TE UVS Steiermark 1998/05/07 30.12-120/97

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Veröffentlicht am 07.05.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung der Frau Michaela H, vertreten durch Dr. Wolfgang V, Rechtsanwalt, in G, gegen die Punkte 1.) und 2.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 07.11.1997, GZ.: 15.1 1996/7164, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung zu beiden Punkten dem Grunde nach mit der Maßgabe abgewiesen, daß die Tatzeit jeweils auf 27.10.1996 eingeschränkt wird.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung dahin Folge gegeben, daß nach § 19 Abs 1 und 2 VStG folgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt werden:

Punkt 1.) S   800,-- (Ersatzarrest nach § 16 VStG 1 Tag),

Punkt 2.) S 2.800,-- (Ersatzarrest nach § 16 VStG 12 Stunden). Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren zu Punkt 1.) auf S 80,-- und zu Punkt 2.) auf S 280,--. Der Berufungswerberin wird aufgetragen, die Geldstrafen und den Kostenbeitrag binnen vier Wochen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Liezen als erste Instanz) warf der nunmehrigen Berufungswerberin mit Straferkenntnis folgende Sachverhalte vor:

1.)

Sie habe sich am 16.10.1996 um 22.00 Uhr, am 27.10.1996 um 01.55 Uhr und am 06.11.1996 um 00.30 Uhr in Pürgg-Trautenfels, Lessern 68, im Bordell Club E mit Riemchenhöschen und BH bekleidet in erkennbarer Absicht der Kontaktaufnahme zur Durchführung eines Beischlafes gegen Entgelt aufgehalten, ohne sich vor Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Kontrolle auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen, sowie

2.)

ohne sich - bei gleichen sonstigen Voraussetzungen wie in Punkt

1.) - vor Aufnahme dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen.

Sie habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.) § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz in Verbindung mit § 1 der Verordnung, BGBl. Nr. 314/1974,

2.) § 9 Abs 1 Z 2 Aidsgesetz in Verbindung mit § 4 Abs 2 erster Satz leg. cit. Zu Punkt 1.) wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarrest 2 Tage), zu Punkt 2.) eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzarrest 12 Stunden) verhängt.

Die Beschuldigte berief durch ihren Vertreter mit der Begründung, daß zu einer lückenlosen Bescheidbegründung (nicht nur die Feststellung des Sachverhaltes, sondern auch) die Anführung der Beweismittel gehöre. Aus dem gegenständlichen Bescheid sei aber nicht ersichtlich, von welchen Feststellungen die belangte Behörde ausgegangen sei und worauf sich die getroffenen Feststellungen im einzelnen stützen. Die Beschuldigte bestreite keineswegs, daß sie sich einmal mit Riemenhöschen und BH bekleidet auf der Liegenschaft Pürgg-Trautenfels, Lessern 68, aufgehalten habe. Sie sei aber in der Küche gewesen und damit befaßt, ihrem Ehegatten Hubert H ein verspätetes Abendessen zuzubereiten. In diesem Augenblick sei Gruppeninspektor Walter Sch in die gegenständlichen Räumlichkeiten gestürmt. Aufgrund des furchterregenden Auftretens des Gendarmeriebeamten sei sie zu ihrem Ehemann geflüchtet und habe die Tür hinter sich ins Schloß fallen lassen. Gruppeninspektor Sch habe unter Einsatz seines Körpers die Tür aufgebrochen und sei mit gezogener Waffe in den Raum eingedrungen, in dem sich ihr Ehemann aufgehalten habe.

Beweis: Hubert H; Einvernahme der BW.

Die BW habe zu keinem Zeitpunkt Handlungen gesetzt, die den in den Ziffern 1 und 2 des Straferkenntnisses festgestellten Tatbestand erfüllen würden. Sie beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, allenfalls Herabsetzung der Geldstrafen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark verhandelte die Berufungssache am 06. und 20.04.1998, jeweils in Gegenwart der Berufungswerberin und ihres Vertreters. Es wurden die Berufungswerberin als Partei und folgende Personen als Zeugen einvernommen:

Gruppeninspektor Walter Sch - Gendarmerieposten Stainach, Hubert H, Herbert P, Bezirksinspektor Günter W - Gendarmerieposten Liezen und Claudia G. Aufgrund der Beweisergebnisse gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu folgenden Feststellungen:

In Pürgg-Trautenfels, L 68, besteht seit ca. 5 Jahren der Club E, der ein Nachtlokal und Bordell ist. Eigentümer des Gebäudes ist Herr Herbert P. Nach außen hin tritt seine Lebensgefährtin, Frau S, als Geschäftsführerin auf. Tatsächlich wurde das Bordell im Oktober 1996 von Herrn P selbst geführt.

