TE UVS Steiermark 1998/04/29 30.16-138/97

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Veröffentlicht am 29.04.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn Tomislav P, geb. am 14.2.1939, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 1.8.1997, GZ.: 15.1 96/5165, wie folgt entschieden:

I. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung zu den Punkten I. - IV. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Punkte I. - IV. behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung zu Punkt V. abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 300,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß anläßlich einer am 10.10.1996, ab ca. 12.00 Uhr im Beisein von Frau Sonja C durchgeführten lebensmittelpolizeilichen Revision auf dem Gösser-Kirtag in 8700 Leoben, von einem Organ der Lebensmittelaufsicht festgestellt worden sei, daß auf der Verkaufsfläche des Verkaufsstandes nachfolgend angeführte Waren zum Verkauf feilgehalten wurden, obwohl diese keine Kennzeichnung im nachstehend angeführten Sinn aufgewiesen hätten:

I. 30 Packungen Türkischer Honig je 15 dag

1)

Es fehlte die handelsübliche Sachbezeichnung.

2)

Der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung

 3) Die Nettofüllmenge der zur Verpackung gelangenden Ware nach metrischem System

 4) Das Los (Charge), wenn nicht das nach Tag und Monat bestimmte Mindesthaltbarkeits- bzw. Verbrauchsdatum angegeben ist.

 5) Die Angaben bezüglich der Zutaten (Bestandteile und Zusatzstoffe). II. 10 Packungen Schokoschnitten je 13 dag

Es fehlten ebenfalls die Kennzeichnungen 1.) - 5.) lt. unter Punkt I. angeführten Aufstellung.

III. 30 Packungen Kokosstangerl je 15 dag

Es fehlten ebenfalls die Kennzeichnungen 1.) - 5.) lt. unter Punkt I. angeführten Aufstellung.

IV. 30 Packungen Kokosbusserl je 15 dag

Es fehlten ebenfalls die Kennzeichnungen 1.) - 5.) lt. unter Punkt I. angeführten Aufstellung.

V. 40 Packungen Schaumrollen je 15 dag

Es fehlten ebenfalls die Kennzeichnungen 1.) - 5.) lt. unter Punkt I. angeführten Aufstellung.

Er habe dadurch I. bis V. bzw. 1.) bis 5.) Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 iVm. § 4 Z 1, 2, 3, 4 und 7 LMGKV 1993 i.d.g.F. begangen und wurden über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretungen zu I.1.) bis V.5.) Geldstrafen in der Höhe von je S 300,--, insgesamt somit zu Punkte I. bis V. je S 1.500,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit je zwölf Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

In der fristgerecht erhobenen Berufung - ergänzt durch das Schreiben vom 22.9.1997, wonach hinsichtlich V. ausschließlich nur der Ausspruch über die Strafhöhe bekämpft wurde - wurde ein schuldhaftes Verhalten mit dem Hinweis darauf in Abrede gestellt, als es sich bei den Produkten I. bis IV. ausschließlich um eigene Erzeugnisse handle, die - wenn nicht am selben Tag - noch in den Nachtstunden des Vortages zur kurzfristigen Lagerung für die unmittelbare Abgabe an den Letztverbraucher zur Verkaufsvorbereitung verpackt worden wären.

Es hätte für den Berufungswerber danach die Ausnahmebestimmung des § 2 der LMKV 1993 i.d.g.F. zu gelten. Die im Kommentar zur LMKV dargelegten, sich auf ein nahe einer Schule gelegenes Süßwarengeschäft auf § 2 der LMKV beziehende Ausführungen wären zur Gänze auch auf die Situation bei einem Kirtag zu übertragen, weshalb diesbezüglich die Einstellung des Verfahrens beantragt werde.

Zufolge dieses Berufungsvorbringens wurde für den 11.12.1997 eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, bei der neben dem Berufungswerber auch die Zeugin Sonja C geladen wurde.

