TE UVS Steiermark 1998/05/12 303.12-39/97

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Veröffentlicht am 12.05.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Ganglbauer, Dr. Hütter und Dr. Liebenwein über die Berufung des Herrn Mag. Gustav P, vertreten durch Dr. Andreas K, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 03.10.1997, GZ.: 15.1 1997/2472, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung dahin Folge gegeben, daß die Geldstrafe nach § 19 Abs 1 und 2 VStG auf S 10.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall der Geldstrafe 2 Tage Ersatzarrest nach § 16 VStG) herabgesetzt wird.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verfahren der ersten Instanz auf S 1.000,--.

Dem Berufungswerber wird aufgetragen, die Geldstrafe und den Kostenbeitrag binnen vier Wochen bei Exekution zu bezahlen. Der Spruch des Straferkenntnisses wird in der Sachverhaltsumschreibung wie folgt neu gefaßt:

Herr Mag. Gustav P, geb. 09.02.1941, ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Sch GmbH mit Sitz in politischer Gemeinde Kirchbach als Arbeitgeberin dafür verantwortlich, daß am 04.03.1997 auf der Baustelle G, Mariahilferstraße 3, eine etwa 2,5 m x 3,5 m große Öffnung in der Geschoßdecke des dritten Stockes (Dachgeschoßdecke) nur unvollständig mit Pfosten abgedeckt war, da die Abdeckung eine 0,66 m2 große trapezförmige Öffnung (1,55 m lang und 0,33 bzw. 0,52 m breit) aufwies. Weiters waren keine Abgrenzungen und auch keine Schutzeinrichtungen angebracht.

Der übrige Spruch bleibt unberührt.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Feldbach als erste Instanz) erließ ein Straferkenntnis, mit dem dem Berufungswerber folgender Sachverhalt vorgeworfen wurde:

Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Sch GesmbH. mit dem Sitz in K und gem. § 9 VStG. verantwortlich für die Einhaltung der Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung BGBl. Nr.340/94 idgF.

Im Zuge einer Unfallerhebung auf der Baustelle G, Mariahilferstraße am 04.03.1997 um 10.00 Uhr wurde folgendes festgestellt: Bei der 0,66 m2 großen trapezförmigen Öffnung in der Dachgeschoßdecke des Gebäudes in G, Mariahilferstraße 3 waren am 04.03.1997, um ca. 10.00 Uhr (=Unfallzeitpunkt) keinerlei Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht. Es bestand Absturzgefahr mit einer Absturzhöhe von ca. 6m. Der Arbeitnehmer Johann K wurde im Bereich dieser Öffnung auf der Dachgeschoßdecke von der Sch GesmbH. beschäftigt."

Hiedurch sei § 7 Abs 1 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV i.V.m.

§ 7 Abs 2 Z 1 leg. cit. verletzt worden. Nach § 130 Abs 1 Z 15 Arbeitnehmerschutzgesetz - ASchG wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzarrest 4 Tage) verhängt.

Der Beschuldigte berief mit folgender Begründung:

Die beanstandete Baustelle sei in Graz, Mariahilferstraße, gelegen gewesen, es hätte somit der Magistrat Graz die örtliche und sachliche Zuständigkeit wahrzunehmen gehabt. Der Bescheid sei von einer unzuständigen Behörde erlassen worden. Die Begründung des Straferkenntnisses sei verfehlt, weil die Erhebungen des Arbeitsinspektors auf der Baustelle nach dem Unfall stattgefunden haben, diese Erhebungen aber "wohl nicht als Beweis für den Zustand vor dem besagten Unfall herangezogen werden (können)".

Er habe persönlich noch kurz vor dem Unfall bei einer Baustellenbesichtigung die ordnungsgemäße Absicherung im Deckenloch festgestellt. Die Behörde erster Instanz hätte seine Angaben an Ort und Stelle bzw. durch ein Gutachten eines Bau-Sachverständigen überprüfen müssen.

