TE UVS Wien 1998/05/25 03/P/36/871/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.05.1998
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung der Frau Karin S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Meidling, vom 10.12.1997, Zl S 123.798/ML/97 Ho, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit mit der Maßgabe bestätigt, daß die Berufungswerberin die Tat als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma R Autovermietung GesmbH zu verantworten hat.

In der Straffrage wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe von S 1.500,-- auf S 500,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden auf 20 Stunden herabgesetzt wird.

Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von S 150,-- auf S 50,--.

Gemäß § 65 VStG wird der Berufungswerberin kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Begründung:

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Meidling, vom 10.12.1997, wurde die Berufungswerberin (Bw) schuldig erkannt, sie habe es als Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kfz mit dem Kennzeichen W-59, der Firma R Car Autovermietung nach außen Berufene unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 5.5.1997, zugestellt am 16.5.1997, innerhalb der Frist von zwei Wochen eine vollständige Auskunft zu erteilen, wer dieses Kfz in Wien, B-gasse abgestellt habe, sodaß es dort am 16.2.1997 um 20.58 Uhr gestanden sei. Sie habe dadurch § 103 Abs 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) iVm § 9 Abs 1 VStG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bw gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 75 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurden die von der Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit S 150,-- bestimmt.

Begründend führte die Erstbehörde aus, die Bw habe den angelasteten Sachverhalt nicht bestritten, jedoch im wesentlichen vorgebracht, bei der ausgefüllten Lenkerauskunft sei auf Grund eines Fehlers des Personals vergessen worden, bei der Adressenangabe die Hausnummer dazuzuschreiben. Die Lenkeranfrage sei am 16.5.1997 zugestellt und am 20.5.1997 mit unvollständiger Adresse erteilt worden. Der Sachverhalt sei somit als erwiesen anzusehen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Abschließend begründete die Erstbehörde noch die Strafbemessung näher, wobei sie dabei neun einschlägige Verwaltungsvormerkungen als erschwerend wertete.

In ihrer gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung brachte die - nunmehr anwaltlich vertretene - Bw vor, die Behörde hätte auf Grund der sonst vollständigen Angaben und auf Grund der kurzfristigen Erteilung der Auskunft annehmen können, daß kein Vorsatz zur Verweigerung der Auskunft vorgelegen sei. Die Behörde hätte auch erkennen können, daß ihr keine Fahrlässigkeit dergestalt vorzuwerfen sei, wonach sie es bei den Mietern unterlassen hätte, eine ladungsfähige Adresse zu erheben. Ihr Versehen habe lediglich in der nicht angeführten Hausnummer bestanden. In diesem Falle hätte die Behörde die Pflicht gehabt, eine Ergänzung der Auskunft abzufordern. Dies wäre in analoger Anwendung vergleichbarer Verfahrensvorschriften namentlich aus dem Bereich des Zivilrechts geboten gewesen. Mehr noch als im Zivilrecht solle nämlich der Beschuldigten, die sich augenscheinlich rechtstreu zu verhalten versucht habe, die bloße versehentliche Unterlassung nicht zum Nachteil gereichen. Insofern sich die Strafbarkeit auf die offensichtlich erkennbare, bloß fahrlässig unvollständige Erteilung der Auskunft beziehe, sei diese nicht strafbar. Eine gegenteilige Interpretation oder gesetzliche Anordnung würde insbesonders den verfassungsgesetzlichen Grundsätzen der Verwaltungsstrafbarkeit widersprechen. Sinn der Auskunftspflicht sei die Verfolgung des tatsächlichen Täters. Nur wenn der Auskunftspflichtige vorsätzlich keine Auskunft erteile oder eine solche Nachlässigkeit an den Tag lege, daß er es unterlasse, überhaupt die Identität des Fahrzeugmieters zu ermitteln, solle er ebenso zu bestrafen sein, weil dies gleichsam die Verfolgung solcher Straftaten verhindern würde. Die Behörde habe namentlich Kenntnis von einer verfolgbaren Person erhalten, die in ihrem Wirkungsbereich ihren Wohnsitz habe. In diesem Fall sei die Auskunftspflicht allein mit Angabe des Namens erfüllt, weil die Behörde jederzeit und mit extrem geringfügigem Aufwand den Aufenthalt hätte feststellen können. Damit sei der Sinn der Auskunftspflicht erreicht. Es bestehe überdies keine Gefahr der Verfolgungsverjährung, weil eben eine Verfolgungshandlung gegen eine bestimmte Person gesetzt worden sei. Auch aus diesem Grund hätte die Behörde die Pflicht zur Ergänzung entweder durch Aufforderung oder durch eigene Ermittlung gehabt.