Der Berufungswerber gab ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen an, daß er seit 25 Jahren eine orientalische Süßwarenerzeugung in Graz betreibt und der Verkauf der dabei erzeugten Ware primär auf Märkten, Messen etc. erfolge. In der Mehrzahl seiner Produkte handle es sich um sogenannte offene Ware, die jeweils am Verkaufsstand dargeboten wird. Je nach Käuferinteresse werde die Ware auch direkt vor diesem eingepackt. Bei einer Großveranstaltung, wie es zweifellos auch der Gösser-Kirtag sei, werden natürlich einige Vorbereitungsarbeiten vorgenommen. So werde die Ware schon vorher in kleinen Mengen eingepackt, vor allem, um den bereits bei Aufstellung des Standes geäußerten Kaufinteressen gerecht werden zu können. Ansonsten findet ununterbrochen ein vorbereitendes Einpacken am Stand statt, dabei werde die Ware kleinweise gewogen und jeweils in die bereitgehaltenen Säckchen eingefüllt.

Der Gösser-Kirtag sei für ihn überaus attraktiv, das Käuferinteresse reiße faktisch nie ab, so werden etwa 50 bis 80 Kilogramm Kokosbusserln verkauft, weshalb die anläßlich der Kontrolle am 10.10.1996 um ca. 12.00 Uhr festgestellten Mengen im Rahmen einer solchen Veranstaltung jedenfalls auch verkauft würden. Bei Fremdprodukten, die er ebenfalls zum Verkauf anbiete, gebe es regelmäßig die entsprechenden Etiketten mit den erforderlichen Angaben. Bei den hinsichtlich fehlender Kennzeichnungselemente beanstandeten, von ihm nicht selbst erzeugten Schaumrollen habe er offensichtlich keine Zeit mehr gehabt, die erforderlichen Etiketten, die ihm der Erzeuger zur Verfügung gestellt habe, auf den Waren anzubringen.

Die Zeugin C, die Tochter des Berufungswerbers, welche über zehn Jahre einschlägig im Betrieb ihres Vaters die verfahrensgegenständlichen Produkte verkauft, bestätigte im wesentlichen vollinhaltlich dessen Angaben. Bei einer Großveranstaltung wie dem Gösser-Kirtag, bei dem ein überaus reger Kundenstrom zu verzeichnen sei, habe es mit Sicherheit schon am Tag zuvor Vorbereitungsarbeiten gegeben und wären dabei kleinere Mengen an Produkten vorverpackt worden. Vor allem Kokosbusserl und Türkischer Honig würden in der Regel immer vorverpackt, um beim Aufstellen des Standes, wo schon die ersten Kunden anwesend sind, diese entsprechend rasch bedienen zu können.

Es komme aber auch vor, so die Zeugin, daß ein Kunde trotz kleinerer vorverpackter Mengen ausdrücklich wünsche, daß die offen zum Verkauf angebotene Ware direkt vor ihm eingepackt werde. Bei den Absatzmengen wie auf der gegenständlichen Veranstaltung gehe die Zeugin davon aus, daß um 12.00 Uhr kaum mehr Waren vorhanden sein werden, die schon am Vortag verpackt wurden. Sie habe vor dem 10.10.1996 und auch nach diesem Tag wiederholt lebensmittelpolizeiliche Kontrollen miterlebt und sei die Abgabe der Waren betreffend jeweils in derselben Art und Weise vorgegangen worden, ohne daß es zu einer Anzeige gekommen wäre. Zusammenfassend gab die Zeugin schließlich an, daß der Gösser-Kirtag mit Sicherheit eine der stärksten Verkaufsveranstaltungen im Jahr sei, an welchem der Betrieb ihres Vaters teilnimmt. Es sei dabei sehr häufig der Fall, daß sich zeitweise größere Menschenansammlungen um den Stand drängen. Wo sich ihr Vater damals zum Zeitpunkt der Kontrolle gerade aufgehalten habe, könne sie heute nicht mehr angeben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Aufgrund der Aktenlage, vor allem aber aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen, mündlichen Verhandlung, gewonnen aus der Befragung des Berufungswerbers und der Vernehmung der Zeugin, wird nachstehender Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt:

Der Berufungswerber hat mit seiner Tochter im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung für das Marktfierantengewerbe am 10.10.1996 den sogenannten Gösser-Kirtag in 8700 Leoben aufgesucht und dabei vorwiegend diverse Süßigkeiten aus der eigenen Produktion neben Produkten aus fremder Herstellung angeboten.

