TE UVS Steiermark 1998/04/28 30.7-28/98

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Veröffentlicht am 28.04.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung der Frau Marianne K, geb. am 6.4.1929, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gert R aus G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 24.6.1997, GZ.: III/S-26.984/95, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, daß hinsichtlich Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses die übertretene Norm § 53 Abs 1 Z 25 iVm § 9 Abs 5 StVO lautet.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Kosten des Verfahrens der zweiten Instanz mit S 1.100,-- festgesetzt und bestimmt, daß der Berufungswerber die Strafe und die Kosten des Verfahrens der ersten und zweiten Instanz binnen vier Wochen bei sonstigem Zwang zu entrichten hat.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 24.6.1997, GZ: III/S-26.984/95, wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe am 20.10.1995 gegen

17.30 Uhr in Graz 8, Plüddemanngasse, auf Höhe der ÖMV-Tankstelle als Lenkerin des Personenkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen G-73 FIA,

1.) den durch das Hinweiszeichen "Fahrstreifen für Omnibusse" und durch Bodenmarkierung deutlich gekennzeichneten Fahrstreifen mit einem nicht im Kraftfahrlinienverkehr eingesetzten Fahrzeug benützt;

2.) überholt, obwohl nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden gewesen sei, da sie mit der rechten Längsseite ihres Personenkraftwagens die Radfahrerin gestreift habe, wodurch diese zu Sturz gekommen und leicht verletzt worden sei;

3.) obwohl ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden gestanden sei, nicht sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt. Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften der § 53 Abs 1 Z 25, § 16 Abs 1 lit. a und § 4 Abs 2 StVO wurde hinsichtlich des 1.) Tatvorwurfes eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) unter Verweis auf § 99 Abs 3 lit. a StVO verhängt;

hinsichtlich des 2.) Tatvorwurfes eine Geldstrafe von S 1.500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) unter Verweis auf § 99 Abs 3 lit. a StVO verhängt und

hinsichtlich des 3.) Tatvorwurfes gemäß § 4 Abs 2 StVO eine Geldstrafe von S 3.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) unter Verweis auf § 99 Abs 2 lit. a StVO verhängt.

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von S 550,-- vorgeschrieben.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin durch ihren Rechtsvertreter im wesentlichen aus, daß sie die Busspur lediglich situationsbedingt gequert habe, um sich in weiterer Folge in die normale PKW-Fahrspur einzuordnen. Es könne von einem rechtswidrigen Befahren der Busspur überhaupt nicht gesprochen werden und habe nur eine ganz kurze Querungsphase stattgefunden. Darüber hinaus sei die Unfallschilderung der Radfahrerin D unrichtig. Diese sei nicht von der Berufungswerberin überholt worden, sondern selbst in einer Aufholbewegung gewesen und habe mit dem Fahrrad die rechte Breitseite des Fahrzeuges der Berufungswerberin gestreift und sei dann zu Sturz gekommen, da sie offensichtlich einen zu geringen Seitenabstand eingehalten habe. Dies sei aufgrund der Tatsache, daß der Personenkraftwagen der Berufungswerberin über einen zurückklappbaren Außenspiegel verfüge, erklärbar. Nach der Kollision habe die Radfahrerin gegenüber der Berufungswerberin nichts von einer Verletzung erwähnt und sei eine solche auch objektiv nicht feststellbar gewesen. Es seien ordnungsgemäß die Daten ausgetauscht worden.

Es wurde die Durchführung eines Lokalaugenscheines sowie die Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen und eines medizinischen Sachverständigen beantragt.

Am 16.4.1998 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark unter Beiziehung des gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Kraftfahrwesen, Dipl.-Ing. Dr. Hermann STEFFAN, eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Berufungswerberin unter Beisein ihres Rechtsvertreters statt, in der als Zeugin Monika D zur Sache befragt wurde und der Sachverständige ersucht worden ist, ausgehend von den Ergebnissen des Beweisverfahrens, Befund und Gutachten über den Unfallverlauf abzugeben.