Beim beanstandeten Deckendurchbruch habe es sich um eine 0,66 m2 große trapezförmige Öffnung in der Dachgeschoßdecke des Gebäudes in G, Mariahilferstraße 3, gehandelt, welche durch massive Bohlen abgedeckt gewesen sei. Zusätzlich sei den Mitarbeitern eine Ausrüstung nach § 30 BauV zur Verfügung gestellt worden.

Es sei auf § 7 Abs 5 BauV hinzuweisen, wonach die Anbringung von Absturzsicherungen überhaupt entfallen könne bei Arbeiten mit Blick zur Absturzkante bis zu einer Absturzhöhe von 5 m, wenn diese Arbeiten von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt würden. Der betreffende Mitarbeiter sei ein gelernter Zimmermann mit jahrzehntelanger Berufserfahrung gewesen, weshalb die Voraussetzungen des § 7 Abs 5 Z 2 BauV vorgelegen seien. Auch wenn daher die Deckenöffnung nicht durch massive Bohlen abgedeckt gewesen wäre, könne ihm kein Verschulden angelastet werden. Im Straferkenntnis fehlten Feststellungen zur subjektiven Tatseite gänzlich.

Die Berufung richte sich auch gegen die Strafhöhe. Wegen des allfälligen geringfügigen Verschuldens wäre eine Ermahnung angemessen gewesen. Es werde die Einstellung des Verfahrens, die Erteilung einer Ermahnung oder die Herabsetzung des Strafmaßes auf das mindestmögliche Ausmaß beantragt. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark verhandelte die Berufungssache am 25.03.1998 und 15.04.1998 und vernahm den Berufungswerber als Partei sowie folgende

Personen als Zeugen: Ing. Josef K (Arbeitsinspektorat Graz) sowie die Arbeitnehmer Johann K und Wolfgang N. Aufgrund der Beweisergebnisse gelangt die Berufungsbehörde zu folgenden

Feststellungen:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Sch GmbH mit Sitz in K in der Steiermark. Diese Gesellschaft hatte einen Bauauftrag (Generalsanierung) beim Haus G, Mariahilferstraße 3, durchzuführen. Dabei wurde das gesamte Haus entkernt. Am 04.03.1997 hatte der bei der GmbH als Zimmermann beschäftigte Herr Johann K im dritten Stock des Gebäudes den Dachstuhl abzutragen. Er hatte mit diesen Arbeiten bereits am 03.03.1997 begonnen. Es bestand im dritten Stock eine alte Tramdecke, die bereits teilweise abgetragen war, sodaß ein ca. dreieinhalb Meter x zweieinhalb Meter großes rechteckiges Loch entstand. Dieses Loch war auf Anordnung des als Maurer-Vorarbeiter auf der Baustelle beschäftigten Herrn Wolfgang N 2 Tage vor dem 04.03.1997 mit Pfosten und Zweischneidern (stärkeren Hölzern) zugedeckt worden.

Der Berufungswerber war am 03.03.1997 gegen 19.00 Uhr zufällig auf der Baustelle gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war der gesamte Deckendurchbruch mit Pfosten so abgedeckt, daß man nicht durchsehen konnte. Er war im übrigen nur alle zwei bis drei Wochen auf der Baustelle.

Am 04.03.1997 um ca. 10.00 Uhr war Herr K mit dem Abschneiden von Dachsparren beschäftigt. Um die abgeschnittenen Teile nach unten zu befördern, war die Abdeckung im Deckendurchbruch immer wieder geöffnet worden, um das abgetragene Holz hinunterzuwerfen. Auf diese Weise war um ca. 10.00 Uhr die Abdeckung (Pfosten) in einer Länge von 1,55 m und einer Breite von 0,33 m auf der schmäleren Seite und 0,52 m auf der breiteren Seite geöffnet worden. Durch diese Öffnung stürzte dann Herr Johann K ab.

Im Bereich der trapezförmigen Öffnung in der Abdeckung gab es auch weder Abgrenzungen noch Schutzeinrichtungen.

