzw diese, was ihm ja am 17.1. sowie ab 23.1.1997 möglich gewesen wäre, selbst hätte vornehmen müssen. Als rechtliche Konsequenz aus dem Umstand, daß er bereits vor seiner Abreise über den Zustellvorgang informiert worden war, ergibt sich auch, daß ihm das angefochtene Straferkenntnis mit Beginn der Abholfrist, somit am 13.1. 1997, als rechtsgültig zugestellt gilt. Die am 17.2.1997 eingebrachte Berufung war somit verspätet.

Auch bei anderslautender Tatsachenfeststellung wäre aber für den Berufungswerber nichts zu gewinnen gewesen. Hätte er vom Zustellvorgang nicht bereits vor seiner Abreise Kenntnis erlangt und hätte er, wie von ihm selbst dargestellt, auch am 17.1.1997 die Wohnung in der B-gasse nicht aufgesucht, so wäre seine weitere Darstellung umso unglaubwürdiger, daß er diese Wohnung dann nicht einmal unverzüglich nach seiner Bettlägerigkeit aufgesucht haben sollte, zumal ihm die meiste Post dorthin zugestellt wird und er diese sonst ein- bis zweimal in der Woche abzuholen pflegt. Mit umso größerer Sicherheit hätte diesfalls von seiner Rückkehr an die Abgabestelle sofort am darauffolgenden Donnerstag, den 23.1.1997, ausgegangen werden müssen.

Selbst wenn in der Hinterlegungsanzeige nur die kürzestmögliche, 14tägige Hinterlegungsfrist angegeben gewesen sein sollte, so wäre es ihm auch noch bei - theoretisch - erstmaliger Rückkehr am 24.,25., und 26.1.1997 möglich gewesen, am letzten Tag dieser Mindestfrist, nämlich am Montag, den 27.1.1997, das angefochtene Straferkenntnis entgegenzunehmen, und würde es ihm mit diesem Datum als zugestellt gelten. Auch in diesem (hypothetischen) Falle wäre die Berufung somit noch immer verspätet.

Die Berufung gegen die Ablehnung einer Wiedereinsetzung war daher abzuweisen, die Berufung gegen das Straferkenntnis zurückzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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