Die Berufungsbehörde ist von nachstehenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens wird folgender Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt:

Zur Tatörtlichkeit:

Die Unfallstelle befindet sich in Graz, in der Plüddemanngasse, ca. auf Höhe der ÖMV-Tankstelle. Die Plüddemanngasse verläuft im Bereich der Unfallstelle annähernd in Nordsüd Richtung und ist auf einer Breite von ca. 14,6 m mit einer Asphaltdecke befestigt. Sowohl am westlichen als auch am östlichen Fahrbahnrand grenzt ein jeweils ca. 0,5 m breites Rigol die Asphaltdecke von den jeweils erhöhten Gehwegen ab. Am östlichen Fahrbahnrand befindet sich die Zufahrt zur ÖMV-Tankstelle. Im Bereich der Unfallstelle weist die Plüddemanngasse insgesamt 4 Fahrspuren, sowie 2 Parkstreifen auf. Der westlichste Parkstreifen weist eine Breite von ca. 2,5 m auf, die westlichste Fahrspur, die unmittelbar an diesem Parkstreifen angrenzt, eine Breite von ca. 2,6 m. Sie dient für die in Richtung Süden geradeaus weiter führenden Verkehr. Die zweite Fahrspur von Westen gezählt, dient für die in Richtung Süden führenden und auch links in die Tankstelle einbiegenden Verkehr und weist eine Breite von 3,0 m auf. Die dritte Spur von Westen aus gezählt dient für den in Richtung Norden führenden Verkehr und weist eine Breite von ebenfalls 3,0 m auf. Die östlichste Fahrspur weist eine Breite von 3,4 m auf und dient für den in Richtung Norden führenden Verkehr als Busspur und ist als solche auch markiert. Am westlichen Fahrbahnrand grenzt noch ein ca. 2,6 m breiter Parkstreifen an. Die Sichtweite auf die südliche Einfahrt der ÖMV-Tankstelle bei einer Annäherung aus südlicher Richtung beträgt ca. 100 m. Bei der Plüddemanngasse im Bereich der Unfallstelle handelt es sich um eine Vorrangstraße im Ortsgebiet und gilt daher eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h.

Zum Unfallhergang:

Die Berufungswerberin ließ am 20.10.1995 gegen 17.30 Uhr, ihren Personenkraftwagen der Marke Opel Vectra 2,0i in der ÖMV-Tankstelle in der Plüddemanngasse waschen. Nach Beendigung des Waschvorganges bog sie an der südlichen Ausfahrt der ÖMV-Tankstelle nach rechts in die Plüddemanngasse in Richtung Stadtmitte ein, wobei sie zuerst über eine kurze Fahrstrecke den dort befindlichen und mit einer Bodenmarkierung dargestellten Fahrstreifen für Omnibusse benützte. Unmittelbar bevor die Berufungswerberin von der südlichen Ausfahrt der ÖMV-Tankstelle in die Plüddemanngasse einbog, passierte Monika D mit ihrem Klappfahrrad diese Stelle. Unmittelbar danach überholte die Berufungswerberin die Radfahrerin und hielt bei diesem Überholvorgang nicht den erforderlichen Seitenabstand ein und brachte D mit dem rechten Außenspiegel ihres Personenkraftwagens durch einen Anstoß im Bereich der linken Hüfte der Zeugin zu Sturz. Die Berufungswerberin hörte ein Anstoßgeräusch, fuhr noch ein kurzes Stück in Richtung Stadtmitte und hielt sodann an. Sie stieg aus, ging zurück zum Ort des Anstoßgeräusches und sah dort Monika D stehen. Die Berufungswerberin entschuldigte sich zuerst mit den Worten es tut mir leid und fragte D, ob ihr etwas passiert sei. Diese antwortete darauf, daß ihr einiges weh tue und fragte sie die Berufungswerberin im Zuge des daraufhin erfolgten Austausches der persönlichen Daten, ob sie einen Arzt kenne. Die Berufungswerberin antwortete auf diese Frage damit, daß ihr Arzt nicht da wäre und D sich selbst um einen Arzt kümmern müsse. Die Berufungswerberin verließ dann in weiterer Folge die Unfallstelle, ebenso wie die verunfallte Monika D, die ihr

Fahrrad nach Hause schob und sich sodann ins UKH Graz begab, dort ambulant versorgt wurde und danach Anzeige im Wachzimmer Schillerplatz erstattete. Hinsichtlich ihrer erlittenen Verletzungen legte Monika D ein Schreiben der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Unfallkrankenhaus Graz, vom 17.3.1998 vor, demzufolge der Befund blanke Hautabschürfungen über der linken Schulter, am linken Ellbogen und am Unterarm ergab.