Herr Hubert H - der Ehegatte der Berufungswerberin - war mit Herrn Herbert P befreundet und half immer wieder als Aufpasser im Bordell aus.

Im Erdgeschoß befinden sich der Barraum, eine Küche und eine Getränkekammer, im ersten Stock liegen drei Separees (Stundenzimmer). Im zweiten Stock befindet sich die Wohnung des Herrn P, bestehend aus drei Zimmern, von denen fallweise zwei von den Ehegatten Hubert und Michaela H benützt wurden, dem Zimmer von Frau Claudia G und einer Küche. Im dritten Stock liegen weitere privat genutzte Räumlichkeiten.

Am 27.10.1996 hielten sich die Prostituierten Claudia G, Frau Po sowie die Berufungswerberin im Barraum auf. Das Lokal ist am Vormittag ab 11.00 Uhr für den Zimmerbetrieb geöffnet, abends ist es ab 20.00 Uhr oder 21.00 Uhr bis 04.00 Uhr früh geöffnet. Die drei Prostituierten waren mit Reizwäsche (Stringtanga bzw. Riemenhöschen und BH) bekleidet. Als die beiden Gendarmeriebeamten Gruppeninspektor Sch und Bezirksinspektor W um 01.55 Uhr zum Zweck einer Kontrolle die Bar in Zivil betraten und die drei Prostituierten zur Ausweisleistung aufforderten, flüchtete die Berufungswerberin aus der Bar in eines der Stundenzimmer im ersten Stock. Weitere Damen waren zu diesem Zeitpunkt im Bordell nicht anwesend. Vorher anwesende Gäste hatten das Lokal bereits verlassen gehabt. Die Berufungswerberin hielt sich ebenso wie die beiden übrigen Prostituierten zu dem Zweck in der Bar des Bordells auf, um der Prostitution nachzugehen. Sie hatte sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit weder einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten noch auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen.

Der Sachverhalt stützt sich auf folgende Beweismittel:

Daß die Berufungswerberin - neben Frau G und Frau Po - am 27.10.1996 im Haus L 68 anwesend war, ergibt sich übereinstimmend aus den Aussagen aller vernommenen Personen, ausgenommen Herr P und Herr Bezirksinspektor W, die sich daran nicht erinnern konnten.

Umstritten war, in welchem Raum - nämlich in der Bar oder in der Küche im Parterre - sich die Berufungswerberin bei Beginn der Kontrolle aufgehalten hatte und welche Kleidung sie in diesem Zeitpunkt trug. In der Berufung heißt es, daß die Berufungswerberin keineswegs bestreite, daß sie sich einmal mit Riemenhöschen und BH bekleidet auf der Liegenschaft L 68 aufgehalten habe. Sie habe sich in der Küche befunden, um ihrem Ehegatten ein verspätetes Abendessen zu bereiten. Herr Gruppeninspektor Walter Sch sei in die Räumlichkeiten gestürmt, weshalb die Berufungswerberin zu ihrem Ehemann geflüchtet sei. Herr Gruppeninspektor Sch sei dann mit gezogener Waffe in den Raum eingedrungen, in dem sich Herr Hubert H aufgehalten habe.

Die Berufungswerberin sagte etwas anderes aus: Sie habe sich - zusätzlich zu Riemenhöschen und BH mit einem langen T-Shirt bekleidet - in der Küche im Parterre aufgehalten, um ihrem Mann Hubert H ein Essen zu machen. Sie sei bei Eintreffen der beiden Gendarmeriebeamten mit dem Auto vor dem Lokal, was sie durch die geöffnete Küchentür beobachtet habe, in den ersten Stock in ihr Zimmer gelaufen. Sie sagte somit nicht aus, zu ihrem Mann geflüchtet zu sein, was ein Widerspruch zum Berufungsvorbringen ist. Anders sagte auch Herr Hubert H aus, wonach er seine Gattin um einen Kaffee - und nicht um ein verspätetes Abendessen - gebeten habe.