Aus der am Standort 8020 Graz, Sigmundstadl, seit 25 Jahren etablierten, orientalischen Süßwarenerzeugung, wurden so unter anderem dort selbst erzeugter Türkischer Honig, Schokoschnitten, Kokosstangerl und auch Kokosbusserl verkauft, zur Tatzeit aber auch unter anderem Schaumrollen aus fremder Erzeugung.

Neben einer bereits aus Graz mitgebrachten, vorverpackten Menge der erwähnten Produkte wurde je nach Geschäftsgang sukzessive eingewogen und verpackt. Die unter I. bis IV. näher bezeichneten Waren waren zum Zeitpunkt der lebensmittelpolizeilichen Revision in Päckchen unterschiedlicher Menge (je 13 bzw. je 15 dag) auf der Verkaufsfläche (Marktstand) zum Verkauf aufgelegt.

Sämtliche Päckchen, wie aber auch 40 Schaumrollen je 15 dag, wurden ohne jegliche Kennzeichnung feilgehalten und fehlten bei allen angeführten Waren im Sinne der LMKV 1993 die Kennzeichnungselemente gemäß § 4 Z 1, 2, 3, 4 und 7. Während der Berufungswerber zugab, für die erwähnten, aus fremder Produktion stammenden Schaumrollen die entsprechenden Klebeetiketten mit den erforderlichen Angaben vom Lieferanten erhalten, jedoch offensichtlich nicht dazugekommen zu sein, diese auf der Ware auch anzubringen, weshalb auch der Schuldspruch zu Punkt V. dem Grunde nach anerkannt und lediglich die Strafhöhe bekämpft werde, rechtfertigt sich der Berufungswerber bei Außerstreitstellung des Faktums, daß es sich jeweils um verpackte Ware im Sinne der LMKV handle, hinsichtlich der Produkte aus eigener Produktion wie erwähnt damit, daß er im konkreten Fall unter die Ausnahmebestimmung des § 2 LMKV 1993 fallen müsse.

In rechtlicher Hinsicht ist zu diesem Vorbringen auszuführen:

Gemäß § 1 LMKV 1993 i.d.g.F. ist diese Verordnung auf alle verpackten Waren, die ohne weitere Bearbeitung für den Letztverbraucher bestimmt sind, anzuwenden.

Gemäß § 2 gilt diese Verordnung nicht für Waren, die in Gegenwart des Käufers verpackt wurden und für zur Verkaufsvorbereitung verpackte Waren, wenn diese nur zur kurzfristigen Lagerung für die unmittelbare Abgabe an den Letztverbraucher, ausgenommen Selbstbedienung, bestimmt sind.

Unter Berücksichtigung der im erstinstanzlichen Verfahren seitens der Organe der Lebensmittelpolizei abgegebenen Zeugenaussagen geht die erkennende Behörde zunächst davon aus, daß die der Anzeige zugrundegelegten Produkte zweifellos nicht in Gegenwart des Käufers oder bei der festgestellten Menge besser der Käufer verpackt wurden, weshalb der erste Ausnahmefall des § 2 leg cit wohl auszuscheiden hat.