Der Sachverhalt stützt sich auf folgende Beweismittel:

Die die Gesellschaft und die Vertretungsbefugnis betreffenden Angaben ergeben sich aus dem Firmenbuchauszug, ebenso der Sitz der Gesellschaft.

Die Angaben zur Baustelle, zur Lage der Arbeitsstelle im dritten Stock, zum Abtragen der Geschoßdecke und zur Tätigkeit des Herrn Johann K sowie des Maurer-Vorarbeiters N gehen aus den übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers und der zwei zuletzt genannten Zeugen hervor. Das Ausmaß der Geschoßdeckenöffnung ergibt sich aus der Aussage des Herrn N, das Ausmaß der Öffnung der Abdeckung aus der Aussage des Arbeitsinspektors, Herrn Ing. K.

Das Foto Nr. 1 zeigt die Öffnung in der Abdeckung im Erhebungszeitpunkt um 11.20 Uhr am 04.03.1997. Nach Aussage des Erhebungsorganes Ing. K war ein auf diesem Foto verlegter Pfosten im Zeitpunkt des Unfalles nicht an dieser Stelle gelegen. Diese Auskunft hatte er von Herrn N erhalten, welcher sich in seiner Zeugenaussage daran nicht erinnern konnte, diesen Umstand aber auch nicht in Abrede stellte. Die beiden Zeugen K und N sagten dagegen aus, daß der Deckendurchbruch am 04.03.1997 vollständig zugedeckt gewesen sei, wobei Herr K noch angab, das abgetragene Holz habe er nicht selbst hinuntergegeben, sondern es sei zwischendurch jemand gekommen und habe das Holz hinuntergegeben, und zwar an der gleichen Stelle, wo der Bauschutt hinuntergebracht wurde (seitlich beim Turm), während Herr N aussagte, daß vor dem Unfall kein abgetragenes Holzmaterial hinuntergeräumt worden sei. Dem steht einerseits die Aussage des Berufungswerbers selbst gegenüber, welcher angab, daß die Abdeckung zum Hinunterwerfen des abgetragenen Holzes immer wieder geöffnet werden mußte. Andererseits ergibt sich aber auch aus der Aussage des Herrn N, daß die Dachstuhlabtragungsarbeiten schon fast beendet waren und nur mehr sechs bis sieben Sparren abzutragen waren, sodaß es nicht möglich sein konnte, daß der schon abgetragene Dachstuhl noch zur Gänze auf der dritten Geschoßdecke lagerte, da die Lagerung einer derartigen Holzmenge auf der Geschoßdecke unwahrscheinlich wäre und das Foto 2 eine solcher Lagerung auch nicht erkennen läßt. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, wenn Herr Ing. K um 11.20 Uhr das Foto 1, welches die Öffnung in der Absicherung zeigt, machte und zu diesem Zeitpunkt erhob, daß der helle Pfosten vorher (zum Zeitpunkt des Unfalles um 10.00 Uhr) nicht an dieser Stelle gelegen hat, woraus sich das Ausmaß der Öffnung der Abdeckung ergibt.

Daraus folgt, daß die Aussagen der Zeugen N und K bezüglich des Abtransportes des abgetragenen Dachstuhlholzmaterials divergieren und insofern, als aus ihnen hervorgeht, daß durch die gegenständliche Öffnung in der Abdeckung kein Holz hinabgeworfen wurde, nicht glaubwürdig sind, was aber auch auf ihre - zwar übereinstimmenden - Aussagen, daß die Geschoßöffnung zur Gänze mit Pfosten abgedeckt gewesen sei, zutrifft, weil dies im Widerspruch mit den als gesichert anzusehenden Beweisergebnissen aufgrund des Fotos und der Aussage des Herrn Ing. K steht.

Daß Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen sein sollen, ist in keinem Stadium des Verfahrens hervorgekommen.

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 7 Abs 1 BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen. Nach Abs 2 Z 1 liegt Absturzgefahr vor unter anderem bei Öffnungen in Geschoßdecken.