Aus der Aussage des Herrn Gruppeninspektor Sch ergibt sich, daß die beiden Beamten vor dem Lokal gewartet hatten, bis die Eingangstür zum Lüften geöffnet wurde, worauf sie das Lokal in Zivil rasch betraten. Nach dieser Aussage war die Berufungswerberin im Barraum zusammen mit den beiden anderen Prostituierten in derselben Kleidung wie diese anwesend, flüchtete aber nach der Aufforderung zur Ausweisleistung in ein Separee im ersten Stock. Herr Gruppeninspektor Sch folgte ihr und identifizierte sie eindeutig aufgrund ihres Reisepasses, den sie aus einem anderen - wohnlich eingerichteten - Zimmer aus einer Dokumentenmappe entnahm. Die Aussagen der Berufungswerberin, des Herrn H und der Frau G, daß sich die Berufungswerberin in der Küche aufgehalten habe und somit mit dem Bordellbetrieb nichts zu tun gehabt habe, sind nicht glaubwürdig, denn Frau H konnte von der Küche aus nicht beim Anblick des schnell herannahenden Wagens der Gendarmeriebeamten geflüchtet sein, weil diese sich vor der Kontrolle schon eine Zeit lang zu Fuß vor dem Lokal aufgehalten hatten. Es war aber auch nicht notwendig für sie, vom zweiten Stock zur Küche im Erdgeschoß zu gehen, da sich im zweiten Stock selbst auch eine Küche befand. Dagegen ist die Aussage des Herrn Gruppeninspektor Sch, daß er Frau H in der Bar in Reizwäsche angetroffen habe und diese von dort aus geflüchtet sei, vollkommen glaubwürdig. Daß Frau H nur Unterwäsche trug, wurde auch von Frau G angegeben. Der anders lautenden Aussage der Berufungswerberin, sie habe über der Unterwäsche ein langes T-Shirt getragen, und des Herrn Hubert H, sie habe eine Radlerhose und ein Top getragen, war dagegen nicht zu folgen. Der letztgenannte Zeuge konnte diesbezüglich keinen glaubwürdigen Eindruck vermitteln. Hingegen ergibt sich aus der Aussage des Herrn H nachvollziehbar, daß Herr Herbert P das Lokal tatsächlich geführt hat (schaut, daß das Lokal läuft). Die Lage der Räumlichkeiten ergibt sich aus der in diesem Punkt glaubwürdigen Aussage von Frau Claudia G.

Daß die Berufungswerberin dem kontrollierenden Gendarmeriebeamten keinen Gesundheitsausweis vorweisen konnte, ergibt sich aus der Aussage des Herrn Gruppeninspektor Sch. Die Aussage des Herrn Bezirksinspektor W enthält nichts, was der Sachverhaltsfeststellung dienlich sein könnte, da dieser Zeuge bei der Kontrolle nur eine Sicherungsaufgabe innehatte und sich an den Vorfall nur mehr sehr wenig erinnern konnte.

Wenn mehrere Personen aussagten, daß Frau H in den zweiten Stock geflüchtet sei, nämlich Herr Hubert H und Herr Herbert P sowie Frau G, so sind diese Aussagen nicht nachvollziehbar, da sich im zweiten Stock nur vier Zimmer (drei zur Wohnung des Herrn P gehörig, davon zwei durch die Ehegatten H genützt, sowie das Zimmer der Frau G) befanden und nicht erkennbar ist, in welches dieser vier Zimmer Frau H geflüchtet sein könnte, zumal sich Herr H im zweiten Stock aufgehalten hatte. Im übrigen konnte dies Frau G gar nicht gesehen haben, da sie sich im Parterre aufhielt. Hätte sich Frau H tatsächlich nur als Gast im Haus aufgehalten, hätte sie bei der Kontrolle weder flüchten müssen noch wäre sie dann in ein Separee geflüchtet, sondern vielmehr in das oder die von ihr bewohnten Zimmer.

Zu den Tatzeiten 16.10.1996 und 06.11.1996 laut Straferkenntnis liegen keine verwertbaren Beweisergebnisse vor. Herr Gruppeninspektor Sch wollte die Informanten bezüglich des Vorfalls am 16.10.1996 und konnte jene zum Vorfall vom 06.11.1996 nicht nennen, wußte von den Letzteren aber, daß sie auch anonym bleiben wollten. Zwar schließt das Gesetz den Beweis vom Hören-Sagen nicht aus (VwGH 20.04.1979, 1222/78), jedoch darf sich die Behörde dort, wo der Vernehmung des (unmittelbaren) Zeugen tatsächlich Hindernisse, wie Tod oder Unerreichbarkeit, nicht entgegenstehen, mit dem Beweis vom Hören-Sagen nicht begnügen, sondern muß den Zeugen, der die Beobachtung gemacht hat, selbst vernehmen und im Rahmen dieser Vernehmung auch seine Identität feststellen (vgl. § 50 AVG) (VwGH 16.01.1984, 83/10/0238). Im vorliegenden Fall war die Vernehmung der unmittelbaren Zeugen nur durch deren Wunsch, anonym zu bleiben, bzw. den Entschluß des Zeugen Gruppeninspektor Sch, dem Wunsch nach Anonymität zu entsprechen, nicht möglich, die Zeugen waren aber weder durch Tod noch durch tatsächliche Unerreichbarkeit verhindert. Es erscheint daher nicht zulässig, die Tatzeiten 16.10.1996 und 06.11.1996 aufrecht zu erhalten, weshalb sie aus dem Spruch des Straferkenntnisses auszuscheiden waren.