Betrachte man den Umstand, daß eine Hausnummer vergessen worden sei, in jeder Hinsicht so formalistisch, so hätte die Behörde sie im Rahmen der gesetzlichen Pflicht (§ 24 VStG iVm § 71 AVG iVm § 13a AVG) anleiten müssen, hinsichtlich dieses Versäumnisses einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, weil dringend anzunehmen gewesen sei, daß ein zu vernachlässigendes Verschulden habe vorliegen müssen. Eine solche Belehrung sei auch der Auskunftsaufforderung nicht beigelegen. Schließlich würden im vorliegenden Fall auch alle Voraussetzungen zur Anwendung des § 21 VStG vorliegen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 103 Abs 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erteilung einer unrichtigen oder einer unvollständigen Auskunft der Nichterteilung einer Auskunft gleichzuhalten. Es handelt sich hiebei nicht um voneinander zu unterscheidende strafbare Handlungen. Es genügt auch insoweit die Tatanlastung, daß der Zulassungsbesitzer die begehrte Auskunft unterlassen hat (vgl dazu das Erk des VwGH vom 29.1.1992, Zl 91/02/0128).

Mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 5.5.1997 wurde die R Car Autovermietung GesmbH als Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges gemäß § 103 Abs 2 KFG aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien, B-gasse abgestellt habe, sodaß es dort am 16.2.1997 um 20.58 Uhr gestanden sei (Delikt: vorschriftwidriges Abstellen des Kraftfahrzeuges). Es wurde in diesem Schreiben auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Auskunft den vollen Namen und die vollständige Anschrift der betreffenden Person enthalten müsse. Mit Schreiben vom 16.5.1997 gab die Zulassungsbesitzerin bekannt, daß das betreffende Kraftfahrzeug von Herrn C Leopoldo, geboren am 14.6.1954, wohnhaft in Wien, F-gasse, abgestellt worden sei. In einem Aktenvermerk vom 26.5.1997 heißt es dann, daß das Verfahren wegen des Grunddeliktes (Übertretung nach § 24 Abs 1 lit a StVO) gemäß § 34 VStG abgebrochen werde.

Gegen die von der Erstbehörde in der Folge wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG erlassene Strafverfügung vom 19.8.1997 erhob die Bw rechtzeitig Einspruch. Dabei brachte sie ua vor, sie habe nach Überprüfung der ausgefüllten Lenkerauskunft feststellen müssen, daß bei der Adressenangabe von ihrem Personal vergessen worden sei, die Hausnummer dazuzuschreiben. Irren und Fehler machen seien menschlich und sei hier ein Mensch am Werk gewesen, sodaß es zu dieser "Unvollständigkeit" gekommen sei. Es sei jedoch sehr verwunderlich, daß der bearbeitende Beamte keinen Anruf bei ihnen getätigt habe, um die fehlende Hausnummer abzufragen. Auch sei die Höhe der Strafe als "geschmalzen" zu bezeichnen. Als Autovermietung müßten sie eine Vielzahl von Lenkerauskünften erteilen und seien daher bei dem Strafamt Modecenterstraße bekannt, sodaß ein kurzer Anruf mit Sicherheit im Bereich des Möglichen gewesen wäre. Die genaue Lenkerauskunft laute: Leopoldo C, geboren 14.6.1956, wohnhaft Wien, F-gasse 6/8. Der Mietvertrag lag in Kopie bei. Auf diesem Mietvertrag scheint als Adresse "F-gasse 6/18, Wien" auf. Aus dem kopierten Führerschein geht hervor, daß das Geburtsdatum des Herrn C der 14.6.1954 ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß die Auskunft im Sinne des § 103 Abs 2 KFG richtig und vollständig sein. Durch die Unterlassung der Angabe der genauen Anschrift des Lenkers ist aber der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG erfüllt (vgl dazu das Erk des VwGH vom 14.1.1994, Zl 93/02/0197).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß auf Grund des behördlichen Auskunftsverlangens fristgemäß nur eine unzureichende Anschrift des angeblichen Lenkers angegeben wurde, erschöpfte sich doch die am 16.5.1997 erteilte Lenkerauskunft in Hinsicht auf die Anschrift des angeblichen Lenkers auf die Angabe "Wien, F-gasse". Die Bw hat in ihrem Einspruch vom 26.8.1997 selbst zugestanden, daß bei der Adressenangabe von ihrem Personal vergessen worden sei, die Hausnummer dazuzuschreiben. Es ist nun aber davon auszugehen, daß die bloße Angabe einer Straße, in dem der Lenker wohnhaft sein soll, für die vollständige Beantwortung der Anfrage nicht ausreicht und es - dies sei zu einer entsprechenden Verfahrensrüge in der Berufung gesagt - im Falle der Unvollständigkeit der Auskunft auch nicht entscheidend ist, ob es der Behörde möglich gewesen wäre, auf Grund dieser Angabe ohne besonderen Aufwand die genaue Anschrift zu ermitteln (vgl dazu das Erk des VwGH vom 18.9.1991, Zl 91/03/0165).

