Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch den Kammervorsitzenden Mag Grauszer und die Mitglieder Mag Dorner und Mag Obrist über die Berufung des Herrn , geboren ,
wohnhaft in , vertreten durch die Rechtsanwälte
vom 02 03 1998, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 20 01 1996, Zl 300-271-1996, wegen Bestrafung
nach ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und 3 VStG eingestellt.
Das Arbeitsinspektorat für den 16 Aufsichtsbezirk stellte bei einer Kontrolle am 22 11 1995 im Krankenhaus fest, daß keine Sicherheitsfachkraft tätig war und die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesteinsatzzeiten nicht erbracht wurden. Erst mit 28 11 1995 sei die Bestellung einer Sicherheitsfachkraft erfolgt und dem Arbeitsinspektorat am nächsten Tag mitgeteilt worden. Dieser Sachverhalt stelle eine Übertretung des § 77 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz dar, wonach Sicherheitskräfte in dem zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausmaß, mindestens aber im Ausmaß der Mindesteinsatzzeit, zu beschäftigen seien. Der Personalstand des Krankenhauses habe zum Stichtag 22 11 1995 263 und zum Stichtag 04 04 1995 261 Arbeitnehmer betragen. Bis zum Überprüfungszeitpunkt sei im Krankenhaus keine Stunde Mindesteinsatzzeit erbracht worden.
Obiges Erhebungsergebnis wurde der Strafbehörde angezeigt und eine Geldstrafe von S 50 000,-- wegen Zuwiderhandlung gegen § 130 Abs 1 Z 27 ASchG beantragt.
Die belangte Behörde leitete gegen Herrn als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Bgld Krankenanstalten GmbH mit
Aufforderung vom 17 01 1996 zur Rechtfertigung als Beschuldigter das Verwaltungsstrafverfahren ein, wobei ihm zur Last gelegt wurde, es unterlassen zu haben, hiefür zu sorgen, daß in der Betriebsstätte Krankenhaus , in der zum Stichtag 22 11 1995 263 Arbeitnehmer beschäftigt waren, Sicherheitsfachkräfte in dem zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausmaß, mindestens aber im Ausmaß der Mindesteinsatzzeit, beschäftigt gewesen sind. Die Mindesteinsatzzeit des Leiters des Sicherheitstechnischen Dienstes beträgt in Betrieben mit 251 bis 999 Beschäftigten pro Arbeiter 90 Minuten/Jahr und pro Angestellten 40 Minuten/Jahr. Daraus ergibt sich für das Krankenhaus eine Mindesteinsatzzeit von 228 Stunden/Jahr auf der Berechnungsgrundlage Personalstand per 22 11 1995. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde im Krankenhaus von Sicherheitsfachkräften keine Stunde Mindesteinsatzzeit erbracht. Dies stelle eine Übertretung des § 130 Abs 1 Z 27 iVm §§ 77 und 115 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl Nr 450/1995, und § 21 Abs 5 Arbeitnehmerschutzgesetz 1972 dar. Als Tatort ist der Sitz der Bgld Krankenanstalten Gesellschaft mbH in
bezeichnet und als Tatzeitraum festgestellt: bis 28 11 1995 (Bestellung von Ing. zur Sicherheitsfachkraft).
Nach dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis hat es Herr als Geschäftsführer der Bgld Krankenanstalten - Gesellschaft mbH zu verantworten, daß die obgenannte Gesellschaft vom 01 01 bis 28 11 1995 keine Sicherheitsfachkraft für das Krankenhaus bestellt und beschäftigt hat. Dadurch habe er gegen § 73 Abs 1 iVm § 77 Abs 1, § 115 Abs 2 und § 130 Abs 1 Z 27 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verstoßen. Eine Geldstrafe von S 40 000,-- wurde verhängt.
Der dagegen erhobenen Berufung war aus folgenden - wenn auch nicht vorgetragenen - Gründen Erfolg beschieden:
Nach dem angezogenen § 130 Abs 1 Z 27 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz die Verpflichtung zur Bestellung oder zur Beiziehung von
Sicherheitsfachkräften oder von Arbeitsmedizinern verletzt, sie nicht
im erforderlichen Ausmaß beschäftigt, ihnen die erforderlichen Informationen und Unterlagen nicht zur Verfügung stellt oder nicht dafür sorgt, daß sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen.
Diese Vorschrift enthält sohin mehrere Tatbestände. Sowohl die Verletzung der Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsfachkräften als auch deren Beschäftigung im nicht erforderlichen Ausmaß ist strafbar.
Die Bestellung von Sicherheitsfachkräften ist im § 73 ASchG geregelt.
