Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung der Frau Ludmilla R, geb. am 25.11.1948, vertreten durch Dr. Harald W. J und DDr. Manfred E, Rechtsanwälte in L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben vom 9.7.1997, GZ.: S 8840/96, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 60,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben vom 9.7.1997, GZ.: S 8840/96, wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe am 8.8.1996, um 10.55 Uhr, in Leoben, im Garten des Hauses Winkelfeldstraße Nr. 40, als Tierhalterin von Vögeln, die in der Voliere waren, es unterlassen, dafür zur sorgen, daß die lautstarken Pfeiftöne dieser Vögel nicht in der Umgebung ihres Hauses zu hören gewesen wären (beim Hause Judendorfer Straße Nr. 37 wurden diese Pfeiftöne deutlich wahrgenommen), sodaß ungebührlicherweise störender Lärm erregt worden wäre.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 1 zweiter Fall LGBl. Nr. 158/75 wurde über die Berufungswerberin gemäß § 3 Abs 1 LGBl. Nr. 158/1975 eine Geldstrafe in der Höhe von S 300,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Berufungswerberin durch ihren Rechtsvertreter im wesentlichen vor, daß bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei, da die erste Verfolgungshandlung, nämlich die Strafverfügung vom 7.2.1997 der Berufungswerberin erst am 10.2.1997 zur Kenntnis gelangt ist. Dieses Datum sei nämlich maßgeblich und wäre daher bereits Verfolgungsverjährung eingetreten.
Darüber hinaus sei durch die von der Berufungswerberin gehaltenen Papageien keine Lärmerregung ausgegangen. Es sei keinesfalls störender Lärm in ungebührlicher Weise erregt worden und habe die Berufungswerberin nicht weniger als 53 Zeugen geführt, die sämtliche von der Behörde erster Instanz nicht einvernommen wurden. Die Pfeiftöne der von der Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt gehaltenen zwei Papageien erreichten lediglich einen Lärmwert von ca. 15 bis 20 Dezibel. In der Umgebung des Hauses der Berufungswerberin befänden sich mehrere Dutzend Parkplätze sowie die ehemalige Karosseriewerkstätte St, die zweifellos zusammengenommen bedeutenden Lärm verursachten, was aber von der Anzeigerin Ernestine M offenbar nicht als störend empfunden worden wäre.
Die Berufungswerberin beantragte des weiteren die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fach der Vogelkunde, die Einvernahme von weiteren Zeugen sowie eine Lärmintensitätsprüfung durch entsprechende Geräte.
Am 23.3.1998 hat vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark an Ort und Stelle eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Mitwirkung der Berufungswerberin in Anwesenheit ihres Rechtsvertreters stattgefunden, in der als Zeugen Ernestine M sowie Rev.Insp. Helmut R von der Bundespolizeidirektion Leoben zur Sache befragt wurden.
Auf Grund der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens werden folgende Feststellungen getroffen:
Die Berufungswerberin bewohnt ein Haus in Leoben, Winkelfeldstraße Nr. 40. Sie errichtete an der südseitigen Hausmauer ein zweiteiliges volierenähnliches Gehege, wobei jeder Teil ein Ausmaß von ca. 3 x 5 x 3 Meter erreicht. Gewöhnlich hält die Berufungswerberin in diesem Gehege zwei Beos (indische Krähen). Dies ist derart gestaltet, daß sich an der Hausmauer jeweils zwei verschließbare Öffnungen befinden, welche es den Tieren jederzeit ermöglichen, in das Haus selbst zu gelangen, wo sie zur Nachtzeit auch gehalten werden.