Unrichtig ist auch die Meinung der Bw, die Behörde hätte die Anschrift des Lenkers, der in Wien seinen Wohnsitz habe, erforschen können oder müssen; dies deshalb, weil mangels eines für ganz Österreich geführten zentralen Melderegisters sich dann diese Möglichkeit nur auf an einem bestimmten Wohnort gemeldete Personen erstrecken würde, dh weder nicht gemeldete Personen noch solche mit einem Wohnort außerhalb der Gemeinde erfassen würde. Bei der unvollständigen Beantwortung einer Lenkeranfrage, deren Inhalt durch § 103 Abs 2 KFG vorgegeben ist, handelt es sich um einen Inhaltsmangel und um kein verbesserungsfähiges Formgebrechen. Die Behörde war auch, entgegen der Ansicht der Bw, nicht verpflichtet, nach unvollständiger Auskunftserteilung an den Zulassungsbesitzer eine neuerliche (allenfalls telefonische) Anfrage zu richten (vgl das Erk des VwGH vom 11.5.1990, Zl 89/18/0177).

Wenn die Bw vorbringt, die Behörde habe auf Grund der sonst vollständigen Angaben und auf Grund der kurzfristigen Erteilung der Auskunft annehmen können, daß kein Vorsatz zur Verweigerung der Auskunft vorgelegen sei, so ist darauf hinzuweisen, daß für die Übertretung nach § 103 Abs 2 KFG fahrlässiges Verhalten genügt (vgl zB das Erk des VwGH vom 20.1.1993, Zl 92/02/0338). Auch sei bemerkt, daß die Erstbehörde der Bw ohnehin kein vorsätzlichen Handeln zur Last gelegt hat. Auch wurde der Bw nicht vorgeworfen, sie hätte es bei den Automietern unterlassen, eine ladungsfähige Adresse zu erheben (die Bw hatte nämlich schon im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens den mit Herrn Leopoldo C abgeschlossenen Mietvertrag vorgelegt). Schließlich gesteht die Bw selbst ein (und nichts anderes wird ihr zur Last gelegt), daß ihr Versehen lediglich in der nicht angeführten Hausnummer bestanden habe.

Wie bereits oben erwähnt wurde, war die Behörde nicht verpflichtet, von der Bw (bzw der Zulassungsbesitzerin) "eine Ergänzung der Auskunft" abzufordern. Für eine von der Bw geforderten analogen Anwendung vergleichbarer Verfahrensvorschriften namentlich aus dem Bereich des Zivilrechtes ist im gegebenen Zusammenhang kein Raum. Das konkrete Ausmaß des der Beschuldigten zur Last liegenden Verschuldens ist dann ohnehin im Zusammenhang mit der Ausmessung der konkreten Strafhöhe von Bedeutung.

Was das Vorbringen der Bw betrifft, "insofern sich die Strafbarkeit auf die offensichtlich erkennbare, bloß fahrlässig unvollständige Erteilung der Auskunft bezieht, ist diese nicht strafbar", so ist nicht zu erkennen, was mit der Wendung, "die Strafbarkeit sei nicht strafbar", eigentlich gemeint sein soll. Wenn die Bw jedoch vermeint, die bloß fahrlässig unvollständige Erteilung der Auskunft sei nicht strafbar, so kann dem nicht gefolgt werden, ist doch für die Begehung einer Übertretung nach § 103 Abs 2 KFG Vorsatz nicht gefordert, sondern genügt fahrlässiges Verhalten. Aus welchen Gründen eine fahrlässig unvollständige Auskunftserteilung - was die Strafbarkeit betrifft - anders zu beurteilen sein solle als etwa eine fahrlässige Nichterteilung der Auskunft, ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht erkennbar. Auch ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht nachvollziehbar, auf welche "verfassungsgesetzlichen Grundsätze der Verwaltungsstrafbarkeit" sich die Bw in diesem Zusammenhang bezieht.