Rechtsbeurteilung:

Punkt 1.):

§ 1 der Verordnung des BMGU über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 1974/314:

Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, haben sich vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

Die belangte Behörde hat im Straferkenntnis unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargelegt, daß für die Annahme der Ausübung der Prostitution ein tatsächlicher Vollzug geschlechtlicher Akte oder unzüchtiger Handlungen nicht erforderlich ist, sondern daß es ausreicht, daß jemand sich zu solchen Handlungen in der erkennbaren Absicht, sich dadurch eine Einnahmensquelle zu erschließen, anbietet. Beim Club E handelt es sich unbestritten um ein Bordell, welches am 27.10.1996 um 01.55 Uhr für den regulären Betrieb geöffnet war. Es hielten sich drei mit Reizwäsche bekleidete Damen, darunter die Berufungswerberin, in der Bar, dem einzigen Raum im Erdgeschoß, der für Kunden zugänglich ist, auf. Da das Bordell seit 5 Jahren bestand, liegt nicht nur ein gewerbsmäßiger Betrieb des Bordells vor, sondern es kann aus der Anwesenheit einer wie eine Prostituierte gekleideten Person zu den Betriebsöffnungszeiten im Lokal der Schluß gezogen werden, daß diese Person ebenso gewerbsmäßig der Prostitution nachgeht. Da die Berufungswerberin keinen entsprechenden Gesundheitsausweis hatte, liegt ein Verstoß gegen § 1 der Verordnung vor.

Punkt 2.):

Nach § 4 Abs 2 Aidsgesetz haben sich Personen vor Aufnahme einer Tätigkeit im Sinn des Abs 1 (gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper zu dulden oder solche Handlungen an anderen vorzunehmen) neben den nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, und auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen vorgeschriebenen Untersuchungen einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen.

Da aufgrund der zu Punkt 1.) getroffenen, auch hier geltenden Ausführungen die Berufungswerberin am 27.10.1996 im Club E der Prostitution nachging, sich aber keiner amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen hatte, liegt ein Verstoß gegen § 4 Abs 2 erster Satz Aidsgesetz vor. Die belangte Behörde nahm in der Bescheidbegründung Fahrlässigkeit an, was mangels entgegenstehender Beweisergebnisse als zutreffend anzusehen ist.

Nach § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz werden Übertretungen der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund desselben ergehenden Verordnungen und Bescheide, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretungen von der Bezirksverwaltungsbehörde (in Orten, wo eine staatliche Polizeibehörde besteht, von dieser) mit Geldstrafe bis zu 1.000 RM oder mit Arrest bis zu zwei Monaten bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Arrest und Geldstrafen nebeneinander verhängt werden.

Nach dem Schillinggesetz entsprechen 1.000 Reichsmark 1.000 Schilling (vgl. § 3 Abs 2 SchillingG).

Nach § 9 Abs 1 Aidsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung bildet, und ist hiefür mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ...2.) gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet oder solche Handlungen an anderen vornimmt, ohne sich vor der Aufnahme dieser Tätigkeit oder regelmäßig wiederkehrend einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 4 Abs 2 zu unterziehen.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Zu den Punkten 1.) und 2.) ist auszuführen, daß die öffentlichen Interessen potentieller Kunden der Berufungswerberin auf Schutz vor Ansteckung gefährdet wurden.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde wertete als mildernd zutreffend die Unbescholtenheit und als erschwerend nichts.

Neben der Fahrlässigkeit sind folgende Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen:

Monatliches Einkommen: S 5.600,-- netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten, keine Belastungen.

Wegen der Einschränkung der Tatzeit war die Geldstrafe bei Punkt

1.) auf S 800,-- (Ersatzarrest 1 Tag) und bei Punkt 2.) auf

S 2.800,-- (Ersatzarrest 12 Stunden) herabzusetzen, wobei bei Punkt

2.) die Beibehaltung des Ersatzarrestes von 12 Stunden deswegen angezeigt erscheint, da der Ersatzarrest laut Straferkenntnis ohnedies nur 12 Stunden beträgt, eine weitere Herabsetzung aber angesichts des Strafrahmens hiefür von bis zu 14 Tagen nicht zielführend wäre. Eine weitere Herabsetzung der Geldstrafen würde den Abschreckungszweck gefährden.

Die Berufung war daher dem Grunde nach abzuweisen, bezüglich derStrafhöhe war ihr jeweils im geringfügigen Ausmaß stattzugeben.

Schlagworte
Prostitution Untersuchung Tatbestandsmerkmal Geschlechtskrankheiten AIDS Bordell
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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