Das Anwesen liegt im Leobner Stadtteil Judendorf im dicht verbauten Wohngebiet. Im Osten angrenzend befindet sich ein Dachdecker- und Spenglereibetrieb, im Süden angrenzend, durch eine Straße getrennt, liegen zahlreiche Parkplätze einer großen Wohnhausanlage. In westlicher Richtung liegt ca. 100 Meter vom Anwesen der Berufungswerberin entfernt das Flußbett der Mur, in nördlicher Richtung befinden sich weitere Wohnhausanlagen. Zum Tatzeitpunkt am 8.8.1996 waren jedoch im Gehege der Berufungswerberin weitere - nach ihren Angaben - sechs Beos untergebracht. Diese weiteren sechs Vögel waren bei der Berufungswerberin sozusagen auf Pension untergebracht, das heißt sie wurden von ihren Besitzern, die sich auf Urlaub befinden, während dieser Zeit bei der Berufungswerberin untergebracht. Direkt angrenzend an das Anwesen der Berufungswerberin liegt die Liegenschaft von Ernestine M mit der Adresse Leoben, Judendorfer Straße Nr. 37. Am 8.8.1996, es war dies ein Sonntag, wurde Ernestine M in der Morgendämmerung um ca. 4.00 Uhr früh durch den Lärm der Vögel vom Anwesen der Berufungswerberin aufgeweckt. Im Laufe des Vormittags setzten sich die Lebensäußerungen der Vögel der Berufungswerberin fort und war gegen 11.00 Uhr Ernestine M nicht mehr bereit, diese Lärmentwicklung zu tolerieren und verständigte die Polizei. Diese traf nach kurzer Zeit beim Anwesen der Ernestine M ein und wurde dem amtshandelnden Beamten Rev. Insp. Helmut R von Ernestine M der Sachverhalt geschildert. Der Exekutivbeamte und Frau M begaben sich in deren Garten, stellten eine Stehleiter auf und blickten auf das Grundstück der Berufungswerberin hinüber und konnten feststellen, daß im Gehege etliche Vögel untergebracht waren. Nach Ansicht der Zeugin Ernestine M handelte es sich mindestens um 20, nach Ansicht des Exekutivbeamten Rev. Insp. R waren es sicherlich mehr als acht. Vom Exekutivbeamten wurde versucht, mit der Berufungswerberin Kontakt aufzunehmen, indem an ihrer Wohnungstür geläutet wurde; dies war jedoch erfolglos. Nach Meinung des Exekutivbeamten Rev.Insp. R sei jedenfalls damals die Lärmentwicklung, die durch die Vögel der Berufungswerberin verursacht wurde, durchaus mit solchen zu vergleichen, die die Alarmanlage eines PKWs verursacht. Rev.Insp. R brachte weiters vor, daß vom Tatzeitpunkt 8.8.1996 bis zum 20.9.1996 über Auftrag des Zentralinspektorates der Sicherheitswache der BPD Leoben laufende Überprüfungen hinsichtlich der Lärmerregung vom Anwesen R durchgeführt wurden.
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den Aussagen der Berufungswerberin sowie der als Zeugen vernommenen Ernestine M und Rev. Insp. Helmut R.
In rechtliche Hinsicht wurden der gegenständlichen Entscheidung folgende Überlegungen zugrunde gelegt:
Gemäß § 1 zweiter Fall LGBl. Nr. 158/75 begeht eine Verwaltungsübertretung derjenige, der ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Neben den in zahlreichen Verwaltungsvorschriften enthaltenen Bestimmungen zur Einschränkung und Abwehr des jeweils bereichsspezifischen Lärms (z.B. StVO, KFG, GewO, Luftfahrtgesetz) soll vor allem der verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand der ungebührlicherweise störenden Lärmerregung als Auffangtatbestand einer dem Wohlbefinden abträglichen Lärmbelästigung entgegenwirken. Diesem Auffangtatbestand, insbesondere für den Wohnungs-, Freizeit- und Tierlärm - also in Fällen, in denen die zahlreichen besonderen bundes- und landesgesetzlichen Lärmschutznormen nicht anzuwenden sind - kommt große Bedeutung zu.
Voraussetzung der Strafbarkeit gemäß § 1 zweiter Fall LGBl. Nr. 158/75 ist einerseits die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Erregung störenden Lärms, andererseits die Erregung dieses störenden Lärms ungebührlicherweise.
Nach ständiger Rechtsprechung sind unter störendem Lärm die wegen ihrer Lautstärke für das menschliche Empfindungsvermögen unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche zu verstehen, und zwar ohne Rücksicht darauf, wodurch sie hervorgerufen werden; eine Lärmerregung im Sinne des Gesetzes liegt daher nicht nur dann vor, wenn sie durch betätigen der menschlichen Sprechorgane oder durch Verwendung von Werkzeugen, Lautsprechern und der gleichen, sondern auch dann, wenn sie mittelbar dadurch hervorgerufen werden, daß sich der Täter eines willenlosen, wenn auch lebenden Werkzeuges bedient, wie etwa eines Tieres (siehe z.B. VwGH vom 25.9.1985, 83/10/0288).