Sein erster Absatz verpflichtet Arbeitgeber zur Bestellung von Sicherheitsfachkräften. Diese Verpflichtung kann erfüllt werden: Z 1 durch Beschäftigung von Sicherheitsfachkräften im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (betriebseigene Sicherheitsfachkräfte) oder 2) durch Inanspruchnahme externer Sicherheitsfachkräfte oder 3) durch Inanspruchnahme eines sicherheitstechnischen Zentrums. Diese Vorschrift ist gemäß § 131 Abs 1 ASchG mit dem Inkrafttreten des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes am 01 01 1995 in Kraft getreten. Der in letztgenannter Vorschrift erwähnte 9 Abschnitt des ASchG mit dem Titel Übergangsrecht und Aufhebung von Rechtsvorschriften enthält zwar hinsichtlich der Bestellung von Sicherheitsfachkräften eine Regelung im § 115 Abs 1 Z 1 ASchG dahingehend, daß für Arbeitsstätten mit einer regelmäßigen Beschäftigung von 151 bis 250 Arbeitnehmern die Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsfachkräften erst mit 01 01 1996 wirksam wird, doch gibt es
keine solche Übergangsregelung, wenn ein Arbeitgeber regelmäßig mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt. Der § 115 Abs 2 ASchG betrifft zwar
auch Arbeitsstätten mit einer regelmäßigen Beschäftigung von mehr als
250 Arbeitnehmern, doch regelt er nur das Übergangsrecht hinsichtlich
der Mindesteinsatzzeit. Eine Regelung hinsichtlich der Bestellung
der
Sicherheitsfachkraft ist hier nicht enthalten.
Nach § 77 Abs 1 ASchG sind Sicherheitsfachkräfte in dem zur Erfüllung
ihrer Aufgabe erforderlichen Ausmaß, mindestens aber im Ausmaß der Mindesteinsatzzeit, zu beschäftigen. In den folgenden Absätzen regelt
diese Vorschrift die Mindesteinsatzzeit in Abhängigkeit von der Anzahl der in einer Arbeitsstätte von einem Arbeitgeber beschäftigten
Arbeitnehmer.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist im Anlaßfall unstrittig, daß für das Krankenhaus in der Zeit vom 01 01 bis zum 28 11 1995 weder eine Sicherheitskraft bestellt noch eine solche im ausreichenden Ausmaß beschäftigt war. Das in seinem Tatvorwurf auf diesen Sachverhalt abstellende Straferkenntnis ist jedoch aus folgenden Gründen rechtswidrig:
Die belangte Behörde hat zwar richtig erkannt, daß die Nichtbestellung einer Sicherheitsfachkraft im Sinne des § 130 Abs 1 Z 27 ASchG strafbar ist, jedoch übersehen, daß es nicht strafbar ist,
wenn ein Arbeitgeber keine Sicherheitsfachkraft beschäftigt, weil insoweit nur strafbar ist, wer eine Sicherheitsfachkraft nicht im erforderlichen Ausmaß beschäftigt. Im angefochtenen Straferkenntnis wird auf dieses Tatbildelement nicht Bezug genommen. Zwar läßt die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 17 01 1996 diese Bezugnahme auf eine Beschäftigung im erforderlichen Ausmaß erkennen und hätte die Berufungsbehörde diesen Spruchmangel sanieren können, das sohin berichtigungsfähige Tatverhalten unterliegt jedoch nicht dem angezogenen Tatbestand. Der Tatbestand, daß eine Sicherheitsfachkraft nicht im erforderlichen Ausmaß beschäftigt wurde, setzt nämlich voraus, daß eine solche bestellt wurde. Die Verpflichtung zur Beschäftigung von Sicherheitsfachkräften im Ausmaß der Mindesteinsatzzeit im Sinne des § 77 Abs 1 ASchG kommt nur bei betriebseigenen Sicherheitsfachkräften oder in Anspruch genommenen externen Sicherheitsfachkräften oder bei Insanspruchnahme eines sicherheitstechnischen Zentrums in Betracht. Im Anlaßfall wurde auf keine der drei Möglichkeiten zur Erfüllung der Verpflichtung des § 73
ASchG im Tatzeitraum gegriffen. Sohin durfte dem Berufungswerber auch
nicht zur Last gelegt werden, Sicherheitsfachkräfte nicht im erforderlichen Ausmaß beschäftigt zu haben.
Der Tatvorwurf der Unterlassung der Bestellung von Sicherheitsfachkräften ist von keiner zeitgerechten Verfolgungshandlung getragen, weil in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 17 01 1996 und auch in keiner anderen tauglichen Verfolgungshandlung hierauf Bezug genommen wird. Im Hinblick auf das spruchgemäße Ende des Tatzeitraumes mit 28 11 1995 stellt sich der erst im Straferkenntnis vom 20 01 1998 (laut Berufungsschriftsatz; das im Akt erliegende Konzept ist undatiert, eine Ausfertigung wurde jedoch am 13 02 1998 abgefertigt und am 17 02
1998 zugestellt) erhobene darauf abstellende Tatvorwurf im Hinblick auf die sechsmonatige Frist für die Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs 2 VStG als verjährt dar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Deswegen ist es bedeutungslos, daß die belangte Behörde für angenommene zwei Delikte insoweit gesetzwidrig (nur) eine Gesamtstrafe verhängt hat. Unerheblich ist auch, daß teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erst seit
der im Tatzeitraum noch nicht geltenden Novelle BGBl I 1997/9 bei der
Berechnung der Beschäftigtenzahl zu berücksichtigen sind und karenzierte Arbeitnehmer dabei gänzlich außer Betracht zu bleiben haben, weil sie nicht iSd § 2 Abs 1 ASchG tätig sind.