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen gründen sich auf die Angaben der Berufungswerberin, die Aussage der als Zeugin vernommenen Radfahrerin Monika D und auf das, auf diesen Angaben aufbauenden, nachvollziehbare Gutachten des beigezogenen Sachverständigen für das Kraftfahrwesen.

Vor diesem Hintergrund ist die Schilderung des Unfallherganges durch die Berufungswerberin, die Radfahrerin Monika D sei im Zuge einer Aufholbewegung gegen den Rückspiegel ihres Personenkraftwagens gestoßen und deshalb gestürzt, sehr unwahrscheinlich. Geht man nämlich von den Angaben der Berufungswerberin zum Unfallhergang aus, so wäre jedenfalls eine Kollision der Radfahrerin mit dem Heck des Personenkraftwagens der Berufungswerberin wesentlich wahrscheinlicher gewesen. Die Berufungswerberin gab nämlich an, daß ihr Fahrzeug an der Kollisionsstelle gegenüber der Längsrichtung der Plüddemanngasse um einen Winkel von ca. 20 Grad in Richtung Fahrbahnmitte verdreht gewesen wäre. Wenn dies so gewesen wäre, wäre in jedem Fall eine Kollision der Radfahrerin - wie bereits ausgeführt - mit dem Heck wesentlich wahrscheinlicher gewesen.

Zum Berufungsvorbringen, daß der Rückspiegel am Personenkraftwagen der Berufungswerberin zurückklappbar sei, hat das Beweisverfahren ergeben, daß der Rückspiegel am verfahrensgegenständlichen Opel Vectra so ausgebildet ist, daß dieser sehr wohl bei einem Anstoß von hinten, als auch bei einem Anstoß von vorne praktisch vollständig aus seiner Verankerung geklappt wird. Er hängt dann auf einen metallischen Mechanismus an dem er sich relativ frei sowohl in Vorwärts- als auch in Rückwärtsrichtung bewegen kann. Aus der Beschädigung des vorgewiesenen Rückspiegels, nämlich durch eine herausgerissene Lagerung eines metallischen Gelenkbogens aus dem Kunststoff, ergibt sich, daß die Radfahrerin D durch den Anstoß den Rückspiegel derartig loslöste und sich anschließend beim Sturz am Rückspiegel verhängte.

Die Aussagen der Zeugin Monika D hinsichtlich des Geschehens nach dem Unfall erschien der Berufungsbehörde ebenfalls glaubwürdig und nachvollziehbar, wenn sie ausführt, daß sie zur Berufungswerberin nach Befragen gesagt hat, daß ihr einiges weh tue und gefragt hat, ob die Berufungswerberin einen Arzt kenne. Im Widerspruch hiezu steht die Verantwortung der Berufungswerberin, derzufolge die gestürzte Radfahrerin gesagt hätte, daß sie okay wäre.

Bei Abwägung dieser widersprüchlichen Angaben schenkt die Berufungsbehörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung der Darstellung der Zeugin Monika D mehr Glauben, als den Angaben der Berufungswerberin die dahingehend zielgerichtet waren, ihr fahrlässiges Verhalten nach dem Verkehrsunfall zu verschleiern bzw. zu beschönigen. Darüber hinaus kann keine Veranlassung gesehen werden, daß die Zeugin Monika D, die ihr damals unbekannte Berufungswerberin wahrheitswidrig belasten habe wollen.

Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:

Zu Spruchpunkt 1.):

Das Hinweiszeichen gemäß § 53 Abs 1 Z 25 StVO Fahrstreifen für Omnibusse zeigt einen den Fahrzeug des Kraftlinienverkehrs vorbehaltenen Fahrstreifen an, für dessen Benützung die Bestimmungen des § 53 Abs 1 Z 24 StVO sinngemäß gelten. Gemäß § 9 Abs 5 StVO haben, wenn auf der Fahrbahn Bodenmarkierungen für das Einordnen bestimmter Fahrzeugarten angebracht sind, die Lenker der in Betracht kommenden Fahrzeugarten ihre Fahrzeuge nach diesen Bodenmarkierungen einzuordnen. Die Lenker anderer Fahrzeuge haben so gekennzeichnete Straßenteile freizuhalten.

Vorliegend war auf der Fahrbahn der Plüddemanngasse eine dementsprechende Bodenmarkierung angebracht sowie eine Hinweistafel gemäß § 53 Abs 1 Z 25 StVO vorhanden.