Nach § 8 Abs 1 Z 1 BauV sind geeignete Absturzsicherungen tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen.

Das Anbringen einer solchen tragsicheren und unverschiebbaren Abdeckung bei der Öffnung der Geschoßdecke steht hier zur Diskussion. Unzweifelhaft bestand Absturzgefahr, da die Decke im dritten Geschoß eine Öffnung von ca. 3,5 m x 2,5 m aufwies. Grundsätzlich war vom Maurer-Vorarbeiter am 02.03.1997 die Abdeckung dieser Öffnung mit Pfosten und Zweischneidern (stärkeren Hölzern) veranlaßt worden. Diese Abdeckung wies aber am 04.03.1997 die angeführte trapezförmige Öffnung auf, das heißt, sie war nicht vollständig, wodurch die gegebene Absturzgefahr nicht beseitigt wurde. Es liegt somit ein Verstoß gegen

§ 7 Abs 1 i.V.m. § 7 Abs 2 Z 1 BauV vor.

An diesem Verstoß würde sich selbst dann nichts ändern, wenn man den Aussagen der Zeugen K und N, wonach der Deckendurchbruch durch Pfosten vollständig abgedeckt gewesen sei und die Pfosten sich nur durch das Herabstürzen eines abgesägten Sparrenteiles verschoben hätten, folgen würde. Dies nicht nur deswegen, weil sich in diesem Fall die Abdeckung nicht als unverschiebbar erwiesen hätte, sondern schon deswegen, weil die Deckenöffnung durch verschieden dicke Bretter, nämlich Pfosten und (stärkere) Zweischneider, abgedeckt war, was von vornherein als der Unverschiebbarkeit abträglich angesehen werden muß.

In der Berufung wurde damit argumentiert, daß die Erhebung nach dem Unfall stattgefunden habe und dies nicht als Beweis für den Zustand vor dem Unfall herangezogen werden könne. Es ist darauf hinzuweisen, daß es bei einem Delikt wie dem vorstehenden auf den genauen Zeitpunkt nicht ankommt, es reicht die Anführung des betreffenden Tages

(VwGH 91/19/0362 vom 09.03.1992).

Der Berufungswerber argumentiert weiters damit, daß die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs 5 BauV Platz gegriffen habe und eine Absturzsicherung überhaupt entfallen konnte. Bereits die Einleitung dieses Absatzes ("Werden Stockwerksdecken hergestellt, ............") läßt erkennen, daß dieser Absatz nicht Platz greifen kann, weil es sich im gegenständlichen Fall nicht um die Herstellung einer Stockwerksdecke handelte, sondern noch der Zustand im Zuge des Abtragens der Stockwerksdecke gegeben war.

Unzutreffend sind die Berufungsausführungen zur örtlichen Unzuständigkeit der belangten Behörde, weil sich die beanstandete Baustelle in G befunden hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei Unterlassungsdelikten auf den Ort an, von dem aus der Verantwortliche hätte handeln sollen. Dies ist bei Übertretungen, die im Bereich einer Gesellschaft vorkommen, deren Sitz (VwGH 92/18/0416 vom 14.01.1993 u.a.). Da der Sitz dieser Gesellschaft in K und damit im Sprengel der belangten Behörde liegt, war diese zuständig. Daß die GmbH, anders als dies im Firmenbuchauszug zum Ausdruck kommt, ihren Sitz nicht in K hätte, sondern die tatsächliche Unternehmensleitung in G ausgeübt würde, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Richtig ist der Hinweis in der Berufung, daß im Straferkenntnis Feststellungen zur subjektiven Tatseite überhaupt fehlen. Hiezu ist folgendes auszuführen:

§ 5 ("Schuld") Abs 1 VStG lautet:

(1)Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft."

