TE UVS Wien 1998/04/21 03/P/25/1233/98

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Veröffentlicht am 21.04.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Frey über die Berufung des Herrn Christian N gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat A, vom 22.1.1998, Zahl S 235.199-A/97 wegen Übertretung des § 52 Z 24 StVO 1960, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 49a Abs 7 VStG wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu bezahlen.

Text

Begründung:

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat folgenden Wortlaut:

"Sie haben am 24.11.1997 um 10.37 Uhr in Wien, K-gasse Krzg L-straße Rtg W-Straße als Lenker des Kfz, WU-4 das vor der Krzg deutl sichtbar aufgestellte Vorrangzeichen "Halt" mißachtet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 52/24 StVO.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 900,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 54 Stunden, gemäß § 99/3a StVO.

Weitere Verfügung:

Dem Beschuldigten wird die zu spät einbezahlte Anonymverfügung in der Höhe von S 700,-- auf das Straferkenntnis angerechnet. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

90,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 290,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung führt der Berufungswerber (BW) im wesentlichen aus, er lege einen Einzahlungsbeleg vor, wonach er im Fristrahmen einbezahlt habe. Infolge des Weihnachtstrubels habe er übersehen, daß "eine Einzahlung bei einer Bank nicht zulässig" ist, er habe das nicht gewußt, sei aber zahlungswillig gewesen.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die vom BW (zum wiederholten Mal) vorgelegte Auftragsbestätigung (Blatt 9 und schon früher Blatt 5) sowie in eine von der erstinstanzlichen Behörde angefertigte Aufstellung von "verspäteten" Einzahlungen von Strafbeträgen, die mit Anonymverfügung verhängt wurden (Blatt 3).

Demnach steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der letzte Einzahlungstag für die Einzahlung des mit Anonymverfügung verhängten Strafbetrages war der 23.12.1997. Am 22.12.1997 zahlte der BW den Strafbetrag unter Verwendung des Originalbeleges - die Code-Nummer stimmt mit jener der Anonymverfügung überein - bei der Niederösterreichischen Sparkasse M ein, und zwar nicht durch Überweisung von Konto zu Konto, sondern durch Barzahlung, was sich daraus ergibt, daß das im Originalbeleg vorgesehene Feld für die Eintragung der Kontonummer des Auftraggebers leer ist. Diese Einzahlung wurde von der genannten Sparkasse durch Aufdruck einer Stampiglie mit folgendem Wortlaut bestätigt: "Überwiesen am 22.12.1997, NÖ Sparkasse M". Die Zahlung langte am 30.12.1997 auf dem PSK-Konto des Empfängers, nämlich der Bundespolizeidirektion Wien, ein.

Rechtlich ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 49a Abs 4 VStG ist der Anonymverfügung ein zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneter Beleg beizugeben. § 50 Abs 5 gilt sinngemäß.

Nach § 49a Abs 6 VStG ist die Anonymverfügung keine Verfolgungshandlung. Gegen sie ist kein Rechtsmittel zulässig. Sie wird gegenstandslos, wenn nicht binnen vier Wochen nach Ausfertigung die Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs 4) erfolgt. Ist die Anonymverfügung gegenstandslos geworden, so hat die Behörde gemäß § 34 vorzugehen.

Gemäß § 49a Abs 7 VStG hat die Behörde, wenn der Strafbetrag mittels Beleges (Abs 4) fristgerecht eingezahlt wird, von der Ausforschung des unbekannten Täters endgültig Abstand zu nehmen und jede Verfolgungshandlung zu unterlassen.

Somit verlangt das Gesetz nach seinem Wortlaut lediglich, daß der Strafbetrag fristgerecht eingezahlt wird, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist, es verlangt jedoch mit keinem Wort, daß der eingezahlte Geldbetrag auch fristgerecht auf dem Empfangskonto einlangt, wenn der Geldbetrag bei einem (von der PSK verschiedenen) Geldinstitut mittels Orginalbeleges bar eingezahlt und das Geldinstitut zur Zahlung angewiesen wurde.

Für eine Auslegung, daß die Einzahlung erst mit dem Einlangen des Betrages bei der Postsparkasse als "bewirkt" gilt, bleibt daher kein Raum.

Eine derartige Auslegung hätte auch das unbillige Ergebnis, daß der Einzahlende auf die Einhaltung der Frist keinen Einfluß hat, weil er ja das mit der Überweisung des bar eingezahlten Geldbetrages beauftragte Geldinstitut nicht zwingen kann, innerhalb einer bestimmten Frist tätig zu werden.

Eine solche Auslegung verlangt auch nicht der vom Verfassungsgerichtshof dargelegte Zweck der Norm, nämlich die Vereinfachung der Kontrolle der Einzahlung (VfGH 8.10.1980, B 341/79), bleibt doch die Kontrolle als solche, sofern der Originalbeleg verwendet wird, einfach; es mag sich lediglich der Zeitpunkt verschieben, zu dem eine Kontrolle sinnvoll ist, weil die Dauer der Überweisung des bar eingezahlten Betrages einkalkuliert werden muß (ähnlich dem Postweg eines Rechtsmittels bei Prüfung dessen Rechtzeitigkeit).

Daß die Bezahlung eines solchen Strafbetrages nur bei der PSK vorgenommen werden darf, ist nicht normiert (VwGH 24.5.1996, 95/17/0466).

Auch aus dem letztgenannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht herauszulesen, daß ein Strafbetrag nur dann dem Gesetz entsprechend eingezahlt ist, wenn er innerhalb der Frist auf dem PSK-Konto des Empfängers einlangt, sondern der Verwaltungsgerichtshof ging von dem Sachverhalt aus, daß der Strafbetrag innerhalb der Frist dort einlangte, und entschied, daß dann der Strafbetrag dem Gesetz entsprechend eingezahlt wurde (und eine Einzahlung "über ein Postamt" nicht erforderlich ist). Auf einen anders gelagerten Sachverhalt - also auf einen Fall wie den vorliegenden, in dem der Strafbetrag nicht innerhalb der Frist auf dem PSK-Konto des Empfängers einlangte - kann daher nicht mittels Umkehrschlusses geschlossen werden (indem gesagt wird, da der Strafbetrag nicht innerhalb der Frist auf dem PSK-Konto einlangte, sei nicht dem Gesetz entsprechend eingezahlt worden).

Da also im vorliegenden Fall der Strafbetrag mittels Beleges (Abs 4) fristgerecht eingezahlt wurde, hatte die Behörde von der Ausforschung des unbekannten Täters entgültig Abstand zu nehmen und jede Verfolgungshandlung zu unterlassen.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis, das in Verfolgung eines bestimmten Täters ergangen war, zu beheben und, da jede Verfolgungshandlung gemäß § 49a Abs 7 VStG zu unterlassen war, also im Sinne des § 45 Abs 1 Z 3 VStG Umstände vorlagen, die die Verfolgung ausschließen, die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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