Die Berufungswerberin befuhr jedenfalls nach ihren Einbiegemanöver in die Plüddemanngasse den deutlich gekennzeichneten Fahrstreifen mit einem nicht im Kraftfahrlinienverkehr eingesetzten Fahrzeug. Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, daß im Gegensatz zum Vorbringen in der Berufungsschrift die Berufungswerberin nicht nur die Busspur zwecks Einordnung in die normale Fahrspur kreuzte, sondern tatsächlich eine Gesamtfahrstrecke von ca. 20 m auf dieser Spur zurücklegte.

Zu Spruchpunkt 2.):

Gemäß § 16 Abs 1 lit. a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Im vorliegenden Fall hat die Berufungswerberin versucht, die vor ihr fahrende Radfahrerin Monika D, zu überholen. Beide befuhren die Busspur in der Plüddemanngasse in Fahrtrichtung Stadtmitte und war es durch den starken Verkehr in ihrer Richtung, der Berufungswerberin nicht möglich, einen ausreichenden Seitenabstand zur Radfahrerin einzuhalten. Deshalb kam es im Zuge des Überholmanövers zu einem Anstoß mit dem rechten Außenspiegel an die Radfahrerin, die sodann zu Sturz kam. Da unter den gegebenen Umständen offensichtlich nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholmanöver vorhanden war, hätte die Berufungswerberin die Radfahrerin D nicht überholen dürfen. Aus diesem Grund hat die Berufungswerberin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu vertreten.

Zu Spruchpunkt 3.):

Gemäß § 4 Abs 2 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind, Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmiedienststelle sofort zu verständigen. Die Verständigungspflicht entsprechend der oben zitierten Bestimmung besteht auch bei bloß geringfügigen Verletzungen. Im konkreten Fall wurde die Berufungswerberin von der zu Sturz gekommenen Radfahrerin darauf hingewiesen, daß ihr etwas weh tue. Darüber hinaus wurde der Berufungswerberin eine - wenn auch leichte - Verletzung im Schulterbereich gezeigt, sodaß allein schon aus diesem Grund die Verständigungspflicht bestanden hat. Darüber hinaus muß grundsätzlich bei einem zu Sturz gekommenen Radfahrer mit Verletzungen gerechnet werden (siehe hiezu VwGH vom 25.11.1985, 85/02/0208).

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Bestimmungen des § 9 StVO über das Verhalten bei Bodenmarkierungen dienen sowohl der Leitung und Ordnung des fließenden Verkehrs als auch der Verkehrssicherheit. Die Bestimmungen des § 16 StVO 1960 über die Überholverbote dienen im hohem Maße der Verkehrssicherheit, da sie eine Gefährdung oder Behinderung der übrigen Straßenverkehrsteilnehmer auf Grund eines vorschriftswidrigen Überholmanövers vermeiden sollen. Gegen diesen Schutzzweck hat der Berufungswerber durch sein Fahrverhalten verstoßen.

Die Meldepflicht im Sinne des § 4 Abs 2 zweiter Satz StVO 1960 soll sicherstellen, daß alles zweckdienliche zur Aufklärung eines Unfallereignisses beigetragen wird, um nichts zu verabsäumen, was für die Klarstellung des Sachverhaltes notwendig ist. Außerdem muß dem Geschädigten die Möglichkeit gegeben werden, seine Ansprüche geltend zu machen. In diesem Sinne stellt eine nicht sofortige Meldung des Unfalles mit Personenschaden bei der Polizei- oder Gendarmeriedienststelle jedenfalls eine Beeinträchtigung des Aufklärungsinteresses und der Anspruchsverfolgung dar. Diese von der Berufungswerberin übertretenen Vorschriften zielen, wie nahezu sämtliche Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung darauf ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Berufungswerberin hat durch ihr Verhalten gegen den Schutzzweck der referierten Bestimmungen verstoßen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Berufungsbehörde hat als mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, als erschwerend nichts. Vor diesem Hintergrund entspricht die von der belangten Behörde vorgenommene Strafbemessung den oben zitierten Zumessungskriterien. Die verhängten Strafen sind im Hinblick auf § 19 Abs 1 VStG gerechtfertigt und unter Einbeziehung der zumindest fahrlässigen Begehung der Übertretungen auch schuldangemessen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen von S 40.000,--, Eigentumswohnung in Graz, keine Sorgepflichten) wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt; diese waren nicht geeignet strafherabsetzend zu wirken.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages des Verwaltungsstrafverfahrens zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
überholen Platzmangel Busspur Verkehrsdichte
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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