Hinsichtlich der weiteren im Sinne der zuvor zitierten gesetzlichen Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen von einer Kennzeichnungspflicht nimmt die Berufungsbehörde jedoch aus nachstehenden Gründen als erwiesen an, daß die diesbezüglichen Voraussetzungen im konkreten Fall durchaus vorlagen. So haben der Berufungswerber und dessen Verkäuferin am Stand anläßlich des Gösser-Kirtags widerspruchsfrei, schlüssig, vor allem aber glaubhaft dargetan, daß es sich bei dieser Veranstaltung um eine überaus große, vor allem geschäftlich interessante Verkaufsveranstaltung handelt, in deren Rahmen z.B. an einem Tag allein 50 bis 80 Kilogramm Kokosbusserl verkauft werden. Angesichts der Größe dieser Veranstaltung, insbesonders der jeweils zu erwartenden Kaufinteressenten werden bzw. wurden daher regelmäßig vor Aufstellung des Standes im Rahmen einer wohlüberlegten Vorbereitung Verkaufsvorbereitungen insoferne getroffen, als gewisse Mengen der zum Verkauf anzubietenden Produkte vorverpackt wurden. Dies vor allem, um Kundenwünschen, die sich bereits während der Aufbauarbeiten des Stands artikulieren, gerecht werden zu können.

In weiterer Folge werden quasi ununterbrochen nach Verkauf der vorbereiteten (bereits abgepackten) Produkte kleinweise die aus eigener Produktion stammenden Süßwaren eingepackt. Eine andere Vorgangsweise ist auch kaum denkbar, geht man unter anderem davon aus, daß der Verkaufsstand im besten Fall (nur) von zwei Verkäufern betreut wird, die bei dem übereinstimmend geschilderten und durchaus nachvollziehbaren Käuferinteresse und -andrang ohnedies alle Hände voll zu tun haben, um einen geordneten Geschäftsgang zu gewährleisten.

Die erkennende Behörde folgt daher durchaus den diesbezüglich auch im Berufungsvorbringen erwähnten Ausführungen im Kommentar zu § 2 LMKV (siehe Barfuß-Smolka-Onder, LMR, 2. Auflage, Kennzeichnungsrecht, Manz-Verlag Wien) und geht somit davon aus, daß die dort getroffenen Ausführungen auch auf den konkreten Fall Anwendung finden können.

So heißt es unter anderem im zitierten Kommentar, daß die Ausnahme des § 2 für zur Verkaufsvorbereitung verpackte Ware neu in die LMKV 1993 aufgenommen wurde und das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen jeweils fallbezogen und praxisorientiert zu beurteilen sein wird. In diesem Sinne können die Verkaufsvorbereitungen z.B. schon an dem der Abgabe der Ware vorangehenden Tag beginnen, wenn am Ende eines Arbeitstages Waren für die Abgabe nach Geschäftseröffnung am folgenden Tag verpackt werden. Bezogen auf den Betrieb des Berufungswerbers ist daher gerade auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzunehmen, daß bis auf die aus fremder Produktion stammenden "Schaumrollen" sämtliche übrigen angezeigten Produkte tatsächlich nicht nur aus eigener Produktion stammen, sondern auch in einer nicht mehr im Detail nachvollziehbaren Menge vorverpackt wurden. Allerdings kann man, folgt man den diesbezüglichen, durchaus glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des Berufungswerbers, aber auch der einvernommenen Zeugin, davon ausgehen, daß diese vorverpackten Mengen angesichts des starken Geschäftsbetriebes am Gösser-Kirtag vor Durchführung der lebensmittelpolizeilichen Kontrolle schon abverkauft waren und es sich bei den beanstandeten Warenproben um jene handelte, die im Laufe des Vormittags sukzessive im Rahmen der begleitenden Verkaufsvorbereitungen eingepackt wurden. Berücksichtigt man ferner, daß die vom Berufungswerber im Zuge seines Standes praktizierte Verkaufstätigkeit immer den persönlichen Kontakt zwischen Kunden und Verkäufer garantieren, ist es rechtspolitisch, vor allem was den Schutzzweck der übertretenen Norm anbelangt, auch nach Ansicht der erkennenden Behörde nicht geboten, im Anlaßfall mit einer kleinlichen Interpretation des § 2 LMKV vorzugehen (vgl. in diesem Sinn ebenfalls Kommentar zu § 2 LMKV in LMR, wie oben zitiert S 57).