Um störend zu sein, muß der Lärm seiner Art und/oder Intensität wegen geeignet sein, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen (siehe VwGH vom 16.3.1987, 87/10/0022,0023). Die Feststellung einer tatsächlich eingetretenen Störung, beispielsweise der Nachtruhe, ist überflüssig, da dies für die Strafbarkeit ohne Belang ist. Zur Beurteilung der Frage, ob der hervorgerufene Lärm geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen, kommt es nicht darauf an, ob sich bestimmte Personen gestört fühlten. Dieser objektive Maßstab ist unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gegebenheiten und nicht nach Ö-Normen oder Flächenwidmungen zu finden. Zum zweiten Tatbestandsmerkmal, der Ungebührlichkeit, ist auszuführen, daß ein gewisses Maß von Lärm, auch wenn dieser als störend empfunden wird, geduldet werden muß.
Störender Lärm ist dann als ungebührlich erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß, und jene Rücksichten vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann (siehe hiezu das oben zitierte VwGH-Erkenntnis vom 16.3.1987). Es ist dies im übrigen der gleiche Gedanke, der etwa bei der Bestimmung des Begriffes der öffentlichen Ordnung wiederkehrt, welcher Begriff die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit umfaßt, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihlichen Miteinanderleben der Menschen angesehen wird.
Auch der durch Tiere (ungebührlicherweise) erregte (störende) Lärm gehört hierher. Wegen dieses Deliktes macht sich ja nicht nur derjenige strafbar, der selbst (also unmittelbar) Lärm erregt, sondern auch derjenige, der sich eines willenlosen, wenn auch lebenden Werkzeuges bedient, etwa eines Tieres. Das sich Bedienen kann daher nicht nur in einem Tun des Täters, sondern auch in einem Unterlassen bestehen.
Es ist davon auszugehen, daß einem Tierhalter im Hinblick auf das nicht immer vorhersehbare Verhalten eines Haustieres eine entsprechende Betreuung und Beaufsichtigung obliegt, woraus sich ergibt, daß ein schuldhaftes Verhalten in der Form der Fahrlässigkeit schon bei Vorliegen offenkundiger Mängel in der Betreuungs- und Beaufsichtigungspflicht vorliegt.
Dem Inhaber einer Wohnung - das gleiche gilt analog für den Besitzer sonstiger Baulichkeiten und Grundstücke, in oder auf denen Tiere gehalten werden - in der ein Tier gehalten wird, trifft auch die Verantwortung dafür, daß von dieser Wohnung aus nicht ungebührlicher Lärm, und zwar auch nicht von Tieren, erregt wird. Schon die Aufnahme von Tieren, die nach menschlicher Erfahrung zur Erregung von Lärm neigen, darf nur unter der Voraussetzung erfolgen, daß der Wohnungsinhaber, die nach den Umständen des Falles erforderlichen Vorkehrungen zur Vermeidung der Erregung von Lärm trifft.
Störender Lärm kann ungebührlicherweise dadurch erregt werden, daß Tiere akustisch wahrnehmbare Lebensäußerungen von sich geben und dies durch menschliches Handeln oder Unterlassen verursacht wird; Lärmbelästigung durch Tiere kann zu einer über das zumutbare Maß hinausgehen Belästigung Dritter führen; dafür, daß dies nicht eintritt, ist vom Halter der Tiere durch geeignete Beaufsichtigung oder Verwahrung zu sorgen (zu all den obigen Ausführungen siehe auch: Georg Geisbauer, Der verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand der ungebührlicherweise störenden Lärmerregung, Teil 1, ÖJZ 1988, 161).
Der Tatbestand kann auch dadurch erfüllt werden, daß in einem Wohngebiet Nachbarn durch Zwitschern und Kreischen von Vögeln, die auf einem Gartengelände in Volieren gehalten werden, erheblich gestört werden (siehe hiezu VwGH vom 15.6.1987, 85/10/0105 u. a.m.).
Die von der Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt in ihrem Vogelgehege gehaltenen Vögel waren Vögel der Gattung Beo. Beo gehören zur Familie der Stare, haben eine Länge von ca. 20 bis 30 cm, ein Gewicht von 200 bis 220 Gramm und kommen in fast ganz Südostasien vor, ebenso in Indien. Der Beo ist für seine erstaunlichen Lautnachahmungskünste berühmt und gilt als äußerst gesellig. Sowohl Weibchen als auch Männchen besitzen eine ausgeprägte Lautvielfalt, die von tiefen melodiösen Pfiffen bis zu rauhem Geschrei und Kreischen reicht. In freier Natur versammeln sich Beos tagsüber in Gruppen von fünf bis zehn Vögeln, ständig miteinander rufend und schwatzend (aus: Faszination Tier und Natur, Meister-Verlag, München).
Aus den vorangeführten Überlegungen steht die Berufungsbehörde auf dem Standpunkt, daß zum Tatzeitpunkt vom Anwesen der Berufungswerberin Ludmilla R durch mindestens acht von ihr gehaltenen Vögeln der Gattung Beo ungebührlicherweise störender Lärm erregt wurde. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei Vögel der Gattung Beo um solche, die einerseits äußerst gesellig leben und andererseits eine Vielzahl von Lebensäußerungen in Form von Kreischen, Pfeifen und ähnlichen Geräuschen in beträchtlicher Lautstärke von sich geben. Diese Lebensäußerungen verstärken sich umsomehr, je mehr Tiere dieser Art zusammengehalten werden (dies wird auch von der Berufungswerberin bestätigt). Die Lebensäußerungen der verfahrensgegenständlichen Vögel zum Tatzeitpunkt waren jedenfalls geeignet, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen und dementsprechend störend im Sinne der gesetzlichen Bestimmung des § 1 zweiter Fall LGBl. Nr. 158/1975.
Das weitere Tatbestandsmerkmal nämlich, ob dieser störende Lärm ungebührlicherweise
Ungebühr einer Lärmerregung kommt es aber nicht nur auf die Lautstärke, sondern auch auf deren Dauer und Heftigkeit an. Bei entsprechender Intensität der Lärmerregung ist auch ein nicht all zu lange andauerndes Geräusch nicht nur störend, sondern auch ungebührlich. Das Vorliegen einer Ungebühr ist nach Herkommen und Brauch sowie nach den örtlichen und zeitlichen Verhältnissen zu beurteilen.
Vorliegend ergab die Zeugenaussage der Nachbarin Ernestine M, die für die Berufungsbehörde durchaus glaubwürdig und nachvollziehbar war, daß am 8.8.1996 das Kreischen und Pfeifen der Vögel bereits bei Tagesanbruch begann und bis zum Zeitpunkt des Einschreitens des Sicherheitswachebeamten andauerte; es handelte sich sohin um knapp sieben Stunden. Hinsichtlich der Lautstärke verweist die Berufungsbehörde darauf, daß einem Sicherheitswachebeamten schon Kraft seines Berufes die Eignung durchaus zuzubilligen ist, Geräuschentwicklungen als für die Nachbarschaft objektiv unzumutbar zu qualifizieren (siehe hiezu VwGH vom 20.6.1986, 83/10/0311 u. a.m.). Zur Feststellung nämlich, ob ein Vogelkreischen laut oder leise ist, bedarf es auch keines Sachverständigen. Es genügen für diese Feststellungen die Erfahrungen des täglichen Lebens, auf denen die Angaben der Zeugin und die Meldung des Sicherheitswachebeamten beruhen.
Zur beantragten Vernehmung von insgesamt mehr als 50 Zeugen, die sich nach dem Vorbringen der Berufungswerberin durch den Lärm angeblich nicht gestört gefühlt hätten, ist auszuführen, daß es einer solchen nicht bedarf, weil deren Aussage kein Beweisthema für die entscheidungswesentliche Rechtsfrage ist. Es kann in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen ungebührlicher Weise störender Lärmerregung nicht zum Ziel führend sein, damit zu argumentieren - wie es immer wieder versucht wird -, andere Personen hätten sich nicht gestört gefühlt, weil es hierauf bei dem genannten Tatbild gar nicht ankommt. Es reicht somit für die Strafbarkeit aus, wenn sich nur ein Nachbar oder Hausbewohner gestört fühlt. Im übrigen könne die Tatsache, daß andere Nachbarn bei gleicher Belästigung davon absehen, ihre Rechte geltend zu machen, schon an sich nicht dazu führen, daß sich auch andere Nachbarn ihres Anspruches auf Freiheit von ruhestörenden Belästigungen durch ihre Nachbarn begeben müßten.
Hiezu ist noch zu erwähnen, daß zur Feststellung, ob ein Lärm als störend im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren ist, es keiner Lärmmessung bedarf. Eine im Zuge eines Lokalaugenscheines durchgeführte Lärmmessung kann überhaupt nur dann als taugliches Beweismittel (und auch nur hinsichtlich der objektiven Lautstärke) angesehen werden, wenn sichergestellt wäre, daß beispielsweise die Vögel während der Lärmmessung mit der selben Lautstärke ihre Lebensäußerungen abgeben wie zur Tatzeit (vgl. hiezu VwGH vom 15.9.1986, 84/10/0206, vom 15.9.1986, 84/10/0240 u.a.m.). Zur von der Berufungswerberin behaupteten eingetretenen Verfolgungsverjährung ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt bei Verwaltungsübertretungen, wie im vorliegenden Fall, sechs Monate; sie ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.
Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (z.B. Ladung, Vernehmung, Zeugenaussage, Strafverfügung). Eine Verfolgungshandlung muß daher, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, von einer Behörde ausgehen, gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet, innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein und wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert, daß sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Vorliegend erfolgte die erste Verfolgungshandlung, die sich auf alle, die Tat betreffende Sachverhaltselemente bezog, mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Leoben vom 7.2.1997. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshof äußert eine Verfolgungshandlung ihre die Verfolgungsverjährung ausschließende Wirkung, so bald sie die Sphäre der Behörde verlassen hat (vgl. hiezu VwGH vom 23.4.1984, 84/02/0079, sowie vom 17.9.1986, 84/01/0005 u.a.m.). Aus dem im vorliegenden Akt der Behörde erster Instanz befindlichen Rückschein des RSa-Briefes ergibt sich, daß diese Strafverfügung beim Postamt 8700 Leoben am 7.2.1997 abgestempelt und dementsprechend auch an diesem Tag zur Post gebracht wurde.
Der Einwand der Berufungswerberin, es müßte Verfolgungsverjährung angenommen werden, ist daher unbegründet. Die erstinstanzliche Behörde hat innerhalb der im § 31 Abs 2 VStG vorgeschriebenen Verjährungsfrist von sechs Monaten - und zwar einen Tag vor Ablauf dieser Frist - ab dem Abschluß der strafbaren Tätigkeit eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 31 Abs 1 VStG gesetzt. Eine Verfolgungsverjährung ist demnach nicht eingetreten. Aus all den obangeführten Gründen hat daher die Berufungswerberin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Schutzzweck der übertretenen Bestimmung des Landesgesetzes Nr. 158/1975 ist es, sein Verhalten so zu wählen, daß niemand in seinem Ruhebedürfnis in ungebührlicherweise gestört wird. § 1 zweiter Fall leg. cit. stellt eine Verhaltensmaßregel dar, welche das geordnete Miteinanderleben von Menschen zum Inhalt hat. Diesem Schutzzweck hat die Berufungswerberin zuwidergehandelt. Als mildernd konnte das Fehlen einschlägiger Vormerkungen gewertet werden, Erschwerungsgründe lagen keine vor.
Auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin (monatliches Nettoeinkommen von S 12.000,--, Miteigentum an einem Einfamilienhaus, keine Sorgepflichten) sind nicht geeignet, die Strafe herabzusetzen, zumal sie sich ohnehin schon im untersten Bereich des Strafrahmens befindet und die Strafe grundsätzlich einen spürbaren Nachteil darstellen soll, um der neuerlichen Begehung derartiger Übertretungen wirksam vorzubeugen.
Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.