Verwaltungsübertretungen, zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, werden als Ungehorsamsdelikte bezeichnet. (VwGH 5.9.1978, 2787/77)

Bei diesen Delikten hat jedoch der Täter die von ihm behauptete Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen und es obliegt ihm, alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. (s. VwSlg. 7087A/1967 und VwGH 20.5.1968, 187/67). Der Gesetzgeber belastet sohin den Täter in einem solchen Fall schon durch den objektiven Tatbestand und präsumiert die Schuld bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteils durch den Beschuldigten. (VwGH 21.10.1977, 1793/76, ebenso VwGH 13.2.1979, 2969/77).

Die Berufung enthält hiezu lediglich die Angabe, daß der Berufungswerber persönlich kurze Zeit vor dem Unfall anläßlich einer Baustellenbesichtigung die ordnungsgemäße Absicherung des Deckenloches festgestellt habe. Der Berufungswerber sagte hiezu aus, daß er am 03.03.1997 gegen 19.00 Uhr zufällig auf dieser Baustelle gewesen sei und die Baustelle alle zwei bis drei Wochen besucht habe. Weitere Ausführungen zu einer Glaubhaftmachung der Schuldlosigkeit finden sich in der Berufung nicht. Insbesondere wurde kein Kontrollsystem dargelegt. Somit hat der Berufungswerber Fahrlässigkeit zu verantworten. Die Strafbemessung wurde mit dem Antrag auf Ausspruch einer Ermahnung bzw. Herabsetzung der Geldstrafe bekämpft. Nach dem ersten Absatz des § 21 VStG ("Absehen von der Strafe") kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Bei einem Absturz eines Arbeitnehmers über zwei Stockwerke kann von unbedeutenden Folgen nicht gesprochen werden. Aber auch ein geringfügiges Verschulden ist nicht anzunehmen, da besondere Umstände, aus denen geschlossen werden könnte, daß das Verschulden hinter dem typischen Unrechts- und Schuldgehalt der Strafdrohung erheblich zurückgeblieben wäre, nicht hervorgekommen sind.

Nach § 130 Abs 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von S 2.000,-- bis S 100.000,--, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von S 4.000,-- bis S 200.000,--, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen ............... Z 15 die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Im vorliegenden Fall führte die Unterlassung der ordnungsgemäßen Absicherung des Geschoßdeckendurchbruches zu einem Arbeitsunfall.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerungs- und Milderungsgründe liegen nicht vor. Der Beschuldigte hat Fahrlässigkeit zu verantworten. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden wie folgt angegeben:

Monatliches Nettoeinkommen: S 30.000,--, Eigentumswohnung im Wert von ca. S 400.000,--, keine Sorgepflichten, keine Schulden.

Im vorliegenden Fall ist der erste von S 2.000,-- bis S 100.000,-- reichende Strafsatz anzuwenden. Der Berufungswerber wurde bisher noch nie wegen Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften bestraft, was eine entsprechend günstige Prognose auf sein zukünftiges Verhalten zuläßt und bei der Abschreckungswirkung der Strafe zu berücksichtigen ist. In diesem Sinne scheint die von der belangten Behörde festgesetzte, dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates entsprechende Geldstrafe von S 20.000,-- überhöht, zumal ein schwerwiegendes Verschulden nicht vorliegt. Da aber auf dieses besonders Bedacht zu nehmen ist und lediglich Fahrlässigkeit vorliegt, konnte die Strafe trotz eingetretenem Arbeitsunfall - auch wegen des Fehlens von Erschwerungsgründen - auf den Betrag von S 10.000,-- (Ersatzarrest 2 Tage) herabgesetzt werden. Der Spruch des Straferkenntnisses war in der Sachverhaltsumschreibung neu zu fassen, um offenkundige Schreibfehler, wie z.B. "Mariahilferstraßroßen", zu beseitigen. Die Berufung war somit dem Grunde nach abzuweisen, bezüglich der Strafhöhe war ihr im angeführten Ausmaß stattzugeben. Wegen der Strafherabsetzung entfällt ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren (§ 65 VStG).

Schlagworte
Absturzsicherungen Ausnahme Stockwerksdecken Herstellung Abtragung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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