Was das Vorbringen der Bw betrifft, die Behörde habe namentlich Kenntnis von einer verfolgbaren Person (gemeint wohl: Kenntnis von einer namentlich verfolgbaren Person) erhalten, die in ihrem Wirkungsbereich ihren Wohnsitz habe, wobei in diesem Fall die Auskunftspflicht allein mit Angabe des Namens erfüllt sei, so fehlt auch für diese Auffassung die Rechtsgrundlage. Die von der Bw offenbar vertretene Auffassung würde nämlich bedeuten, daß im Falle von in Wien wohnhaften Personen (die als Lenker in Frage kommen) die bloße Angabe des Namens zur Erfüllung der Auskunftspflicht genügen würde. In diesem Zusammenhang genügt es auf den Wortlaut des § 103 Abs 2 zweiter Satz KFG hinzuweisen, wonach die Auskünfte "den Namen und die Anschrift der betreffenden Person" enthalten müssen. Ob es der Behörde (allenfalls) möglich gewesen wäre, auf Grund der im Schreiben vom 16.5.1997 gemachten Angaben ohne besonderen Aufwand die genaue Anschrift zu ermitteln, ist nicht entscheidend, weil die Behörde zu derartigen Erhebungen nicht verpflichtet ist (vgl das Erk des VwGH vom 18.9.1991, Zl 91/03/0165). Hiezu sei auch bemerkt, daß im vorliegenden Fall (siehe Aktenvermerk vom 26.5.1997) die Verfolgung des Grunddeliktes gemäß § 34 VStG abgebrochen worden ist. Die Bw brachte dann auch noch vor, es bestehe überdies keine Gefahr der Verfolgungsverjährung (gemeint offenbar: bezüglich des der Anfrage zugrundeliegenden Grunddeliktes), weil eben eine Verfolgungshandlung gegen eine bestimmte Person gesetzt worden sei. Hiezu sei bemerkt, daß nicht erkennbar ist, welche "Verfolgungshandlung gegen eine bestimmte Person" die Bw im Auge hat. Dem gesamten Akteninhalt kann jedenfalls keine als Verfolgungshandlung zu wertende, gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 1 lit a StVO) entnommen werden. Sollte die Bw meinen, die von ihr erteilte Lenkerauskunft vom 16.5.1997 sei eine Verfolgungshandlung, so ist diese Auffassung gänzlich verfehlt, handelt es sich doch dabei um keine Verfolgungshandlung von einer Behörde.

Was schließlich das Vorbringen der Bw betrifft, die Behörde hätte sie anleiten müssen, hinsichtlich ihres Versäumnisses einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, so ist sie darauf hinzuweisen, daß die Verfahrensgesetze (und auch § 103 Abs 2 KFG) die Behörde nicht verpflichten, den Zulassungsbesitzer im Falle von unvollständig erteilten Lenkerauskünften (vor Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens) zunächst über die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages wegen "des Vergessens der Angabe der Hausnummer" zu belehren; eine derartige Verpflichtung kann auch aus § 13a AVG nicht abgeleitet werden. Im übrigen heißt es in der "Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers" vom 5.5.1997 ausdrücklich, daß die Auskunft den vollen Namen und die vollständige Anschrift der betreffenden Person enthalten müsse. Für den vorliegenden Fall folgt aus den obigen Ausführungen, daß mangels Angabe der genauen Anschrift des Lenkers in der Beantwortung der Lenkeranfrage durch die Bw der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG erfüllt ist.