Dies bedeutet daher, daß die vom Berufungswerber zum Zeitpunkt der lebensmittelpolizeilichen Revision festgestellte, respektive beanstandete Ware mit Ausnahme der 40 Packungen Schaumrollen aus eigener Produktion stammend von der Ausnahmeregelung hinsichtlich der erforderlichen Kennzeichnungselemente im Sinne des § 2 LMKV 1993 i.d.g.F. voll umfaßt war und der Berufungswerber daher diesbezüglich die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat, weshalb das Strafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen war.

Hinsichtlich der Strafberufung zu Punkt V. ist abschließend auszuführen, daß der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist (VwGH 16.9.1971, 1268 ua. 70), da lediglich die Höhe der verhängten Strafe bekämpft wurde.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gegen den Schutzzweck der übertretenen Norm, nämlich in erster Linie durch Anbringung der gesetzlich normierten Kennzeichnungselemente dem Konsumenten eine entsprechend umfangreiche Information vor allem hinsichtlich Hersteller, Menge, Haltbarkeit und Zutaten des von ihm zu kaufenden Produktes zu geben, hat der Berufungswerber bezüglich der von ihm feilgehaltenen Schaumrollen zumindest fahrlässig verstoßen. Wenngleich er zwar zugegeben hat, daß ihm die entsprechenden Etiketten vom Erzeuger übergeben wurden und er diese nur auf den Waren anzubringen vergessen hat, ändert dies nichts am Umstand, daß der Letztverbraucher durch diese Vorgangsweise aufgrund des Fehlens der wesentlichen Kennzeichnungselemente hinsichtlich der gebotenen Informationen im Unklaren gelassen wurden, weshalb auch das Verschulden im Sinne des § 19 Abs 2 VStG keinesfalls als gering anzusehen war.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als erschwerend war nichts, als mildernd die offensichtliche bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers anzusehen. Im Hinblick auf das doch eine Fremdware betreffende, nicht als gering zu bewertende Verschulden vermochte die seitens der belangten Behörde als Milderungsgrund unberücksichtigt gebliebene Unbescholtenheit eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nicht zu bewirken.

Auch die aus dem Akt ersichtlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, die im Zuge der Berufungsverhandlung vom Berufungswerber bestätigt wurden (monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von ca. S 12.000,-- bis S 15.000,--, Besitz eines Einfamilienhauses mit einem Einheitswert von ca. S 300.000,--, keine Schulden) sind nicht geeignet, eine Änderung der Entscheidung herbeizuführen, da die von der Behörde I. Instanz verhängte Strafe auch diesbezüglich angepaßt erscheint. Im übrigen treten die persönlichen Verhältnisse im Interesse des Schutzzwecks der übertretenen Norm in den Hintergrund.

Bei diesen persönlichen Verhältnissen und den angeführten Strafbemessungsgründen ist die Strafe als angemessen anzusehen, da Strafen immerhin einen spürbaren Vermögensnachteil darstellen müssen, um den Strafzweck zu erfüllen.

Es war daher hinsichtlich Punkt V. das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen und auch aus spezialpräventiven Überlegungen, der Berufungswerber möge vor weiteren Übertretungen der selben Art abgehalten werden, spruchgemäß zu entscheiden.

§ 65 VStG ist darauf abgestellt, daß in einem Berufungsbescheid jeweils nur über eine einzige Verwaltungsübertretung und damit über die Strafe

Bescheid über mehrere Verwaltungsübertretungen entschieden wird, bedeutet daher nicht, daß ein teilweiser Erfolg eines Rechtsmittels im Fall einer von mehreren Übertretungen zu einer Anwendung des § 65 VStG auch in jenen Fällen führen muß, in welchen der Berufung hinsichtlich einer weiteren Verwaltungsübertretung keine Folge gegeben wird (VwGH 22.1.1982, 81/02/0315). Hierauf gründet sich die im Spruch vorgenommene Kostenentscheidung.

Schlagworte
Verpackung Kennzeichnung Lagerung Ausnahme Verkauf Abgabe
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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