Zum Tatbestand der der Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr. Es handelt sich somit um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Die bloße Behauptung, vom Personal der Bw sei vergessen worden, die Hausnummer dazuzuschreiben, reicht jedoch zur Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens nicht aus.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer (Arbeitgeber, strafrechtlich Verantwortliche) aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt; es muß ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten (hier: zB die Beantwortung von Lenkeranfragen) anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf mögliche und zumutbare Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Dabei trifft ihn jedoch die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, daß seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im einzelnen darzulegen hat. Davon, daß der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystem glaubhaft gemacht hätte, kann nur gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, daß Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt den dargelegten Anforderungen nicht (vgl zB das Erk des VwGH vom 15.9.1997, Zl 97/10/0091).

Davon ausgehend reicht das Vorbringen der Bw keineswegs aus, sie zu entlasten, hat sie doch nicht einmal behauptet, ein entsprechend wirksames Kontrollsystem im Sinne der oben dargelegten Anforderungen eingerichtet zu haben. Die Bw hat im gesamten Verwaltungsstrafverfahren kein adäquates Kontrollsystem dokumentiert. Sie hat daher nicht im Sinne des § 5 Abs 1 VStG dargetan, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auf Grund dieser Erwägungen war der Berufung in der Schuldfrage somit keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit zu bestätigen.

Die Änderung des Spruches diente lediglich der näheren

Präzisierung der Verantwortlichkeit der Bw.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl das Erk des VwGH vom 2.9.1992, Zl 92/02/0170). Das durch die übertretene Norm des § 103 Abs 2 KFG zu schützende Interesse iSd § 19 Abs 1 VStG ist jenes an der Ahndung von Straftaten, weshalb der Unrechtsgehalt einer solchen Tat - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht unbeträchtlich ist (vgl die Erk des VwGH vom 5.6.1991, Zl 91/18/0015 und vom 12.8.1994, Zl 94/02/0241).

Im vorliegenden Fall war jedoch zu berücksichtigen, daß bei der von der Zulassungsbesitzerin gegebenen Lenkerauskunft lediglich die Hausnummer gefehlt hat. Der Unrechtsgehalt einer solchen Tat ist nicht vergleichbar mit jenen Fällen, in denen eine Auskunft überhaupt nicht erteilt wird.

Das Verschulden der Bw konnte nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die Strafe war deshalb wesentlich herabzusetzen, weil von der Erstbehörde zu Unrecht neun einschlägige Verwaltungsvormerkungen als erschwerend gewertet wurden. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat sämtliche auf dem Vorstrafenverzeichnis angeführte Verwaltungsstrafakte betreffend Übertretungen des § 103 Abs 2 KFG zur Einsicht angefordert. Dabei konnte festgestellt werden, daß zu den dort angeführten Zahlen die Verfahren zum Teil eingestellt wurden bzw die Verwaltungsstrafen zum Teil mittlerweile bereits getilgt sind. Letztlich sind bei der Strafbemessung nur mehr drei einschlägige Verurteilungen der Bw als erschwerend zu werten. Milderungsgründe sind im Verfahren keine hervorgekommen. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben der Bw aus (geschieden, sorgepflichtig für ein Kind, Einkommen von ca S 9.000,-- brutto, kein Vermögen).

Die Bw brachte auch vor, es lägen die Voraussetzungen des § 21 VStG vor. Bereits aus der bloßen Unvollständigkeit der Auskunft sei der Versuch eines rechtstreuen Verhaltens erkennbar. Wie schon näher ausgeführt worden ist, konnte nicht davon ausgegangen werden, daß die Bw in ihrer Firma ein ausreichend funktionierendes Kontrollsystem bezüglich der Einhaltung des KFG (insbesondere bei der Erteilung von Lenkerauskünften) eingerichtet hat. In den Fällen, in denen ein geeignetes Maßnahmen- und Kontrollsystem (hier: zur Verhinderung von Übertretungen des § 103 Abs 2 KFG) nicht eingerichtet wurde, kann von einem geringfügigen Verschulden (iSd § 21 Abs 1 VStG) nicht mehr gesprochen werden. Hinzu kommt auch noch, daß einschlägige Vormerkungen vorliegen, sodaß auch aus diesem Grund von einer Geringfügigkeit des Verschuldens iSd § 21 Abs 1 VStG keine Rede sein kann (vgl zB das Erk des VwGH vom 19.10.1988, Zl 88/02/0103).

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden der Bw sowie den bis S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz ist die nunmehr verhängte Geldstrafe von S 500,-- durchaus angemessen und keineswegs zu hoch. Eine Strafe in diesem Ausmaß erscheint ausreichend zu sein, um die Bw künftig von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 64 und 65 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten